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Veröffentlicht am 06.09.2021

Eine amerikanische Familie

Die letzten Romantiker
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Im Mittelpunkt von Tara Conklins Roman steht die Familie Skinner. Der Ehemann und Vater stirbt früh und lässt seine Frau Noni und die Kinder Renee,11, Caroline, 8, Joe, 7 und Fiona, 4 zurück. Die Mutter ...


Im Mittelpunkt von Tara Conklins Roman steht die Familie Skinner. Der Ehemann und Vater stirbt früh und lässt seine Frau Noni und die Kinder Renee,11, Caroline, 8, Joe, 7 und Fiona, 4 zurück. Die Mutter zieht sich mit schweren Depressionen für drei Jahre in ihr Schlafzimmer zurück und überlässt ihre Kinder sich selbst. Renee übernimmt die Mutterrolle und kümmert sich um die jüngeren Geschwister. In dieser Zeit wachsen sie eng zusammen. Später werden sie völlig verschiedene Lebenswege wählen und sich zunehmend voneinander entfernen. Renee wird eine erfolgreiche Ärztin, Caroline heiratet früh ihren Jugendfreund und bekommt drei Kinder, Joe hat viele Freundinnen, legt sich aber lange nicht fest, und Fiona wird Umweltaktivistin, schreibt Gedichte und einen Blog, indem sie über ihre zahllosen sexuellen Kontakte berichtet. Als Joe in der Latina Luna gerade seine große Liebe gefunden hat, erleidet er einen „Unfall“, der die Familie erneut in tiefe Trauer stürzt. Der Roman umfasst fünf Jahrzehnte Familiengeschichte, blickt aber zusätzlich in einer Art Rahmenhandlung in die Zukunft. Im Jahr 2079, als der Klimawandel mit seinen bekannten Folgen stattgefunden hat, liest die 102jährige Fiona, eine inzwischen sehr bekannte Dichterin, öffentlich aus ihrem Werk. Eine junge Frau namens Luna fragt sie nach der Figur aus einem 75 Jahre zuvor geschriebenen Gedicht, und Fiona erzählt ihre Geschichte und die ihrer Familie.
Der Roman ist zum Teil berührend, aber vor allem in der zweiten Hälfte nicht besonders spannend. Es geht ausführlich um Verantwortung und Liebe, aber auch um ein gewisses Maß an Unehrlichkeit und Verrat. Alle drei Schwestern hinterfragen in der Mitte des Lebens ihre Lebensentscheidungen und treffen neue. Das ist realistisch und interessant. Etwas enttäuschend wird das Thema „Klimawandel“ abgehandelt. Er findet irgendwie statt, spielt aber keine wesentliche Rolle im Geschehen. Insgesamt hat mich der Roman etwas enttäuscht. Er ist nicht so außergewöhnlich, wie ich erwartet hatte.

Veröffentlicht am 26.06.2021

Rätselhafte alte und neue Fälle

Ein Bild der Niedertracht
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Vor der Küste Schottlands findet ein Fischer eine männliche Leiche in seinem Netz. Es stellt sich heraus, dass es sich um James Auld handelt, den Bruder des zehn Jahre zuvor verschwundenen schottischen ...

Vor der Küste Schottlands findet ein Fischer eine männliche Leiche in seinem Netz. Es stellt sich heraus, dass es sich um James Auld handelt, den Bruder des zehn Jahre zuvor verschwundenen schottischen Politikers Iain Auld. James galt damals als Hauptverdächtiger und verließ seine Heimat. Er war mehrere Jahre bei der Fremdenlegion und ließ sich danach in Paris nieder, wo er in einem Jazzquintett musizierte. DCI Karen Pirie, Spezialistin für alte ungelöste Fälle, hat in regelmäßigen Abständen die Akte wieder geöffnet, ohne zu neuen Erkenntnissen zu gelangen. Durch das Auffinden des toten Bruders wird der alte Fall wieder aktuell. Etwa zur gleichen Zeit entdeckt eine Frau bei der Haushaltsauflösung ihrer toten Schwester in einer Garage ein Skelett in einem Wohnmobil. Auch in diesem Fall beginnt Pirie mit den Ermittlungen. Unterstützt von ihrem Team geht sie jedem Hinweis nach. Lange kommt sie nicht voran. Dann sieht sie Verbindungen zur Kunstwelt. Aus einer staatlichen Sammlung wurden wertwolle Gemälde gestohlen und durch Fälschungen ersetzt, und bei einem Brand in einer Galerie wurden Bilder des vor Jahren angeblich verstorbenen Künstlers David Greig zerstört, die die erhaltenen noch wertvoller machten. Am Ende geht es um Kunstraub, Fälschung, Mord, Identitätstausch bzw. Identitätsdiebstahl. Karen Pirie klärt beide Fälle auf, aber bis dahin ist es ein weiter Weg, der dem Leser Durchhaltevermögen abverlangt, denn das Erzähltempo spiegelt die Akribie der Ermittlerin und sorgt für einige Längen. Der Roman ist nicht schlecht, aber nach meinem Empfinden nicht das beste Buch der schottischen Autorin.

Veröffentlicht am 25.04.2021

Wider den Rassismus

Drei Kameradinnen
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Shida Bazyars Roman „Drei Kameradinnen“ erzählt die Geschichte von drei Freundinnen - Hani, Kasih und Saya -, die in einer Siedlung zusammen aufwuchsen und sich nun anlässlich einer Hochzeit in Berlin ...

Shida Bazyars Roman „Drei Kameradinnen“ erzählt die Geschichte von drei Freundinnen - Hani, Kasih und Saya -, die in einer Siedlung zusammen aufwuchsen und sich nun anlässlich einer Hochzeit in Berlin für einige Tage wieder treffen. Sie sind einander eng verbunden und verstehen sich ohne Worte. Kasih ist die zunächst namenlose Ich-Erzählerin, die Ereignisse aus der Vergangenheit und Gegenwart erzählt, aber nichts Genaues über den Hintergrund ihrer Familien und die Umstände ihrer Flucht. Die Erzählung ist nicht chronologisch, und die Erzählerin holt oft sehr weit aus. Hauptthema sind der alltägliche Rassismus und die wachsende Bedrohung durch Neonazis und Rechtspopulismus. Die Erfahrung von Ausgrenzung und Benachteiligung ist für sie Normalität, denn trotz guter Schulabschlüsse, bei denen ihnen die Bestnoten verweigert werden, finden sie keinen Job, der ihrer Qualifikation entspricht. Zur Sprache kommt auch der NSU-Prozess ohne ausdrückliche Nennung, der auf jahrelange Morde an Muslimen folgt, obwohl die Gruppe durch einen Informanten des Verfassungsschutzes infiltriert war und die Behörden eigentlich frühzeitig Bescheid wissen mussten. Bei Brandanschlägen und Terrorakten aller Art gibt es schnelle Schuldzuweisungen. Die mutige Saya, die ihre Wut oft nicht unter Kontrolle hat, soll einen Brand gelegt haben und wird verhaftet.
Bazyars Roman ist in mancher Hinsicht ungewöhnlich. Immer wieder wendet sich die Autorin direkt an die Leser, spekuliert über ihre Reaktion und fragt nach ihrer Meinung. Das Thema ist wichtig und bedenkenswert, aber es gibt zu viel Wiederholung, zu viel Gleichartiges. Jeder weiß, dass eine in einem Roman erzählte Geschichte Fiktion ist, aber dass eine Autorin durch ihre Erzählerin die Romanillusion am Ende zerstört, nachdem sie zuvor schon mehrfach zugegeben hat, dass sie gelogen hat, dass alles in Wirklichkeit ganz anders war, ist schon ungewöhnlich. Mir gefällt auch die Sprache nicht. Sie ist sehr direkt, zum Teil derb, umgangssprachlich und sehr speziell. Was genau muss man sich unter einer Arschfuhr vorstellen?
Insgesamt bin ich etwas enttäuscht von dem Buch.

Veröffentlicht am 16.03.2021

Finanzwelt am Abgrund

Montecrypto
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Der Start-up-Unternehmer Gregory Hollister hat ein vermutlich riesiges Vermögen in der Kryptowährung Bitcoin angelegt, als er eines Tages bei einem Flugzeugabsturz stirbt. Seine Halbschwester beauftragt ...

Der Start-up-Unternehmer Gregory Hollister hat ein vermutlich riesiges Vermögen in der Kryptowährung Bitcoin angelegt, als er eines Tages bei einem Flugzeugabsturz stirbt. Seine Halbschwester beauftragt den Privatdetektiv Ed Dante mit der Suche nach dem digitalen Vermögen. Es beginnt eine Schnitzeljagd mit immer neuen Hinweisen, an der sich bald nicht nur die Bloggerin Mercy Mondego, sondern Tausende von Internetnutzern, Geheimdienste und allerlei zwielichtige Gestalten beteiligen. Dante hat zwar als ehemaliger Banker Erfahrungen im Finanzwesen, aber kennt sich mit digitalen Währungen nicht besonders aus. So ist er oft auf Mercys Unterstützung angewiesen. Er weiß, dass sein Auftrag nicht ungefährlich ist und jeder seiner Schritte beobachtet wird. Er kommt viel herum, fliegt in die Schweiz, nach New York, zurück nach Kalifornien und schließlich nach Mexiko, wo ihn und den Leser die Auflösung aller Rätsel erwartet, und schließlich kommt alles anders, als man dachte. Der finale Showdown verdeutlicht auch dem Laien, wie nah wir einer weltweiten Bankenkrise und dem Zusammenbruch der Weltwirtschaft jederzeit sind. Hillenbrand hat einen ungewöhnlichen Roman über ein nicht gerade gängiges Thema geschrieben, der eigentlich Kenntnisse über Finanzmärkte, Kryptowährungen und das hier übliche spezielle Vokabular voraussetzt. Auch sonst ist dieser Roman sprachlich besonders. Mir gefällt der Humor, aber nicht die teilweise recht derbe Wortwahl des Autors. Auch ist der dem Genre des Thrillers zugewiesene Roman nicht durchgängig spannend. Mich überzeugt er nicht völlig.

Veröffentlicht am 22.11.2020

Keine Tat bleibt ungesühnt

Ohne Schuld
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In “Ohne Schuld“, dem neuen Krimi um Detective Sergeant Kate Linville, schießt ein Unbekannter in einem Zug auf eine junge Frau. Zufällig befindet sich die Polizistin im Zug und kann die Frau in Sicherheit ...

In “Ohne Schuld“, dem neuen Krimi um Detective Sergeant Kate Linville, schießt ein Unbekannter in einem Zug auf eine junge Frau. Zufällig befindet sich die Polizistin im Zug und kann die Frau in Sicherheit bringen. Wenig später wird eine andere Frau schwer verletzt, als sie mit dem Fahrrad in einen über den Weg gespannten Draht gerät. Auch auf diese Frau wird geschossen, aber sie wird nicht getroffen. Die Schüsse stammen aus derselben Waffe. Die Polizei steht vor einem Rätsel, weil es keinerlei Überschneidungen im Leben der beiden Frauen gibt. Kate ermittelt mit Hilfe ihres suspendierten Chefs Caleb Hale und gerät dabei selbst in Lebensgefahr. Es wird ein langer Weg bis zur Lösung der beiden Fälle. Kate wird sich wegen ihres eigenmächtigen Handelns verantworten müssen. Ihre Zukunft ist am Ende genauso ungewiss wie die von Caleb Hale.
Es fängt interessant und spannend an und liest sich zunächst hervorragend. Gegen Ende lässt die Spannung jedoch erheblich nach, weil der Leser da längst Täter und Motiv kennt. Der letzte Teil hat deutliche Längen. Mich stört auch das halboffene Ende, das auf die geplante Fortsetzung der Reihe um Kate Linville hindeutet. Insgesamt bin ich ein wenig enttäuscht.