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Veröffentlicht am 07.10.2021

Düster, beklemmend, sehr gut erzählt

Die Dornen der Stille
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Der Drehbuchautor Alexander Martin wendet sich an die Polizei in West Vancouver. Hier, im Besprechungsraum der Police Division, übergibt er Inspektor Abbot sein Tagebuch mit dem dringenden Hinweis, ein ...

Der Drehbuchautor Alexander Martin wendet sich an die Polizei in West Vancouver. Hier, im Besprechungsraum der Police Division, übergibt er Inspektor Abbot sein Tagebuch mit dem dringenden Hinweis, ein Verbrechen verhindern zu wollen.

Ich erfahre von Alex seine Geschichte, lerne seine Familie kennen. Seine Eltern, seine Schwester Patricia und David, den Nachbarsjungen, den sie aufnehmen. Es geht um Morde an jungen Frauen, um Vergewaltigung – unaufgeklärte Fälle. Dazwischen immer wieder die Befragung in der Police Division, die mehr und mehr zum Verhör wird.

Astrid Korten schafft ab der ersten Zeile eine beklemmende Atmosphäre. Ich lese von Tötungsphantasien – sind das Wahnvorstellungen oder ist dies erlebte Wirklichkeit? Die Charaktere sind nicht sehr zugänglich, man möchte auch mit keinem näher zu tun haben. Was ist geschehen – nichts ist greifbar, nichts logisch zu erklären.

„Die Dornen der Stille“ ist ein Psychothriller, der es in sich hat. Hier vibriert die Luft, überall sind diese bedrohlichen Schatten, nichts ist so, wie es den Anschein hat. Die Autorin lässt ihre Leser bis ganz zum Schluss im Unklaren, führt sie auf so manch falsche Fährte. Wiederum ein meisterliches Werk, in dem sich ihre Protagonisten in der Stille wiederfinden. Sind dies alles Träume, ist es Einbildung oder doch real?

Mit allen Sinnen habe ich gelesen, mich in die Figuren eingefühlt, ich war mir zweitweise ganz oder zumindest relativ sicher, auf der richtigen Spur zu wandeln, um dann doch wieder zu zweifeln. Ja, genau so mag ich es.

Spannend, düster und sehr bedrückend in einer klaren, mitreißenden Erzählweise habe ich diese „Dornen der Stille“ aus der Feder von Astrid Korten wiederum sehr genossen. Für Psychothriller-Fans ein absolutes Muss.

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Veröffentlicht am 05.10.2021

Spannender Thriller mit realen Bezügen

Probe 12
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Multiresistente Keime – ein Thema, das immer mehr an Bedeutung gewinnt. Derjenige, der ein wirksames Medikament dagegen findet, wird von den einen als Retter der Menschheit gefeiert und andere wollen dieses ...

Multiresistente Keime – ein Thema, das immer mehr an Bedeutung gewinnt. Derjenige, der ein wirksames Medikament dagegen findet, wird von den einen als Retter der Menschheit gefeiert und andere wollen dieses gewinnbringende Heilmitteln unbedingt für sich nutzbringend vermarkten.

Professor Georgy Anasias will seine Bakteriophagen der Allgemeinheit zur Verfügung stellen, er ist der Meinung, dass hieraus niemand Gewinn erzielen sollte. Mit seiner langjährigen wissenschaftlichen Kooperationspartnerin Maren Conrad hält er sich im Labor auf, Nina Falkenberg will mit den beiden auf ihren Erfolg anstoßen. Kaum angekommen, entgehen die beiden Frauen knapp einem Anschlag, während der Professor dabei ums Leben kommt.

Tom Morells 15jährige Tochter Sylvie liegt im Krankenhaus, sie ist so gut wie austherapiert. Bis ihr Arzt ein noch nicht zugelassenes Medikament ins Gespräch bringt – ihre letzte Hoffnung. Natürlich unternimmt Tom alles, um seiner Tochter zu helfen. Gemeinsam mit Nina macht er sich auf, dieses von Professor Anasias entwickelte Präparat schnellstens heranzuschaffen.

Zunächst hatte ich schon Respekt ob dieses sehr wissenschaftlichen Stoffes, aber bald konnte ich zu meiner Freude feststellen, dass die Autorinnen einen auch für Laien auf diesem Gebiet gut lesbaren Thriller vorgelegt haben. Auch wenn ich anfangs öfter nachschlagen musste, was sich hinter diesen ganzen Fachbegriffen verbirgt, so war das letztendlich der Schlüssel dafür, dass ich dann besser vorankam - das Glossar am Ende des Buches war dabei sehr hilfreich.

Die durchaus filmreife Jagd beginnt. Actionreiche Szenen wechseln sich ab mit wohldosierten, sehr informativen und gut nachvollziehbaren - aber niemals trockenen - wissenschaftlichen Sequenzen. Und hier merkt man, dass eine Fachfrau den Forschungsprozess bis hin zur möglichen Zulassungsreife geschickt in die Story einbettet, auch wenn der Thrillergedanke stets im Vordergrund steht. Da stört absolut nichts den Lesefluss, die Autorinnen bringen viel Atmosphäre ins Geschehen.

Die einzelnen Erzählstränge sind temporeich, die Charaktere durchwegs glaubhaft gezeichnet. Nina bringt quasi so manches Mal im Alleingang Licht ins Dunkel und Tom ist mit dabei, die Genesung seiner Tochter treibt ihn um. Man hofft, dass Sylvie durchhält, sie die lebensrettende Therapie erhält und diese bei ihr auch anschlägt. Aber wird dies letztendlich gelingen?

Es geht ganz schön zur Sache - spannend, fesselnd, dramatisch. Susanne Thiele steuert den medizinisch-fachlichen Teil dazu, während Kathrin Lange für die Thriller-Momente verantwortlich zeichnet.

Ein sehr gelungenes Zusammenspiel, ein spannender Thriller mit realen Bezügen, die dem Autorinnenduo hier gelungen ist – wie aus einer Feder, aus einem Guss. Zudem ein Lesegenuss, den ich sehr gerne weiterempfehle.

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Veröffentlicht am 30.09.2021

Interessantes Zeitzeugnis - genussvolles Hörerlebnis

Berlin Friedrichstraße: Novembersturm
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Luise, Ilse, Johannes, Robert und Ella – sie kennen sich von klein auf. In den 1920er Jahren beginnt diese schicksalhafte Erzählung mit Rückblenden in die Kindheit. Ella steht aufgrund ihrer einfachen ...

Luise, Ilse, Johannes, Robert und Ella – sie kennen sich von klein auf. In den 1920er Jahren beginnt diese schicksalhafte Erzählung mit Rückblenden in die Kindheit. Ella steht aufgrund ihrer einfachen Herkunft immer ein wenig abseits, trotzdem verlieren sie nie so ganz den Kontakt zueinander, auch wenn ihnen der Erste Weltkrieg gehörig in ihrer Lebensplanung dazwischenfunkt.

Ulrike Schweikert hat ein gelungenes Porträt einer Gesellschaft vorgelegt, deren junge Nachkommen aufbegehren, nicht in den alten Mustern und Rollen leben, sondern ihren Weg selbstbestimmt gehen wollen. Als Frau will sie sich behaupten ohne Ehemann im Hintergrund, den lesbischen Neigungen nachgehen, die bürgerlichen Normen durchbrechen. És sind die Ausnahmen, nicht jedem und jeder ist ein Leben jenseits dem Üblichen gegönnt. Und doch ist der Hunger nach Leben ist da, sie wollen sich amüsieren.

Der Krieg gerade mal vorbei, sind die Nationalsozialisten schon sichtbar. Neben viel Hunger und Elend ist auch die Glitzerwelt mit ihren Stars zu erahnen. Sowas wie Nebenrollen spielen hier Erich Kästner, Marlene Dietrich und noch so einige der damaligen Berühmtheiten. Das Schicksal zweier Familien, die Emanzipation der Frau einerseits und die alleinerziehende Mutter, das uneheliche Kind andererseits. Der aufstrebende Akademiker gegen das Schicksal eines Kriegsversehrten.

Hörend konnte ich der Handlung gut folgen auch und vor allem dank der von mir sehr geschätzten Sprecherin Sabine Arnhold. Sie schafft es, den einzelnen Charakteren Persönlichkeit mitzugeben, ihre Stimmungen akzentuiert der jeweiligen Situation anzupassen. Die Sprechpausen zwischen den einzelnen Kapiteln sind gut zu erhören, das gesamte Werk klar und angenehm wahrnehmbar.

Der Argon Verlag mit seiner Sprecherin Sabine Arnhold hat mir angenehme Hörstunden geschenkt. Ein interessantes Zeitzeugnis, ein einzigartiges Bauwerk, ein genussvolles Hörerlebnis, das ich sehr gerne weiterempfehle.

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Veröffentlicht am 30.09.2021

Schicksalhafte Jahre in Kriegszeiten

Die Übersetzerin
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Hedy, die junge österreichische Jüdin, glaubt hier auf der Insel Jersey ein von den Nationalsozialisten unbeobachtetes Leben führen zu können, jedoch ist dies ein Trugschluss. Bald sind die deutschen Besatzer ...

Hedy, die junge österreichische Jüdin, glaubt hier auf der Insel Jersey ein von den Nationalsozialisten unbeobachtetes Leben führen zu können, jedoch ist dies ein Trugschluss. Bald sind die deutschen Besatzer auch hier und für sie heißt dies, sehr vorsichtig zu sein. Ein Übersetzer wird gesucht und da Hedy fließend englisch neben ihrer deutschen Muttersprache spricht, bewirbt sie sich nach anfänglichem zögern. Als einzig fähige Kandidatin wird sie eingestellt, jedoch mit dem Vermerk, jüdisch zu sein. Zufällig begegnen sie sich: Hedy und Kurt – sie Jüdin, er Oberstleutnant, sie sehen sich, fühlen sich zueinander hingezogen, verlieben sich. Eine Liebe, die nicht sein darf in diesen Jahren der Naziherrschaft.

Eingebunden in das schwere Schicksal all jener, denen immer mehr weggenommen wurde, deren Rechte nach Gutdünken beschnitten und deren Existenz bedroht war, ist diese Liebesgeschichte. Spätestens als Kurt klar wird, was sie mit den Juden machen, weiß er, dass er sich mit schuldig macht. Einfach nur deshalb, weil er auf dessen Seite steht.

Dieser Roman beruht auf wahren Begebenheiten. Die Autorin hatte Zugriff auf Tatsachenmaterial und sie hat dieses wirklich Geschehene behutsam und gut lesbar aufbereitet. Die Schreckensherrschaft der Nazis, ihre Überheblichkeit gepaart mit dem unendlichen Leid der Bevölkerung und deren Überlebenskampf ist auf jeder einzelnen Seite glaubhaft dargestellt. Dazwischen die tiefen Gefühle, die im Verborgenen bleiben mussten – sie spiegeln das Leben unter dem strengen Regime der Deutschen wider.

Die beklemmende Grundstimmung in diesen Jahren der Besatzung war neben dem Kampfgeist und dem unbedingten Selbsterhaltungswillen, ja dem täglichen Überleben, genauso spürbar wie der Zusammenhalt der Zivilbevölkerung. Ein Thema, über das ich schon oft und viel gelesen habe, das aber nie vergessen werden darf.

Das sehr aussagekräftige Cover passt hervorragend zum gerade Gelesenen. „Die Übersetzerin“ ist ein gelungenes Zeitzeugnis, das ich zu lesen angefangen habe, es dann aber nicht mehr weglegen konnte und wollte. Und darum spreche ich eine klare Leseempfehlung aus.

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Veröffentlicht am 29.09.2021

Träume von einem besseren Leben

Wenn ich wiederkomme
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Moma lässt einen Brief an ihre Kinder zurück „…im Juli bin ich wieder da“. Und dann war sie wirklich da – mit vielen Geschenken. Aber bald ist der Sommer vorbei und sie muss zurück nach Mailand zu dem ...

Moma lässt einen Brief an ihre Kinder zurück „…im Juli bin ich wieder da“. Und dann war sie wirklich da – mit vielen Geschenken. Aber bald ist der Sommer vorbei und sie muss zurück nach Mailand zu dem alten Mann, für den sie sich abrackert. Daheim in Rumänien bleiben Manuel und Angelica, ihre Kinder. Das Geld ist immer viel zu wenig und was bleibt Daniela anderes übrig, als Arbeit im fernen Italien als Altenpflegerin anzunehmen.

Aus drei Blickwinkeln erzählt Marco Balzano von den Frauen aus Osteuropa, die ihre Familien zurücklassen müssen, um deren Auskommen zu sichern.

Manuel ist zwölf, schildert seine Sicht auf seine immer kleiner werdende Familie. Zunächst ist Moma weg, dann auch Papa, er transportiert Waren von A nach B in Polen und Russland. Minus zwei. Angelica geht in die Stadt zum Studieren. Minus drei. Übrig bleibt er, Manuel. Ohne den Lenker loszulassen, flog der mit dem Moped über die baumlose Landschaft. „Und jetzt wird es überall finster.“

„Hallo Salzkorn, träumst du?“ Moma sitzt am Krankenbett von Manuel, er liegt im Koma und sie erzählt ihm von ihrem Leben, von ihrer Zeit in Mailand und davor. Ein Jahr wollte Daniela bleiben, dann genug Geld haben, um in dieses Geisterdorf zurückzukehren - hierher nach Radeni, das sie in- und auswendig kennt, das sie vermisst. Sehr viel länger ist sie weggeblieben und in all den italienischen Jahren waren ihre Kinder sowas wie Waisenkinder.

Angelica kommt im letzen Teil zu Wort, sie sieht ihre Mutter sehr kritisch, macht ihr Vorwürfe, auch wenn sie durch deren Arbeit der Enge des Dorfes entfliehen und studieren kann. Eine gute Schulbildung ist Daniela wichtig und die nötigen finanziellen Mittel sind nun mal in Rumänien nicht zu bekommen.

Wer kennt sie nicht, die osteuropäischen Pflegekräfte? Die ihre Familien daheim lassen, ihre Kinder nicht aufwachsen sehen. Die Alten bleiben bei den Kindern und die Frauen überweisen das Geld in die Heimat. Mit viel Zuversicht kommen sie, um kurz zu bleiben und schnell erkennen sie, dass dieser Traum von einer besseren Zukunft bald ausgeträumt ist. Nur allzu oft werden sie illegal beschäftigt, es ist ein Leben am Rande der Gesellschaft. Im vermeintlich goldenen Westen werden sie meist Außenseiter bleiben und trotz harter Arbeit doch nie genug verdienen.

Ein Thema unserer Zeit, das Marco Balzano in diesem tieftraurigen, aber doch so lebendigen Buch eindrucksvoll erzählt. Die Geschichte der Familie Matei steht für die vielen Migranten, die gezwungen sind, wegzugehen. Um ein einigermaßen würdiges Überleben denen zu sichern, die daheimgeblieben sind - mit all denn Problemen und Schuldgefühlen der Weggegangenen.

Ein sehr lesenswertes Buch, das berührt und nachdenklich stimmt.

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