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Veröffentlicht am 18.10.2021

Spannende Fortsetzung

Kinderklinik Weißensee – Jahre der Hoffnung (Die Kinderärztin 2)
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„...Vorgestern hatte Deutschland Russland den Krieg erklärt und die Mobilmachung verkündigt. Tausende junge Männer machten sich seitdem bereit, als Soldaten in den Krieg zu ziehen, aber vorher feierten ...

„...Vorgestern hatte Deutschland Russland den Krieg erklärt und die Mobilmachung verkündigt. Tausende junge Männer machten sich seitdem bereit, als Soldaten in den Krieg zu ziehen, aber vorher feierten sie ausgiebig...“

Diese Zeilen aus dem Prolog kennzeichnen das Jahr 1914. Marlene hofft, dass Maximilian als Kinderarzt nicht eingezogen wird. Doch das Schicksal will es anders. Er hält schon den Gestellungsbefehl als Lazarettarzt in der Hand.
Dann wechselt das Geschehen ins Jahr 1918. Marlene hat eine Stelle als Praktikantin an der Kinderklinik Weißensee bekommen. Ihre Schwester Emma hat als alleinerziehende Mutter ihr Leben gemeistert. Sie hat eine Zusatzausbildung als staatlich anerkannte Kinderkrankenschwester gemacht und ebenfalls eine Stelle in der Klinik in Weißensee.
Die Autorin hat eine fesselnde Fortsetzung geschrieben. Gekonnt werden persönliche Schicksale mit den gesellschaftlichen Verhältnissen verknüpft.
Der Schriftstil passt sich den Gegebenheiten an. Er hat Raum für beschreibende Phasen, vor allem wenn es im Diagnosen am Krankenbett geht, aber auch für die Emotionen der Protagonisten.
Während der Klinikchef Dr. Ritter stets Zeit für Marlene hat, lässt sie Oberarzt Buttermilch permanent spüren, dass für ihn Frauen günstigenfalls für die Pflege zuständig sind, aber im Arztbereich nichts zu suchen haben.

„...Von anderen Medizinalpraktikanten wusste sie, dass Ärzte jeden Handgriff erst einmal vorführten. Aber Oberarzt Buttermilch machte keine Anstalten, ihr zu zeigen, mit welcher Technik er die Bauchmuskeln und die derbe Muskelhaut zusammenzunähen gedachten...“

Währenddessen sieht Maximilian die Folgen des Krieges nicht nur in den Gesichtern der Männer, die im Lazarettzug landen. Neben den körperlich Versehrten treffen immer mehr Kriegsneurotiker ein. Die Ärzte müssen nicht nur heilen, sondern auch manchen Selbstmord verhindern. Da ist die Meinung der obersten Heeresleitung nicht sehr nützlich

„...Wer an Angehörige denkt, ist klein und schwach, wer an das Vaterland denkt, ist mutig und stark...“

In Berlin ist mittlerweile die Spanische Grippe angekommen. Auch die Kinderklinik bleibt davon nicht verschont. Das Arbeitspensum von Ärzten und Schwestern nähert sich der psychischen Grenze. Marlene wird im Isolierhaus eingesetzt und hat häufig eigene Entscheidungen zu fällen. Emma bekommt die Verantwortung für die Ausbildung der Elevinnen.
Waldemar Buttermilch aber hat nichts dazugelernt.

„...Womöglich käme es noch so weit, dass Frauen eines Tages die gleichen Rechte beanspruchten wie seinesgleichen oder ihn sogar herumkommandieren wollten. Nicht auszudenken!...“

Maximilian kehrt aus dem Krieg zurück und arbeitet wieder als Arzt in Weißensee. Doch seine Beziehung zu Marlene ist in einer kritischen Phase. Der Krieg hat ihn verändert.

„...Maximilian saß am Schreibtisch über einen Stapel Laborberichte gebeugt, konnte sich aber keine Minute lang konzentrieren. […] In seinen Erinnerungen war der Krieg im vollen Gang, die Bilder verschwanden einfach nicht...“

Marlene braucht Zeit, um zu begreifen, dass Maximilian einen Ansprechpartner benötigt, der Ähnliches durchgemacht hat. Willy Pinky, der Pförtner der Klinik, könnte dafür geeignet sein.
Einige medizinische Fragen werden allgemeinverständlich in das Geschehen einbezogen, sie es die Behandlung von Typhus oder Erfolge bei der Rückenmarksverletzung einer kleinen Patientin.
Während sich die Problem zwischen Dr. Buttermilch und Marlene weiter zuspitzen, muss Emma eine Entscheidung fällen. Der Vater ihres Sohnes ist wieder aufgetaucht. Er möchte sie und das Kind mit nach Ostpreußen nehmen. Soll Emma alles, was sie sich aufgebaut hat, in Stich lassen?
In der Umschlagseite befinde sich kurze Informationen zu Marlene und Emma und zur Klinik. Eine inhaltsreichen Nachwort schließt das Buch ab.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen.

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Veröffentlicht am 16.10.2021

Spannende Familiengeheimnisse

Das Erbe der Blumenmalerin
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„...Die blaue Stunde. Das sanfte Licht der Dämmerung, bevor der Tag begann. Amelia erhob sich mühsam aus dem Bett...“

Die junge Frau ist schwanger. Sie hat sich nach Madeira zurückgezogen. Mutter und ...

„...Die blaue Stunde. Das sanfte Licht der Dämmerung, bevor der Tag begann. Amelia erhob sich mühsam aus dem Bett...“

Die junge Frau ist schwanger. Sie hat sich nach Madeira zurückgezogen. Mutter und Schwester haben sich angekündigt. Das Verhältnis zu ihnen ist schwierig, zumal Amelia nicht verheiratet ist. Wir schreiben das Jahr 1929. Da zählt ein uneheliches Kind noch als Katastrophe, vor allem in Adelskreisen.
Dann wechselt das Geschehen ins Jahr 1956. Emma bringt ihre Tochter Grace nach Cornwall auf Tristyans Manor. Dort wird sie von ihrer Mutter Bethany erwartet.
Und in der Gegenwart flieht Laura aus Deutschland nach Madeira. Sie hat den Tod ihres Mannes noch nicht verarbeitet. Sie gibt sich die Schuld daran.
Die Autorin hat eine fesselnde Familiengeschichte geschrieben, die in drei Zeiten erzählt wird. Die Handlungsorte wechseln zwischen Madeira und Cornwall.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Die Personen werden gut charakterisiert. Als graue Eminenz wirkt fast bis in die Gegenwart Bethany, Amelias Halbschwester. Sie ist eiskalt, kennt keinerlei Empathie und weiß, ihren Willen durchzusetzen, ohne Rücksicht auf Verluste. Lügen und Täuschen gehören zu ihren bevorzugten Mitteln. Glücklich ist sie allerdings nicht. Auch sie muss begreifen, dass man manchmal überlegen sollte, was man sich wünscht. Der Preis könnte zu hoch sein.
Die innere Spannung ergibt sich aus den komplexen Beziehungen zwischen den Protagonisten. Vieles, das im Dunkel der Geschichte liegt, klärt sich erst in der Gegenwart auf.
Laura ist eine der Nachkommen von Amelia. Sie kennt das Buch, in dem diese die Blumen von Madeira gezeichnet hat. Sonst aber ist in der Familie nichts über sie bekannt.
Dann findet Laura auf Madeira eine Kassette mit Briefen, Briefe, die Amelia an ihre ungeborene Tochter geschrieben hat. Laura aber weiß nichts von einer Tochter in diesem Zweig der Familie. Also beginnt sie mit Nachforschungen.
Sehr anschaulichen und mit passenden Metaphern werden die Handlungsorte beschrieben.

„...Ihr Weg führte sie vorbei an weißgetünchten Häusern mit ziegelroten Dächern. Palmen säumten die Straße, ab und zu begleitet von Bäumen, deren Namen Laura nicht kannte. […} Und immer wieder Blumen. Orangefarbene Blüten, rosafarbene Blüten und tiefrote Blüten zeigten, warum man Madeira die Blumeninsel nannte….“

Handlungsorte und Personen wechseln schnell. Wie einzelne Puzzlestücke erfahre ich nach und nach die Geschehen der Vergangenheit. Sehr gut werden die Emotionen der Protagonisten wiedergegeben. Es sind starke Frauen, die das Geschehen bestimmen. Und es ist die Liebe, die sie Entscheidungen fällen lässt, die schwierig sind. Bethany, die keine Liebe kennt, nutzt ihre Macht, um Menschen zu manipulieren. Ihr Preis sit die Einsamkeit.
Grace, die schon im fortgeschrittenen Alter ist und heute auf Tristyans Manor lebt, fliegt auf Madeira, um dort eine Entscheidung für ihr Leben zu fällen. Sie trifft Laura. Die beiden unterschiedlichen Frauen führen tiefgehende Gespräche.

„...Obwohl wir vom Tod wissen, leben wir, als ob wir unsterblich wären. Nur wenigen gelingt es, sich ihrer Sterblichkeit bewusst zu sein...“

Am Ende bleibt keine Frage offen. Für Grace und Laura gibt es eine Zukunft, die sich von den Schatten der Vergangenheit gelöst hat.
Das Buch hat mir sehr gtu gefallen.

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Veröffentlicht am 16.10.2021

Shona wird erwachsen

Highland Hope 3 - Eine Destillerie für Kirkby
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„...Ja, es war ihr Traum gewesen […] , als eine er jüngsten Braumeisterinnen des Landes eine eigene Destillerie zu gründen. Ihr war aber auch klar, dass dieser Traum ganz schnell zu einem Alptraum werden ...

„...Ja, es war ihr Traum gewesen […] , als eine er jüngsten Braumeisterinnen des Landes eine eigene Destillerie zu gründen. Ihr war aber auch klar, dass dieser Traum ganz schnell zu einem Alptraum werden könnte...“

Heute ist aber erst einmal Shonas großer Tag. Sie eröffnet ihre Destillerie. Bis zum ersten eignen Whisky wird es noch Jahre brauchen. Doch der Anfang ist gemacht. Und der angebotene Gin findet mittlerweile großen Andrang.
Währenddessen fährt Kendrick, der neue Tierarzt ins Dorf. Ausgerechnet Nessie, Shonas Alpaka, läuft ihm ins Fahrzeug. Der Schlagabtausch zwischen Shona und Kendrick ist vom Feinsten. Dabei stellt der Tierarzt fest, dass Nessie betrunken. Ist. Der Gin hat also nicht nur den menschlichen Protagonisten hervorragend geschmeckt.
Die Autorin hat erneut eine spannende Liebesgeschichte im schottischen Hochland geschrieben. Die Familie von Marlin ist wieder einmal für eine Überraschung gut.
Der Schriftstil ist locker und leicht. Er sorgt für einen flotten Lesefluss. Die Personen werden gut charakterisiert. Shona ist das Nesthäkchen der Familie. Sie hat in ihrem Leben nichts anbrennen lassen. Während sie beruflich nun eine gewisses Risiko eingegangen ist, muss sie in ihrem Privatleben erst noch erwachsen werden. Bisher gilt: Alles kann, nichts muss. Ein Mann fürs Bett ist gewollt, einer fürs Leben noch lange nicht. Dabei knistert es zwischen ihr und dem Tierarzt von der ersten Minute an.
Kendrick allerdings hat auch sein Päckchen zu tragen. Als einziger Mann mit mehren Schwestern aufgewachsen, war es nie einfach. Dann ging sein Privatleben den Bach runter. Seine Freundin hat sich neu orientiert.
Doch das Buch ist nicht nur ein Liebesroman. Viel erfahre ich über das Lebensgefühl in den schottischen Orten. Auffallend ist der Zusammenhalt. Bei Festen und Feiern bringt sich jeder ein.
Eine weitere Facette ergibt sich, als ein Earl seine Pferde in den Ort bei Rupert einstellt, der sie sich anschauen soll. Sie bringen auf der Rennbahn nicht mehr die geforderte Leistung.
Während die weiblichen Vertreter des Dorfes unbedingt einen Blick auf den Playboy werfen wollen, bedenkt Shona einen seiner Begleiter mit den folgenden Satz:

„...Wenn dieser schmierige Typ ihr noch einmal seine Pfote auf den Hintern legte, konnte er sich einen guten Schönheitschirurgen suchen...“

Das Zitat zeigt gleichzeitig, dass der Humor im Buch nicht zu kurz kommt. Viele Szenen strahlen Lebensfreude und Wohlbefinden aus. Auf den Tanzboden zum Beispiel fällt Kendrick positiv auf. Haileys kommentiert:

„...Er trägt Tanzschuhe, und ich wette, dass in seinem Sporran mindestens drei Kondome stecken. So sieht ein Mann aus, der bereit ist, in den Krieg zu ziehen, um nach einer verlorenen Schlacht wieder Land zu gewinnen...“

Was sich Shona nicht eingestehen will, hat ihre gesamte Umgebung schon verinnerlicht. Dummerweise kommt aber immer etwas dazwischen, wenn es gerade so aussieht, als würden sie und Kendick endlich die Scheuklappen ablegen. Na gut, als Tierarzt hat er stete Rufbereitschaft.
Und dann bekommt Shona Stress mit ihren Mitbewohnern. Und die haben auch noch recht. Zuvor fand ein intensives Gespräch mit ihrem Vater statt. Das gehört für mich zu den sprachlichen Höhepunkten des Buches:

„...Liebe und Schmerz sind zwei Seiten ein und derselben Medaille, und ohne sie ist das Leben vielleicht einfacher zu ertragen, aber auch viel farbloser...“

Es gibt sehr viele kleine Szenen und Ereignisse, die dem Buch seinen besonderen Charme geben.
Ein Rezept, ein inhaltsreiches Nachwort insbesondere zum Thema Whisky und eine Leseprobe zum nächsten Teil schließen das Buch ab.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen.

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Veröffentlicht am 14.10.2021

Schöner Katzenkrimi

Glückskatz
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„...Käskopf schaute auf seine goldene Rolex. Er erwartete niemand und überlegte, das Klingeln zu ignorieren. Aber eitle Menschen sind neugierige Menschen und so entschloss er sich, die Tür zu öffnen...“

Das ...

„...Käskopf schaute auf seine goldene Rolex. Er erwartete niemand und überlegte, das Klingeln zu ignorieren. Aber eitle Menschen sind neugierige Menschen und so entschloss er sich, die Tür zu öffnen...“

Das war der letzte Fehler seines Lebens. Einige Zeit später war er tot. Er ist an Geld im Mund erstickt. Der Fall landet bei Kommissar Steinböck. Für den Mord kommt – um es großzügig auszudrücken – halb München infrage. Der Anwalt hat sein Geld mit Abmahnungen verdient.
Der Autor hat erneut einen spannenden Krimi geschrieben. Die Geschichte lässt sich flott lesen. Der Schriftstil ist abwechslungsreich. Besonders mag ich den feinen Humor, der an vielen Stellen mitschwingt, meist angefeuert von Frau Merkel, der Katze des Kommissars. Er kann auch in Sarkasmus abgleiten und politische Spitzen enthalten.

„...“Verhalt dich unauffällig und ruhig. Wenn du nichts tust, kannst du nichts falsch machen.“ „Nennst du mich deswegen Frau Merkel?“ Steinböck grinste. „Soll ich dich lieber Seehofer nennen?“...“

Die Zusammenarbeit der Kommissare Steinböck, Emil und Ilona funktioniert gut. Im Team herrscht eine positive Atmosphäre.
Der Fall allerdings ist schwierig. Ilona durchforstet akribisch die Papiere des Toten. Ihre einzige Hoffnung ist es, dass sie dort einen Hinweis auf den Geldbetrag finden, dem man den Toten in den Mund gesteckt hat.
Und dann bekommt Steinböck eine japanische Glückskatze zugeschickt. Im letzten Fall hat er mit Japanern zusammengearbeitet. Als die ihm gestohlen wird, ist klar, dass es sich um mehr als ein Geschenk gehandelt haben muss. Plötzlich gibt es einen weiteren Fall.
Gekonnt verpackt der Autor gesellschaftliche Probleme in die Geschichte. In Steinböcks Nähe wohnt ein junger Mann, der aus Ghana stammt und schon als Kind von einem deutschen Ehepaar adoptiert wurde. Er studiert an der Filmhochschule. Mit Freunden hat er einen Film über Müllhalden in Ghana gedreht. Ein deutscher Schrotthändler lässt dorthin Elektroschrott karren.

„...“Toxic City“, wie sie es nannten, einer der giftigsten Orte der Welt. Mit mehr als 5000 Menschen, die dort arbeiten, die meisten davon Kinder...“

Als es weitere Morde gibt, droht Steinböcks Chef mit einer SOKO. Dann aber fällt dem Kommissar ein Bild in die Hände – und plötzlich kommt jedes Puzzleteil an seinen Platz.
Die Geschichte hat mir erneut sehr gut gefallen. Zum Schluss darf Frau Merkel nochmals eine spitze Bemerkung los werden.

„...Die Summe der menschlichen Intelligenz ist eine Konstante. Das Bedauerliche ist, dass die Bevölkerung ständig wächst...“

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Veröffentlicht am 14.10.2021

Cholera in Hamburg

Arzt der Hoffnung
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„...Der Komma -Bazillus war Kochs alter Bekannter. Der Epidemiologe kannte den Erreger aus Kairo und Kalkutta. Jedem Ausbruch der Krankheit war er hinterher gereist, bis er den Verursacher entdeckt und ...

„...Der Komma -Bazillus war Kochs alter Bekannter. Der Epidemiologe kannte den Erreger aus Kairo und Kalkutta. Jedem Ausbruch der Krankheit war er hinterher gereist, bis er den Verursacher entdeckt und isoliert hatte...“

Wir schreiben das Jahr 1892, als Dr. Robert seinen Urlaub auf der Insel Sylt unterbrechen muss. Er wird nach Berlin beordert. Im Zug trifft er Stabsarzt Dr. Weisser. Der hat Untersuchungsergebnisse aus Hamburg bei sich. Es gibt nichts mehr zu beschönigen. Dort ist die asiatische Cholera ausgebrochen.
Der Autor hat einen spannenden Roman geschrieben. Das Buch konnte ich nur schwer aus der Hand legen, zumal einige Ereignisse erstaunlich denen der Gegenwart ähneln.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Er sorgt für einen hohen Spannungsbogen. Die medizinische Seite der Geschichte wird auch für Laien verständlich dargelegt.
Die Personen werden gut charakterisiert. Dr. Robert Koch hat sich schon einen Namen gemacht. Er weiß, was er will und arbeitet akribisch. Im Buch lerne ich auch seine menschliche und gefühlvolle Seite kennen.
Von den anderen Protagonisten hat mir vor allem Ole gefallen. Der Junge dient Koch am ersten Tag als Begleiter. Er kennt sich in Hamburg aus, nicht nur, was die Örtlichkeiten betrifft, auch was die gesellschaftlichen Schichten angeht. In Armut aufgewachsen, sorgt er schon in jungen Jahren für die Familie.
Dr. Koch trifft als Beauftragter der Regierung in Hamburg ein. Dort aber wird er nicht mit offenen Armen empfangen. Hamburg ist stolz auf seine Selbstständigkeit und will sich von Berlin nichts sagen lassen.

„...“Ach was, kaum der Rede wert“, sagte der Mann im Zylinder. „Ein wenig Durchfall, etwas Erbrechen. Nicht schlimmer als die Grippe. Mag sein, dass der eine oder andere gestorben ist, aber gestorben wird doch jeden Tag auf dieser Welt.“ ...“

Sehr genau darf ich verfolgen, was Dr. Koch gegen die Seuche unternimmt. Zuerst verschafft er sich ein Bild über die Verhältnisse in Hamburg. Die Zustände in den Krankenhäusern sprechen schon für sich. Die Betten werden knapp. Es gilt, neue Möglichkeiten zu schaffen. Gleichzeitig erklärt er Ole, was es mit der Cholera auf sich hat.

„...Ein paar werden es schaffen. Aber man kann nicht sagen, wer – und auch nicht, wie viele. Die Krankheit ist nicht wählerisch. Und der Busenfreund des Todes ist der Zufall...“

Das Zitat ist gleichzeitig ein Beispiel, für die gekonnte Verwendung von Metaphern und eine Spur Sarkasmus. Der besondere Humor, der ab und an aufblitzt, wird in den folgenden Zeilen noch deutlicher:

„...Weisser griff sich an die Stirn. „Die Börse arbeitet sicher noch.“ „Natürlich“, bestätigte Ole. „Allerdings...“, er machte eine Kunstpause, „Alle Parteiversammlungen der Sozialisten sind abgesagt.“ Weisser und Koch sahen sich an. „Die Revolution fällt also aus“, bemerkte der Stabsarzt ironisch….“

Dr. Koch kann nachweisen, dass die Bazillen sich im Hamburger Trinkwasser befinden. Wie aber sind sie ins Wasser gekommen? Bei seinen Nachforschungen werden ihm immer wieder Steine in den Weg gelegt. Er erhält keine Antworten, bestenfalls Andeutungen. Selbst die Hygienevorschriften lassen sich ur mit Druck durchsetzen. Dafür machen die Apotheken mit kuriosen Heilmitteln gute Geschäfte.
Währenddessen probiert ein junger Arzt ein besonderes Heilmittel gegen die Krankheit aus. Er injiziert eine isotonische Kochsalzlösung.

„...Die Salzkonzentration entspricht der in unseren Zellen. Die Mineralien halten das Wasser im Körper. Es setzt an derselben Stelle an wie die Kam Ende legt rankheit und verhindert die Austrocknung...“

Am Ende legt Dr. Koch die Finger in die Wunde. Die Stadt hat an der falschen Stelle gespart. Die Anzahl der Toten hätte vermieden werden können. Das benachbarte Altona hat es vorgemacht, die es geht. Es blieb von der Seuche verschont.
Während die Bevölkerung ihm zujubelt, lassen ihn die Stadtoberen beim Abklingen der Seuche wissen:

„...Wer zur rechten Zeit geht, wird mit Jubel verabschiedet. Wer zur falschen Zeit geht, dem kräht kein Hahn hinterher...“

Jedes Kapitel beginnt mit einem Zitat eines der Zeitzeugen der damaligen Katastrophe. Ein Nachwort ergänzt die Ausführungen.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es zeugt von der exakten Recherche des Autors.

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