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Veröffentlicht am 16.10.2021

Was bleibt, wenn man sich selbst verliert

Das Gedächtnis des Baumes
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Der 10-jährige Jan freut sich sehr, als seine Großeltern mit in die Wohnung seiner Eltern einziehen.
Besonders zu seinem Großvater Joan hat er seine sehr innige Beziehung und verbringt viel Zeit mit ihm. ...

Der 10-jährige Jan freut sich sehr, als seine Großeltern mit in die Wohnung seiner Eltern einziehen.
Besonders zu seinem Großvater Joan hat er seine sehr innige Beziehung und verbringt viel Zeit mit ihm. Allerdings fällt ihm sehr schnell auf, dass sich die Stimmung innerhalb der Familie irgendwie verändert hat und dass der Großvater der Grund ist. Die Erwachsenen versuchen zunächst, Joans Demenzerkrankung vor Jan zu verheimlichen. Jan merkt aber sehr schnell, dass hier mit seinem Großvater etwas geschieht, was er noch nicht in Worte fassen kann.
Aus Jans Perspektive kann man den Familienalltag miterleben und mit ihm auch die sich langsam einschleichenden Veränderungen im Wesen von Joan. Dieser nutzt seine Zeit, um seine Erinnerungen mit seinem Enkel zu teilen, bevor ihm diese entgleiten und sie durch ihn weiterleben zu lassen. Jan macht sich Gedanken, wohin verlorene Erinnerungen verschwinden und was bleibt, wenn man sich selbst verliert, aber es bleibt auch genug Raum für viele glückliche Momente nicht nur mit seinem Großvater sondern auch mit der ganzen Familie.
Die einzelnen Leseabschnitte sind sehr kurz gehalten, oft kurze Eindrücke aus dem Familienleben oder zu Jans Gedankengängen. Das hat mir persönlich sehr gut gefallen, denn dieses Thema regt zum Nachdenken an und manchmal musste das Gelesene auch einfach erstmal sacken.
Der Autorin Tina Valles ist ein sehr einfühlsam erzählter Roman über das Leben mit einem Demenzkranken gelungen, der berührt und auch ein wenig Mut macht.

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Veröffentlicht am 30.09.2021

Eine Liebe in dunklen Zeiten

Die Übersetzerin
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Die Autorin Jenny Lecoat hat bei ihrem ersten Roman, „Die Übersetzerin“, auf Tatsachenmaterial aus der Geschichte der Kanalinseln zurückgegriffen.
Die Jüdin Hedy ist vor den Nazis aus Österreich auf die ...

Die Autorin Jenny Lecoat hat bei ihrem ersten Roman, „Die Übersetzerin“, auf Tatsachenmaterial aus der Geschichte der Kanalinseln zurückgegriffen.
Die Jüdin Hedy ist vor den Nazis aus Österreich auf die Kanalinsel Jersey geflohen; nach der Besetzung durch die Nazis also vom Regen in die Traufe gelangt. Um nicht zu verhungern bewirbt sie sich bei den deutschen Besatzern erfolgreich als Übersetzerin, aber niemand weiß dort von ihrem sorgsam gehüteten Geheimnis. Und dann verliebt sie sich in einen deutschen Soldaten.
Ich war von Anfang an beeindruckt, welcher Gefahr sich Hedy ausgesetzt hat und wie es ihr über eine so lange Zeit gelungen ist, nahezu unsichtbar zu bleiben, getragen von einem unbändigen Überlebenswillen. Auch ihre Gedanken und Handlungen konnte ich gut nachvollziehen. Ihr eigener kleiner Widerstand gegen die Nazis, Benzingutscheine zu stehlen und dem Inselarzt zuzustecken, war schon sehr mutig. Das Gefühlschaos, das Kurt in ihr ausgelöst hat, war förmlich greifbar und nur zu verständlich. Und es hat wieder einmal mehr gezeigt, was Liebe bewirken und aushalten kann.
Auch wenn hauptsächlich Hedy im Focus steht beschreibt ihre Situation auch die der anderen Inselbewohner. Abgeschnitten vom Festland und Versorgungsmöglichkeiten ging es vor allem um das nackte Überleben, da die Nahrungsmittel, die auf der Insel vorhanden waren, zunächst an die Besatzer abgeliefert werden mussten. Die Autorin hat diese von Hunger, Angst und Verzweiflung geprägte Zeit realistisch beschrieben. Trotz dieser sehr bedrückenden Atmosphäre hat mich wieder einmal der Überlebenswille der Menschen schwer beeindruckt.

Einmal begonnen war es schwer, dass Buch zwischendurch wieder aus der Hand zu legen, denn Hedys Geschichte hat mich gefesselt. Dafür gibt es eine klare Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 26.09.2021

Starke Frauen und eine tragische Liebe in den goldenen 20ern

Berlin Friedrichstraße: Novembersturm
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„Novembersturm“ ist Band 1 der Friedrichstraßensaga der Autorin Ulrike Schweikert, und der Bahnhof Friedrichstraße ist in voller Schönheit auf dem Cover abgebildet.
Dieser Roman war für mich wie ein Überraschungsei, ...

„Novembersturm“ ist Band 1 der Friedrichstraßensaga der Autorin Ulrike Schweikert, und der Bahnhof Friedrichstraße ist in voller Schönheit auf dem Cover abgebildet.
Dieser Roman war für mich wie ein Überraschungsei, denn er bietet so viel. Einerseits sind da drei starke Frauen, die gegensätzlicher nicht sein könnten, mit ihren Träumen, Sehnsüchten und Lebensmodellen. Ein weiteres zentrales Thema ist die Dreiecksbeziehung dreier Freunde seit Kindertagen, die ein tragisches Ende nimmt.
Neben unterschiedlichen Erzählsträngen der Charaktere gibt es auch immer wieder eingestreute Rückblenden. Und alles das spielt sich im Berlin der goldenen 20-er Jahre ab, einer pulsierenden Stadt, in der die Gier nach Party und Glamour neben dem Elend und der Not existiert.
Ulrike Schweikert schildert die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen sehr detailliert und gibt immer wieder Einblick in die damalige Künstlerszene und die unterschiedlichen Gesellschaftsschichten. Einige Berühmtheiten oder solche, die es noch werden sollten, sind in die Handlung eingebunden und lockern die Geschichte auf.
Trotz einiger Längen hat mich die Handlung begeistert. Mein einziger Wermutstropfen ist, dass Band 2 noch so lange auf sich warten lässt.

Veröffentlicht am 19.09.2021

Alles ändert sich..

Die Schwestern vom Ku'damm: Ein neuer Morgen
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Miriam Feldmann, die uneheliche Tochter des Kaufhaus-Patriarchen Friedrich Thalheim, hat ihren Platz in der Familie gefunden und ist inzwischen Chefdesignerin. Mitten in den Swinging Sixties ist alles ...

Miriam Feldmann, die uneheliche Tochter des Kaufhaus-Patriarchen Friedrich Thalheim, hat ihren Platz in der Familie gefunden und ist inzwischen Chefdesignerin. Mitten in den Swinging Sixties ist alles im Umbruch sei es in der Mode, der Musik, der Politik oder selbst in Miris eigenem Privatleben. In kurzen Rückblenden gibt es darüber hinaus noch Einblicke, wie sie die letzten Kriegsjahre überstanden hat.

Obwohl Miriam im Mittelpunkt dieses Bandes steht kommen natürlich auch die anderen 3 Schwestern nebst Familien nicht zu kurz, denn im Hause Thalheim ist immer etwas los. Und auch das Kaufhaus durchlebt eine Verjüngungskur.

Brigitte Riebe hat es wieder einmal geschafft, das politische und gesellschaftliche Zeitgeschehen mit der Geschichte um die Familie Thalheim perfekt ineinander zu verweben, so dass man sehr schnell in die Handlung eintauchen kann. Auch dieser Band war viel zu schnell beendet und damit auch die Reihe um diese Familie mit allen Höhen und Tiefen.

Mit den Schwestern vom Ku’damm habe ich schöne Lesestunden verbracht und ich empfehle diese Reihe sehr gerne weiter.

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Veröffentlicht am 15.09.2021

Von Abschied und Neubeginn

Für Glück ist es nie zu spät
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Johanna, Anfang 50 und gerade verwitwet, zieht nach der Beerdigung ihres Mannes eine ernüchternde Bilanz ihres bisherigen Lebens: Was ist bloß aus ihren Plänen, Träumen und Zielen geworden? Nichts, denn ...

Johanna, Anfang 50 und gerade verwitwet, zieht nach der Beerdigung ihres Mannes eine ernüchternde Bilanz ihres bisherigen Lebens: Was ist bloß aus ihren Plänen, Träumen und Zielen geworden? Nichts, denn neben dem einnehmenden Wesen des Gatten war kein Platz dafür. Alles verpufft in einer letztlich unglücklichen Ehe.

Ihre ehemals beste Freundin, die sie auch aus den Augen verloren hat, erinnert sie in einer sehr persönlichen Trauerkarte daran, dass sie früher ihrem Tagebuch alles anvertraut hat und schickt gleich eine Blankokladde mit. Und Johanna beginnt, sich alles von der Seele zu schreiben, ihre Trauer um die verlorenen Jahre in Worte zu fassen und ihr Leben komplett zu entrümpeln.

Der Schreibstil ist eingängig und die Kapitel lassen sich flüssig lesen. Johanna ist eine sympathische Protagonistin, in die ich mich leicht hineinversetzen konnte, wahrscheinlich auch, weil uns nur einige Jahre trennen. Es hat Spaß gemacht, mit Johanna auszumisten, in der Vergangenheit zu schwelgen und dann im Hier und Jetzt anzukommen, sich wieder anzunähern und zu versöhnen sowie neue Wege zu beschreiten. Und wie der Titel schon sagt: "Für Glück ist es nie zu spät" und für eine Spätsommerliebe erst recht nicht.

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