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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.11.2021

Ein visuelles Vergnügen mit anschaulichen Informationen

Little Book of Chanel
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Das kleinformatige Buch ist ansprechend und hochwertig gestaltet, der stabile Einband ganz im Chanelstil behalten, im Buch erfreuen zahlreiche Abbildungen auf ebenfalls hochwertigem, festem Papier. Es ...

Das kleinformatige Buch ist ansprechend und hochwertig gestaltet, der stabile Einband ganz im Chanelstil behalten, im Buch erfreuen zahlreiche Abbildungen auf ebenfalls hochwertigem, festem Papier. Es mutet schon fast wie ein kleiner Bildband an und auch die Vielfalt der Abbildungen ist gut gewählt. Alte und neue Fotos sowie prächtige Modezeichnungen, oft in Farbe. Ein optisches Vergnügen!

Der Text widmet sich zunächst dem Leben Coco Chanels. Insgesamt sind die Texte nicht sehr ausführlich - es ist immerhin das „little book“, ein reichhaltig illustrierter Überblick - , enthalten aber zahlreiche Informationen. Besonders interessant fand ich die Einblicke, wie Chanel vorging und warum die Marke so erfolgreich werden konnte. Dies wird auch anhand der Weiterentwicklung nach ihrem Tod gut erklärt, ebenso wie an den drei ikonenartigen Produkten Chanelkostüm, Chanel No. 5 und der Handtasche 2.55. Der Fokus des Buches liegt auf der Strategie, der Arbeitsweise, den kleinen Besonderheiten, welche die Marke ausmachen. Leben und Persönlichkeit Coco Chanels kommen hier ein wenig kurz, allerdings möchte das Buch auch keine Biographie sein, somit ist das für mich in Ordnung, nur einen Kritikpunkt gibt es: Coco Chanels bedenkliches Verhalten während des Zweiten Weltkrieges wird hier nicht nur knapp, sondern auch etwas verharmlosend abgehandelt. Das ist auch bei einem Büchlein, dessen Fokus eher auf dem Gesamtwerk, der Marke liegt, nicht akzeptabel.

Insgesamt aber erhält man hier auf wenig Raum viele Informationen, darunter nette Details (so rühren die Taschen im Chanelkostüm daher, daß die elegante Dame von Welt dort ihre Zigaretten aufbewahren sollte, und die Entwürfe von Schulterhandtasche und zweifarbigen Schuhen, welche zu Symbolen der Marke wurden, hatten überraschend bodenständige Gründe). Die Einblicke in die Strategien und Entwicklung dieser weltberühmten Marke sind aufschlußreich und werden unterhaltsam präsentiert. Zusammen mit der ansprechenden visuellen Gestaltung bietet das Buch einen gelungenen, für einen Überblick detaillierten Gesamteindruck, der beim Lesen Freude bereitet.

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Veröffentlicht am 30.09.2021

Hier stimmt einfach alles!

Meditative Wanderungen Oberschwaben und Bodensee
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Dieser Wanderführer ist eine Freude! Schon auf den ersten Blick hat mich die ansprechende Gestaltung - im handlichen Format - begeistert. In der vorderen Einbandklappe befindet sich eine übersichtliche ...

Dieser Wanderführer ist eine Freude! Schon auf den ersten Blick hat mich die ansprechende Gestaltung - im handlichen Format - begeistert. In der vorderen Einbandklappe befindet sich eine übersichtliche Karte der Gegend, auf der man mit einem Blick sehen kann, wo jede der beschriebenen Wanderungen stattfindet, eine Liste der Wanderungen mit jeweiliger Seitenangabe findet sich ebenfalls auf der Karte, so daß man von dieser aus direkt zu der Wanderung blättern kann, die einen von der Lage her am meisten interessiert. Das habe ich so praktisch, mit Seitenangabe direkt auf der Karte, bisher noch nicht gesehen. Die Wanderungen sind gut in der Gegend verteilt.

Auf der ersten Seite jeder Wanderungsbeschreibung finden sich - schön übersichtlich in einem farbig unterlegten Streifen - die relevanten Angaben wie Länge, Dauer, Höhenunterschiede, Parkplatz, öffentliche Verkehrsmittel, Wanderrouten, Webseiten und Einkehrmöglichkeiten. Das einzige, was ich mir noch gewünscht hätte, war ein Höhenprofil, da aber überwiegend keine großen Höhenunterschiede vorkamen, geht es natürlich auch so.

Jede Wanderbeschreibung verfügt über zahlreiche qualitativ exzellente Farbfotos, auch das Papier des Buches ist hochwertig. Ich habe mich immer wieder an der visuellen Gestaltung gefreut! Aber auch der Inhalt ist absolut lohnend. Der Fokus liegt auf Kirchen, Klöstern und Kapellen, ebenso wie auf besonders schöner Natur, herrlichen Ausblicken, Schlössern oder anderen interessanten Bauwerken. Selbst wer sich weniger für die religiösen Gebäude interessiert, wird in diesem Wanderführer lohnende Strecken finden. Da ich mich für alles Genannte interessiere, war es eine angenehme Mischung. Ich habe in dieser mir eigentlich vertrauten Gegend sofort mehrere Strecken entdeckt, die ich unbedingt aufprobieren möchte. Besonders hat mir gefallen, daß der Autor - der ohnehin in einem erfreulichen Stil schreibt - historische Hintergrundinformationen, Anekdoten oder Sagen in Kursiveinschüben berichtet. Solche Informationen lese ich immer ausgesprochen gerne und in manchen Wanderführern kommen sie zu kurz. Da der Autor zudem auf übermäßiges „dann biegen wir hier ab und gehen Straße x entlang, bis wir dort überqueren und da abbiegen“ verzichtet, sondern sich auf die relevanten Wegbeschreibungen beschränkt, liest sich jede Wanderungsbeschreibung richtig angenehm - eine Mischung aus Beobachtungen, Beschreibungen und tollen Hintergrundinformationen. Hinweise auf Besonderheiten, die man vielleicht von selbst übersehen hätte, sind ebenfalls enthalten und willkommen. Auf jeder Wanderung gibt es einen Ort, für den der Autor eine Meditationsanregung mit einige Fragen eingeschoben hat. Wen - wie mich - dieser Aspekt nicht interessiert, kann diese Einschübe gut überlesen, sie sind angenehm dezent. Die Anregungen und Fragen passen gut zu dem jeweiligen Ort und ich kann mir vorstellen, daß jemand, der an solch meditativen Übungen interessiert ist, sowohl in den Orten wie auch den Fragen viel Anregung finden wird.

Und so macht dieser Wanderführer einfach alles richtig - eine visuelle Freude, alle relevanten Informationen sind enthalten, lassen aber Raum für unterhaltsame Texte mit originellen und interessanten Informationen und Beobachtungen. Die Strecken sind so gut ausgewählt und beschrieben, daß ich am liebsten gleich zum Bodensee fahren und die Wanderschuhe anziehen möchte. Rundum gelungen!

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Veröffentlicht am 23.05.2021

Unterhaltsamer Informationsreichtum durch Anekdoten

Ich liebe unendlich Gesellschaft
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Der Eulenspiegel Verlag hat mich bereits mit seinem Anekdotenbuch über Theodor Fontane sehr erfreut. Nun war ich natürlich neugierig auf dieses Buch, das Rahel Varnhagens Leben in Vignetten und Anekdoten ...

Der Eulenspiegel Verlag hat mich bereits mit seinem Anekdotenbuch über Theodor Fontane sehr erfreut. Nun war ich natürlich neugierig auf dieses Buch, das Rahel Varnhagens Leben in Vignetten und Anekdoten berichtet. Ich wußte bislang wenig über sie: eine der bekannten Damen Berlins, die für ihre Salons berühmt waren, in denen sich die großen Köpfe des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts versammelten.

Nun habe ich in knapp über 110 Seiten eine ganze Menge mehr gelernt und bin erneut beeindruckt, wie viele Informationen man auf unterhaltsame Weise auf so wenig Raum unterbringen kann. Der gute Eindruck beginnt schon mit dem leuchtend gelben, hochwertig festen Einband, dessen reduzierte Gestaltung ich gelungen finde. Ein Lesebändchen rundet das Gesamtbild schön ab, hinten auf dem Einband befindet sich ein kurzer Lebensüberblick und ein Porträtbild Rahel Varnhagens.

Der Text folgt ihrem Lebensweg in Episoden, manche nur eine halbe Seite lang, nie mehr als zwei Seiten. So kann man zwischendurch immer angenehm hineinlesen. Die Vignetten sind chronologisch, so lernen wir Rahel von Geburt an kennen und folgen ihr bis über ihren Todestag hinaus. Die Texte sind locker geschrieben, hier und da ein wenig zu salopp, und gelegentlich waren es mir am Anfang zu viele Wiederholungen. Insgesamt liest sich das Buch aber angenehm, berichtet anschaulich und bindet auch historische und kulturelle Informationen gelungen ein – nie zu überbordend, aber alles zum Hintergrundverständnis ist vorhanden und klar formuliert, so daß sicher auch jemand, dem diese Epoche fremd ist, sich gut hineinfinden kann. Hinzu kommen zahlreiche Zitate von Rahel Varnhagen und ihren Zeitgenossen. Diese komplettieren das Bild ausgezeichnet, sorgen für Farbe, manchmal ein Schmunzeln, bringen manchmal zum Nachdenken. Ob Rahel Varnhagen die „geistreichste Frau des Universums“ (Heinrich Heine) war, mag dahingestellt bleiben; die vorhandenen Zitate reichen nicht aus, sich darüber ein Bild zu machen; mich hat eher ihr Lebensweg vor dem historischen Hintergrund beeindruckt. Gelegentlich fehlten mir ein paar erklärende Sätze, gerade was ihr Leben in jüngeren Jahren betraf, gab es einige Stellen, die ich unklar formuliert oder nicht hinreichend erklärt fand. Insgesamt aber habe ich die Lektüre nicht nur genossen, sondern auch viel über Rahel und ihr Umfeld, sowie über die Auswirkungen historischer Ereignisse auf die Menschen erfahren. Eine kleine Liste mit weiterführender Literatur komplettiert das Buch erfreulich. Rundum gelungen und empfehlenswert!

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Veröffentlicht am 01.05.2021

Gelungen psychologische Spannung, tolle Atmosphäre

Die große Kälte
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Dieser spanische Kriminalroman war eine sehr erfreuliche Überraschung! Der Schreibstil hat mich von Anfang an in die Geschichte hineingezogen, als wir die Journalistin Ana im Barcelona der 1950er bei Recherchen ...

Dieser spanische Kriminalroman war eine sehr erfreuliche Überraschung! Der Schreibstil hat mich von Anfang an in die Geschichte hineingezogen, als wir die Journalistin Ana im Barcelona der 1950er bei Recherchen begleiten und gleich einiges zur Zensur im Franco-Regime erfahren. Es wird farbig erzählt, ich sah das ganze Buch hindurch die Orte und Charaktere vor mir und konnte in die geschilderte Welt eintauchen. Ana, deren Bruder vom Regime umgebracht wurde, ist eine sympathische Protagonistin, intelligent und pragmatisch. Obwohl es sich um eine Serie handelt, tritt das Privatleben Anas angenehm in den Hintergrund, die eigentliche Geschichte erhält den Raum, der ihr zusteht. Nachdem ich Krimiserien meistens meide, weil das Privatleben der Ermittler fast immer zu sehr in den Vordergrund geschoben wird, war das sehr erholsam. Auch die anderen Charaktere sind glaubhaft und mit gelungenen kleinen Details beschrieben.

Wir begleiten Ana in ein abgelegenes Dorf, in dem sie über ein Mädchen recherchieren soll, das Stigmata aufweist und zu der Kranke pilgern. Von Anfang an hängt über diesem Dorf etwas Bedrohliches und die beklemmende Atmosphäre wird gut geschildert. Während der örtliche Geistliche ganz wild darauf ist, daß Ana über „die kleine Heilige“ berichtet, rennt sie ansonsten bei den Dorfbewohnern fast überwiegend vor eine Wand. Es gibt einige nahezu skurrile Szenen, die mir gelegentlich etwas zu viel waren, im Nachhinein aber fast alle Sinn ergaben. Als Krimi im eigentlichen Sinne würde ich das Buch nicht bezeichnen, auch wenn am Ende ein enormes Verbrechen aufgedeckt wird. Es ist aber m.E. letztlich ein Roman über religiösen Fanatismus, die besondere Atmosphäre solch abgeschotteter Dorfgemeinschaften und menschliche Abgründe.

Die Handlung schreitet eher gemächlich voran, die Erzählweise ist atmosphärisch, beobachtend. Das fand ich allerdings an keiner Stelle langweilig. Ich habe gebannt gelesen und war gespannt, wie sich die vielen mysteriösen Dinge aufklären, denen Ana begegnet. Die wenigen drastischeren Szenen waren mir da fast zu übertrieben, weil sie so aus diesem Geflecht unterschwelliger Bedrohungen und unbekannter Beziehungen herausstachen.

Vorhersehbar fand ich hier nichts, auch wenn die Hinweise dezent eingeflochten werden. Bei der Auflösung wurde mir vieles klar, das vorher verwirrte. Auch viele Charaktere waren schwer zu entschlüsseln, mancher erste Eindruck wurde gründlich umgekehrt. Ich war sehr angetan davon, wie geschickt hier geschildert wurde. Das Franco-Regime spielt keine große Rolle, klingt aber auch ab und zu durch – vielleicht etwas zu wenig, aber die Geschichte hätte dafür auch keinen wirklichen Anlass gegeben und so war dies stimmig.

Insgesamt also ein Buch, das für mich durch sorgfältige und ausgefeilte Schilderung absolut spannend war und zudem durch den farbigen Schreibstil und gut konzipierte Charaktere überzeugte.

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Veröffentlicht am 20.02.2021

So wird Geschichte lebendig

Verbotene Liebe, verborgene Kinder
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"Verbotene Liebe, verborgene Kinder" berichtet über die zahlenden Patientinnen des Göttinger Geburtshospitals zwischen 1794 und 1857, welche, anders als jene Frauen, die dort kostenlos ihre Kinder zur ...

"Verbotene Liebe, verborgene Kinder" berichtet über die zahlenden Patientinnen des Göttinger Geburtshospitals zwischen 1794 und 1857, welche, anders als jene Frauen, die dort kostenlos ihre Kinder zur Welt bringen konnten, eine Garantie auf Anonymität hatten und deren Fallgeschichten deshalb auch separat - in einem "geheimen Buch" - festgehalten wurden. Jürgen Schlumbohm untersucht diese Fallgeschichten auf denkbar informative Weise und wir erfahren beim Lesen weitaus mehr als nur den Besuch im Geburtshospital. Dies wird dann zudem auch noch so unterhaltsam geschildert, daß die Personen wieder zum Leben erwachen, die Schicksale einem nah gehen.

Schlumbohm berichtet über alle in dem geheimen Buch festgehaltenen Fälle, je nach Faktenlage mal ausführlicher, mal recht knapp. Es ist bemerkenswert, welche Detektivarbeit er vornahm, um hinter die Identitäten der dort aufgeführten Personen zu kommen, die manchmal einen falschen Namen angaben oder deren persönliche Informationen im Nachhinein aus Anonymitätsgründen durchgestrichen wurden. Hier bekam ich auch einen guten Einblick in die Vorgehensweisen von Historikern, was sich ebenso spannend las wie die berichteten Schicksale selbst.

Wo immer möglich schildert der Autor das Leben der Personen auch vor und nach dem Besuch im Geburtshospital, verfolgt auch den Weg der Kinder, die dort geboren und in Pflege gegeben wurden. Das gelingt manchmal auf erstaunlich detaillierte Weise; das Leben des unehelichen Kindes einer im 19. Jahrhundert recht bekannten Sängerin können wir so in groben Zügen von 1845 - 1941 (!) verfolgen. - Ich war beeindruckt, welche Vielfalt an Lebensgeschichten Schlumbohm recherchiert hat. Ob es die adlige Ehefrau mit junger Affaire ist; der Student, der reihenweise junge Frauen schwängert und versucht, sich vor der finanziellen Verantwortung zu drücken; der Pastor, der seine Familie nur mit Müh und Not durchbringt - das Buch ist wie ein Kaleidoskop des Lebens in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Neben der lebendigen, hochpersönlichen Betrachtung dieser Menschen erfährt man als Leser zudem zahlreiche interessante historische Informationen über die Zeit, welche ebenfalls unterhaltsam dargebracht werden.

Auf den weniger als 200 Seiten steckt hier also eine ganze Menge - hier werden die Menschen hinter der Weltgeschichte lebendig.

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