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Veröffentlicht am 07.01.2022

Was fürs Herz

Die Frauen von Schönbrunn (Die Schönbrunn-Saga 1)
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Titel und Cover von Beate Malys historischem Ronan "Die Frauen von Schönbrunn" versprechen bereits: Hier gibt´s a bisserl was fürs Herz. Und so ist dieser in der Zeit des ersten Weltkriegs angesiedelte ...

Titel und Cover von Beate Malys historischem Ronan "Die Frauen von Schönbrunn" versprechen bereits: Hier gibt´s a bisserl was fürs Herz. Und so ist dieser in der Zeit des ersten Weltkriegs angesiedelte Roman etwas für Leserinnen (ich kann mir nicht vorstellen, dass sich besonders viele Männer angesprochen fühlen), die eintauchen wollen in eine Liebesgeschichte mit eher absehbarer Entwicklung und, klar, einem happy end.

Wobei die Autorin nicht nur mit österreichischen Begriffen für Lokalkolorit sorgt, sondern auch durchaus moderne Aspekte einfügt: Die Hauptfigur Emma träumt nicht von ihrem Traumprinzen. sondern von einem Studium der Veterinärmedizin. Der männliche Protagonist, der dann klischeehaft blond und blauäugig sein muss, hat ein Kriegstrauma und ist für damalige Verhältnisse erfreulich tolerant: Er gibt Emma nicht nur Rückendeckung bei ihren Ideen, er geht auch ganz souverän und selbstverständlich damit um, dass sein Bruder schwul ist. Ein bißchen Sozialkritik angesichts des Leids der Bevölkerung und der Soldaten am Krieg ist auch noch dabei, wobei dies eher auf der emotionalen Ebene vermittelt wird.

Ein bißchen schwülstig ist aus meiner Sicht ja der Untertitel: "Ein Leben für das Wohl der Tiere" - zumal Emma als Tierpflegerin in der Kaiserlichen Menagerie mit ihren 20 Jahren ja noch ganz am Anfang steht und eher bescheidene Möglichkeiten hat, sich für das Wohl ihrer Schützlinge einzusetzen. Immerhin, am Beispiel ihres Engagements für die Orang-Utan-Dame "Fanny" und in der Konfrontation mit dem Zoologen und Fiesling des Buches geht es um Fragen, die auch heute noch für Zoos und Tiergärten gelten: Wie können Tiere möglichst artgerecht gehalten werden? Wie sollten Gehege gestaltet sein, damit die Tiere nicht verkümmern? Und wie bringt man den Besuchern die Tierwelt nahe? Wird Emma noch belächelt wegen ihrer Überzeugung, auch Tiere hätten Gefühle und eine Persönlichkeit, gibt es heutzutage wissenschaftlich Forschungsarbeit zu diesem Thema.

Zugegeben, der Plot ist so absehbar wie die Dramaturgie einer "Traumschiff"-Episode, aber die Autorin bemüht sich immerhin, ihren Figuren eine gewisse Tiefe zu geben und auch aktuelle Themen einzubeziehen. Für einen Unterhaltungsroman mit Liebe und Schmerz ist das nicht das Schlechteste.

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Veröffentlicht am 06.01.2022

Leider eher ein Strohfeuer

Die Nacht des Feuers
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Das Thema von "Die Nacht des Feuers" von Kjell Eriksson" klang vielversprechend: Der Brand einer Flüchtlingsunterkunft in einem schwedischen Dorf, Rechtsextremismus, das Schweigen der Mehrheitsgesellschaft, ...

Das Thema von "Die Nacht des Feuers" von Kjell Eriksson" klang vielversprechend: Der Brand einer Flüchtlingsunterkunft in einem schwedischen Dorf, Rechtsextremismus, das Schweigen der Mehrheitsgesellschaft, das Gaffen und Wegschauen gleichermaßen. Also eigentlich beste Voraussetzungen für einen Schwedenkrimi voller Aktualität. Und ich gebe zu, nach dem vor kurzen ebenfalls gelesenen "Winterland" mit ähnlichem Thema waren meine Erwartungen vielleicht besonders hoch.

Nun aber bleibt eine gewisse Ratlosigkeit und Enttäuschung zurück, denn Eriksson hat es leider nicht geschafft, mich beim Lesen zu fesseln. Nichts gegen Einblicke in das Privatleben der Protagonisten, ganz im Gegenteil, das kann zur Komplexität der Charaktere beitragen. In diesem Fall wurde es allerdings vor allem zäh und langatmig.

Dabei sind die Hauptfiguren nicht uninteressant: Allen voran Ann Lindell, ehemalige Polizistin mit Alkoholproblem, die mit dem Umzug aufs Dorf und einem Job in der Meierei einen Neuanfang vollzogen hat. Liegt es daran, dass es sich um den bisher letzten Teil einer Serie handelt? Zu viele Bezüge in eine mir unbekannte Vergangenheit? Die Beziehung zwischen Ann und ihrer on-off-Beziehung Edvard etwa ist mir ein Rätsel geblieben. Sie hält ihn für einen Langweiler, er wirkt nicht gerade so, als erwidere er ihr Interesse, scheint vielmehr ein eher asexueller Typ zu sein. Da ist einfach in meinen Augen nicht die richtige Mischung für ein "sie können nicht miteinander sein, aber auch nicht ohne einander".

Auch vom Plot her war durchaus Potenzial vorhanden - das sterbende Dorf, vielleicht auch ein Abgesang auf die schwedische Gesellschaft von einst. Der Rechtsextremismus von nebenan, der einfach ignoriert ist, bis es zu spät ist. Die Ablehnung von Fremden, die in unterlassene Hilfeleistung mündet. Die Außenseiter, die in der Dorfgemeinschaft keinen Platz finden. Da war doch einiges an Themen drin - aber statt das in den Mittelpunkt zu rücken, hat der Autor langatmige Umwege genommen, die für mich Spannungskiller waren. Die eher sperrige und verschachtelte Ausdrucksweise trug auch nicht gerade zum Lesevergnügen bei.

Dass schwedische Krimis und Thriller häufig düster sind, trägt in meinen Augen zu ihrem spröden Charme bei. Hier aber fehlte einfach der Spannungsaufbau. Zwischendurch flackerte im Text etwas auf, bei dem ich dachte: na endlich! Leider hielten die Flammen nicht lang genug an, um mich wirklich für das Buch zu erwärmen.

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Veröffentlicht am 29.08.2021

Familienbande

Der Panzer des Hummers
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Ein Geständnis vorneweg: Irgendwie bin ich nicht recht warm geworden mit "Der Panzer des Hummers". Der Familienroman der dänischen Autorin Caroline Albertine Minor mag hoch gelobt sein, mir kam die Geschichte ...

Ein Geständnis vorneweg: Irgendwie bin ich nicht recht warm geworden mit "Der Panzer des Hummers". Der Familienroman der dänischen Autorin Caroline Albertine Minor mag hoch gelobt sein, mir kam die Geschichte um drei Geschwister, die sich nach dem Tod der Eltern auseinandergelebt haben, letztlich zerfasert vor. Noch nicht einmal wie ein Episodenroman, der ja auch seinen Reiz hat. Es lag auch nicht an der wechselnden Perspektive der drei Geschwister, die ja eigentlich hilfreich ist, um Einblick in die verschiednenen Perspektiven und Persönlichkeiten gibt. Auch sprachlich gibt es nichts zu bemängeln.

Dennoch - mir fehlte der rote Faden, denn so distanziert wie das Verhältnis der Geschwister ist letztlich auch der Erzählfluss. Obendrein geht es gleich mit einer Seance bei einer Seherin los, bei der sich der verstorbene Vater gewissermaßen vordrängelte, während eigentlich die Mutter gefragt war. Das war mir dann einfach zu esoterisch.

Dabei werden in dem Buch durchaus interessante Themen angesprochen - was nehmen wir mit aus der Gemengelage Familie mit Geschwisterfolgen und Rollen im Familienverband. Was verändert sich mit dem Tod der Eltern in der Familiendynamik? wie gehen wir mit Tod und Verlust um, mit den Toten, wenn nur Gräber geblieben sind? Müssen wir einander in alle Ewigkeit lieben, nur weil wir miteinander verwandt sind?

"Der Panzer des Hummers" ist ein ruhig erzählter Roman, vielleicht auch zu ruhig. Die Geschwister und die anderen handelnden Personen bleiben letztlich blass, oberflächlich. Ich wünschte, das Buch hätte mich mehr gepackt.

Veröffentlicht am 15.05.2021

Ermittlungen in der Wellness-Oase

Sylter Schuld
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Auf Undercover-Mission in einer luxuriösen Wellness-Oase auf Sylt - kein Zweifel, es gibt schlimmere Jobs für LKA-Ermittlerin Kari Blom. Bloß etwas blöd, dass sie gerade den spontanen Heiratsantrag ihres ...

Auf Undercover-Mission in einer luxuriösen Wellness-Oase auf Sylt - kein Zweifel, es gibt schlimmere Jobs für LKA-Ermittlerin Kari Blom. Bloß etwas blöd, dass sie gerade den spontanen Heiratsantrag ihres Freundes abgelehnt hat, der ebenfalls auf Sylt Polizist ist. Da sind einfach ein paar Beziehungsreparaturarbeiten fällig, um deren Erledigung sie sich gerade nicht kümmern kann. Mal ganz abgesehen davon, dass in ihrem Undercoverfall die Versuchung in Form eines attraktiven Schönheitschirurgen lauert...

Soweit die Ausgangslage von Bent Kryst Tomassons Nordseekrimi "Sylter Schuld". Ich kannte die Reihe um Kari Blom und ihre Hobby-Assistentinnen von der "Häkel-Mafia" - vier Witwen in den 80-ern bisher nicht, es ist aber nicht weiter schwer, trotzdem das Beziehungsgefüge zu durchschauen. Problematischer finde ich, dass bei dem Buch nicht so recht klar wird, was es genremäßig eigentlich sein soll - cozy Krimi (dafür spricht die Häkel-Mafia) oder doch ernsthafte Spannung? Und auch mit den Hauptfiguren tue ich mir ein wenig schwer und kann für keinen Sympathien entwickeln.

Kari sollte in ihrem Besuch als LKA-Ermittlerin auf Undercover-Einsatz ja eigentlich eine starke, intelligente, fokussierte Figur sein - aber irgendwie schafft sie es ja nicht einmal, sich über ihr eigenes Beziehungsleben klar zu werden. Und wenn sie in der Vergangenheit von einem Quartett 80-jähriger enttarnt wurde bzw den alten Damen ihre eigentliche Identität offenbarte, stellt sich eigentlich die Frage, wie sie es geschafft hat, über mehrere Jahre hinweg ihr Incognito auf Sylt überhaupt zu wahren. Ihr Freund wiederum rauft sich ständig die Haare und hat auch schon mal nah am Wasser gebaut - tja, da frage ich mich schon, wie die beiden jemals zusammengekommen sind.

Das hübsche Inselflair tröstet dann auch nicht darüber hinweg, dass hier manches einer gewissen Logik entbehrt beziehungsweise allzu leicht durchschaubar ist. Mit dem Setting und den teils skurrilen Figuren ist das zwar ganz nett, aber mehr auch nicht. Insofern für mich leider nur ein recht durchschnittlicher Inselkrimi und kein Vergleich etwa mit der Spreewald-Reihe im gleichen Verlag.

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Veröffentlicht am 12.04.2021

Oma unter Kleingärtnern

Fertig ist die Laube (Die Online-Omi 15)
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Online-Oma Renate Bergmann ist zurück und in einem Berlin, in dem von Corona keine Rede ist, geht sie unter die Kleingärtner. Zwar ist die 82-Jährige gut damit beschäftigt, ihre vier Ehemänner oder vielmehr ...

Online-Oma Renate Bergmann ist zurück und in einem Berlin, in dem von Corona keine Rede ist, geht sie unter die Kleingärtner. Zwar ist die 82-Jährige gut damit beschäftigt, ihre vier Ehemänner oder vielmehr ihre Gräber zu gießen - aber was tut man nicht alles für gute Freundinnen, in diesem Fall Gertrud. Deren Lebensgefährte muss sich nämlich einer Bandscheibenoperation unterziehen. Doch wer kümmert sich in der Zwischenzeit um die Kleingartenparzelle?

Klar, dass Renate Bergmann da nicht untätig bleiben kann und in gewohnt launigem Ton in "Fertig ist die Laube" die Welt der Kleingärtner kommentiert. Dass ihr Einsatz nötig ist, stellen die beiden Frauen schnell fest, denn in einer Laubenpieperkolonie herrschen strenge Regeln und so manchem ist die mit jeder Menge Metallschrott überlagerte Parzelle des Bandscheibenpatienten schon länger ein Dorn im Auge. Ganz besonders dem Verwalter der Kleingärtnergemeinschaft, den Renate noch als Platzwart von ihrem Campingabenteuer kennt....

Die beiden rüstigen Damen aquirieren Helfer, zücken den Korn-Flachmann und krempeln die Ärmel hoch. Gewissermaßen nach dem Motto: Einmal Trümmerfrau, immer Trümmerfrau. Das Aufräumen der Parzelle kriegen sie jedenfalls hin, dann ist der gärtnerische Ehrgeiz geweckt. Zwischen dem Spießertum strenger Kleingartenregeln, in denen selbst die Höhe der Hecke normiert ist, und ökologischen Freigeistern, die am bei Neumond Unkraut jäten (oder war es Vollmond?) lernt auch die erfahrene Gräberpflegerin Renate einiges dazu. Nur was mit all den vielen Zucchini zu machen ist, die von Kleingärtner zu Kleingärtner "verschenkt" werden, bleibt nicht nur ihr ein Rätsel.

Launig geschrieben in gewohnter Manier ist auch dieser Monolog der "Online-Oma" unterhaltsam zu lesen. Für ein paar Schmökerstunden in der Laube oder auf dem Balkon auch für Nicht-Gärtner geeignet.