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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.12.2021

Verbrechen in der Polarnacht

78° tödliche Breite
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Der pensionierte Kommissar Trond Lie zieht gerne nach Longyearbyen. Seine Tochter hat ihn um Unterstützung gebeten. Als Alleinerziehende ist es kompliziert, Jobs und Kinderbetreuung unter einen Hut zu ...

Der pensionierte Kommissar Trond Lie zieht gerne nach Longyearbyen. Seine Tochter hat ihn um Unterstützung gebeten. Als Alleinerziehende ist es kompliziert, Jobs und Kinderbetreuung unter einen Hut zu bringen.
Zwar genießt Trond die Zeit mit seinem Enkel, doch er hat eindeutig unterschätzt, welche Auswirkungen die permanente Dunkelheit auf seinen Körper und seine Psyche hat. Auch an die ständige tödliche Gefahr durch Eisbären muss er sich erst noch gewöhnen.
Als der erste Mord in der normalerweise sehr friedlichen Siedlung geschieht und wegen der schlechten Wetterbedingungen keine Polizei vom Festland kommen kann, hilft er sehr gerne mit seinen Kenntnissen aus. Ihm zur Seite steht die holländische Schlittenhundführerin Frida, die außerordentlich geschickt mit dem Gewehr umgehen kann. 
Im Prinzip die Geburtsstunde eines neuen literarischen Ermittlerduos. 
Das Buch ist nicht nur von vorne bis hinten spannend, sondern vermittelt auch einen guten Eindruck vom Alltagsleben am Nordkap. Diese Folge spielt in eisiger Kälte und immerwährender Dunkelheit, doch ein zweiter Band, der im Sommer bei nie untergehender Sonne spielt, ist schon für Mai 2022 angekündigt. Wenn darin neben einer spannenden Handlung auch wieder so eindrucksvolle Momente in der einzigartigen Natur geschildert werden, dann bin ich sicher wieder unter den Lesern.

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Veröffentlicht am 10.12.2021

Der letzte "le Carré"

Silverview
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Wahrscheinlich zum letzte Mal führt uns John le Carré in die geheime Welt der Agenten ein. Mit diesem Wissen betrachtet man von vorneherein jede Handlung, jede Person mit Argwohn. Ist alles so, wie es ...

Wahrscheinlich zum letzte Mal führt uns John le Carré in die geheime Welt der Agenten ein. Mit diesem Wissen betrachtet man von vorneherein jede Handlung, jede Person mit Argwohn. Ist alles so, wie es scheint oder nur scheinbar?
Der ehemalige Londoner Geschäftsmann Julian Lawndsley setzt sich in einem beschaulichen Örtchen zur Ruhe. Seinen Lebensunterhalt will er sich als Buchhändler verdienen. Sein erster Kunde ist eine sehr schillernde Persönlichkeit, die allem Anschein nach auch ein guter Freund seines verstorbenen Vaters gewesen ist. Die beiden lernen sich besser kennen und der Leser versucht nach wie vor zwischen den Zeilen zu lesen, denn zeitgleich richten sich die Augen des Geheimdienstes auf dieses kleine Städtchen, in dem es offensichtlich zu Geheimnisverrat gekommen ist.
John le Carré weiß unaufgeregt und spannend zugleich zu erzählen. Seine Sätze sind einfach formschön und stilsicher, wenn er pointiert seine Personen beschreibt. Er hat diese britische Gabe des minimalistischen, feinsinnigen Humors, der auch einem Spionageroman eine Leichtigkeit verleiht, die trotzdem eine Tiefe besitzt.
Ich habe die Hörbuchversion gehört. Gesprochen von Achim Buch, der seine Sache sehr gut macht.
Ich werde aber wohl noch einmal eine Printversion lesen, denn mir gehen beim Zuhören doch die Feinheiten verloren, was sehr schade ist.
"Silverview" ist ein absolutes Must-have, nicht nur für le Carré-Fans.

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Veröffentlicht am 04.12.2021

Tödlicher Polarkreis

Mordlichter
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Dieser Auftakt einer neuen Krimireihe im hohen Norden Schwedens, direkt am Polarkreis, ist einfach gut gelungen.
Anelie Andersson ist der Liebe wegen in die Gegend von Jokkmokk gezogen. Nachdem sie in ...

Dieser Auftakt einer neuen Krimireihe im hohen Norden Schwedens, direkt am Polarkreis, ist einfach gut gelungen.
Anelie Andersson ist der Liebe wegen in die Gegend von Jokkmokk gezogen. Nachdem sie in Stockholm eine sehr erfolgreiche Mordermittlerin war, leitet sie nun eine zum Schließen verurteilte Polizeistation. Sie genießt das beschauliche Leben und die herrliche Natur. Dafür akzeptiert sie auch extreme Temperaturen und den Mangel an Komfort im Alltag.
Mit der Beschaulichkeit ist es vorbei, als ein Teenager tot aufgefunden wird. Es deutet sich eine Mordserie an, die lange Jahre von Anelies vorgesetzter Dienststelle vertuscht worden ist.
Die Spurensuche ist im wahrsten Sinne des Wortes aufregend, denn nicht nur das Finden von Hinweisen ist schwierig, sondern auch die Suche in den endlosen Schneeweiten. Man erfährt viel über das Überleben in Extremsituationen, wobei man in den Landschaftsbeschreibungen stets die Liebe der Autorin für diese Gegend herauslesen kann.
Madita Winter nutzt ihr Buch auch, um auf die Situation der Samen in ihrem ureigensten Land hinzuweisen, deren Lebensgrundlage mit zunehmendem Tourismus und Industrialisierung immer weiter schrumpft.
Ihre Hauptakteure sind gut dargestellt. Man wird mit allen schnell vertraut und freut sich schon auf den nächsten Fall ...

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Veröffentlicht am 29.11.2021

Emotionaler Thriller

Die falsche Zeugin
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Wieder einmal konnte mich Karin Slaughter mit einem Gänsehaut-Thriller fesseln.
Callie und Harleigh sind zwei einander sehr eng verbundene Schwestern, die eine schreckliche Jugend bei einer psychisch gestörten ...

Wieder einmal konnte mich Karin Slaughter mit einem Gänsehaut-Thriller fesseln.
Callie und Harleigh sind zwei einander sehr eng verbundene Schwestern, die eine schreckliche Jugend bei einer psychisch gestörten Mutter verbracht haben. Sie entwickeln sich sehr gegensätzlich, obwohl beide Gewalt und Missbrauch ausgesetzt waren, wie die eingeschobenen Rückblenden erzählen.
Nun ist Leigh, wie sie sich nun nennt, eine sehr erfolgreiche Anwältin geworden. Privat läuft es nicht so gut. Die schwere Kindheit hat sie in Selbsthass und Beziehungsunfähigkeit getrieben. Die Ehe mit einem wunderbaren Mann konnte deswegen nicht funktionieren.
Die kleine Schwester Callie hat den Weg der Selbstzerstörung mittels Alkohol und Drogen gewählt. Auch wenn Leigh bei ihren Rettungsversuchen beinahe selbst daran zerbricht: Die Liebe und die gegenseitige Verantwortung bleiben davon unberührt.
Das ist die Situation, in der man Anteil am Geschehen nimmt. Leigh soll eine Verteidigung übernehmen, die ihre gesamte Karriere enorm pushen könnte.
Doch ihr Mandant ist wie ein bösartiger Geist aus der Vergangenheit. Jemand, der sie quälen und ihre Familie vernichten will.
Psychologisch ist die Handlung wunderbar gestrickt. Man bekommt tiefe Einblicke in die gegensätzlichen Abhängigkeiten, aber auch in die dunkelsten Abgründe einer psychotischen Seele. 
Man leidet mit den Schwestern, die sich aus den Verstrickungen zu befreien suchen, und man erschrickt vor den Taten, die ein Mensch für seine Liebsten zu begehen bereit ist, wenn er in die Ecke gedrängt wird.
Sprachlich kann Karin Slaughter auch wieder trumpfen. Die Spannung bleibt erhalten, auch wenn sie auf billige Cliffhanger verzichtet. Sie erzählt abwechselnd aus dem Blickwinkel der Schwestern. So erschließt sich erst häppchenweise der grausame Plan des Mandanten. Auch in den ruhigen Szenen bleibt auch für den Leser das unterschwellig lauernde Grauen bestehen.
Ein dickes Buch, viel Inhalt, viel Nervenkitzel. Das bedeutet von mir uneingeschränkte Leseempfehlung nicht nur für Slaughter-Fans.

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Veröffentlicht am 23.11.2021

Mehr als ein Krimi

Der Tod und das dunkle Meer
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Im 17. Jahrhundert segelt eine kleine Flotte der Ostindien-Kompanie von Indonesien nach Amsterdam. Eins der Schiffe hat eine rätselhafte, sehr kostbare Fracht, von der keiner weiß, um was es sich handelt. ...

Im 17. Jahrhundert segelt eine kleine Flotte der Ostindien-Kompanie von Indonesien nach Amsterdam. Eins der Schiffe hat eine rätselhafte, sehr kostbare Fracht, von der keiner weiß, um was es sich handelt. Die Besatzung besteht aus gesetzlosen Matrosen, kampferprobten Musketieren und vielen Passagieren. Es ist eine explosive Mischung; Gewalt ist an der Tagesordnung.
Die Handlung kreist in erster Linie um den Generalgouverneur und seinen Anhang. Er ist ein brutaler Mann, den seine Vergangenheit auf dem Schiff einzuholen scheint. Vom ersten Tag an geschehen unerklärliche Dinge an Bord. Es sieht aus, als würde der Teufel höchstpersönlich mitsegeln, um alle ins Verderben zu reißen.
Erwartet habe ich bei diesem Buch einen Kriminalroman, wenn auch einen historischen. Doch so einfach lässt es sich nicht in ein Genre packen. Genauso gut mag man es in die Sparte Abenteuerroman einordnen. Zwischendurch glaubt man, sich in einem Fantasy-/Gruselthriller zu befinden. Kurz gesagt, die Handlung ist sehr vielschichtig. Zwar ist die große Personenanzahl etwas unübersichtlich, doch sie wird gebraucht, um diese dichte, geheimnisvolle Atmosphäre entstehen zu lassen. Immer wieder gibt es neue Wendungen, immer wieder dreht sich alles um 180°, sodass man als Leser mit dem Mitraten einfach nicht hinterherkommt. Wie gesagt, vieles ist so unglaublich, dass man selbst an einen Dämon an Bord zu glauben anfängt.
Die Protagonisten werden gut beschrieben, sowohl äußerlich als auch vom Charakter her. Man erhält zudem Einblicke in ihre Vergangenheit, was auch nötig ist, um sie in einen Kontext zu setzen und die Auflösung zu verstehen.
Weil das Geschehen auf diesem Schiff von Anfang an so unglaublich und rätselhaft ist, bleibt die Spannung gleichbleibend hoch, obwohl es ein ziemlich umfangreicher Roman ist.
Ich jedenfalls bin begeistert und kann eine hundertprozentige Leseempfehlung aussprechen.

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