Eine spannende Reise ins Ostfriesland der Nachkriegszeit
Der FriesenhofNach dem Tod ihres Vaters versuchen die Schwestern Gesa und Hanna den ostfriesischen Hof ihrer Familie allein weiter zu bewirtschaften. Hanna die schon immer ein Händchen für den Hof hatte, nimmt nun das ...
Nach dem Tod ihres Vaters versuchen die Schwestern Gesa und Hanna den ostfriesischen Hof ihrer Familie allein weiter zu bewirtschaften. Hanna die schon immer ein Händchen für den Hof hatte, nimmt nun das Zepter in die Hand, auch wenn keiner einer jungen, ledigen Frau zutraut, einen Hof zu führen. Als Helga, Gesas und Hannas Schwester, mit ihrem unsympathischen Ehemann Günther auf dem Hof auftaucht und ihren Erbteil einfordert, scheint es schlecht um den Hof zu stehen. Daher entschließt sich Gesa im nahe gelegenen Emden nach einer Arbeit zu suchen. Diese findet sie auch bald im Teekontor Kruse. Der Teehandel scheint Gesa zu liegen und so wird sie schnell zur Assistenz des Juniorchefs Keno. Schon bald verbindet Gesa und Keno mehr als nur eine Chef-Angestellten-Beziehung. Allerdings ist Keno verheiratet und Gesa verlobt, auch wenn ihr Verlobter schon lange in Russland verschollen ist.
Nachdem ich bereits die Speicherstadt-Saga von Fenja Lüders gelesen hatte, habe ich mich sehr gefreut, nun in den Teehandel zur deutschen Nachkriegszeit einzutauchen. Der Friesenhof ist der erste Teil der Teehändler-Saga, die 1949 in Ostfriesland spielt. Der zweite Teil wird voraussichtlich im Juni 2022 erscheinen.
Charaktere und Schauplätze beschreibt Fenja Lüders sehr anschaulich und lebendig, so dass ich mich schon nach wenigen Seiten nach Ostfriesland versetzt fühlte und mit den beiden Schwestern gehofft und gelitten habe. Die Handlung verteilt sich gut über das ganze Buch, so dass es immer spannend und interessant bleibt.
Gesa und Hanna sind die zwei Hauptcharaktere des Romans, die gegensätzlicher nicht sein könnten. Gesa ist direkt, manchmal aufbrausend und packt Probleme an, sobald sie entstehen. Obwohl der Friesenhof ihr Zuhause ist, hat sie Angst vor den großen Kühen und kann mit der Landwirtschaft nicht wirklich etwas anfangen. Daher ist es für Gesa eine tolle Chance, dass sie im Teehandel Kruse anfangen kann. Obwohl Gesa immer noch ihrem verschollenen Verlobten hinterhertrauert, verliebt sie sich in Keno Kruse, den Juniorchef – leider eine unmögliche Liebe, da Keno nicht nur ihr Chef, sondern auch verheiratet ist.
Im Gegensatz zu Gesa ist Hanna eher sanft, zurückhaltend und auf Harmonie bedacht. Schwierigkeiten geht sie lieber aus dem Weg. Sie ist die geborene Bäuerin und liebt ihre Arbeit mit den Tieren auf dem Hof. Zusammen mit ihrem Knecht Tomek, einem polnischen Flüchtling, der für Hanna weit mehr ist als nur ein Knecht, versucht sie den Hof am Laufen zu halten. Obwohl es nicht leicht ist für Hanna, sich in der männerdominierten Bauernschaft durchzusetzen, gibt sie nicht auf und zeigt was in ihr steckt.
Unter den zahlreichen Nebenfiguren hat mir besonders Tanti, Gesas und Hannas Großtante sehr gut gefallen. Sie ist eine sehr lebenskluge Frau, die genau beobachtet und mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg hält. So schafft sie es immer wieder, die Dinge ins rechte Licht zu rücken und rettet mit ihrem Pragmatismus so manche schwierige Situation. Sie ist der sichere Hafen der Mädchen, auf den immer Verlass ist.
Natürlich kommt auch dieser Roman nicht ohne einen Bösewicht aus. Hier trifft der Leser auf Günther, Gesas und Hannas Schwager. Er war mir von der ersten Zeile an unsympathisch und sofort war mir klar, dass da auch noch mehr sein muss. Wie böse, gemein und grausam Günther wirklich ist, erschließt sich erst nach und nach und bis zum Schluss war ich mir nicht sicher, ob die Sache für den Friesenhof und seine Bewohner gut ausgehen wird.
Einziger Kritikpunkt an diesem Roman ist aus meiner Sicht, dass mir die Handlung gegen Ende zu schnell ging. Im Epilog wird rückschauend zwar noch viel aufgelöst und erklärt, aber hier hätte ich mir einfach noch ein paar Kapitel mehr gewünscht, um die Gedanken und Handlungen der Personen besser nachvollziehen zu können. Das Ende des Romans ließ mich dann etwas unzufrieden zurück, da die Geschichte nicht wirklich zu Ende erzählt ist. Auch wenn es einen zweiten Teil der Saga geben wird, in dem es dann weitergeht, hätte ich mir in diesem ersten Teil einen etwas runderen Abschluss gewünscht, in dem nicht alles in den nächsten Teil verschoben wird.
Fazit:
Der Friesenhof war für mich eine tolle Reise nach Ostfriesland zur Nachkriegszeit. Es wird sehr anschaulich beschrieben, wie die Menschen damals lebten und mit welchen Problemen sie zu kämpfen hatten. Auch wenn mich das Ende nicht ganz zufrieden gestellt hat, kann ich den Roman sehr empfehlen und freue mich schon auf den nächsten Teil, der im Juni 2022 erscheinen soll.