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Veröffentlicht am 03.07.2022

Eine Reihe mit Potenzial. Dieser erste Teil ist nur das Vorgeplänkel.

Die drei Sonnen
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„Die drei Sonnen“ von Cixin Liu ist der erste Teil einer Trilogie, in der es um den ersten Kontakt der Menschen mit intelligentem Leben aus dem All geht.

China, 1967: Die Kulturrevolution beherrscht ...

„Die drei Sonnen“ von Cixin Liu ist der erste Teil einer Trilogie, in der es um den ersten Kontakt der Menschen mit intelligentem Leben aus dem All geht.

China, 1967: Die Kulturrevolution beherrscht das Land. Viele Menschen werden verfolgt und getötet. Ye Wenjie verliert ihre Familie und landet auf einer geheimen Militärbasis. Woran genau dort gearbeitet wird, wird ihr nicht verraten, doch die große Radioantenne sendet regelmäßig Signale ins All und mit der Zeit erschließt sich ihr, das dort möglicherweise nach intelligenten Leben im All geforscht werden könnte. Als eines Tages ein Signal empfangen wird, trifft sie eine Entscheidung, die das Leben auf der Erde maßgeblich beeinflussen wird.
Viele Jahrzehnte später wird der Nanowissenschaftler Wang Miao zu einem geheimen Treffen eingeladen. Es geht um Phänomene, die den Wissenschaftlern Rätsel aufgeben und kurz darauf passieren auch ihm unerklärliche Dinge. Er macht sich auf die Suche nach der Ursache und findet eine Welt, die von drei Sonnen umgeben ist und intelligentes Leben beheimatet.

Ich habe mir dieses Buch letztes Jahr zum Geburtstag schenken lassen und habe bisher viel Gutes über die Reihe gehört. In letzter Zeit ist es mir häufiger auf bookstagram begegnet und da dachte ich, es wird Zeit dieses Buch endlich zu lesen.
Der Anfang dieser Geschichte ist brutal. Wir befinden uns in der Zeit der chinesischen Kulturrevolution und lernen Ye Wenjies Familie und ihr Schicksal kennen. Im weiteren Verlauf springt die Geschichte immer wieder zwischen der nahen Zukunft und der Vergangenheit hin und her und die Geschichte ergibt mit dem Fortlauf der Geschichte ein immer klareres Bild. Das Buch lässt sich hierbei allerdings gebührend Zeit, manchmal schon etwas zu viel und ich glaube, man hätte das ganze auch kompakter erzählen können.
Nichtsdestotrotz hatte das Buch für mich eine gute Mischung aus Informationen und Geheimniskrämerei. Es war ein ungewöhnliches Leseerlebnis. Vieles wird sehr bildlich umschrieben, es gibt teilweise ausufernde wissenschaftliche Erklärungen, denen selbst ich nicht ganz folgen konnte, aber das Grundprinzip der beschriebenen Phänomene habe ich durchaus verstanden. Ich wurde recht lange im Unklarem gelassen, worauf es denn nun letztendlich hinauslaufen soll, aber das Buch hat andererseits viel Stoff zum Nachdenken geboten. Es gab einige Momente, bei denen ich dachte WTF, aber gleichzeitig haben diese eben auch dazu angeregt, sich das ausführlicher vorzustellen und was das für den weiteren Verlauf der Geschichte bedeuten könnte.
Ob die einzelnen Personen wirklich wichtig für die Geschichte sind, ist mir eher unklar. Sie geben den Ereignissen einen Rahmen, es macht nachvollziehbar, warum eine bestimmte Entscheidung getroffen wurde, aber ich glaube im nächsten Band werden diese Personen keine große Rolle mehr spielen, sondern wir werden eher die Auswirkungen der Entscheidungen sehen, die in diesem Band getroffen wurden. Shi Quiang mit seiner eher unkonventionellen, aber meist doch erhellenden Herangehensweise, wird mir glaube ich noch am ehesten im Gedächtnis bleiben. Ansonsten habe ich zu den Charakteren keine große Verbindung aufgebaut und kann auch eher weniger zu ihnen schreiben.
Eine große Warnung gibt es noch für eine Szene im letzten Drittel des Buches. Diese hat das Potenzial einem Albträume zu verursachen und wird mir glaube ich lange als eine der heftigsten Tötungsaktionen im Gedächtnis bleiben. Viel mehr möchte ich hierzu gar nicht verraten.
Das Buch ist mit recht umfangreichen Zusatzmaterial ausgestattet. Es gibt ein kurzes Personenverzeichnis sowie ein Nachwort, eine kurze Einführung in das chinesische Schriftsystem und viele Anmerkungen, die physikalische Phänomene, Sprichwörter oder Ereignisse in der chinesischen Geschichte erläutern.

Fazit: Mir hat die Geschichte rund um die drei Sonnen, Wang Miao und Ye Wenjie größtenteils gefallen, auch wenn der Erzählstil so manches Mal etwas gewöhnungsbedürftig war. Ich glaube, die Reihe hat insgesamt noch einiges an Potenzial. Empfehlenswert ist das Buch für Personen, die Science-Fiction mögen, ein gewisses Durchhaltevermögen mitbringen und sich auch von komplizierteren wissenschaftlichen Erläuterungen nicht abschrecken lassen. Einen gewissen philosophischen Aspekt bringt der erste Teil dieser Trilogie auch mit sich.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.02.2022

Ein unterhaltsames Sachbuch für wissenschaftlich interessierte Leser

Das Zeitalter der Unschärfe
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„Das Zeitalter der Unschärfe“ von Tobias Hürter zeigt die Veränderungen in der Physik von 1895 bis 1945 auf. Erschienen ist das Buch im November 2021 im Klett-Cotta Verlag.

Die Zeit von 1895 bis 1945 ...

„Das Zeitalter der Unschärfe“ von Tobias Hürter zeigt die Veränderungen in der Physik von 1895 bis 1945 auf. Erschienen ist das Buch im November 2021 im Klett-Cotta Verlag.

Die Zeit von 1895 bis 1945 wird als goldenes Zeitalter der Physik angesehen. In diesem Zeitraum hat sich unser Verständnis der Welt tiefgreifend verändert und in diesem Buch erfährt man wie Größen wie Albert Einstein, Marie Curie, Werner Heisenberg und viele mehr zu ihren Erkenntnissen kamen. Relativitätstheorie und Quantenmechanik fügen sich ein in ein Zeitalter, dass von Kriegen und Revolutionen geprägt wurde und wir verfolgen das Leben von vielen wissenschaftlichen Größen in jener Zeit.

Das Buch hat mich sofort angesprochen, weil ich viel zu wenig weiß über das Leben großer Wissenschaftler, die unser Denken und die Wahrnehmung der Welt maßgeblich beeinflusst haben. Natürlich habe ich von Schrödingers Katze gehört oder das Marie Curie an radioaktiver Strahlung gestorben ist, aber abseits davon weiß ich fast nichts.
Dieses Buch gibt einen einen Überblick über die vielen Veränderungen und Erfindungen jener Zeit und wenn ich mir den Zeitraum so anschaue, bin ich doch sehr beeindruckt, auch wenn ich nicht jede Theorie vollkommen verstehe. In diesen knapp 50 Jahren wurde einiges entdeckt, dass heute in der Schule im Physikunterricht gelehrt wird, die Relativitätstheorie und Quantenmechanik vielleicht mal ausgenommen.
Szenisch fand ich die Kapitel gut gesetzt. Wir erfahren einiges über das Leben abseits der Wissenschaft, was die Personen gemacht haben, um zu Erkenntnissen zu gelangen und wie diese durch die historischen Ereignisse beeinflusst wurden. Es gibt hier Informationen zu Ehen und Affären oder auch zur politischen Einstellung der Wissenschaftlerinnen. Das fand ich sehr spannend mitzuverfolgen. Einiges hat mich allerdings auch ein wenig geschockt.
Die Theorien und Erkenntnisse werden nur rudimentär dargestellt. Das ist manchmal tatsächlich nicht ganz so einfach nachzuvollziehen, wenn man sich die Zeit gibt, in Ruhe zu lesen und über das Gelesene nachzudenken, kann man allerdings ganz gut folgen. Dadurch habe ich allerdings auch Wochen für dieses Buch gebraucht und das obwohl ich die Art und Weise, wie alles erzählt wurde, durchaus mochte.
Die einzelnen Kapitel behandeln immer ein bestimmtes Jahr und wir bewegen uns chronologisch in der Zeit fort. Die Personen tauchen also mehrfach im Buch auf. Wir erfahren, wann wer mit wem in Kontakt getreten ist oder wer schon große wissenschaftliche Erfolge feiern konnte, während ein zukünftiger Star der Physik noch zur Schule ging. Ich fand es auch sehr spannend, die historischen Ereignisse in direkter Relation zueinander mitzuverfolgen. Diese Verbindung habe ich persönlich so nie gezogen, auch wenn ich mich mit dem Leben der ein oder anderen Person schon mal beschäftigt habe.
Ich würde dieses Buch eher als Sachbuch beschreiben, auch wenn alles in kurzen Episoden und Kapiteln erzählt wird. Ich habe keine Beziehungen zu den Personen im Buch aufgebaut wie es bei einem Roman möglicherweise der Fall gewesen wäre. Wir erfahren das, was nach außen hin bekannt war. Manchmal gibt es Zitate aus Reden oder Briefen und auch das ein oder andere Bild zu entdecken.
Am Ende des Buches gibt es einen umfangreichen Anhang, in dem der Autor eine Auswahl seiner Quellen auflistet, ein Bildverzeichnis sowie ein Namens- und Ortsregister. Das Namens- und Ortsregister unterstützt den Sachbuchcharakter nochmals deutlich, finde ich, denn damit ist es möglich z.B. nur alles zu lesen was mit Einstein zu tun hat, es erleichtert aber auch bestimmte Textstellen wiederzufinden, falls etwas nachgeschlagen werden soll.

Fazit: Ein unterhaltsames Sachbuch, dass einem in einigermaßen verständlicher Weise die Welt der Physik von 1895 bis 1945 näher bringt und aufzeigt wie tiefgreifend sich unser Verständnis der Welt in dieser Zeit geändert hat. Die Leben unterschiedlicher Wissenschaftler
innen werden beleuchtet und mit den historischen Ereignissen in Verbindung gebracht. Ein empfehlenswertes Buch für alle wissenschaftlich interessierten Leser.

Veröffentlicht am 29.01.2022

Für mich mehr Frauenunterhaltung als historischer Roman

Sisi - Kaiserin wider Willen
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„Sisi - Kaiserin wider Willen“ von Allison Pataki ist eine Übersetzung aus dem Amerikanischen und erzählt die Geschichte von Elisabeth von Österreich-Ungarn vom Zeitpunkt ihrer Verlobung mit Franz Joseph ...

„Sisi - Kaiserin wider Willen“ von Allison Pataki ist eine Übersetzung aus dem Amerikanischen und erzählt die Geschichte von Elisabeth von Österreich-Ungarn vom Zeitpunkt ihrer Verlobung mit Franz Joseph bis zur Krönung in Ungarn 1867.

Ischl, 1853: Helene von Bayern und ihre Schwester Elisabeth reisen zusammen mit ihrer Mutter Ludovika nach Ischl, um den jungen Kaiser Franz Joseph kennenzulernen. Helene soll sich mit ihm verloben, doch es kommt anders. Das ungestüme Wesen Elisabeths, genannt Sisi, nimmt den Kaiser sofort gefangen und so ist sie es, die am Ende heiraten wird. Unvorbereitet in diese Rolle gedrängt, hat sie Schwierigkeiten ihre Pflichten zu erfüllen und sich in den Alltag des Kaiserhofes einzufinden. Auch die politische Lage ist mehr als instabil. Konflikte mit verschiedenen Reichsteilen überschatten die einst aus Liebe geschlossene Ehe von Sisi und Franz Joseph.

Bei diesem Buch gebe ich zu, wollte ich mal wieder ausprobieren, ob mich diese Art von Geschichten, vielleicht doch überzeugen können. Neben den allgegenwärtigen Familiensagas sind dies gerade die Bücher, die im Histo-Genre erscheinen. Es geht fast ausschließlich um das 19. oder 20. Jahrhundert, gerne mit einer starken Frau im Fokus der Geschichte und auch Sisi ist eine ungewöhnliche Frau mit einer wechselvollen Geschichte.
Der Schreibstil lässt sich von Anfang an gut lesen und so bin ich recht zügig voran gekommen, auch wenn ich die Kapitel als etwas lang empfand. Wer die Filme kennt, wird sich so manches mal in diese hineinversetzt fühlen. Ein bisschen heile Idylle, mittendrin Sisi, die sich wenig um Konventionen schert, gerne reitet und die Natur liebt. Ein schönes Bild, dass einen in Wohlfühlstimmung versetzt, allerdings auch irgendwie belanglos wirkt.
Erzählt wird die Geschichte in einem eher gemächlichen Tempo, die Reise nach Ischl und die anschließende Verlobung und Hochzeit nehmen knapp die erste Hälfte des Romanes ein, bevor das Tempo im letzten Viertel etwas anzieht und es auch einige Zeitsprünge gibt. Ich hatte Phasen in denen ich das Buch unterhaltsam fand, aber es gab auch einige langatmige Phasen. Eingeschoben sind immer wieder Szenen von der Krönung in Ungarn 1867, dem Ereignis auf das das Buch zusteuert.
Das Buch hat eine gewisse Recherche erfahren, dennoch wird sich nicht genau an die Daten und Fakten gehalten. So werden einige Ereignisse vorgezogen oder auch ganze Personen weggelassen, da sie keine größere Bedeutung für die Geschichte haben. Einige der Abweichungen werden im Nachwort und Interview zum Buch erwähnt. Andere wiederum nicht und ohne die tweets von zeitfäden und histolicious wären mir diese Dinge teilweise gar nicht aufgefallen, auch wenn es so einige Szenen gibt, bei denen es sehr offensichtlich ist und bei denen man sich nur an den Kopf fassen kann.
Helene, oder auch Néné, wird so schlecht dargestellt, dass es schon weh tut. Franz Joseph hatte gar keine andere Wahl als sich für Sisi in diesem Buch zu entscheiden. Ganz ehrlich, ich glaube nicht, dass sich so eine potenzielle Braut für einen Kaiser verhalten hätte. Es wird ja durchaus erwähnt, dass Helene eine gewisse Bildung genossen hat, um diese Aufgabe ausfüllen zu können.
Bei Sisi schwanke ich auch sehr, ob ich sie nun mochte oder nicht. Sie ist am Anfang des Buches 15 und wird in die Rolle einer Kaiserin gedrängt. Über eine gewisse Naivität und Unbeholfenheit kann ich da durchaus hinwegsehen, aber auch hier war einiges für mich einfach unlogisch. Nicht alle Entwicklungen haben mir gut gefallen, aber ich habe mich sehr gefreut als sie endlich zu eine gewissen Stärke gefunden hat und diese auch politisch einsetzen konnte.
Dieses Buch wird nicht nur als historischer Roman, sondern auch als Frauenunterhaltung beworben und Letzteres erfüllt es gut. Für mich persönlich wirft das irgendwie nur kein besonders gutes Licht auf Frauen, obwohl natürlich auch klar sein sollte, dass Frauen nicht nur Frauenunterhaltung lesen. Es soll einen zum Träumen einladen, ein bisschen was zum Wohlfühlen mit ein bisschen Kitsch und Drama, über das man nicht so viel Nachdenken braucht. Es hat einen gewissen Teil an echter Historie zu bieten, zwischendrin war es aber auch ein absoluter No-Brainer und für mich so manches Mal unfreiwillig komisch. So tragen anfangs ganz durch Zufall Franz Joseph und Sisi z.B. immer perfekt zueinander passende Kleidung oder Ludovika haut einfach mal beim ersten Treffen heraus, dass der Kaiser sich zu einem sehr attraktiven jungen Kaiser entwickelt hat, wenn man das denn mal so bemerken darf - zwinki-zwonkey.
Viel mehr kann ich zu diesem Buch nicht schreiben, ohne zu viel zu verraten. An Zusatzmaterial gibt es eine kurze Einführung am Anfang des Buches und eine Danksagung samt Interview am Ende des Buches. Auf ein Personenverzeichnis wurde verzichtet. Die Personenanzahl wurde dafür allerdings auch gering genug gehalten.

Fazit: Ein Roman, der mit Höhen und Tiefen daherkommt und mich so manches Mal unfreiwillig zum Lachen gebracht hat. Als historischen Roman kann ich dieses Buch nicht so ganz ernst nehmen, aber das will dieses Buch auch nicht unbedingt sein. Wer Frauenumterhaltung mit seinen gängigen Klischees nicht abgeneigt ist, der kann hier auf jeden Fall zugreifen. Bei der authentischen Darstellung mit der das Buch beworben wird, ist eine gute Portion Skepsis angebracht.

Veröffentlicht am 22.01.2022

Ein solider historischer Roman, der im 12. Jahrhundert in Jerusalem spielt

Die Mission des Kreuzritters
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In „Die Mission des Kreuzritters“ entführt uns Ulf Schiewe ins 12. Jahrhundert und lässt uns an einer fiktiven Geiselnahme Melisendes teilhaben. Erschienen ist der Roman im November 2021 bei Bastei Lübbe. ...

In „Die Mission des Kreuzritters“ entführt uns Ulf Schiewe ins 12. Jahrhundert und lässt uns an einer fiktiven Geiselnahme Melisendes teilhaben. Erschienen ist der Roman im November 2021 bei Bastei Lübbe.

Jerusalem, 1129: Melisende ist die älteste Tochter des Königs von Jerusalem. Da König Balduin nur Töchter hat, hat er sie zu seiner Thronerbin bestimmt. Dennoch braucht sie einen starken Gemahl, der das Land regieren und auf Kriegszügen verteidigen kann. Foulques d’Anjou wird hierzu auserwählt. Melisende kann nicht viel mit ihm anfangen und beschließt der Ehe durch eine Flucht zu entgehen. Auf dem Weg zu ihrer Schwester in Antiochia wird sie jedoch gefangen genommen. Raol de Montalban, ein erfahrener Krieger und Tempelritter, wird ausgeschickt, um sie zurückzuholen.

Die Aufmachung dieses historischen Romanes gefällt mir sehr. Das Cover wirkt nicht zu kitschig, das rote große Kreuz macht bereits deutlich, dass es sich hier wohl um einen Roman handelt, in dem Tempelritter vorkommen. Wir sehen eine Burg im Hintergrund und zwei Personen auf Pferden. Diese wirken tatsächlich etwas komisch auf mich, aber da diese nicht so im Vordergrund sind, ist ein ignorieren gut möglich. Insgesamt hat Lübbe hier einen guten Job gemacht. Es gibt tolle Buchklappen, eine Karte der Kreuzfahrerstaaten und der fiktiven Reise Melisendes. Der Buchrücken hält einiges aus und hat trotz weiten aufklappen des Buches keine Leserillen bekommen.
Ulf Schiewe bleibt seiner Linie treu und nutzt das Präsens als Zeitform. Ich komme gut mit dem Schreibstil zurecht, aber diesmal empfand ich das Präsens nicht ganz so passend für die Geschichte. Die örtlichen Begebenheiten konnte ich mir dennoch jederzeit gut vorstellen und war fasziniert von der Vielfältigkeit Jerusalems, einer Stadt in der Juden, Christen und Muslime friedlich zusammenleben.
Auch typisch für den Autor ist es, viele Informationen in den Text einzubauen. Insgesamt fand ich es interessant viel über die Eroberung des Heiligen Landes und die schwierige politische Lage zu erfahren, so manches Mal schweifte es allerdings auch zu sehr von der Hauptgeschichte ab. Der Autor war darum bemüht, weder Christen noch Muslime in ein allzu gutes Licht zu rücken. Das fand ich einerseits gut, weil so für keine Religion Partei ergriffen wurde, ohne typische Klischees kommt er dabei allerdings nicht aus. Einige Szenen in diesem Buch haben mich echt abgestoßen und hätten nicht sein müssen.
Ulf Schiewe nimmt sich Zeit um seine Geschichte in Gang kommen zu lassen. Im ersten Viertel erfahren wir viel über Jerusalem, König Balduin, seine Töchter, den unliebsamen Bräutigam und die Vorbereitungen für die Flucht. Im restlichen Buch geht es dann um die Entführung und die Erlebnisse auf der Reise zurück nach Jerusalem. Im letzten Viertel hätte einiges gekürzt werden können. Es gab da eine Entwicklung, die meiner Meinung nach nicht hätte sein müssen und die ich absolut unnötig fand. Mir hat sich das wieso und warum nicht erschlossen und ich fand die Erklärung für diese Entwicklung eher fadenscheinig.
Das Buch wird aus Melisendes und Raol de Montalbans Sicht erzählt. Mit beiden bin ich nicht so wirklich warm geworden, aber Melisende fand ich zwischendrin einfach nur dumm. Das kann man auch schon nicht mehr als jung und naiv abtun. Zu dem Zeitpunkt der Geschichte wurde sie bereits seit Jahren von ihrem Vater in Regierungsgeschäften ausgebildet, dass ich mir einfach nicht vorstellen kann, dass sie sich so benehmen würde. Hier setzt Ulf Schiewe für mich leider zu viel auf Klischees. Melisende hat für mich in diesem Buch nichts von einer starken Frau, auch wenn sie später auf der Flucht viel durchstehen muss und das mit Hilfe Raol de Montalbans gut meistert. Ihre ganze Art ging mir teilweise so auf die Nerven. Sie mag geradeheraus ihre Meinung sagen, sie hat aber kein Gefühl dafür, wann das angebracht ist und wann nicht, sie gibt sich zickig ohne Ende und im nächsten Augenblick ist sie kurz vorm Heulen. Sie möchte ernst genommen und respektiert werden, hat aber keine Durchsetzungskraft und ist so begriffsstutzig, dass es schon weh tut.
Zu Raol de Montalban kann ich ehrlich gesagt nicht so viel sagen. Er ist ein Kreuzritter, hat viel durchleben müssen, gibt sich nach außen hin unnahbar, ist vorausschauend und geht bei der Flucht gemeinsam mit Melisende klug vor. Das hat mir durchaus gefallen, andererseits glaube ich, dass er mir nicht wirklich lange im Gedächtnis bleiben wird.
Am Ende des Buches gibt es noch ein kurzes Nachwort des Autors, dass Aufschluss darüber gibt, dass es nie eine Entführung Melisendes gab und es sich bei diesem Roman also zum größten Teil um eine fiktive Geschichte handelt. Das eh vieles bei so einer Entführung fiktiv gewesen wäre, geschenkt, aber der Autor schreibt selbst, dass es so viele echte spannende Begebenheiten zwischen dem ersten und zweiten Kreuzzug gab, hätte man nicht davon eine nehmen können und darum eine spannende Geschichte weben können? Mir persönlich hätte das besser gefallen. Historische Informationen wurden in diesem Roman fast ausschließlich als Infodump eingebracht.

Fazit: Ein solider historischer Roman, der sich gut lesen lässt, aber auch einige Entwicklungen hatte, die mir gar nicht gefallen haben. Melisende konnte mich überhaupt nicht für sich einnehmen und hat mich zeitweise sehr genervt. Wichtig zu wissen, Melisende gab es wirklich, die Geschichte in diesem Roman ist allerdings fiktiv. Wen das nicht stört, den sei dieser Roman ans Herz gelegt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.10.2021

Ein durchschnittlicher Thriller mit sehr aktuellem Thema

Dürre
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„Dürre“ ist der neueste Roman von Uwe Laub, in dem es diesmal um den Klimawandel und staatliche Überwachung des CO2-Abdruckes aller Bürger geht. Erschienen ist der Roman im September 2021 bei Heyne.

Der ...

„Dürre“ ist der neueste Roman von Uwe Laub, in dem es diesmal um den Klimawandel und staatliche Überwachung des CO2-Abdruckes aller Bürger geht. Erschienen ist der Roman im September 2021 bei Heyne.

Der Klimawandel beschleunigt sich immer deutlicher und Ereignisse wie Dürren und Hungersnöte häufen sich. Die EU sieht sich gezwungen massiv einzugreifen. Dabei helfen soll ihnen die App Aequitas der jungen Programmierer Tom Valcke und Alexander Baumgart. Diese berechnet den CO2-Fußabdruck eines jeden Bürgers genau. Trotz massiver Widerstände wird an der Einführung festgehalten und schon bald wird jeder Bürger genau überwacht. Es gibt Gewinner und Verlierer des Systems und Betrug wird gnadenlos bestraft.

Aktueller können die Themen eines Buches kaum sein und so war ich sofort neugierig als ich von dem Buch erfahren habe. Wie sieht eine Welt aus, in der der CO2-Abdruck jedes Menschen genau gemessen wird? Wie fühlt sich das Leben an in einem Deutschland, das deutlich wärmer geworden ist und in dem die Ernten deutlich geringer ausfallen? Dies waren so die ersten Fragen, die mir in den Sinn kamen.
In die Geschichte bin ich schnell reingekommen, auch wenn ich mir einen etwas spektakuläreren Start gewünscht hätte. Der Schreibstil des Autors lässt sich gut lesen. Die Kapitel sind alle recht kurz gehalten und die Szenen wechseln immer wieder mal. Gerade zum Schluss wird die Geschichte richtig schnell und ein Ereignis reiht sich an das nächste.
Es werden immer wieder Informationen dazu eingestreut, wie sich das Leben durch den beschleunigten Klimawandel geändert hat, aber ich muss gestehen, die Eindringlichkeit, die diese Geschichte eventuell transportieren wollte, ist bei mir nicht angekommen. Das Buch sieht diese drastischen Veränderungen schon für die nächsten 15 Jahre vor und das war für mich gefühlt zu unrealistisch und dieser Eindruck wurde durch das Nachwort nicht entkräftet. Der Fokus war außerdem auf die beiden Extreme arm und reich gerichtet. Wie es einem Durchschnittsbürger mit diesen Neuerungen ergeht, erfährt man hingegen nicht.
Insgesamt wirkte die ganze Geschichte zu konstruiert auf mich. Es gab für meinen Geschmack zu viele Zufälle und es ist zu sehr auf „Es muss jetzt was Heftiges passieren“ getrimmt. Das Wissenschaftliche stand weniger im Vordergrund, dafür viel Action und dramatische Entwicklungen. Für mich persönlich ist es ein Thriller, ohne Umwelt oder Science davor. Dafür hätten diese Themen für meinen Geschmack mehr im Fokus stehen müssen.
Ob mir von den Personen jemand lange im Gedächtnis bleiben wird, kann ich nicht wirklich sagen. Ich habe mit niemanden extrem mitgefiebert. Julian und seine Schwester Leni werden es wohl eher nicht sein. Mit den beiden hat es der Klimawandel nicht gut gemeint. Sie haben einen Bauernhof, der die beiden mehr schlecht als recht ernährt und die ungewollt in die ganze Geschichte hineingezogen werden. Die beiden bleiben dennoch seltsam blass. Ihr Onkel Hektor hingegen ist auf der Gewinnerseite des Klimawandels gelandet. Er ist reich und ein Alkoholiker mit Gewaltproblem und einer gestörten Selbstwahrnehmung. Seine Darstellung war mir irgendwie zu einseitig. Die ACON-Inspektorin war für mich noch am auffälligsten, weil sie keinerlei Skrupel kennt und an sich kein Mensch ist, der sich groß in die Gesellschaft einfügt. Sie ist nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht. Die beiden App Erfinder Tom Valcke und Alex Baumgart habe ich schon fast wieder vergessen, obwohl diese für das Konstrukt der Geschichte nicht unerheblich sind.
Die Personenanzahl im Roman ist so überschaubar, dass es keines Personenverzeichnisses bedarf. Im Nachwort greift der Autor nochmals die Themen aus dem Buch auf und liefert dazu noch einige Fakten und den Hinweis, dass man auf seiner Webseite noch weiterführende Informationen findet. Im Nachwort kam für mich fast mehr die Dringlichkeit dieser Themen zum Ausdruck als in der eigentlichen Geschichte.

Fazit: Für mich ein durchschnittlicher Thriller, der das Interesse durch die sehr aktuellen Themen wecken konnte, diesen aber für meinen persönlichen Geschmack nicht gerecht wurde. Wer gerne Thriller mit viel Action und dramatischen Entwicklungen liest und auch einer etwas konstruierten Geschichte nicht abgeneigt ist, ist bei diesem Roman an der richtigen Adresse.