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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.11.2021

Richtig gute Unterhaltung

Die Ullsteinfrauen und das Haus der Bücher
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Das Buch „beginnt“ schon mit einem wunderschönen Cover. Jugendstilmäßig inspiriert, passend zu den 20er Jahren, in denen es spielt, mit hübschen ornamental-floralen Verzierungen.
2 Frauen, die sich gegenüber ...

Das Buch „beginnt“ schon mit einem wunderschönen Cover. Jugendstilmäßig inspiriert, passend zu den 20er Jahren, in denen es spielt, mit hübschen ornamental-floralen Verzierungen.
2 Frauen, die sich gegenüber stehen, beide auf ihre eigenwillige Art schön, gut gekleidet und aufwändig frisiert und „geschmückt“ im Stil der damaligen Mode. Sie schauen sich nicht direkt an, eher etwas aneinander vorbei, erstaunt, kritisch, aber durchaus nicht unfreundlich.
Im Hintergrund in Sepia und Pastell Szenen aus dem alten Berlin.mit Gebäuden, Droschken, Pferdefuhrwerken und noblen Automobil-Karossen.

Das Buch hat mich von der ersten Seite an gepackt. Der Stil der Autorin ist flüssig und äußerst lebendig. Die Figuren entstanden direkt vor meinem inneren Auge, sind sehr gut charakterisiert. Vicki Baum, Rosalie Gräfenberg und Lilli sind aktive Frauen, beruflich und amourös gesehen, eigenwillig und interessant, jede auf eine ganz andere, eigen Art..
Selbst die 5 Ullstein-Brüder stürzen einen als Leser nicht gleich ins große Verwirrspiel („Wer ist nochmal wer und arbeitet warum gegen wen?“), sondern sind klar und gut gegeneinander abgegrenzt.
Auch die Liebesgeschichten von Rosalie und Lilli sind glaubwürdig und spannend, ohne Kitschverbrämung.
Die ganze Geschichte ist sehr gut und glaubwürdig erzählt. Menschliche Abgründe werden beleuchtet. Die Menschen verändern sich in ihren Verhaltensweisen und Charakterzügen, immer logisch und spannend aufgebaut, was ich sehr zu schätzen weiß.
Die politischen und gesellschaftlichen Hintergründe der 20er Jahre in Berlin fließen sehr gut mit ein.
Die Konstellationen der einzelnen Personen untereinander verändern sich, und in den familiären, amourösen und geschäftlichen Gruppierungen ändern und verschieben sich immer wieder die Machtverhältnisse. Die Autorin schildert das sehr lebendig und für mich als Leserin sehr gut nachvollziehbar.
Nur für einen Teil der Hauptpersonen gibt es ein „Happy End“, auch das gefällt mir gut.
Die Personen fand ich so interessant, dass ich mich nach dem Beenden des Buches tatsächlich im Internet über die „wirklichen“ Mitglieder der Familie Ullstein informiert habe.
Insgesamt war das Buch für mich eine sehr angenehme Überraschung; ich hätte relativ „leichte Kost“ erwartet; und nun war es für mich richtig gute Unterhaltung mit einigen „Tiefgängen“.

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Veröffentlicht am 26.10.2021

Ein Mutmachbuch - perfekte Winterlektüre

Die vier Winde
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Wunderschönes Cover. Das Schwarz symbolisiert für mich die Düsternis, in der Elsas Leben zu Beginn liegt, das Trübe. Die im strukturierten Print aufgedruckten goldenen Ähren machen Hoffnung, stehen einerseits ...

Wunderschönes Cover. Das Schwarz symbolisiert für mich die Düsternis, in der Elsas Leben zu Beginn liegt, das Trübe. Die im strukturierten Print aufgedruckten goldenen Ähren machen Hoffnung, stehen einerseits für die zunächst üppigen reichen Getreidefelder in Texas, aber auch im übertragenen Sinn für Aufbruch und Ernte.

Kristin Hannah versteht es meisterhaft, die Emotionen von Elsa zu erfassen, ihre Sehnsucht nach Liebe und Gesehen-Werden, die sie zunächst wider ihren Willen in eine Schwangerschaft, Ehe und eine neue Familie treiben. In der sie dann wiederum um Anerkennung und Liebe Kämpft, diese zumindest teilweise auch erhält.

Wir begleiten Elsa weiter auf ihrem Weg mit Mann und Kindern, der sie irgendwann aus wirtschaftlichen Gründen zur Flucht nach Kalifornien zwingt. Dabei scheint sie zunächst jede Art von Liebe und Geborgenheit wieder zu verlieren. Dann aber findet sie unerwartet das, was sie bei Eltern und Ehemann vermisst, nach anfänglicher Zurückweisung bei ihren Schwiegereltern und Kindern.

Die Autorin schafft es mit ihrer lebendigen und eindringlichen Sprache, uns alles hautnah mit erleben zu lassen, wir hungern, frieren, zittern, freuen uns, schöpfen Hoffnung, finden Mut, stürzen immer wieder in Verzweiflung, schreien an gegen Ungerechtigkeit.

Es ist alles sehr spannend geschrieben, dazu gefühlvoll und durchaus nicht oberflächlich. Die einzelnen Charaktere sind gut beschrieben und verändern sich, entwickeln sich. Alle haben Ecken und Kanten, Macken und Schwächen, es gibt kein reines Schwarz oder Weiß, Gut oder Böse.

Jede einzelne der Figuren war mir nahe beim Lesen, nicht unbedingt sympathisch, das wäre ja auch nicht der Sinn, aber nachvollziehbar, verständlich, Emotionen der unterschiedlichsten Art weckend.

Der Lebensweg von Elsa und ihren Kindern ist sehr eindringlich beschrieben, flüssig und schlüssig, spannend und aufregend bis zur letzten Seite.

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Veröffentlicht am 21.10.2021

Erfrischend und echt

Muttl auf Reisen
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Mir hat das Ganze Buch sehr viel Spaß gemacht.

Schon das Cover macht gute Laune und versetzt einen in Aufbruchstimmung. Der Bus, der "rund" um den Globus zu krabbeln scheint, suggeriert sowohl Reiselust ...

Mir hat das Ganze Buch sehr viel Spaß gemacht.

Schon das Cover macht gute Laune und versetzt einen in Aufbruchstimmung. Der Bus, der "rund" um den Globus zu krabbeln scheint, suggeriert sowohl Reiselust als auch Individualismus und die Einstellung, das Leben und auch das Reisen nicht allzu eng zu sehen und nicht allzu ernst zu nehmen.

Schon aber durchaus von seiner schönen Seite.

Die Erzählungen spielen an sehr unterschiedlichen Orten. Die Geschichten sind in munterem Ton erzählt, aber durch aus nicht oberflächlich - was ich sehr bewundere. Die "Mutti" klingt immer durch, auch wenn sie selbst absolut keine Glucke sein will und sich auch ernsthaft darum bemüht.

Sie versucht im Gegenteil, zu leben und leben zu lassen, aber es geht halt doch um ihr(e) Kind(er).

Vielleicht hat mir das Ganze auch deshalb so supergut gefallen, weil ich selbst Mutter eines sehr reiselustigen und sehr auf Individualität bedachten 26jährigen bin - mir sprach so vieles aus der Seele - und aus meinen Erlebnissen und Erfahrungen.

Absolut lesenswert - macht wirklich Freude!

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Veröffentlicht am 25.09.2021

Packender Sog

Ritchie Girl
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Tolles Cover, kontrastreiches Schwarz-Rot, deutlich keine heile Welt beschreibend, super auch der rote Seiten-Schnitt.

Der Titel klingt so "niedlich", macht neugierig, erst im Lauf des Buches erfährt ...

Tolles Cover, kontrastreiches Schwarz-Rot, deutlich keine heile Welt beschreibend, super auch der rote Seiten-Schnitt.

Der Titel klingt so "niedlich", macht neugierig, erst im Lauf des Buches erfährt man die Bedeutung.

Wenn man von Andreas Pflüger bisher nur seine Krimis gelesen hat, dann erlebt man mit „Ritchie Girl“ etwas völlig anderes – oder eben auch nicht.

Eine klare Sprache, prägnante Beschreibungen, elegante Spannungsbögen ziehen sich durch das gesamte Buch.

Von Anfang an fühlte ich mich etwas gefordert bis überfordert angesichts der zahlreich auftretenden Menschen, der verschiedenen Handlungsstränge und Zeitebenen – oft unerwartet gewechselt. Ich hätte mir eine Übersicht am Anfang oder Ende des Buches gewünscht, die etwas zu den in raschem Wechsel auftretenden Personen sagt.

Faszinierend ist für mich die Kombination aus Personen, die tatsächlich in dieser Zeit gelebt haben und teils sogar berühmt waren, und von rein fiktiv geschaffenen Menschen. Allen begegnet Paula Bloom auf die eine oder andere Weise, mehr oder weniger intensiv.

Ebenso faszinierend, aber auch gleichzeitig manchmal irritierend ist der Stil von Andreas Pflüger, der quasi beiläufig etwas passieren lässt, ohne dass der Leser darauf vorbereitet ist, und der über manch ein solches Ereignis zunächst einfach "weiter schreitet", ohne dass man weiß, ob es nun eine Bedeutung für die weitere Handlung hat oder nicht.

Erschreckend, aber sicherlich realistisch gezeichnet die Flecken auf der weißen Weste der "guten" amerikanischen Besatzer, die Kooperation mit Nazis, die ihnen nützlich sind oder sein könnten, eine teils opportunistisch anmutende Form von Gerechtigkeit.

Insgesamt spannender Lesestoff, auch vom geschichtlichen Hintergrund her sehr interessant, mit spannenden, gut beschriebenen Charakteren. Unbedingte Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 19.09.2021

Tiefgründig

Die Überlebenden
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Das Cover ist sehr schön - und zwiespältig. Die beiden Jungs, mit nacktem Oberkörper und feuchten Haaren - man assoziiert einen fröhlichen Schwimmbad-Tag und Gesichter, die in die Sonne gehalten werden. ...

Das Cover ist sehr schön - und zwiespältig. Die beiden Jungs, mit nacktem Oberkörper und feuchten Haaren - man assoziiert einen fröhlichen Schwimmbad-Tag und Gesichter, die in die Sonne gehalten werden. Gleichzeitig wirken die Brauntöne eher etwas trüb und "unsonnig" und dämpfen das Ganze.

Nachdem ich inzwischen das Buch gelesen habe, finde ich, das Cover passt sehr gut zu der Geschichte.

Die 3 Brüder werden gut eingeführt in ihren Charakteristika, vor allem in den Rückblenden.

Der jeweilige Handlungsstrang in der Gegenwart - also das Treffen zur Bestattung der Mutter nach den vielen Jahren - mutet teilweise etwas skurril an, und da sich die Ereignisse der Vergangenheit erst nach und nach entrollen, kann man die Verhaltensweisen der Brüder manchmal nicht einordnen, schaut ihnen ein wenig verständnislos zu, aber neugierig - so ging es zumindest mir.

Wunderbar finde ich die Beschreibungen der Landschaft. Man läuft regelrecht mit durch die Wälder, an den See, taucht ein ins Wasser, riecht die sommerliche Atmosphäre.

Beklemmend erscheint von Anfang an das Verhalten der Eltern, es werden viele Szenen geschildert, die unheimlich anmuten, unverständlich, gruselig, bedrückend. Insgesamt entsteht eine Atmosphäre weit jenseits einer warmen, liebevollen Familienumgebung

Zum Ende hin nimmt das Buch noch einmal gewaltig Fahrt und Spannung auf und hat mich immer mehr in seinen Bann gezogen.

Die zeitlichen Hin- und Hersprünge in mehreren Zeitebenen und am Schluss als Rolle rückwärts in Zeitlupe erforderten schon meine erhöhte Lesekonzentration, machten es aber auch sehr interessant.

Die 3 Brüder werden zum Ende hin noch einmal deutlich schärfer in ihren Konturen.

Das Ende, die "Auflösung" ist schockierend und kam für mich wirklich überraschend.

Fazit: tolle Sprache, flüssig und tiefgängig, Beschreibungen von Menschen und Landschaften mit allen Sinnen

Keine ganz leichte Kost, aber absolut lesenswert, fern aller Klischees.

Eine meiner Lieblingsstellen, die sich um die ganze Handlung spannt:

Doch sie redeten nicht über Dinge, die passiert waren, das hatten sie noch nie getan, weil keiner von ihnen wusste, wie das ging, und vielleicht war es auch nicht nötig, vielleicht war dieses Schweigen das Schönste, was sie gemeinsam erleben konnten, denn da waren nur sie beide, Benjamin und sein Vater,...




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