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Veröffentlicht am 20.04.2017

Posthumus und die Wirtschaftskonferenz

Der Tote im fremden Mantel
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In Britta Bolts dritten Krimi begleiten wir wieder Pieter Posthumus durch die Straßen und Grachten von Amsterdam. Dem Mitarbeiter des Amtes für Katastrophenschutz und Bestattungen der Stadt, kurz genannt ...

In Britta Bolts dritten Krimi begleiten wir wieder Pieter Posthumus durch die Straßen und Grachten von Amsterdam. Dem Mitarbeiter des Amtes für Katastrophenschutz und Bestattungen der Stadt, kurz genannt "Das Büro der einsamen Toten", mangelt es nie an neuen Fällen, für die er den Nachlass regeln und ein würdiges Begräbnis organisieren soll.

Dieses Mal findet in Amsterdam die Wirtschaftskonferenz "Earth 2050" statt und es wimmelt nur so von Delegierten und Demonstranten aus der ganzen Welt. Und bald hat auch Pieter wieder einen Fall zu bearbeiten. Frans Kamp, ein Junkie, für den er den Nachlass regeln soll, wurde in einem teuren Kamelhaarmantel mit einem Packen Geldscheinen gefunden. Das Geld hat ihm wohl zum "Goldenen Schuss" verholfen, der ihn schlussendlich zu Pieter brachte. Doch woher hatte der Junkie den teurenMantel und die große Geldsumme? Pieter findet außerdem noch in einer kleinen Seitentasche die Vistenkarte des Konferenzteilnehmers Ben Ollsen, der schwer verletzt auf der Intensivstation im Krankenhaus liegt. Kommissar de Boer und PP versuchen den Tathergang und eine Verbindung zwischen den beiden Männern zu finden, doch das ist schwieriger, als sie denken....

Nachdem ich bereits Band 1 und 2 aus der Reihe rund um Pieter Posthumus gelesen habe, fühlt man sich nach den ersten Seiten sofort wieder wie zuhause. Ich traf alte Bekannte wie Anna, die Besitzerin des "Dolle Hond", dem Stammlokal von Posthumus, als auch Cornelius, PPs Freund, der die Grabreden für die unbekannten Toten spricht und auch Pieters Nichte Merel kam im dritten Band wieder öfters vor und bescherte den Lesern einen kleinen Cliffhanger auf den letzten Seiten.

Ich liebe das besondere Flair dieser Reihe, die sich von anderen Krimis abhebt. Auch wenn Britta Bolt eher den ruhigen Schreibstil bevorzugt und das Autorenpaar des öfteren durch kleine Nebensächlichkeiten vom eigenen Fall abschweift, punktet der Krimi gerade durch seine Eigenheiten.

Die verschiedenen Handlungsstränge, die diesmal nicht ganz so zahlreich sind, wie im zweiten Band, sind wieder äußerst komplex aufgebaut und verknüpfen sich am Ende hin zu einem Ganzen. Der Fall ist diesmal äußerst brisant und kaum durchschaubar. So beginnt Kommissar de Boer Pieters Denkweise und Recherchen immer mehr zu schätzen und bindet Posthumus viel mehr als bisher in den Fall ein. Tina, die nun bei Anna im Lokal aushilft, nimmt ebenfalls in "Der Tote im fremden Mantel" eine größere Rolle ein und wird wohl ab diesem Krimi zu den "Stammfiguren" gehören.
Das Privatleben, sowie Posthumus Kollegen aus dem Büro der einsamen Toten, spielen diesmal nur eine Nebenrolle. Der Fokus liegt hier eindeutig beim Fall.

Schreibstil:
Der Schreibsstil des Autorenduos Britta Böhler und Rodney Bolt, die gemeinsam unter dem Pseudonym Britta Bolt schreiben, ist eher ruhig und detailliert. Wie schon in den Vorgängerbänden gibt es viele Charaktere und die Beschreibung der Figuren, und vorallem von Amsterdam, ist sehr bildgewaltig und lebendig. Der Plot ist dicht gewebt und erst am Ende führen alle Handlungsstränge zu einem Einzigen zusammen.

Fazit:
Ein weiterer gelungener Krimi aus der Reihe, die alleine schon mit einem außergewöhnlichen "Ermittler" und einem interessanten Schauplatz punkten kann. Das aktuelle umweltpolitische Thema und der interessante Plot ließen mich ein Auge zudrücken und die kleine Hänger im ersten Drittel vergessen. Wie immer ist der Krimi eher ruhig und detailverliebt. Ich freue mich schon auf den nächsten Fall und auf ein Wiedersehen in Amstersdam!

Veröffentlicht am 08.04.2017

Message in a Bottle

Ein geschenkter Anfang
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Diese Geschichte beginnt, wo manch andere enden: mit dem Tod.....dem Tod von Lou, der Frau unseres Protagonisten Jo. Das Paar war eine Einheit und die Liebe überstrahlte selbst die zu ihren beiden Kindern ...

Diese Geschichte beginnt, wo manch andere enden: mit dem Tod.....dem Tod von Lou, der Frau unseres Protagonisten Jo. Das Paar war eine Einheit und die Liebe überstrahlte selbst die zu ihren beiden Kindern Cyrian und Sarah. Beide sind bereits erwachsen, aber nicht wirklich glücklich in ihrem Leben. Das hat auch Lou erkannt und stellt Jo in ihrem Testament die Aufgabe, ihre gemeinsamen Kinder wieder glücklich zu machen. Falls ihm dies gelingen sollte, erhält er eine weitere Botschaft, die sie in einer Champagnerflasche aufbewahrt und beim Notar hinterlegt hat. Diese Aufgabe stellt Jo vor ein schwieriges Problem, denn seit dem Tod von Lou scheint die Familie noch mehr auseinanderzubrechen.

Ein melancholischer und wehmütiger Anfang, der jedoch nicht anhält. Man spürt trotzdem den Verlust von Jo zwischen den Zeilen und obwohl Lou tot ist, steht sie im Mittelpunkt des Romans. Sie war das Herz der Familie, die alle zusammengehalten hat. Joe führt immer wieder Zwiegespräche mit ihr und hat selbst den Lebenswillen verloren. Nach und nach erfährt man woran Lou erkrankt ist und wie das Leben der Familie früher ausgesehen hat. Denn obwohl Joe ein liebevoller Ehemann war, war er kein guter Vater. Sein Beruf als Kardiologe stand stets an erster Stelle. Sein Sohn scheint nun einen ähnlichen Fehler zu begehen. Er hat zwei Töchter von zwei verschiedenen Frauen. Die eine, Maelle, liebt er noch immer und mit der anderen, Albane, ist er verheiratet. Doch das Ehepaar hat sich auseinander gelebt und denkt an Trennung. Die beiden Töchter, Pomme und Charlotte, könnten unterschiedlicher nicht sein. Pomme liebt die Insel und bewegt sich frei und unbeschwert auf Groix, vermisst jedoch die Liebe des Vaters, der sie gerade mal zu Weihnachten und zu Ostern besucht. Charlotte hingegen wird von ihrer Mutter überbehütet, darf weder Rad fahren, noch hat sie Freunde. Lou und Jo's Tochter Sarah hat ein anderes Handycap: sie ist wunderschön, aber leidet an einer seltenen Krankheit und benötigt Gehhilfen. Durch diese hat sie auch ihren Verlobten verloren und hat seitdem den Männern abgeschworen bzw. trifft keinen öfters als zweimal. Doch auch für sie hat das Schicksal etwas Besonderes vorgesehen.....

Die Charaktere sind alle sehr liebevoll gestaltet und haben ihre Ecken und Kanten. Der Autorin gelingt es den Leser zu überraschen und auch Schwächen oder Stärken bestimmter Figuren aufzuzeigen, die man zuerst ganz anders eingeschätzt hat.
Besonders die zehnjährige Pomme ist mir ans Herz gewachsen. Mit dem Versuch die Liebe ihres Vaters zu gewinnen, hat sie mich sehr berührt. Sehr gefallen hat mir auch ihre Idee Saxophon spielen zu lernen - wie der Papa. Und hier habe ich mit Freude entdeckt, dass ich endlich einen Roman vor mir habe, wo der Autor wirklich etwas von Musik versteht bzw. selbst Saxophon spielen muss. Wie oft habe ich schon Geschichten gelesen, wo mir bereits auf den ersten Seiten klar war, dass der/die Autor/in entweder selbst nichts von Musik versteht oder schlecht recherchiert hat. Hier erklärt Lorraine Fouchet nicht nur wie ein Saxophon aufgebaut ist, was man alles dazu benötigt, sondern auch wie man darauf spielt. Da ich aus der Musikbranche komme, war ich begeistert!

Schreibstil:
Der Schreibstil von Lorraine Fouchet ist poetisch und gefühlvoll, aber auch der Humor kommt zwischendurch nicht zu kurz. Die Kapitel sind eher kurz gehalten. Durch den Perspektivenwechsel der erzählenden Personen hat der Leser Einblick in die Gedanken aller Protagonisten und erhält einen perfekten Überblick in das Leben der Familie. Dabei hat die Autorin auch ein paar Überraschungen parat.

Die Landschaftsbeschreibungen der bretonischen Insel Groix und die Eigenheiten der Inselbevölkerung sind sehr lebendig und bildhaft beschrieben. Man spürt auch Jo's Liebe zu diesem Eiland im Atlantik, die sein Sohn nicht mit ihm teilt. Dieser lebt in Paris und genießt die Vorzüge der Stadt. Aber vorallem seine Frau Albane ist eine Stadtfrau durch und durch. Sarah lebt ebenfalls in der Stadt, an die sie vorallem beruflich gebunden ist. Sie besucht aber Groix immer wieder gerne.

Fazit:
Ein sehr gefühlvoller Roman, der mich erst ein paar Tage nachdem ich die letzte Seite gelesen hatte, mehr und mehr zu faszinieren begann. Die berührende Familiengeschichte mit dem französischen Flair schwirrte noch tagelang in meinem Kopf herum und hat mir so einige Gedanken über das Leben beschert.

Veröffentlicht am 08.04.2017

Mord in Greetsiel

Tod am Deich. Ostfrieslandkrimi
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Mit viel Lokalkolorit und sympathischen Ermittlern punktet Ulrike Busch gleich zu Beginn. Kaum begonnen, ist man bereits mitten im Geschehen!
Der Leser lernt Hauptkommissar Tammo Anders kennen, der im ...

Mit viel Lokalkolorit und sympathischen Ermittlern punktet Ulrike Busch gleich zu Beginn. Kaum begonnen, ist man bereits mitten im Geschehen!
Der Leser lernt Hauptkommissar Tammo Anders kennen, der im wahrsten Sinne des Wortes auf den ersten Seiten über eine Leiche stolpert. Als er am frühen Morgen mit seinem Rad und Hund Buddy unterwegs ist, muss er einen Jogger ausweichen. Daraufhin kommt er vom Weg ab und stürzt über eine Böschung. Dort findet er in einem Entwässerungsgraben am Deich die Leiche des örtlichen Teehändlers Folkert Petersen. Doch nicht nur der gewaltsame Tod des alten Petersen bringt den sonst so beschaulichen Ort Greetsiel in Aufruhr, sondern auch die Rückkehr von Enno Duwe, der sich nach 25 Jahren wieder in seiner Heimat niederlässt. Damals hat er Ostfriesland mit Tina Petersen, der Tochter des Toten verlassen, was einen ziemlichen Skandal gleichkam. Niemand hat den Störenfried und Querulanten vermisst. So sind die Greetsieler auch hundertprozentig sicher, dass nur er der Mörder von Folkert Petersen sein kann. Auch Tammo, der noch eine Rechnung mit Enno offen hat, ist derselben Meinung. Als Kommissar kann er sich aber eine Vorverurteilung nicht leisten. Seine neue Kollegin Fenna Stern, eine Fallanalytikerin, die genau an diesem Tag ihre neue Stelle antritt, sieht die Sache allerdings etwas anders als die Einwohner des Ortes.....

Dies ist mein erstes Buch der Autorin und ich kann sagen, dass ich mich schon nach den ersten Seiten im nordfriesischen Greetsiel heimisch fühlte. Als Österreicherin, die leider noch nie an der Nordsee war, erhielt ich viele Einblicke in die Gepflogenheiten der Einheimischen, die ich schnell ins Herz schloss. Hauptkommissar Tammo Anders, der manchmal etwas unüberlegt handelt, da er "seine" Greetsieler doch sehr gut kennt, war mir sofort sympathisch. Als Gegenpart ist Fenna eine toughe Frau, die sich nicht um diverse Gerüchte kümmert und sich davon ablenken lässt. Als Profilerin schätzt sie die Situationen einfach besser ein. So ergeben die Beiden ein tolles Team, zwischen dem auch ab und zu kleine Funken sprühen.

Auch die bildhaften Beschreibungen der Gegend fand ich gelungen. Ulrike Busch hat hier neben dem Kriminalfall auch viel Lokalkolorit miteingebaut. Die Spannung kommt ebenfalls nicht zu kurz. Als Leser rätsle ich immer gerne bei Krimis mit und hatte sogar in eine Richtung den richtigen Riecher ;) Trotzdem konnte mich die Autorin auch überraschen, denn sie hat doch einige überraschende Wendungen eingebaut.
"Tod am Deich" bildet den Auftakt einer neuen Krimiserie rund um die Kripo Greetsiel und ich freue mich schon auf die Folgebände.

Bemängeln muss ich allerdings das Schriftbild der Printausgabe aus dem Klarant Verlag. Die Schrift ist doch eher klein gehalten, es gibt keine Absätze und die Seitenränder sind (auch oben und unten) extrem schmal. So ergibt das Schriftbild ein eher unschönes Ganzes.

Schreibstil:
Der Krimi lässt sich sehr flüssig lesen und der Schreibstil von Ulrike Busch ist spritzig und lebendig. Die Handlung wird in der dritten Person erzählt und ist sehr dialoglastig. Die Charaktere, angefangen von den Dorfbewohnern bis hin zum Ermittlerteam, sind direkt aus dem Leben gegriffen und authetisch.

Fazit:
Ein kurzweiliger Krimi mit viel Lokalkolorit, der von Beginn an unterhält und mit einigen unerwarteten Wendungen punkten kann. Der Beginn einer neuen Reihe, bei dem mir das Zusammenspiel der beiden Ermittler und der Schauplatz gut gefällt. Ich bin schon gespannt auf Band Zwei.

Veröffentlicht am 31.03.2017

Einkochen als Trauerbewältigung

Das Brombeerzimmer
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Bereits auf den ersten Seiten dieses Romans spürt man die unsagbare Trauer die Nora umhüllt, deren Mann Julian beim Joggen tot zusammengebrochen ist, nachdem er eine Grippe übergangen hatte. Und noch immer ...

Bereits auf den ersten Seiten dieses Romans spürt man die unsagbare Trauer die Nora umhüllt, deren Mann Julian beim Joggen tot zusammengebrochen ist, nachdem er eine Grippe übergangen hatte. Und noch immer kocht Nora jeden Sonntag Marmelade ein, denn Sonntag war JuNo (Julan/Nora) Tag. Dieses Ritual kann sie einfach nicht ablegen, genauso wenig wie ihre Trauer. Knapp ein Jahr nach dem Unglück findet Nora zufällig einen Brief in Julians Zimmer. Er ist von seiner Großtante Klara, die ihm ein altes Familienrezept für Brombeerkonfitüre verrät, welches er Nora zum Hochzeitstag schenken wollte. Diese Großtante, die in Julians Familie nie erwähnt wurde, scheint eine Art schwarzes Schaf der Familie zu sein, denn Julians Großvater verbietet Nora doch glatt in der Vergangenheit herumzustochern. Gerade dieses Verbot und das Marmeladenrezept machen Nora neugierig und sie nimmt Kontakt zu Klara auf, die zurückgezogen in einem kleinen Dorf in der Vorpommerschen Boddenlandschaft lebt. Gemeinsam mit ihrem Labrador Watson macht sie sich auf den Weg Richtung Nordosten....

Als Nora in der Vorpommerschen Boddenlandschaft ankommt, tut ihr nicht nur die Ruhe gut, sondern auch der Abstand von zuhause und der gewohnten Umgebung, in der Julian stets ein Teil davon war. Mit Mandy, der Nichte von Klaras Freundin Hilde, findet sie auch vor Ort eine Freundin, die ihre Liebe zu Süßen teilt. Mandy bäckt traumhafte Torten und Kuchen und träumt vom eigenen Café. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach dem großen Geheimnis, das Klara umgeben soll und den Grund, warum Julians Großvater und sie den Kontakt noch vor der Wende gänzlich abgebrochen haben.

Mit Nora und ihrer besten Freundin Katharina, die selbst Beziehungsprobleme hat, konnte ich mich sofort anfreunden. Sie steht ihr immer tröstend zur Seite. Doch generell gibt es in diesem Roman fast nur sympathische und freundliche Menschen, die einem schnell ans Herz wachsen. Man spürt die Veränderung von Nora, die mit Hilfe von Mandy und Klara und einigen Einheimischen langsam ihren Kummer abstreift und aufblüht. Die Frauen bilden eine kleine Gemeinschaft, unterstützen sich untereinander und sprechen sich gegenseititg Mut zu. Gemeinsam sind/werden siestarke Frauen, die sich nicht unterkriegen lassen.

Gerne hätte ich noch mehr aus Klaras Vergangenheit und der Zeit, als sie noch zu DDR-Zeiten Erzieherin war. Die Beschreibungen der Landschaft und der Einheimischen ist absolut gelungen und ließ mein Kopfkino nur so rattern.

Leider wird zum Ende hin die Geschichte etwas oberflächlich und das Geheimnis wird viel zu schnell abgehandelt. Ebenso bleiben einige Fragen offen, auch wenn die wichtigsten davon aufgeklärt werden.
So kann ich keine volle Sternenzahl geben, auch wenn die erste Hälfte des Romans mich wirklich überzeugt hat.

Die vielen tollen Rezepte lassen einem das Wasser im Mund zusammenlaufen und ich hatte die ganze Zeit Lust auf eine Semmel mit Butter und Marmelade.....mmmhhh....oder auf ein Likörchen ;)

Schreibstil:
Der Schreibstil von Anne Töpfer ist sehr einfühlsam, emotional und lässt sich wahnsinnig gut lesen. Man fliegt nur so durch die Seiten und spürt ein richtiges Wohlgefühl im Bauch.
Die Geschichte wird aus der Sicht von Nora geschrieben. In kursiver Schrift sind kleine Weisheiten und Sätze von Julian eingestreut, an die sich Nora erinnert und die ihr Hilfestellung leisten. Die bildhaftenchreibungen der Gegend sorgen für das nötige Lokalkolorit.

Fazit:
Ein emotionaler und wunderbarer Wohlfühlroman mit leckeren Rezepten, der durch die bildhaften Beschreibungen der Vorpommerschen Boddenlandschaft wie eine Woche Urlaub klingt. Leider fällt die Geschichte zum Ende hin etwas ab und das große Geheimnis wird in wenigen Sätzen abgehandelt. Ebenso bleiben einige Fragen offen, die zwar die Fantasie der Leserinnen ankurbelt, wo ich aber gerne noch ein paar mehr Infos gehabt hätte.

Veröffentlicht am 31.03.2017

Die große Flut

Sturmherz
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Eine unserer Hauptprotagonisten, Alexa Petris, hat in Berlin ihre eigene Eventagentur, die Lesungen für Autoren organisiert. Da erhält sie die Nachricht, dass ihre Mutter nach einem Schlaganfall im Koma ...

Eine unserer Hauptprotagonisten, Alexa Petris, hat in Berlin ihre eigene Eventagentur, die Lesungen für Autoren organisiert. Da erhält sie die Nachricht, dass ihre Mutter nach einem Schlaganfall im Koma liegt. Die Beziehung der Beiden ist sehr unterkühlt. Als Alexa noch ein Kind war, hat die Mutter die Familie für drei Wochen verlassen, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Nach ihrer Rückkehr war sie wie verwandelt und baute um sich eine Mauer der Kälte auf. Alexa versuchte ihr ganzes Leben lang die Liebe ihrer Mutter wiederzuerlangen, doch vergebens. Nun steht Alexa vor dem Problem, ob sie die Pflegschaft für ihre Mutter Cornelia übernehmen soll, die nicht automatisch an das einzige Familienmitglied übertragen wird. Zusätzlich ist da auch noch der kleine Buchhandlung ihrer Mutter. Als sie Unterlagen wegen einer Patientenverfügung sucht, stößt sie auf einen geheimnisvollen Brief an einen fremden Mann, der nie abgeschickt wurde. Kurze Zeit später steht der amerikanische Autor Richard Henderson in der Buchhandlung und fragt nach ihrer Mutter. Cornelia und er waren früher ein Paar bis es zu einem tragischen Ereignis kommt.....

Im Handlungsstrang aus der Vergangenheit lernen wir die junge Cornelia kennen, die bei ihrem Vater lebt. Er schlägt sie regelmäßig und lässt sie kaum aus dem Haus. Auch den Job in einem Friseurladen besorgt er ihr, der Conny nicht wirklich Spaß macht. Da lernt sie den jungen Austauschstudenten Rick kennen. Er eröffnet ihr die weite Welt der Literatur. Rick gibt ihr Selbstvertrauen und den Glauben, dass auch sie ihre Zukunft ändern kann. Die Beiden beginnen Pläne zu schmieden und Conny beginnt darüber nachzudenken Hamburg zu verlassen. Doch dann bricht eine verheerende Sturmflut über die Stadt herein, die Häuser und Wohnungen zerstört und in der hunderte Menschen ihr Leben verlieren....

Wie schon in ihrem letzten Roman "Die Sturmrose" widmet sich die Autorin einem interessanten Kapitel der deutschen Geschichte.
Der Spagat zwischen den beiden Handlungssträngen in der Gegenwart und in der Vergangenheit hat Corina Bomann wieder bravourös gemeistert. Hat man begonnen zu lesen, ist man schnell im Sog der Geschichte und gefangen von den Ereignissen - besonders jenen, die Cornelia während der großen Sturmflut 1962 in Hamburg erlebt. Diese Flutkatastrophe ist der rote Faden des Romans, die das Leben so vieler Menschen verändert hat und ein spannendes Kapitel deutscher Geschichte, die mir als Österreicherin nicht bekannt war. Doch auch das schwierige Mutter-Tochter-Verhältnis und der Grundgedanke, dass man oft viel zu wenig über die Jugendzeit seiner Eltern weiß, spielt im Roman ebenfalls eine große Rolle.

Ich flog nur so über die mehr als fünfhundert Seiten und konnte mich schwer der Geschichte entziehen. Die dichte und authentische Atmosphäre, die eher ruhigen Töne und die großen Emotionen haben mich mitgenommen nach Hamburg ins Jahr 1962 und 2014. Allerdings fand ich die Liebesgeschichte in der Gegenwart als absolut überflüssig. Sie wirkte irgendwie fehl am Platz und konnte mich nicht wirklich überzeugen.

Charaktere:
Alexa ist nach außen hin die toughe Karrierefrau. Der Schlaganfalll ihrer Mutter berührt sie jedoch mehr, als sie anfangs dachte. Seit Jahrzehnten versucht sie die Liebe ihrer Mutter zurückzugewinnen. Sie wirkt sympathisch und hat in Karla eine liebenswürdige Freundin gefunden, die in einer On/Off Beziehung zu ihrem italienischen Lover steht.
Cornelia, die Mutter, hat zwar den interessanteren Plot in der Geschichte, aber so richtig sympathisch war sie mir nicht. Viele ihrer Beweggründe konnte ich nicht verstehen und haben mich nur den Kopf schütteln lassen.
Sehr gefallen hat mir der junge Rick, der letztendlich doch etwas zu unkonsequent war und im Alter seine Fehler einsieht. Sein Sohn Ethan blieb allerdings viel zu farblos und konnte mich nicht überzeugen.

Schreibstil:
Wie schon oben erwähnt hat Corina Bomann den Spagat zwischen der Geschichte in der Gegenwart und der in der Vergangenheit großartig gelöst. Der Schreibstil ist flüssig, sehr bildhaft und man fliegt nur so durch die Seiten. Die äußerst lebendigen Bilder der Sturmflut bereiteten mir Gänsehaut.

Fazit:
Gerne hätte ich fünf Sterne vergeben, denn die Geschichte ist berührend und wundervoll zu lesen. Die Liebesgeschichte in der Gegenwart konnte mich allerdings nicht überzeugen und war zu klischeehaft. Eine dramatische Familiengeschichte, die berührt und die uns über das Leben nachdenken lässt.