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Veröffentlicht am 06.02.2022

die mecklenburgischen Dörfer auf Vordermann bringen

Ostrin
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Bezeichnenderweise ist der Untertitel dieses Buches der erste Teil eines Zitates und lautet: „Wenn die Welt untergeht, empfiehlt es sich, nach Mecklenburg zu ziehen …“ Die Auflösung folgt dann gleich darauf ...

Bezeichnenderweise ist der Untertitel dieses Buches der erste Teil eines Zitates und lautet: „Wenn die Welt untergeht, empfiehlt es sich, nach Mecklenburg zu ziehen …“ Die Auflösung folgt dann gleich darauf auf der ersten Textseite: „… dort passiert alles hundert Jahre später.“ Für dieses Zitat hat Ewert keinen Geringeren als Otto Fürst von Bismarck bemüht und bringt mit dem Buch gleich eine ganze Reihe von Beispielen dafür, dass sich das bis heute nicht geändert hat. Um es vorwegzunehmen: Es ist eine Satire, ein amüsantes Stück Unterhaltung nicht nur für Mecklenburger, sondern auch für Rheinländer.

Ostrin ist ein kleines verschlafenes Dorf im Norden von Neubrandenburg. Der Name ist vom Autor frei erfunden, trifft die Mecklenburgischen Ortsnamen aber bestens. Das trifft auch für das acht Kilometer entfernt liegende Nachbardorf Torfgrund zu. Es ist die Zeit der Wende um 1990/1991. Das Leben in Ostrin zu Zeiten der DDR wird für das Verständnis der Leser angerissen. Muss es auch, denn wenn der Leser verstehen soll, wie die Mecklenburger ticken, braucht es ein bisschen Vergangenheit. In Ostrin wird ein Bürgermeister gesucht. Das war beispielsweise zu DDR-Zeiten anders. Da wurde einer von der Partei vorgegeben. Dessen Wahl war obligatorisch. Am Stammtisch in der Kneipe stecken wichtige Leute aus beiden Dörfern nach dem Fußballspiel die Köpfe zusammen und vereinbaren, in den westlichen Tageszeitungen zu inserieren, um für jedes der beiden Dörfer einen Bürgermeister zu finden. Jeder könne sich bewerben, heißt es im Inserat, die anschließende Wahl wäre eine Selbstverständlichkeit. Das Inserat wird von zwei Freunden in Nordrhein-Westfalen gelesen. Beide treffen sich ganz gerne in Leverkusen zum Kölsch und Altbier, denn einer wohnt in Köln, der andere in Düsseldorf. Beide sind Beamte und beschließen, eine Wochenendtour nach Mecklenburg zu machen, um sich die beiden Dörfer anzuschauen. Beide können sich vorstellen, einen Bürgermeisterposten zu bekleiden und so wird möglichst viel an diesem ersten Wochenende mit den Redelsführern der Dörfer ausgehandelt.

Geht es schon vorher in den Dörfern drunter und drüber, so passiert beim Aufeinandertreffen von „Ossis“ und „Wessis“ nichts anderes. (Diese Worte stammen jetzt vom Rezensenten, sie werden im Buch nicht ein einziges Mal verwendet!) Mit einem liebevollen Blick hat der Autor die Menschen beobachtet und beschrieben. Selbst im Nordosten Mecklenburgs aufgewachsen lebt er seit einigen Jahrzehnten in Düsseldorf und kennt alle menschlichen Eigenschaften der beschriebenen Figuren höchstpersönlich. Mit seinen zwei fiktiven Dorfgemeinschaften, die im entferntesten Sinne auch an die NDR-Fernsehserie „Büttenwarder“ erinnern, bildet er mecklenburgische Dörfer und Menschen in der Nachwendezeit ab, die dort anzutreffen sind. Er zeigt auf humorige Art, wie die Dörfer ganz neu zu sich selbst finden mussten, welche Hürden sie nehmen mussten und dass nicht alles mit den arroganten Methoden mancher „Manager“ aus dem Westen funktioniert. Immer wieder spielt dabei der Zwist zwischen Köln und Düsseldorf eine Rolle, wobei der rheinländische Karneval eine ebenso wichtige Rolle einnimmt.

Es macht Spaß, den beiden aus dem Westen zuzuschauen, während sie sich bemühen, die mecklenburgischen Dörfer auf Vordermann zu bringen.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2015

Veröffentlicht am 17.01.2022

Ähnelt Aktenzeichen-XY-Sendungen

Unsichtbare Spuren
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Durch Zufall habe ich dieses Buch in die Hand bekommen und verspürte Lust, es zu lesen. Andreas Franz war mir nicht unbekannt, habe ich doch vor einigen Jahren nahezu alle seine Krimis als Hörbuch konsumiert. ...

Durch Zufall habe ich dieses Buch in die Hand bekommen und verspürte Lust, es zu lesen. Andreas Franz war mir nicht unbekannt, habe ich doch vor einigen Jahren nahezu alle seine Krimis als Hörbuch konsumiert. Unsichtbare Spuren ist das erste von mir gelesene Werk.

Es ist Winter irgendwo in Norddeutschland. Am Straßenrand steht ein 17jähriges Mädchen. Sie ist gefrustet und möchte von Zuhause weglaufen. Dabei hat sie keinerlei Hemmungen, per Anhalter zu fahren und zu einem Fremden ins Auto zu steigen. Auch, als der Fahrer ihr Geld anbietet, um mit ihm schnellen Sex zu haben, hegt sie keinen Argwohn. Kurze Zeit später wird sie tot aufgefunden.

Doch was man jetzt vielleicht denken mag, tritt nicht ein. Der Fahrer wird schnell gefasst und wegen eines früheren Vergewaltigungsdeliktes ebenso schnell verurteilt. Lisa Santos aber, die Partnerin von Hauptkommissar Sören Henning, hat ihre Zweifel an der Schuld dieses Mannes. Erst fünf Jahre später soll sich das ganze Ausmaß der toten Siebzehnjährigen offenbaren und eine Sonderkommission nimmt ihre Arbeit auf.

Ich muss zugeben, ich kann gar nicht sagen, warum mir dieser Krimi besonders gut gefallen hat. Es war einfach die Atmosphäre, in die er mich als Leser hat eintauchen lassen. Eine klare, zeitgemäße Sprache, kontrastreiche Figuren, ein spannend durch strukturierter Plot, glaubwürdige Dialoge. Dies sind am ehesten die Komponenten, die einen guten Eindruck bei mir hinterließen. In irgendeiner Weise erinnerte mich dieser Krimi auch an die Aktenzeichen-XY-Sendungen, wenn bei denen nach vermissten Anhalterinnen gesucht wird.

Wer gerne spannende Literatur liest, der ist bei diesem Krimi von Andreas Franz bestens aufgehoben.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2015

Veröffentlicht am 26.12.2021

Mit Spannung neue Regionen entdecken!

Thousand Islands - Die Geister von Swanton
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Der Thriller von Tessa Wegert, einer Autorin mit deutschen Wurzeln, ist der zweite Krimi aus der Thousand-Island-Reihe. Er lässt sich unabhängig lesen. Informationen, die aus dem ersten Band stammen und ...

Der Thriller von Tessa Wegert, einer Autorin mit deutschen Wurzeln, ist der zweite Krimi aus der Thousand-Island-Reihe. Er lässt sich unabhängig lesen. Informationen, die aus dem ersten Band stammen und benötigt werden, sind umfangreich vorhanden. Für meinen ersten Eindruck waren dies sogar zu viele Informationen und man wusste zunächst nicht, ob und wofür sie benötigt werden. Denn bis es zu den Ermittlungen kommt, dauert es eine Weile.

Worum geht es in diesem Thriller? Protagonistin ist Detective Shana Merchant vom NYPD. Doch sie ist suspendiert, weil sie Entführungsopfer war und noch mit einer posttraumatischen Belastungsstörung zu kämpfen hat. Sie ist wieder zu Hause in Swanton und befürchtet, dass sie von ihrem Entführer, der nicht geschnappt wurde, aufgespürt werden könnte. Dann erfährt sie, dass Knochen ihres vor zwanzig Jahren verschwundenen Onkels gefunden wurden. Gleich darauf wird in der kleinen Stadt ein Schuljunge entführt. Ob das alles zusammenhängt, ist nicht klar. Aber Shana mischt sich trotz Suspendierung ein.

Ich habe für mich einen neuen Landstrich kennengelernt. Ein Hinterland in Amerika, wo die „schönsten“ Kriminalfälle angesiedelt sind. Tessa Wegert beschreibt unglaublich schön die vielen Details. Durch Rückblenden in den Gedanken sogar zu verschiedenen Jahreszeiten. Das Leben in der amerikanische Provinz erscheint in wunderbaren Bildern.

Die Informationen über Familie, Verwandtschaft, Kindheit waren mir anfangs zu viel, weil ich sie noch nichts einordnen konnte. Der tatsächliche Spannungsbogen hätte etwas früher einsetzen können.

Nach dem ersten Drittel nimmt der Thriller dann seine Fahrt auf. Viele Informationen von zuvor erschließen sich plötzlich.

Die Figuren finde ich stimmig und sie passen so auch zu der Geschichte. Die Konflikte zwischen ihnen sind bahnbrechend, eher winzige Nebenschauplätze. Infolge der Gedanken der Protagonistin, die die Geschichte in erster Person schildert, wird jeweils schnell klar, ob eine Figur sympathisch oder unsympathisch werden wird.

Mir hat die Geschichte um die Geister in Swanton von Tessa Wegert sehr gut gefallen. Wer jetzt zu Weihnachten noch eine spannende Geschichte sucht, kann das eBook dazu sofort herunterladen.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2021

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Veröffentlicht am 24.09.2021

spaßiger Ratekrimi

Frau Maier macht Dampf
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Der Krimi von Jessica Kremser ist ein klassischer cozy crime mit einer mehr als schrulligen Ermittlerin. Er ist am ehesten vergleichbar mit den Kati-Küppers-Romanen von Barbara Steuten.

Eine Freundin ...

Der Krimi von Jessica Kremser ist ein klassischer cozy crime mit einer mehr als schrulligen Ermittlerin. Er ist am ehesten vergleichbar mit den Kati-Küppers-Romanen von Barbara Steuten.

Eine Freundin von Frau Maier hat einen Wellnessurlaub gewonnen, aber sie kann ihn nicht antreten. Damit er nicht verfällt, reist Frau Maier in das Wellness-Hotel. Sie reist zum ersten Mal in ihrem Leben, zumindest als Urlaub. Besonders schmackhaft wurde ihr dieses Hotel gemacht, weil es dort vor einem Jahr einen Toten im Hotel gab. Da biss Frau Maier an. Doch sie hat nicht nur diesem alten Fall hinterherzuschnüffeln. Es gibt noch weit mehr Überraschungen …

»Frau Maier macht Dampf« ist als Wohlfühlroman konzipiert. Neben dem Kriminalfall, der erst recht spät einsetzt, gibt es ausführliche Runduminformationen über Wellness-Hotels, Wellness allgemein und deren besonderen Angebote. Wer einen solchen Urlaub für sich plant, sollte einmal in diese Roman schauen und sich wertvolle Tipps holen.

Das schrullige Verhalten von Frau Maier lässt viel Spielraum für jede Menge Humor zu. Situationskomik genauso wie Wortakrobatik entlocken dem Leser immer wieder ein Lächeln.

»Frau Maier macht Dampf« ist ein spaßiger Ratekrimi für alle, die schon immer mal einen Wellnessurlaub machen wollten. Gerne empfehle ich diese Roman. Bittedanke!

© Detlef Knut, Düsseldorf 2021

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Veröffentlicht am 03.09.2021

Romantik und Zoff in Cornwall

Für immer und ein Wort
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Bei diesem Roman, der auch wie viele andere Romane dieser Autorin in England spielt, geht es um das Zusammenwachsen zweier Menschen, Anni und Jack, nach einer für sie sehr großen Trennung von einem Lebensgefährten. ...

Bei diesem Roman, der auch wie viele andere Romane dieser Autorin in England spielt, geht es um das Zusammenwachsen zweier Menschen, Anni und Jack, nach einer für sie sehr großen Trennung von einem Lebensgefährten. Jeder der beiden Protagonsiten bekommt einen Teil im Buch gewidmet, in welchem die Geschichte von jedem erzählt wird. Da erfahren wir aus dem Leben von ihnen, ihren Familien, ihren Freunden, ihren Ex-Partnern und vieles mehr.

Im ersten Teil erleben wir Anni auf der Hochzeit ihres Ex-Partners, der zwei Jahre nach der Scheidung wieder neu heiratet. Die Feier findet in Dartmoor in dem Hotel statt, welches er vor Jahren im Beisein von Anni abscheulich fand. Anni wird zwar zur Unterstützung von ihrer Freundin Hoola begleitet, aber ob der Besuch der Hochzeit ihres Ex wirklich eine tolle Idee war, bleibt anzuzweifeln.

Im zweiten Teil erfährt neben uns auch Jack, dass seine Ex-Frau mit der Tochter Lori aus London weggeht, um in Bath einen anderen Mann zu heiraten und mit ihm dort als Familie zu leben. Jack konnte sich nie vorstellen, auch nicht nach der Trennung, dass seine Tochter nicht jeder zweite Woche bei ihm lebt. Der Umzug erwischt ihn offenbar kälter als die damalige Trennung.

Erst im dritten Teil kommen sich die beiden Protagonisten Anni und Jack tatsächlich näher, obwohl es zuvor schon eine Begegnung gegeben hat. Aber selbst hier sind sie beim Näherkommen noch sehr distanziert.

Dieser Roman hält einige besondere Sachen für die Leserinnen und Leser bereit. Davon einmal abgesehen, dass ich vom Verlag zusätzlich noch Glitzerstift, Stempel und zwei Stempelkissen erhielt, ist dieses Buch auch ein Persönlichkeitsbuch. Ähnlich einem Tabebuch oder Poesiealbum enthält es besondere Seiten, auf denen die Leserinnen ganz persönliche Eindrücke und Ansichten über sich, ihre Familien oder ihren Freundinnen niederschreiben können. Die Überschriften dieser Seiten geben Anregungen, was dort jeweils festgehalten werden kann.

In diesem Roman geht es um Worte, der Titel weist bereits darauf hin. Es geht um die Frage, ob sich jemand in eine andere Person verlieben kann, nur weil er die Worte der anderen Person gelesen hat und kennt. Z. B. wenn man ein Gedicht von jemanden liest. Kann es sein, dass man sich in den Dichter verliebt aufgrund der poetischen Worte? Weil man der Meinung ist, ihn, den Dichter, zu kennen? Mit dieser Idee ist der romantische Roman einmal ganz anders aufgezogen und belegt. Das rechtfertigt die besondere Aufmachung, denn möglichst viele Leserinnen und Leser sollen ihre eigenen Worte auf die vorbereiteten Seiten schreiben.

Dieser Aufbau des Buches hat mir sehr gut gefallen. Man lernt erst ausgiebig die beiden Protagonisten kennen, um dann zu erfahren, wie sie vielleicht zukünftig zueinander stehen werden. Und ob überhaupt.

Anne Sanders benutzt verschiedene Gestaltungselemente, die die Handlung auflockern. Dazu gehören SMS- und Messenger-Nachrichten genauso wie Briefe und Tagebucheinträge. Das sorgt für Abwechslung und beansprucht die wörtliche Rede nicht so sehr.

Anne Sanders ist ihre Zuneigung zu England und Schottland in ihren Romanen deutlich anzumerken. Deshalb sind die Beschreibung der Park, Plätze, Straßenzüge und Orte jedes Mal eine Freude für einen England-Liebhaber. Viele kleine Tipps für den Besuch der britischen Inseln sind in den Szenen versteckt, so dass es ein Gefühl von Heimkommen erwecken kann. Und wenn gerade auch keine Reisen dorthin möglich sind, fühlt man sich bei dem Besuch in einem Pub zusammen mit Anne Sanders sehr heimisch.

Bei aller Freude über ein Wiedersehen in bekannten Gefilden gab es leider zwei bittere Tropfen, die eher wohl eher dem Lektorat als der Autorin zuzuschreiben sind. Leider verraten die Überschriften der Kapitel bereits die Story und klauen den einzelnen Kapiteln die Spannung. Manche Kapitel müssen nicht gelesen werden, weil man anhand deren Überschrift schon weiß, was kommt. Das ist sehr schade. Und ein No-Go in meinen Augen sind die Gendersternchen in einem belletristischen Werk. Bei allem Feminismus sollte man einen wunderschönen Roman dadurch nicht kaputt machen.

Mir hat der Roman schlussendlich sehr gut gefallen, obwohl ich ehrlich gestehe, dass er nicht ganz an »Sommer in St. Ives« von Anne Sander heranreicht. Besonders in den ersten beiden Teilen fehlt das beschwingende, das fröhliche und unbeschwerte Auftreten der Figuren. Sie verharren zu sehr in ihren Depressionen nach der Trennung von ihrem vorherigen Partner. Nichtsdestotrotz ist er wunderschön zu lesen, unterhaltsam, anregend und inspirierend für Leser, die die englische Landschaft lieben und die romantische Geschichten mit viel Schmerz mögen.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2021