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Veröffentlicht am 08.12.2021

Einer vom alten Schlag

Barbara stirbt nicht
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Als der Rentner Walter Schmidt eines morgens allein im Bett aufwacht, fällt ihm erst durch das Fehlen des gewohnten Kaffeedufts aus der Küche auf, dass mit seiner Frau Barbara etwas nicht stimmen kann. ...

Als der Rentner Walter Schmidt eines morgens allein im Bett aufwacht, fällt ihm erst durch das Fehlen des gewohnten Kaffeedufts aus der Küche auf, dass mit seiner Frau Barbara etwas nicht stimmen kann. Er findet sie verletzt im Bad, wo sie einfach umgefallen ist. Er verfrachtet sie - es wird schon nicht so schlimm sein - wieder ins Bett. Doch wer macht jetzt seinen Frühstückskaffee?

Der Klappentext lässt den Eindruck entstehen, dass es sich hier um ein lustiges Buch über einen alten Kauz handelt, der endlich lernen muss, für sich selbst zu sorgen, anstatt sich, was Haus, Garten und Küche betrifft, auf seine Frau zu verlassen. Stimmt und stimmt auch wieder nicht. In diesem Buch steckt so viel mehr und oft zwischen den Zeilen. Ganz klar ist es kein "urkomisches Porträt einer Ehe", denn wann immer man eigentlich lauthals loslachen möchte, sorgt der grantelnde und ignorante Herr Schmidt dafür, dass es dem Leser im Halse stecken bleibt.

Manchmal hat man das Gefühl, er lässt wirklich an niemandem ein gutes Haar. Selbst seine eigenen Fehler kreidet er anderen an. Walter Schmidt ist wirklich ein Mann vom alten Schlag, dessen Frauenbild zunächst noch aus dem Mittelalter stammt. Seine Frau tat mir oft leid, weil ihrem Mann zwar auffällt, dass sie viel für ihn getan hat, bei Heim und Garten ihr bestes gegeben hat, doch immer wieder fallen ihm Dinge ein, die sie hätte besser machen sollen, obwohl da schon manchmal auch liebevolle Schwingungen wahrzunehmen sind. Herr Schmidt ist irgendwie ein Widerspruch in sich selbst zugezogen, aber rassistisch gegenüber allem anderen, die Hilfe seiner Kinder will er nicht, da geht er lieber die Bäckereiverkäuferin fragen, über die abgerissenen Gestalten herziehen, aber dann mildtätig werden usw.

Zu Gute halten muss man ihm, dass er versucht, das Beste aus der Situation zu machen. Er findet neue Aufgaben für sich, die er akribisch betreibt und seinem Perfektionismus unterwirft. Doch oft wenn er mir gerade sympathisch zu werden droht, tut oder sagt er wieder etwas, was gar nicht geht.

Nach und nach zeigen sich dann auch Risse in seiner perfekten Fassade. Das Verhältnis zu den Kindern, Eifersucht, Schwächen, die unterdrückte Angst um Barbara, die er sich nicht anmerken lassen will. Und am Ende offenbart er dann noch ein Geheimnis, das er immer versucht hat, für sich zu behalten, von dem aber eigentlich das ganze Dorf seit Jahrzehnten weiß.

Ich bin nicht ganz schlau aus diesem widersprüchlichen Mann geworden, vor allem die Aktion am Ende des Buches hat für mich auch nicht so recht zu ihm gepasst. Zudem bleibt der Schluss weitestgehend offen. Nichts gegen ein offenes Ende, das mir Spielraum lässt, die Geschichte weiterzuspinnen, doch hier bleibe ich eher etwas orientierungslos zurück.

Der Schreibstil von Alina Bronsky ist im Übrigen sehr locker, was wieder etwas im Widerspruch zur Thematik steht, aber vermutlich genau so beabsichtigt ist, weil die Geschichte sich beim Lesen leicht und kurzweilig anfühlt trotz der schwierigen Themen. Und das gefällt mir wiederum ausgezeichnet. 4 Sterne

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Veröffentlicht am 29.11.2021

Brücke in die Geisterwelt

Die Geister der Pandora Pickwick
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Weil ihre Adoptiveltern geschäftlich verreisen müssen, verbringt Fanny ihre Ferien notgedrungen bei Tante Harriet. Diese führt das Antiquitätengeschäft Pandora's Antiques. Die Freude bei Fanny ist groß, ...

Weil ihre Adoptiveltern geschäftlich verreisen müssen, verbringt Fanny ihre Ferien notgedrungen bei Tante Harriet. Diese führt das Antiquitätengeschäft Pandora's Antiques. Die Freude bei Fanny ist groß, denn sie mag ihre Tante und den Laden. Doch schon bald hört sie nachts Geräusche, es rumpelt und poltert im Laden. Tante Harriet scheint das gar nicht wahrzunehmen und tut als ob nichts wäre. Doch Fanny wird klar, dass sie einem Geheimnis auf der Spur ist, das sie unbedingt lüften möchte. Ob es etwas mit ihrer Herkunft zu tun hat?

Das Cover ist wirklich umwerfend geisterhaft und hat mich neugierig auf die Geschichte gemacht. Auf den ersten Seiten war es dann etwas mühsam reinzukommen, weil alles recht knapp beschrieben wurde. Doch schon bald war ich immer mehr gefesselt von der Idee der Autorin. Fanny ist ein kluges Mädchen, das recht schnell merkt, dass im Laden ihrer Tante etwas gar nicht stimmt. Doch selbstbewusst und entgegen aller Vorsicht versucht sich herauszufinden, was die Familie zu verbergen hat.

Natürlich kommt neben verschiedenen Geistern auch eine Geisterdimension ins Spiel. Das Zusammenspiel der beiden Welten ist wirklich plausibel dargestellt. Manchmal hätte ich mir gewünscht, dass es etwas mehr in die Tiefe gegangen wäre. So ist das Abenteuer doch recht schnell vorbei, natürlich nicht ohne eine gehörige Portion Grusel und Action. Auch gibt es am Ende eine Wendung, die ich so nicht erwartet hätte. Alles in allem ein leichter geisterhafter Lesespaß für Mädchen und Jungs ab etwa 9 Jahren.

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Veröffentlicht am 20.11.2021

Grillen aus Leidenschaft

Rob’s Barbecue
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Der bekannte DJ Robin Schulz grillt mehr als gerne. Es ist seine Leidenschaft. In Rob's Barbecue - Meine besten Rezepte erklärt er zunächst, warum er das Grillen liebt. Die wichtigsten Utensilien für die ...

Der bekannte DJ Robin Schulz grillt mehr als gerne. Es ist seine Leidenschaft. In Rob's Barbecue - Meine besten Rezepte erklärt er zunächst, warum er das Grillen liebt. Die wichtigsten Utensilien für die perfekte Grillausstattung werden ebenso dargestellt wie typische Fehler, die vor und beim Grillen passieren können. Verschiedene Grillarten und Techniken des Grillens, auch das Räuchern werden vorgestellt.

Der Rezeptteil beginnt mit Marinaden, Rubs, Soßen und Dips, die in verschiedenen Gerichten Anwendung finden. Der Hauptteil ist in verschiedene Kategorien eingeteilt wie z.B. Wenige Zutaten, Snacks, Lieblingsgerichte, Für Gäste usw. Auch Süße Grillrezepte sind enthalten. Alle Rezepte haben Angaben zu Zubereitungs-, Grill- und Ruhezeiten, zur Anzahl der Portionen und eine ausführliche Zutaten- und Zubehörliste. Die Anweisungen zur Zubereitung sind in Schritte unterteilt. Beim ein oder anderen Rezept gibt es Rob's Special Tipps. Zwischendurch kann man immer mal wieder etwas über den DJ uns eine Einstellung zum Grillen als Lifestyle lesen. Am Ende findet sich ein Register.

Rob's Barbecue ist ein sehr hochwertiges Buch, das recht edel wirkt mit den teils schwarzen Seiten mit weißer Schrift. Auch die Aufmachung im Buch gefällt mir sehr gut, alles ist verständlich erklärt und mit Bildern verdeutlicht. Zum Beispiel zeigt eine Seite ein Foto mit dem Zubehör, auf der andern wird erklärt, wozu die Gegenstände gebraucht werden. Die Seite zur Auswahl des Grills ist sehr einfach gehalten. Hier hatte ich doch den Eindruck, dass nicht jeder Grill (nicht Smoker) für jedes Rezept gleich gut geeignet ist. Schon allein zum indirekten Grillen sollte er aber einen Deckel haben. Der Rezeptteil ist sehr modern unterteilt und allein die Fotos sind allesamt Hingucker. Auch die Marinaden Soßen und Dips sind vielfältig und lecker. Natürlich gibt es auch einige Beilagen. Hin und wieder hat es mich gewundert, dass es auch Rezepte gibt, bei denen man den Grill nur für die Soße oder auch gar nicht braucht, weil frittiert wird. Manchmal braucht man den Grill auch nur zum Räuchern.

Der Autor weist immer wieder daraufhin, dass er gerne regionale Zutaten nutzt und auch regional kauft, was sehr löblich ist. Bei den teilweise recht exklusiven Fleisch- und Fischsorten sind die Rezepte nicht gerade günstig oder in größerer Menge herzustellen, sondern schon etwas sehr Besonderes. Daneben gibt es jedoch auch Gerichte aus Hack oder Wurst, die preislich machbarer sein dürften. Es ist also für jeden Geldbeutel etwas dabei. Ich muss allerdings gestehen, dass es mir bei manchen Gerichten zu aufwendig ist, dafür den Grill anzuwerfen. Das Buch drückt schon einen gewissen Lifestyle aus, der vielleicht nicht jedem liegt.

Fazit: Wer mal etwas wirklich Besonderes auf seinem Grill zaubern möchte, für den ist das Buch genau das Richtige, wer eh nur Steaks und Bratwürste grillt, braucht es nicht, wobei für diese Griller dann die leckeren Soßen und Marinaden verpassen. Wäre schade.

4 Sterne

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Veröffentlicht am 09.11.2021

Aufwändig gereimte Geschichte der Mathematik

Wie die Mathematik in die Welt kam
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Wie kam die Mathematik in die Welt? Dieser Frage geht der Autor Rainer Kirsch in seinem Kinderbuch nach. Doch wer jetzt denkt das klingt langweilig, wird überrascht sein, denn der Text steht nicht etwa ...

Wie kam die Mathematik in die Welt? Dieser Frage geht der Autor Rainer Kirsch in seinem Kinderbuch nach. Doch wer jetzt denkt das klingt langweilig, wird überrascht sein, denn der Text steht nicht etwa kleingedruckt und dichtgedrängt auf hunderten Seiten, sondern kommt in Reimform daher. So erläutert der Autor die Meilensteine der Entwicklung mathematischer Strukturen von den ersten Zahlen bis hin zur höheren Mathematik. In einem Nachwort werden dann auch aktuelle Errungenschaften von Mathematiker kurz erläutert. Eine Seite mit Worterklärungen rundet das Ganze ab. Die Illustrationen sind ein kunstvoller Mix aus Zeichnungen und Collagen.

Von einem Buch, das in Reimform mathematische Zusammenhänge aufzeigt, war ich sehr angetan. Hier handelt es sich aber vornehmlich um ein recht langes Gedicht, das die Entwicklung mathematischer Strukturen im Laufe der Zeit aufzeigt. Die Verse erläutern, wie Zahlen entstanden sind, Maßeinheiten, Rechenarten, Geometrie usw. Auch wichtige Personen, denen wir diese Erkenntnisse zu verdanken haben, werden erwähnt. Natürlich kann ein Kinderbuch da keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, es soll eher zeigen, dass Mathematik allgegenwärtig ist. Die Reime sind teilweise witzig, manchmal aber auch etwas holprig, weil das Versmaß nicht ganz passt. Es besteht beim Vorlesen die Gefahr, dass man mal hängenbleibt oder das Ganze zu sehr herunterleiert.

Die Illustrationen waren für mich etwas gewöhnungsbedürftig, aber mittlerweile finde ich sie doch sehr künstlerisch gemacht. Es gibt sehr viel zu entdecken, manches nicht ganz zum Reim passend. Ich könnte mir vorstellen, dass jüngere Kinder sich eher weniger angesprochen fühlen. Für meine Tochter im Grundschulalter war es jedenfalls etwas zu viel. Das Buch empfehle ich eher für größere Kinder und mathematikinteressierte Erwachsene. Sicher auch ein witziges Geschenk für den gymnasialen Mathelehrer.

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Veröffentlicht am 09.11.2021

Was von der Familie übrigbleibt

Wenn ich wiederkomme
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Weil die Eltern arbeitslos sind und die Familie in Rumänien kaum genug zum Leben hat, verlässt Mutter Daniela eines Nachts ohne Abschied ihre Kinder und ihr Heimatdorf, um in Italien als Pflegekraft in ...

Weil die Eltern arbeitslos sind und die Familie in Rumänien kaum genug zum Leben hat, verlässt Mutter Daniela eines Nachts ohne Abschied ihre Kinder und ihr Heimatdorf, um in Italien als Pflegekraft in einem Privathaushalt zu arbeiten. Das Geld, das sie sich schwer verdient, schickt sie nach Hause, damit Tochter Angelica studieren und Sohn Manuel in eine gute Schule gehen kann. Als auch der Vater im Ausland eine Arbeit findet, bleiben die beiden allein mit den Großeltern und jede Menge Verantwortung zurück. Das Verlassenwerden durch die Mutter lastet schwer, vor allem auf Manuel und die Kluft zwischen den Familienmitglieder wird immer größer. Dann passiert ein Unfall und Daniela muss entscheiden: Bleiben oder wiederkommen?


Das Thema dieses Romans ist ein hochaktuelles und wichtiges. Auch in Deutschland bedienen wir uns ausländischer Arbeitskräfte, die unsere Alten und Kranken pflegen, weil es hierzulande nicht genügend Personal gibt. Zu selten machen wir uns Gedanken darüber, was mit den Familien, vor allem den Kindern der Mütter passiert, die wir beschäftigen. Wie kommen sie ohne Mutter zurecht? Macht das Geld, das die Mütter schicken ihre Abwesenheit weniger schlimm? Was möchten die Kinder? Mit all diesen Fragen und Gedanken spielt der Autor in seinem Roman und konstruiert ein Einzelschicksal, dass uns aufmerksam macht auf die Probleme, die durch die reicheren Länder in den Familien der ärmeren entstehen.


Mit drei Erzählstimmen, Sohn, Mutter und Tochter, lässt er uns in die Köpfe der Betroffenen schauen. Es gelingt ihm gut, den Schreibstil an die jeweilige Person anzupassen, so dass man sich besser in sie hineinversetzen kann. Die Geschichte liest sich sehr flüssig und ich finde sie auch sehr fesselnd. Was mir allerdings gefehlt hat, sind Emotionen, die mich tief im Innersten berühren, so dass mich das Schicksal trifft, ich länger darüber nachdenke und mich verantwortlich fühle oder den unbändigen Willen verspüre, etwas zu verändern. Dennoch waren vor allem die Eindrücke, die uns Daniela zur Arbeit mit alten, verwirrten und senilen Menschen vermittelt hat, wichtig, um zu zeigen, was all jene täglich leisten, die die Pflege übernehmen, weil sie häufig nur zu gerne übersehen werden. 4 Sterne

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