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SofieWalden

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.11.2021

Eine farbige junge Frau erzählt ihre Geschichte, fiktiv

Schwarzes Herz
1

Jasmina Kuhnke hat einen Roman geschrieben. Darin erzählt eine junge farbige Deutsche in der Ich-Perspektive aus ihrem Leben, von ihren massiven Erfahrungen mit Rassismus sowohl im öffentlichen Raum wie ...

Jasmina Kuhnke hat einen Roman geschrieben. Darin erzählt eine junge farbige Deutsche in der Ich-Perspektive aus ihrem Leben, von ihren massiven Erfahrungen mit Rassismus sowohl im öffentlichen Raum wie auch in ihrem privaten Umfeld und in der Familie selbst. Sie berichtet auch davon, das diese ständig erlebte Ausgrenzung und Andersbehandlung sie in die Beziehung zu einem Mann getrieben hat, einer toxischen Beziehung, aus der sie sich erst sehr spät, auch für ihre zwei gemeinsamen Kinder, hat lösen können. Das dazugehörige Hörbuch wurde von der Autorin selbst eingelesen, sehr emotional, aufgebracht, auch aggressiv, verzweifelt und dann wieder hoffnungsvoll. Da ich zuerst annahm, das es sich bei dieser Geschichte um Autobiographisches von Jasmina Kuhnke selbst handelte, fand ich es absolut selbstverständlich, das diese ihre Geschichte samt ihrer gelebten Emotionen persönlich vortragen wollte. Und mich haben ihre Erlebnisse gerade in der Schule, also sozusagen in der Öffentlichkeit, geradezu fassungslos gemacht. Einiges konnte ich zwar auch eher weniger nachvollziehen, gerade bzgl. des Märtyriums in ihrer Beziehung, wie konnte sie dies so lange erdulden, aber ich hielt es ja für ein reales Geschehen, das was sie wirklich erlebt hatte. Doch so wie ich es jetzt verstehe, ist dies tatsächlich eine rein fiktiv angelegte Geschichte. Das alles ist also vielleicht irgendwann irgendwem einmal passiert, diese Vorkommnisse gerade in der Schule hat vielleicht schlimmerweise irgendein Kind einmal erleiden müssen, aber es ist nicht die Geschichte der Autorin selbst.. Zumindest hat sie sich meines Wissens nicht entsprechend geäußert.
Rassismus ist schlimm und es gibt ihn hier in Deutschland massiv. Jeder sollte, wenn er mit dergleichen in Berührung kommt, den Mut haben, aufzustehen und etwas dagegen zu tun. Sicherlich ist dieser Roman so auch als Aufruf gedacht, Rassismus nicht hinzunehmen und er soll uns vor Augen führen, wie sehr die Betroffenen darunter leiden. Das ist gut.
Aber trotzdem kann ich mich mit dem Weg, mit der Ausgestaltung der Geschichte an der ein oder anderen Stelle, nicht so ganz anfreunden.
Aber natürlich sieht das jeder anders und auch das ist gut so.

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Veröffentlicht am 22.10.2020

Ein kleines Potpourri rund um den Schlaf

Calm – Die Magie des Schlafes
0

Schlaf ist ein entscheidender Teil unseres Lebens. Etwas ein Drittel unserer Lebenszeit sollte dafür 'geopfert' werden, um die 18 Stunden des Tages, die wir im wachen Zustand verbringen, mit Kraft und ...

Schlaf ist ein entscheidender Teil unseres Lebens. Etwas ein Drittel unserer Lebenszeit sollte dafür 'geopfert' werden, um die 18 Stunden des Tages, die wir im wachen Zustand verbringen, mit Kraft und ganz viel Wohlgefühl verleben zu können. Da kann es ja nur zu unserem Vorteil sein, zu wissen, wie wertvoll Schlaf für uns ist, was im Schlaf passiert und was wir tun können, um gut zu schlafen. Und dieses Buch will uns nun dabei helfen. Die Aufmachung ist schon einmal gelungen. Man fühlt sich geradezu eingeladen, hier einzutreten und die Magie des Buchtitels schwingt hier durchaus mit. Zum Durchblättern und Verharren, wo immer einen das eigene Interesse hinführt, wird direkt zu Beginn extra aufgefordert und bei meiner Tour durch die reich illustrierten Seiten fällt mein Blick auf jede Menge amüsanter Seitenthemen, wie der Rubrik, in welchem Land schläft man auf welcher Unterlage, der Geschichte der Schlafstätte von 3600 v. Chr. bis heute, wie lange schläft welches Tier und, jetzt kommen wir dem wirklich Wichtigen schon näher, Prominente mit Schlafproblemen. Denn darum sollte es ja, so war zumindest meine Erwartung, vor allem gehen, relevante Informationen von durchaus wissenschaftlicher Natur zu dem, was Schlaf ist und Hilfe für Menschen, die Probleme mit dem Schlafen haben. Und dies nimmt dieses Buch einfach nicht ausreichend wahr. Es wird alles sehr oberflächlich abgehandelt und die Ratschläge für 'einen besseren Schlaf' sind für Leute mit echten Schlafproblemen von eher geringerem Nutzen.
Wer sich einfach bewusst machen will, dass man 'seinen Schlaf braucht', in ausreichendem Maße unter optimalen Umgebungsbedingungen und natürlich gerne auch mit einer Gute-Nacht-Geschichte, der ist hier richtig. Wer aber ernsthafte Schlafprobleme hat, der muss sich irgendwo anders Hilfe suchen.

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Veröffentlicht am 10.05.2020

Die unendliche Flucht eines kleinen Menschen und niemals zuhause sein

Die verlorene Tochter der Sternbergs
1

Die Sternbergs leben im Berlin von 1933. Armanda betreibt im Erdgeschoss ihres Hauses einen Buchladen, den Buchgarten. Ihr Mann Julius hat gerade eine Arztpraxis für Kardiologie eröffnet und die beiden ...

Die Sternbergs leben im Berlin von 1933. Armanda betreibt im Erdgeschoss ihres Hauses einen Buchladen, den Buchgarten. Ihr Mann Julius hat gerade eine Arztpraxis für Kardiologie eröffnet und die beiden erwarten ihr erstes Kind. Schon zu dieser Zeit ist die Stimmung gegen die jüdische Bevölkerung zum Teil recht feindselig. Und dann dringen fanatische Studenten in Armandas geliebten Buchladen ein, holen alle Bücher heraus und verbrennen sie. Die Freunde der Sternbergs haben bereits das Land verlassen und die beiden angefleht, dasselbe zu tun. Doch für Julius kommt dies nicht in Frage, da er seine Patienten nicht im Stich lassen will. Die nächsten Jahre gehen dahin, die Repressalien werden schlimmer und Armanda wird das zweite Mal Mutter. Nun sind sie zu viert, Armanda, Julius und die beiden Töchter, die Ältere, Viera und die kleine Lina. Eines Tages wird Julius in seiner Praxis abgeholt und in ein Lager außerhalb von Berlin gebracht. Bei der Festnahme verletzt er sich und die Infektion breitet sich aus. Aber er schafft es noch, mithilfe seiner ihm dankbaren Patienten, zu organisieren, dass seine beiden Töchter über den großen Teich nach Kuba fliehen können. Dann stirbt er und seine Frau muss seinen Plan nun ausführen. Und so steht Amanda mit den beiden Mädchen in Hamburg am Hafen und muss Abschied nehmen. Und sie trifft eine Entscheidung und dann nimmt das Schicksal seinen Lauf.
Die Geschichte beschreibt die unendliche verzweifelte Odysee einer jüdischen Mutter und ihrer beiden Mädchen, immer auf der Suche nach einer sicheren Zuflucht und einem Zuhause. Für jeden von Ihnen hat das Schicksal eine andere furchtbare Variante des Versuchs zu überleben parat und am Ende der Geschichte schließt sich der Kreislauf eines Lebens, glücklich und herzzerreißend traurig zugleich.
In diesem Roman stehen persönliches Schicksal, Empfinden und Gefühle im Vordergrund, stellvertretend für das Leid der jüdischen Bevölkerung, von 1933, über den Krieg bis hin zur deutschen Kapitulation. Und die Personen und die Handlung sind inspiriert von tatsächlichen Ereignissen zu dieser Zeit und einer Person, die der Autor selbst hat kennenlernen und mit ihr reden dürfen.
Manche Zeitabschnitte finde ich ein wenig zu schnell erzählt. Das nimmt einem die Chance, mit der ein oder anderen Person in vollem Umfang mitzufühlen. An anderen Stellen wird länger verweilt, wie es der Geschichte gut tut. Aber alles in allem hat mir das Buch gut gefallen. Sehr passend auch die Anmerkungen zu den wahren Bezügen am Ende des Romans.

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Veröffentlicht am 10.04.2020

Autor des eigenen Lebens, ein Literaturwissenschaftler, der zeigt, was er kann

Die Kartographie der Hölle
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Knud Romer hat sein Leben in einen autobiographischen Roman gepackt, mit wirklich allem, was ihm zur Verfügung steht. Aufgewachsen ist er auf Falster, einer zu Dänemark gehörenden Insel, der puren Provinz. ...

Knud Romer hat sein Leben in einen autobiographischen Roman gepackt, mit wirklich allem, was ihm zur Verfügung steht. Aufgewachsen ist er auf Falster, einer zu Dänemark gehörenden Insel, der puren Provinz. Nach der Schule macht er sich auf nach Frankfurt, um dort, inspiriert von den Büchern seiner deutschen Großmutter, Literaturwissenschaften zu studieren. Er macht seinen Abschluss und irgendwann, während oder erst danach, geht ihm 'so etwas wie ein Ziel' verloren oder er hat es vielleicht auch nie gehabt. Und um der für ihn so unechten Realität zu entfliehen, schafft er sich seine ganz eigene Erlebenswelt, mit Drogen und Alkohol und einem wilden, halluzinierenden Geist. Und das mitten in einer hochpolitisch aufgeheizten Zeit, in und nach Baader-Meinhof und Co, hier in Deutschland und über sämtliche Grenzen hinweg.
Dieses Buch ist prall gefüllt mit meisterlichem literarischem Können. Schließlich ist der Autor selbst ja Literaturwissenschaftler und dies soll, so hat man zumindest den Eindruck, auch in all seiner Pracht herausgehoben werden. Über 500 Seiten Wortkreationen und absolut kunstvolle Sprachummantelungen mit dem Mittel der deutschen Sprache, würde man jeden Tag nur 10 Seiten davon lesen, es wäre immer wieder von Neuem eine Offenbarung. Doch bei einem Werk dieser Länge wird es leider doch recht schnell ermüdend und man überfliegt die Wortkostbarkeiten nur noch, um von Seite zu Seite zu kommen. Denn das ist das zweite Problem. Die Wortkunst überdeckt die Geschichte an sich und man muss schon sehr aufpassen, diesen Lebensbericht in seiner konkreten Form nicht aus dem Auge zu verlieren. Für wen die absolut gegebene Stärke dieses Romans, die Kunst des Wortes an sich, im Vordergrund steht, für den ist dieses Werk ein Highlight. Für die anderen wird es vielleicht mit der Zeit etwas mühevoll. Mit etwas weniger Seiten hätte es dann sicherlich besser funktioniert.

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Veröffentlicht am 03.10.2020

Der Horror kommt langsam, aber gewaltig

Dunkler Raum
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Lutz Helsinger ist sehr froh, die Chance zu bekommen, zusammen mit seiner Freundin Marion, seinem Sohn und deren Tochter, sein jetztiges Lebensumfeld im Hamburger Problemviertel Neuwarder verlassen zu ...

Lutz Helsinger ist sehr froh, die Chance zu bekommen, zusammen mit seiner Freundin Marion, seinem Sohn und deren Tochter, sein jetztiges Lebensumfeld im Hamburger Problemviertel Neuwarder verlassen zu können. Er erhält eine Anstellung am Eliteinternat Gut Vogelstein und hofft auf einen beruflichen und privaten Neuanfang. Die alleinerziehende Regina Adebaye, Mutter zweier Kinder, muss dagegen weiter in dem von Drogen und Arbeitslosigkeit geprägten kriminellen Milieu von Neuwarder zurechtkommmen. Am Anfang erscheint Lutz, der als Hausmeister arbeitet und auch seiner Partnerin, die eine Anstellung als Lehrerin erhalten hat, alles wie ein schöner Traum. Doch dann verändert sich das Verhalten der dort untergebrachten Kinder auf nicht erklärbare Weise. Aus anfänglichen kleinen Wutausbrüchen werden gewalttätige Aktionen, die mit einem totalen Kontrollverlust einhergehen und die einzige Möglichkeit, etwas dagegen zu tun, ist einsperren. Diese Erscheinungen sind jedoch nicht lokal begrenzt, sondern es kommt überall zu derartigen bedrohlichen Vorfällen von 'Killerkids'. Was sich daraus entwickelt, ist Horror pur, dokumentiert auf sehr persönlicher Ebene, denn sowohl die Kinder von Lutz und Marion wie auch Regines Nachwuchs werden kaserniert.
Eine Geschichte, der ich am Anfang noch das Genre Utopie zugesprochen hätte, doch spätestens im zweiten Teil entwickelt dich der Roman zu einem kaum aushaltbaren Horrorszenario, das schon ein bisschen an Stephen King erinnert. Die Geschichte ist gut geschrieben, baut sich in der zunehmenden Eskalation und dem scheiternden Versuch von Kontrolle absolut packend auf. Aber es ist nicht leicht, dies als Leser als Unterhaltung zu erleben. Denn das Warum und die Reflektion der Ereignisse, das ist diesem Buch trotz der, wie ich glaube, dahingehend durchaus angestrebten Intention des Autors, vollkommen abhanden gekommen. Und es bleibt einfach nur ein sehr ungutes Gefühl zurück und sonst nicht viel.

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