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Veröffentlicht am 05.04.2022

Vom Fallerhof in die weite Welt

Die Uhrmacher der Königin
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Johannes und Ernst Faller sind in St. Märgen im Schwarzwald aufgewachsen. Mit dem Herstellen von Uhren kennen sie sich aus. Doch zu Hause haben sie nicht viel zu erwarten. Deshalb machen sich die Brüder ...

Johannes und Ernst Faller sind in St. Märgen im Schwarzwald aufgewachsen. Mit dem Herstellen von Uhren kennen sie sich aus. Doch zu Hause haben sie nicht viel zu erwarten. Deshalb machen sich die Brüder auf den Weg ins ferne England…

„Die Uhrmacher der Königin“ ist ein historischer Roman von Ralf H. Dorweiler.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus sechs Teilen, die nach den Bestandteilen einer Uhr benannt sind - eine schöne Idee. Zusätzlich gibt es 49 kurze Kapitel, die auf vorbildhafte Weise mit einheitlichen Orts- und Zeitangaben versehen sind. Der Roman endet mit einem Epilog. Die Handlung spielt zwischen 1824 und 1842 an unterschiedlichen Orten. Der Aufbau funktioniert gut.

Erzählt wird aus wechselnden Perspektiven. Der Schreibstil ist anschaulich, bildhaft und einfühlsam. Sprachlich geht der Roman auf die damalige Ausdrucksweise ein, bleibt aber gut lesbar.

Die Protagonisten sind reizvolle und realitätsnahe Charaktere. Zu Beginn habe ich das Personal als zu umfangreich empfunden. Allerdings schafft das Personenverzeichnis Abhilfe, wenn es darum geht, die Figuren zuzuordnen und auseinanderzuhalten.

Auf immerhin rund 500 Seiten bleibt die Geschichte kurzweilig und fesselnd. Sie bietet unterhaltsame und spannende Elemente, ohne jedoch ins Unglaubwürdige oder Übertriebene zu kippen.

Trotz der pandemischen Einschränkungen hat der Autor auch bei diesem Roman sorgsam recherchiert, was dem Buch immer wieder anzumerken ist. Sehr gerne habe ich mehr über das Uhrmacherhandwerk und die Geschehnisse um Königin Victoria gelernt. Interessant ist auch das Nachwort, das den Roman einordnet und erläutert, welche Aspekte auf Fakten beruhen und welche reine Fiktion sind.

Als etwas ärgerlich empfinde ich das Marketing des Verlags. Der Klappentext gibt viel zu viel preis. Der Titel weckt zudem falsche Erwartungen. Das Cover wirkt allerdings hochwertig.

Mein Fazit:
Wieder einmal hat mich Ralf H. Dorweiler mit einem historischen Roman nicht enttäuscht. Mit „Die Uhrmacher der Königin“ hat er erneut eine unterhaltsame und lehrreiche Geschichte geschrieben, die absolut lesenswert ist.

Veröffentlicht am 16.03.2022

Die erste Adresse der Stadt

Der Salon. Wunder einer neuen Zeit
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Bayern im Jahr 1956: Marlene Landmann, genannt Leni, zieht es mit 20 Jahren vom beschaulichen Hebertshausen in die Metropole München. Im elterlichen Geschäft hat sie schon einige Erfahrungen im Friseurhandwerk ...

Bayern im Jahr 1956: Marlene Landmann, genannt Leni, zieht es mit 20 Jahren vom beschaulichen Hebertshausen in die Metropole München. Im elterlichen Geschäft hat sie schon einige Erfahrungen im Friseurhandwerk gesammelt. Nun macht sie sich daran, ihre Träume vom Leben in der Großstadt zu erfüllen, und bewirbt sich erfolgreich bei dem vornehmen Friseursalon Keller. Ihr älterer Bruder Hans studiert Medizin, ist mit dieser Berufswahl aber unzufrieden. Werden beide ihr Glück machen?

„Der Salon - Wunder einer neuen Zeit“ ist der Auftaktband einer historischen Familiensaga von Julia Fischer.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 34 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Sie werden eingerahmt von einem Prolog und einem Epilog. Mit Ausnahme des Prologs, der im Juli 1951 spielt, ist die Handlung auf das Jahr 1956 datiert. Sie fokussiert sich auf die Stadt München und das Umland. Der Aufbau ist übersichtlich und funktioniert prima.

Erzählt wird die Geschichte aus sich abwechselnden Perspektiven, beispielsweise aus der Sicht von Leni und der von Hans. Der Schreibstil ist wunderbar anschaulich, atmosphärisch und bildhaft. Authentische Dialoge und gelungene Beschreibungen lassen das Geschehen vor dem inneren Auge lebendig werden.

Protagonistin Leni ist ein zugleich sympathischer und interessanter Charakter. Ihre Gedanken und Gefühle lassen sich prima nachvollziehen. Ihre Geschichte habe ich sehr gerne verfolgt. Auch Hans und die übrigen Figuren wirken lebensnah und verfügen über ausreichend psychologische Details.

Die Autorin ist mir wegen ihrer vielschichtigen und tiefgründigen Liebesromane bekannt, die mit ihren attraktiven Settings auf unterhaltsame Weise viel Wissenswertes vermitteln. In ihrem neuen Roman beweist Julia Fischer, dass sie auch auf dem Gebiet der historischen Familiensaga überzeugen kann.

Neben einer erfreulich breiten Themenpalette bietet der erste Band der „Salon“-Reihe interessante Fakten zum Friseurhandwerk jener Tage, zum gesellschaftlichen Leben in den 1950er-Jahren, zum historischen München und einiges mehr. Die vorbildlich umfassende Recherche der Autorin ist an etlichen Stellen im Roman spürbar. Ein Beleg dafür ist auch das Verzeichnis mit Quellen zum Weiterlesen.

Auf rund 500 Seiten bleibt die Geschichte abwechslungsreich und kurzweilig. Die Handlung ist durchweg schlüssig und kohärent, aber dank mehrerer überraschender Wendungen nicht zu durchsichtig. Zudem konnte mich die Geschichte immer wieder berühren. Etwas gestört hat mich lediglich, dass am Ende noch ein paar Fragen zu viel offen sind und der Auftaktband somit schlecht für sich allein stehen bleiben kann. Das schmälert meinen äußerst positiven Gesamteindruck allerdings nur wenig.

Die liebevolle Aufmachung der Klappenbroschur mit dem stimmungsvollen, nostalgisch anmutenden Cover gefällt mir sehr. Der Titel klingt leider etwas beliebig, aber passt dennoch.

Mein Fazit:
Mit „Der Salon - Wunder einer neuen Zeit“ hat Julia Fischer meine hohen Erwartungen ein weiteres Mal nicht enttäuscht. Der Auftaktband macht Lust auf den zweiten Teil der historischen Familiensaga, den ich mit Sicherheit ebenfalls lesen werde. Bis zu dessen Erscheinen empfehle ich den ersten Roman sehr gerne weiter.

  • Einzelne Kategorien
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Veröffentlicht am 31.01.2022

Ein Neubeginn in einem exotischen Land

Im Schatten der Vanille
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Ostafrika im Jahr 1880: Auf der Flucht vor ihrem gewalttätigen Mann hat es die 25-jährige Elisabeth von Baahren von Norddeutschland nach Sansibar verschlagen. Doch die exotische Umgebung ist weniger idyllisch ...

Ostafrika im Jahr 1880: Auf der Flucht vor ihrem gewalttätigen Mann hat es die 25-jährige Elisabeth von Baahren von Norddeutschland nach Sansibar verschlagen. Doch die exotische Umgebung ist weniger idyllisch als gehofft und birgt einige Gefahren. Zudem hat sie einen Auftrag zu erfüllen…

„Im Schatten der Vanille“ ist der Auftakt der Sansibar-Saga von Cornelia Engel.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 30 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Die Handlung spielt auf Sansibar im Jahr 1880. Erzählt wird abwechselnd aus der Sicht von Elisabeth und der von Jacob Preston, einem Pflanzer.

Der Schreibstil ist wunderbar bildhaft, detailliert und atmosphärisch. Gelungene Beschreibungen und Dialoge lassen viele Bilder vor dem inneren Auge entstehen.

Elisabeth steht im Fokus der Geschichte - eine mutige und entschlossene Protagonistin. Auch Jacob, ein sympathischer junger Mann, spielt eine wesentliche Rolle. Die weiteren Charaktere sind ebenfalls interessant ausgestaltet.

Auf knapp 330 Seiten bietet der Roman eine kurzweilige und unterhaltsame Geschichte, die mir schöne Lesestunden beschert hat. Thematisch ist er erstaunlich facettenreich. Es geht um weit mehr als nur eine bloße Liebesgeschichte.

Das reizvolle und interessante Setting lädt zum Wegträumen ein. An etlichen Stellen wird deutlich, dass die Autorin sorgsam recherchiert hat. Davon zeugt auch das mitgelieferte Quellenverzeichnis. Etwas mehr hätte ich gerne darüber erfahren, welche Elemente des Romans auf tatsächlichen Begebenheiten beruhen und welche reine Fiktion sind. Aber das nur am Rande.

Das hübsche Cover passt sowohl zur Geschichte als auch zum Genre. Zwar ist der Titel sehr wohlklingend, lässt aber einen inhaltlichen Bezug leider vermissen.

Mein Fazit:
Mit dem Auftakt der neuen Sansibar-Saga hat mich Cornelia Engel überzeugt. Damit hat die Autorin bewiesen, dass sie nicht nur gelungene Liebesgeschichten, sondern auch lesenswerte historische Romane schreiben kann. Ich bin auf die Fortsetzung sehr gespannt.

Veröffentlicht am 17.12.2021

Einer nach dem anderen

Das Chalet
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Saint Antoine in den französischen Alpen: In einem luxuriösen Skiresort treffen sich die Mitarbeiter von Snoop, der angesagten Musik-App, um über die Zukunft des Unternehmens zu entscheiden. Es liegt ein ...

Saint Antoine in den französischen Alpen: In einem luxuriösen Skiresort treffen sich die Mitarbeiter von Snoop, der angesagten Musik-App, um über die Zukunft des Unternehmens zu entscheiden. Es liegt ein Übernahmeangebot vor und es geht um viel Geld. Die Spannungen nehmen zu. Dann schneidet eine Lawine das Chalet von Hilfe ab. Zugleich wird ein Mitglied der Gruppe nach dem anderen ermordet oder verschwindet…

„Das Chalet - Mit dem Schnee kommt der Tod“ ist ein Thriller von Ruth Ware.

Meine Meinung:
Der Thriller besteht aus mehr als 80 kurzen Kapiteln. Erzählt wird im Präsens in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Liz und der von Erin, größtenteils im Wechsel. Vorangestellt sind ein Auszug einer Website, in dem mehrere Personen vorgestellt werden, sowie ein fiktiver Internetbericht der BBC.

Der Schreibstil ist etwas gewöhnungsbedürftig. Saloppe Ausdrucksweisen und viel Umgangssprache sind eigentlich nicht mein Fall. Allerdings passt diese Sprache sehr gut zu den Charakteren.

Mit Erin und Liz liegt der Fokus auf zwei Protagonistinnen. Die Figuren wirken recht lebensnah. Genretypisch sind so gut wie keine Sympathieträger vorhanden. Das stört mich allerdings kein bisschen, da es viel Raum für Spekulationen lässt.

Auf den rund 400 Seiten lädt der Thriller auch darüber hinaus zum Miträtseln ein. Die Spannung bleibt konstant hoch, ohne dass die Geschichte dabei effekthaschend oder unnötig brutal ausfällt. Der Thriller ist undurchsichtig und gespickt mit falschen Fährten. An mehreren Stellen konnte mich die Handlung überraschen. Die Auflösung ist nachvollziehbar und größtenteils schlüssig.

Der deutsche Titel weicht deutlich vom englischsprachigen Titel („One By One“) deutlich ab, ist aber ähnlich passend. Das düstere Cover ist in Bezug auf die Farbgebung leider sehr einfallslos. Das Motiv an sich gefällt mir dennoch gut.

Mein Fazit:
„Das Chalet - Mit dem Schnee kommt der Tod“ von Ruth Ware ist ein fesselnder Thriller, der mich überzeugt hat. Für mich wird es nicht das letzte Buch der Autorin bleiben. Definitiv empfehlenswert!

Veröffentlicht am 16.11.2021

Über eine Ikone der deutscher Literatur

Der Zauberer
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Aufgewachsen in der Hansestadt Lübeck, soll der junge Thomas Mann seinen Vater, den Senator, beerben. Doch dem Geschäftsmann kann er nicht auf Dauer etwas vormachen: Für den Handel taugt der kunstinteressierte ...

Aufgewachsen in der Hansestadt Lübeck, soll der junge Thomas Mann seinen Vater, den Senator, beerben. Doch dem Geschäftsmann kann er nicht auf Dauer etwas vormachen: Für den Handel taugt der kunstinteressierte Thomas ebenso wenig wie dessen Bruder Heinrich. Als der Senator stirbt, bricht die Familie zunächst auseinander. Aber Thomas wird dennoch seinen Weg machen. Auf ihn wartet ein turbulentes Leben. Er wird in bewegten Zeiten ein Schriftsteller von Weltruhm…

„Der Zauberer“ ist ein Künstlerroman von Colm Tóibín.

Meine Meinung:
Der Roman gliedert sich in 18 Kapitel. Er beginnt im Jahr 1891 und endet Anfang der 1950er-Jahre. Erzählt wird in streng chronologischer Reihenfolge aus der Sicht von Thomas Mann. Dieser Aufbau ist insgesamt gut durchdacht. Etwas verwirrend sind lediglich die Ortsangaben und Jahreszahlen zu Beginn der Kapitel, denn sie weisen nur auf Schauplatz und Zeit der ersten Szene hin. Im weiteren Verlauf des Kapitels wechseln diese mit dem Fortschreiten der Handlung.

In sprachlicher Hinsicht ist der Roman mit seinen verschachtelten Sätzen und der sehr gehobenen Ausdrucksweise zuweilen ein wenig sperrig. Mir gefällt es jedoch ausnehmend gut, wie der Autor in dieser Form den Stil Thomas Manns nachahmt.

Im Zentrum des Romans stehen neben dem berühmten Schriftsteller dessen Frau Katia und ihre gemeinsamen Kinder. Zudem tauchen die Mutter und Geschwister Thomas Manns mehrfach auf.

Inhaltlich umfasst der Roman den Großteil des Lebens des Nobelpreisträgers. Von der Kindheit in Lübeck bis kurz vor seinem Tod begleitet man den bekannten Autor bei all seinen Stationen. Zwischendurch gibt es durchaus zeitliche Sprünge. Alles in allem wird aber ein recht vollständiges Bild vermittelt. Daher eignet sich der Roman auch für Unkundige. Für Mann-Kenner kommt auf den immerhin rund 550 Seiten dennoch keine Langeweile auf.

Der Roman beleuchtet sowohl Manns Privatleben als auch sein schriftstellerisches Schaffen. Mit der Schwerpunktsetzung war ich während des Lesens nicht immer komplett glücklich. So nehmen mir die homoerotischen Abenteuer und Fantasien zu viel Raum ein. Stattdessen hätte ich mir an einigen Stellen Details zur Entstehung und Rezeption der Werke Thomas Manns gewünscht. Im Großen und Ganzen wird Tóibín dem berühmten Autor aber durchaus gerecht, den er authentisch darstellt.

Colm Tóibín hat für den Roman umfangreich recherchiert und lässt seine Leserinnen und Leser an seinen Quellen teilhaben. Interessiert hätte mich darüber hinaus, an welchen Stellen er von der tatsächlichen Biografie abgewichen ist und Fiktion ins Spiel gebracht hat. Leider lässt uns der irische Autor diesbezüglich im Dunkeln.

Tolle Arbeit ist bei der Gestaltung des Covers geleistet worden, wenngleich das Motiv ein bisschen vage bleibt. Auch der wörtlich ins Deutsche übertragene Titel (Original: „The Magician“) passt hervorragend.

Mein Fazit:
Mit „Der Zauberer“ liefert Colm Tóibín einen umfassenden und unterhaltsamen Roman über das Leben Thomas Manns, der sowohl für Laien als auch Fans der Manns empfehlenswert ist. Ein Buch, das Lust darauf macht, die Werke der Familienmitglieder neu oder wieder zu entdecken.