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Veröffentlicht am 20.12.2021

Ein aufregendes zweites Jahr auf Hogwarts

Harry Potter und die Kammer des Schreckens (Harry Potter 2)
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Mit „Harry Potter and the Philosopher's Stone“ (deutscher Titel „Harry Potter und der Stein der Weisen“) hatte die weltweit berühmte Reihe um den jungen Zauberer Harry Potter, der zunächst, genauer gesagt ...

Mit „Harry Potter and the Philosopher's Stone“ (deutscher Titel „Harry Potter und der Stein der Weisen“) hatte die weltweit berühmte Reihe um den jungen Zauberer Harry Potter, der zunächst, genauer gesagt bis zu seinem elften Geburtstag, keine Ahnung von seinem Glück oder, wie man's nimmt, Unglück, der Bürde gleichsam, mit Zauberkräften ausgestattet zu sein, gehabt hatte, ihren Anfang genommen. Schon ein Jahr später, im Jahre 1998, veröffentlichte Bloomsbury den zweiten Band, „Harry Potter and the Chamber of Secrets“ (zu deutsch „Harry Potter und die Kammer des Schreckens“ - aus 'Geheimnissen' im Original wurden im Deutschen 'Schrecken', was im Übrigen auch durchaus zutrifft, wie man schnell feststellen wird), bereits mit Spannung erwartet, denn damals hatte man bereits munkeln gehört, dass Joanne K. Rowling die gesamte Geschichte um den kleinen Jungen mit der gezackten Narbe auf der Stirn, die sich schließlich auf sieben Bände erstrecken sollte, bereits fix und fertig in ihrem Kopf hatte. Endlich ging die Reise durch die magische Welt voller Gefahren, angefüllt mit den unglaublichsten Szenarien, die die überreiche Phantasie der Britin ersonnen hatte, weiter! Endlich durfte man mit Harry wieder nach Hogwarts, die Schule für Zauberei reisen, sich mitnehmen lassen in eine Welt weit weg von der eigenen, der realen, während der man aus dem Staunen gar nicht mehr herauskommen würde. Und auch nicht wollte, denn das, was man da zu lesen bekam, hielt einen fest, man war Teil der Geschichte geworden, erlebte die Abenteuer Harrys und seiner Freunde und vor allem ihr vertrauensvolles Miteinander so, als wären es die eigenen, als wäre man selbst Schüler in dem weitläufigen Internat mit den vielen Türmchen und Zinnen, den sich bewegenden Treppen, den unzähligen Geheimgängen, dem riesigen Speisesaal mit der verwunschenen Decke, in dem die köstlichsten Gerichte in Hülle und Fülle aufgetischt werden – wie von Zauberhand, versteht sich! -, als würde man den ungewöhnlichsten Schulstunden beiwohnen, die man sich nur vorstellen kann und Dinge lernen, die man sich auch mit der blühendsten Phantasie nicht hätte erträumen können.
Zudem ist Nervenkitzel garantiert! Ein Nervenkitzel, der sich von Band zu Band steigern sollte, der schließlich sogar, wie alle Fans der besten Kinder- und Jugendbuchreihe, die ich in meinem Leben je gelesen habe, genau wissen, zur tödlichen Gefahr wird. Hat sich das Böse in Gestalt dessen, dessen Name nicht genannt werden darf, eines gewissen Lord Voldemort, der nicht nur Harrys Eltern, sondern unzählige weitere Menschen – Zauberer oder Nicht-Zauberer, die hier 'Muggel' heißen – auf dem Gewissen hat, dem Harry, 'der Junge, der überlebte', seine Narbe zu verdanken hat, bereits im ersten Band abgezeichnet, wenn auch nur, trotz des fulminanten Endes, diffus im Vergleich zu dem, was da noch kommen sollte, so wird die Gefahr in der hier zu besprechenden Geschichte realer, greifbarer, tödlicher. War der erste Band zum Großteil eine Einführung in die, wie man merken wird, unendlich vielfältige Zauberwelt der Joanne K. Rowling, ein Kennenlernen nicht nur Harrys und seiner Kameraden, sondern der Welt, einer Parallelwelt zu derjenigen, die Harry kannte, in der sie agieren würden, so kann man in der Fortführung bereits ahnen, worauf das alles hinauslaufen würde. Denn hier tritt der 'Dunkle Lord' als Tom Riddle, der er einst war, damals selbst ein brillanter Schüler auf eben jenem Hogwarts, um dessen Bösartigkeit und Grausamkeit allerdings nur Albus Dumbledore, der Schulleiter und zu des jungen Lord Voldemorts Zeiten noch ein Lehrer, wusste, Harry Potter in dem äußerst spannenden und düsteren Showdown in der titelgebenden Kammer des Schreckens entgegen und man erfährt, dass dieses Rendezvous von Anfang an geplant war, dass alles Schlimme, das sich in Harrys zweitem Hogwarts-Jahr ereignet hatte, inszeniert von dem Schatten, der der Superbösewicht vorerst noch ist, nur dem einen, einzigen Zweck diente, nämlich dem Jungen, der ihn bereits zweimal besiegt hatte – einmal ohne eigenes Zutun als Baby und dann im ersten Band mit Hilfe der Freunde Ron und Hermine -, ein für allemal das Lebenslicht auszublasen.
Von zahlreichen Harry Potter Fans wie auch von seinen Kritikern, die es natürlich auch gibt, denn wie alles im Leben ist auch Literatur Geschmackssache, wird „Die Kammer des Schreckens“ als der insgesamt schwächste Band der hochkarätigen Reihe angesehen. Dem kann ich nicht zustimmen, denn, obwohl hier zwei der Gewöhnung bedürftigsten, auf jeden Fall nervigsten Charaktere auftreten – der neue Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste, Gilderoy Lockhart, der seine Mittelmäßigkeit, ja Unfähigkeit in Sachen Zauberkunst durch ein aufgeblähtes Ego auszugleichen bestrebt ist und eigentlich nur Unfug anrichtet, damit für viel Ungemach verantwortlich ist, das Harry widerfährt, und der anstrengende Hauself Dobby, der wild entschlossen ist, Harry von seinem zweiten Jahr in Hogwarts abzuhalten und ihn dabei mehrmals fast umbringt -, entwickelt sich die Geschichte doch folgerichtig, ungemein spannend und ganz und gar bezaubernd weiter. Es gibt hier Szenen von unglaublicher Intensität und anrührender Schönheit, wie die wenigen, aber markanten Gespräche mit Dumbledore, voller Trost und Weisheit, Balsam auf der Seele des ins Abseits gedrängten Jungen, der so sehr an sich zweifelt, der nach einigen erschütternden Erfahrungen und Erkenntnissen über sich selbst nicht weiß, ob er auf die gute oder die böse Seite gehört. Darüberhinaus wird man, sofern dies noch nicht geschehen ist, ganz und gar auf Harrys Seite gezogen, denn der Junge, der es nie leicht hatte in seinem kurzen Leben, der bei Verwandten aufgewachsen ist, die wegen Kindesmisshandlung der übelsten Sorte eigentlich hinter Schloss und Riegel gehören, wird Prüfungen unterzogen, die er nicht verdient hat, die ihm andere eingebracht haben. Wurde er in „The Philospher's Stone“ noch bestaunt und ehrfürchtig bewundert, so wird er hier zunehmend zum Stein des Anstoßes, kommt in den Verdacht, ein dunkler Zauberer zu sein und wird so zum Außenseiter, gemieden von den anderen Hogwartsschülern. Dass er dennoch durchhält – erst zwölf Jahre ist er alt, ein Kind noch, trotz aller Besonderheit -, hat er nicht nur seiner eigenen Stärke zu verdanken, sondern vor allem der Treue seiner Freunde Ron und Hermine, die nie wankend wird. Wer solche Freunde hat, der muss den Feind nicht fürchten? Nun, die Furcht können ihm auch der rothaarige Schlaks mit den flotten Sprüchen und die kluge Hermine, Schlüsselfigur bei der Lösung so vieler Rätsel, nicht nehmen. Sie mit ihm tragen und ertragen können sie aber sehr wohl, ihn unterstützen, ihm immer wieder Mut machen und mit ihm durch Dick und Dünn gehen – komme, was da wolle! Diese Freundschaft schließlich, und Freundschaft überhaupt, zieht sich wie ein dicker roter Faden durch alle sieben Bände und kann so durchaus auch zum Leitfaden der jungen, wie nicht mehr ganz so jungen Leser werden!
Da gäbe es noch so vieles, das anzumerken wäre, ohne auf den Inhalt des Buches, zu dem ich ein paar Gedanken zu Papier gebracht habe, einzugehen. Letzteres jedoch halte ich, 22 Jahre nach seinem Erscheinen, auch gar nicht für notwendig. Die Potter Fans wissen Bescheid! Und denjenigen, die es werden wollen, rate ich, sich selbst und unverzüglich auf Entdeckungsreise zu begeben in die Welt voller wundersamer Ereignisse, voller Magie und Staunen, die Joanne K. Rowling ihren Lesern geschenkt hat!

Veröffentlicht am 20.12.2021

Ein aufregendes zweites Jahr auf Hogwarts

Harry Potter und die Kammer des Schreckens (Schmuckausgabe Harry Potter 2)
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Mit „Harry Potter and the Philosopher's Stone“ (deutscher Titel „Harry Potter und der Stein der Weisen“) hatte die weltweit berühmte Reihe um den jungen Zauberer Harry Potter, der zunächst, genauer gesagt ...

Mit „Harry Potter and the Philosopher's Stone“ (deutscher Titel „Harry Potter und der Stein der Weisen“) hatte die weltweit berühmte Reihe um den jungen Zauberer Harry Potter, der zunächst, genauer gesagt bis zu seinem elften Geburtstag, keine Ahnung von seinem Glück oder, wie man's nimmt, Unglück, der Bürde gleichsam, mit Zauberkräften ausgestattet zu sein, gehabt hatte, ihren Anfang genommen. Schon ein Jahr später, im Jahre 1998, veröffentlichte Bloomsbury den zweiten Band, „Harry Potter and the Chamber of Secrets“ (zu deutsch „Harry Potter und die Kammer des Schreckens“ - aus 'Geheimnissen' im Original wurden im Deutschen 'Schrecken', was im Übrigen auch durchaus zutrifft, wie man schnell feststellen wird), bereits mit Spannung erwartet, denn damals hatte man bereits munkeln gehört, dass Joanne K. Rowling die gesamte Geschichte um den kleinen Jungen mit der gezackten Narbe auf der Stirn, die sich schließlich auf sieben Bände erstrecken sollte, bereits fix und fertig in ihrem Kopf hatte. Endlich ging die Reise durch die magische Welt voller Gefahren, angefüllt mit den unglaublichsten Szenarien, die die überreiche Phantasie der Britin ersonnen hatte, weiter! Endlich durfte man mit Harry wieder nach Hogwarts, die Schule für Zauberei reisen, sich mitnehmen lassen in eine Welt weit weg von der eigenen, der realen, während der man aus dem Staunen gar nicht mehr herauskommen würde. Und auch nicht wollte, denn das, was man da zu lesen bekam, hielt einen fest, man war Teil der Geschichte geworden, erlebte die Abenteuer Harrys und seiner Freunde und vor allem ihr vertrauensvolles Miteinander so, als wären es die eigenen, als wäre man selbst Schüler in dem weitläufigen Internat mit den vielen Türmchen und Zinnen, den sich bewegenden Treppen, den unzähligen Geheimgängen, dem riesigen Speisesaal mit der verwunschenen Decke, in dem die köstlichsten Gerichte in Hülle und Fülle aufgetischt werden – wie von Zauberhand, versteht sich! -, als würde man den ungewöhnlichsten Schulstunden beiwohnen, die man sich nur vorstellen kann und Dinge lernen, die man sich auch mit der blühendsten Phantasie nicht hätte erträumen können.
Zudem ist Nervenkitzel garantiert! Ein Nervenkitzel, der sich von Band zu Band steigern sollte, der schließlich sogar, wie alle Fans der besten Kinder- und Jugendbuchreihe, die ich in meinem Leben je gelesen habe, genau wissen, zur tödlichen Gefahr wird. Hat sich das Böse in Gestalt dessen, dessen Name nicht genannt werden darf, eines gewissen Lord Voldemort, der nicht nur Harrys Eltern, sondern unzählige weitere Menschen – Zauberer oder Nicht-Zauberer, die hier 'Muggel' heißen – auf dem Gewissen hat, dem Harry, 'der Junge, der überlebte', seine Narbe zu verdanken hat, bereits im ersten Band abgezeichnet, wenn auch nur, trotz des fulminanten Endes, diffus im Vergleich zu dem, was da noch kommen sollte, so wird die Gefahr in der hier zu besprechenden Geschichte realer, greifbarer, tödlicher. War der erste Band zum Großteil eine Einführung in die, wie man merken wird, unendlich vielfältige Zauberwelt der Joanne K. Rowling, ein Kennenlernen nicht nur Harrys und seiner Kameraden, sondern der Welt, einer Parallelwelt zu derjenigen, die Harry kannte, in der sie agieren würden, so kann man in der Fortführung bereits ahnen, worauf das alles hinauslaufen würde. Denn hier tritt der 'Dunkle Lord' als Tom Riddle, der er einst war, damals selbst ein brillanter Schüler auf eben jenem Hogwarts, um dessen Bösartigkeit und Grausamkeit allerdings nur Albus Dumbledore, der Schulleiter und zu des jungen Lord Voldemorts Zeiten noch ein Lehrer, wusste, Harry Potter in dem äußerst spannenden und düsteren Showdown in der titelgebenden Kammer des Schreckens entgegen und man erfährt, dass dieses Rendezvous von Anfang an geplant war, dass alles Schlimme, das sich in Harrys zweitem Hogwarts-Jahr ereignet hatte, inszeniert von dem Schatten, der der Superbösewicht vorerst noch ist, nur dem einen, einzigen Zweck diente, nämlich dem Jungen, der ihn bereits zweimal besiegt hatte – einmal ohne eigenes Zutun als Baby und dann im ersten Band mit Hilfe der Freunde Ron und Hermine -, ein für allemal das Lebenslicht auszublasen.
Von zahlreichen Harry Potter Fans wie auch von seinen Kritikern, die es natürlich auch gibt, denn wie alles im Leben ist auch Literatur Geschmackssache, wird „Die Kammer des Schreckens“ als der insgesamt schwächste Band der hochkarätigen Reihe angesehen. Dem kann ich nicht zustimmen, denn, obwohl hier zwei der Gewöhnung bedürftigsten, auf jeden Fall nervigsten Charaktere auftreten – der neue Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste, Gilderoy Lockhart, der seine Mittelmäßigkeit, ja Unfähigkeit in Sachen Zauberkunst durch ein aufgeblähtes Ego auszugleichen bestrebt ist und eigentlich nur Unfug anrichtet, damit für viel Ungemach verantwortlich ist, das Harry widerfährt, und der anstrengende Hauself Dobby, der wild entschlossen ist, Harry von seinem zweiten Jahr in Hogwarts abzuhalten und ihn dabei mehrmals fast umbringt -, entwickelt sich die Geschichte doch folgerichtig, ungemein spannend und ganz und gar bezaubernd weiter. Es gibt hier Szenen von unglaublicher Intensität und anrührender Schönheit, wie die wenigen, aber markanten Gespräche mit Dumbledore, voller Trost und Weisheit, Balsam auf der Seele des ins Abseits gedrängten Jungen, der so sehr an sich zweifelt, der nach einigen erschütternden Erfahrungen und Erkenntnissen über sich selbst nicht weiß, ob er auf die gute oder die böse Seite gehört. Darüberhinaus wird man, sofern dies noch nicht geschehen ist, ganz und gar auf Harrys Seite gezogen, denn der Junge, der es nie leicht hatte in seinem kurzen Leben, der bei Verwandten aufgewachsen ist, die wegen Kindesmisshandlung der übelsten Sorte eigentlich hinter Schloss und Riegel gehören, wird Prüfungen unterzogen, die er nicht verdient hat, die ihm andere eingebracht haben. Wurde er in „The Philospher's Stone“ noch bestaunt und ehrfürchtig bewundert, so wird er hier zunehmend zum Stein des Anstoßes, kommt in den Verdacht, ein dunkler Zauberer zu sein und wird so zum Außenseiter, gemieden von den anderen Hogwartsschülern. Dass er dennoch durchhält – erst zwölf Jahre ist er alt, ein Kind noch, trotz aller Besonderheit -, hat er nicht nur seiner eigenen Stärke zu verdanken, sondern vor allem der Treue seiner Freunde Ron und Hermine, die nie wankend wird. Wer solche Freunde hat, der muss den Feind nicht fürchten? Nun, die Furcht können ihm auch der rothaarige Schlaks mit den flotten Sprüchen und die kluge Hermine, Schlüsselfigur bei der Lösung so vieler Rätsel, nicht nehmen. Sie mit ihm tragen und ertragen können sie aber sehr wohl, ihn unterstützen, ihm immer wieder Mut machen und mit ihm durch Dick und Dünn gehen – komme, was da wolle! Diese Freundschaft schließlich, und Freundschaft überhaupt, zieht sich wie ein dicker roter Faden durch alle sieben Bände und kann so durchaus auch zum Leitfaden der jungen, wie nicht mehr ganz so jungen Leser werden!
Da gäbe es noch so vieles, das anzumerken wäre, ohne auf den Inhalt des Buches, zu dem ich ein paar Gedanken zu Papier gebracht habe, einzugehen. Letzteres jedoch halte ich, 22 Jahre nach seinem Erscheinen, auch gar nicht für notwendig. Die Potter Fans wissen Bescheid! Und denjenigen, die es werden wollen, rate ich, sich selbst und unverzüglich auf Entdeckungsreise zu begeben in die Welt voller wundersamer Ereignisse, voller Magie und Staunen, die Joanne K. Rowling ihren Lesern geschenkt hat!

Veröffentlicht am 13.12.2021

Läuterung eines Egomanen und andere Überraschungen

Die Täuschung
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Der Mittvierziger – so recht bestimmen kann man sein Alter nicht, denn die Angaben im Buch differieren – Victor Adams, als Illusionist und nicht etwa nur Zauberkünstler, worauf er Wert legt, ein ums andere ...

Der Mittvierziger – so recht bestimmen kann man sein Alter nicht, denn die Angaben im Buch differieren – Victor Adams, als Illusionist und nicht etwa nur Zauberkünstler, worauf er Wert legt, ein ums andere Mal zu betonen, berühmt und gefeiert, ist unzweifelhaft ein empathieloser Egomane, ein Soziopath, wie ihm von den wenigen Menschen, mit denen er Umgang pflegt bescheinigt wird. Herzlos und geradezu krankhaft den ultimativen Erfolg suchend gleitet er durch sein Leben, von einer Illusion zur nächsten, dieser seiner Sucht alles unterordnend. Bereits als Junge hatte er nur ein Ziel vor Augen, nämlich der Welt berühmtester, bester Illusionist zu werden. Er brauchte, so meinte er, sofern er jemals darüber nachdachte, keine Freunde, seine Familie, die ihn nach anfänglicher Skepsis stets unterstützte auf seinem Weg zum Ruhm, behandelte er grob und gleichgültig, andere vor den Kopf zu stoßen bereitet ihm nicht die geringsten Gewissensbisse. Er maß die Menschen, die das Pech hatten, seinen Weg zu kreuzen, allein an ihrer Nützlichkeit, und hatten sie ihren Zweck erfüllt, ließ er sie fallen. Ganz einfach so, ohne weiter darüber nachzudenken. Ein unsympathischer Zeitgenosse, jemand, den die Welt ebenso wenig braucht, wie er sie, wenn es nicht darum geht, ihm zuzujubeln und zu Füßen zu liegen? Ganz gewiss!
Doch dann geschieht etwas, eigentlich eine bloße Kleinigkeit, eine Nebensächlichkeit, die der Fassade, hinter der er sich verschanzt hatte und derer er sich nicht einmal bewusst war, Risse versetzt und eine Lawine ins Rollen bringt, die nicht mehr aufzuhalten ist und Victors bisheriges Leben in Frage, ja völlig auf den Kopf stellt. Der große Magier Victor Horus, so sein Künstlername, bekommt es mit der Angst zu tun, er sieht Dinge, die nicht da sind, hat unerklärliche Albträume, die sich wiederholen und die er nicht deuten kann. Er spürt, dass Erinnerungen ans Licht wollen, Erinnerungen, die er tief in seinem Inneren vergraben hat, die er festhalten aber gleichzeitig auch verscheuchen möchte, denn Wahrheiten ins Auge zu blicken ist sein Ding nicht! Dafür ist er sehr gut darin, den Kopf in den Sand zu stecken, denn der mutigste ist er nicht.
Als seine langjährige Assistentin Julia während einer seiner scheinbar perfekten Illusionen mitten in einer Vorstellung zwar wie geplant verschwindet, aber dann nicht mehr auftaucht, verliert er mehr und mehr die Kontrolle über sein bisheriges Leben. Besessen von dem Drang zu wissen, wie Julia ihn, den Perfektionisten, dessen Tricks minutiös und bis auf die Sekunde genau geplant sind, getäuscht, ausgetrickst, überlistet hat, geht er auf die Suche nach ihr, die er eigentlich, herz- und gewissenlos, wie er ist, schon seit einer ganzen Weile hatte entsorgen wollen, weil sie, genau wie er selber übrigens, nicht mehr taufrisch war und ihm daher, so meinte er, nichts mehr nützen könnte. Ja, da kann einem schon der Atem stocken! Womit er allerdings nicht gerechnet hatte war, dass die Suche nach seiner verschwundenen Assistentin zu einer Suche nach sich selbst werden würde, nach dem Victor, der er hätte sein können und vielleicht immer noch war, ganz tief unter dem Panzer aus Zynismus und Gefühllosigkeit. Und mit welcher so haarsträubender wie überraschender Erkenntnis er dabei konfrontiert werden wird, soll natürlich nicht vorweggenommen werden! Es lohnt sich unbedingt, es selber herauszufinden.
„Die Täuschung“ ist wahrlich der perfekte Titel für den Roman oder treffender, für den Psychothriller aus der Feder der Autorin Astrid Korten. Gekonnt spielt er mit dem Leser, der ihrer Inszenierung neugierig folgt, immer wieder auf die Folter gespannt, wie Victor, der große Magier höchstselbst, von einer Falle in die nächste tappt, einer Illusion nach der anderen zum Opfer fällt, ohne überhaupt zu merken, dass es sich dabei um eine Falle, respektive eine Illusion handelt. Den Leser im Dunkeln tappen lassen, ganz lange, bis kurz vor dem Ende, ihn regelrecht an der Nase herumzuführen – das kann die Autorin meisterhaft, dabei ihrem unsympathischen Protagonisten, den sie jedoch dankenswerterweise eine Wandlung, einer Läuterung gleich, durchmachen lässt, der während seiner Show dem verzückten Publikum genauso meisterhaft etwas vorgaukelt, was aufgrund gewisser felsenfester physikalischer Gesetze schlichtweg unmöglich ist, in nichts nachstehend. Dazu schafft sie es auch noch, eine ganz und gar unheimliche Atmosphäre über ihrer mehr als rätselhaften, undurchsichtigen Geschichte schweben zu lassen, die, je tiefer der Protagonist in die düsteren Sümpfe seiner eigenen Vergangenheit hineingezogen wird, fast greifbar wird, ja die den Leser sogar mit hineinzieht in einen Strudel von Geschehnissen, die alle einem Ziel dienen – der gänzlich unerwarteten Erkenntnis, dass man, gemeinsam mit dem ehrgeizigen Horus, der doch eigentlich in Punkto Illusionen keine Konkurrenz zu scheuen hat, einer Täuschung vom allerfeinsten aufgesessen ist. Großartig, kann ich da nur sagen! Und nicht einmal die doch recht zahlreichen Unstimmigkeiten in Bezug auf zeitliche Angaben, sowie syntaktische Ungenauigkeiten vermögen den sehr positiven Gesamteindruck zu schmälern!
Abschließend kann ich nur sagen, dass es mich zutiefst erfreut und befriedigt, mit diesem Psychothriller eine Autorin kennengelernt zu haben, die ihr Handwerk versteht, die, wenn ich von dem hier zu besprechenden Werk ausgehe, ohne Gewaltszenen auskommt und die Spannung auf eine Weise erzeugt und durchgehend hält, gar noch ins kaum Erträgliche steigert, dass einem ein kalter Schauer nach dem anderen über den Rücken läuft. Was kann man sich mehr wünschen von einem wirklich guten psychologischen Spannungsroman!

Veröffentlicht am 13.12.2021

Miriams, der letzten Schwester Geschichte

Die Schwestern vom Ku'damm: Ein neuer Morgen
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Meiner Besprechung des vierten und letzten Bandes um „Die Schwestern vom Ku'damm“ möchte ich ein Zitat von Friedrich Nietzsche voranstellen.
„Gut lesen, das heißt langsam, tief-, rück- und vorsichtig, ...

Meiner Besprechung des vierten und letzten Bandes um „Die Schwestern vom Ku'damm“ möchte ich ein Zitat von Friedrich Nietzsche voranstellen.
„Gut lesen, das heißt langsam, tief-, rück- und vorsichtig, mit Hintergedanken, mit offen gelassenen Türen, mit zarten Fingern und Augen lesen“
Und, so füge ich hinzu, man muss ein Buch wie dieses mit dem Herzen lesen, muss sich einfühlen in die Figuren, um sie in ihrer ganzen Vielschichtigkeit zu begreifen. Und dann geschieht mitunter etwas, das nur wirklich gute Bücher vermögen: die fiktiven Gestalten bekommen nicht nur Gesichter, sondern werden real, steigen aus ihren Geschichten heraus, werden gleichsam zu lieben Bekannten, zu Freunden gar, begleiten ihre Leser durch ihren Alltag und bleiben auch noch lange nach beendeter Lektüre bei ihnen.
„Ein neuer Morgen“ ist Miriam gewidmet, inzwischen Chefdesignerin im familieneigenen Modekaufhaus, auch sie eine der Thalheim Schwestern, der Beziehung Friedrich Thalheims mit der begabten Jüdin Ruth Sternheim entstammend, erst spät von dem eigenwilligen und, so wie ich ihn kennengelernt habe, schwierigen und kantigen Patriarchen als leibliche Tochter anerkannt – mit Freuden, so muss man freilich anerkennen! Und so gehören weite Teile von Miriams Geschichte ganz ihr, haben keine Überschneidungen mit der Familiengeschichte, die die drei anderen Töchter teilen, und werden dem Leser, der die Vorgängerbände kennt, erst jetzt, in Miriams Geschichte, enthüllt. Und was er da erfährt über die stille, freundliche Miriam mit der außergewöhnlichen, von der Mutter geerbten, Begabung für Mode und deren Erschaffen, ist erschütternd und wahrhaft berührend! Miri nämlich, inzwischen längst glücklich mit dem liebenswürdigen österreichischen Gastronomen Schani verheiratet, der ihretwegen zum Judentum übergetreten ist, Adoptivmutter der mittlerweile heftig pubertierenden Jenny und leibliche Mutter der kleinen Lilly, die so unvermutet ins Leben ihrer nicht mehr jungen Eltern geschneit ist und für einigen Wirbel in der nun vierköpfigen Familie sorgt, lebte in den letzten drei Kriegsjahren nach der Verhaftung und Ermordung ihrer Mutter im Berliner Untergrund, immer in Todesangst vor den Nazi-Häschern, ständig auf der Hut, hatte aber das Glück, immer wieder mutigen und anständigen Menschen zu begegnen, die ihr halfen, die sie versteckten und ihr damit das Leben retteten.
Miris Rückblenden durchziehen den gesamten Roman – und dass sie nun, mehr als zwanzig Jahre später, bereit ist, über das, was sie durchleben und durchleiden musste, zu sprechen und damit unbewusst genau das tat, was man heute als Traumabewältigung bezeichnet, mag mehrere Ursachen haben. Für uns Leser aber sind Miris Erzählungen – Streiflichtern gleich -, mit denen sie uns auf eine Reise mitnimmt in die Vergangenheit, in die dunkelste Epoche der jüngeren deutschen Geschichte, immer einen Anlass habend, der Erinnerungen aufkommen lässt, die unbedingt ans Licht des Tages wollen, wichtig, um die vielleicht sympathischste und bescheidenste der Thalheim Schwestern in all ihren Facetten kennenzulernen. In dem Maße, wie Miri diese unbekannten Jahre ihres Lebens aus dem Dunkel des Vergessens, oder besser des Verschließens, ans Licht kommen lässt, wie die schmerzvollen Erinnerungen endlich selbst mit Macht nach draußen drängen, nähert sich die Vergangenheit der Gegenwart an, verknüpft sich schließlich mit ihr und gibt ein Gesamtbild von Miriam. Wer da meint, er könne die Vergangenheit abstreifen wie einen alten Handschuh, unterliegt einem Trugschluss. Alles was Miriam – und das gilt für jeden von uns – in ihrem Leben erlebt hat, das Gute wie das Böse, hat sie geprägt, sie zu dem Menschen gemacht, der sie heute ist und in der Zukunft sein wird.
Dankbar ist man als Leser stets aufs Neue für die Atempausen, die uns gewährt werden, wenn Miri aus ihren die Seele berührenden Erinnerungen wieder ins Hier und Heute zurückkehrt, das gerade für sie seine ganz eigenen Herausforderungen bereithält und in dem sich unverhofft Dinge ereignen, die gar ihr bisheriges Leben, ihre Beziehung zu Schani in Frage zu stellen drohen, in dem es gilt, einen kühlen Kopf zu bewahren und kluge Entscheidungen zu treffen, für sich selbst und für die Ihren.
Ja, es ist Miris Geschichte, die wir in diesem mitreißenden Buch erfahren, aber fast von Beginn an sind auch die übrigen Thalheims und die ihnen Zugehörigen mit an Bord, die man so gut kennengelernt hat in den ersten drei Bänden, allen voran die drei Schwestern, Protagonistinnen ihrer jeweils eigenen Geschichten: die vernünftige Rieke, einstmals Retterin des Modekaufhauses Thalheim, das nunmehr, im Jahre 1965, kaum wiederzuerkennen ist und sein Gesicht bis zum Jahr 1972, das das Ende der Saga darstellt, noch mehrere Male ändern wird, immer mit der Zeit gehend, um konkurrenzfähig zu bleiben. Silvie, die ehemalige Rundfunksprecherin, die mittlerweile mit Begeisterung und Kreativität ihre Buchhandlung führt und schließlich die Künstlerin und Nonkonformistin Flori, das Nesthäkchen der Thalheims. Sie haben sich weiterentwickelt, sind natürlich älter geworden, ihre eigenen Kinder wachsen heran, ihrerseits bald bereit, den Sprung ins Leben zu wagen, voller Selbstbewusstsein und Neugierde auf das, was dieses für sie bereit halten mag.
Gerade in den 60er Jahren tut sich viel, finden allenthalben Veränderungen statt; die meisten Thalheims gehen mit, bleiben nicht dem Gestern verhaftet, stellen sich den neuen Herausforderungen. Alle bis auf Friedrich Thalheim, was niemanden, der ihm in den Vorgängerbänden begegnet ist, verwundert. Ewig gestrig, ewig skeptisch macht ihn das Neue, das da auf ihn zurollt, Angst; er ist gefangen in sich selbst, ein Konservativer vom Scheitel bis zur Sohle. Und auch wenn er milder geworden ist, sentimentaler, wie das bei alten Menschen oft der Fall ist, sind einige seiner Entscheidungen schlicht und einfach töricht, wie der Leser ein wenig konsterniert feststellen wird. Für Überraschungen war er halt schon immer gut, der eigenmächtige Patriarch seiner immer zahlreicher werdenden Familie!
Und zum Schluss meiner Gedanken noch einige Anmerkungen zu der zweiten Hälfte der 60er Jahre, in der die Handlung des Miriam gewidmeten Bandes vorwiegend angesiedelt ist, gleichzeitig des Bandes, der für mich der wohl wichtigste des Vierteilers ist, sind diese Jahre doch Teil meiner eigenen Geschichte, meines eigenen Erwachsenwerdens, bewusst selbst erlebt, als Zeitzeugin, wenn man so möchte. Mit dem Aufblühen der 68er-Bewegung, der APO und ihrer Galionsfiguren machte sich eine junge, respektlose und idealistische Generation daran, aufzuräumen mit dem Filz und Muff der vergangenen Jahrzehnte. Dazu gehörte ein Sichauflehnen, lautstarke Demonstrationen mit rhetorisch brillanten Wortführern. Einige fatale Auswüchse waren nicht unbedingt vorhersehbar oder wurden zu lange nicht ernst genommen und waren ganz sicher so, wie sie sich dann manifestierten, nicht gewollt, nicht im Sinne der Erneuerer. Indem Brigitte Riebe wichtige, inzwischen bereits historische Ereignisse wie den alles ins Rollen bringenden, stark umstrittenen Schah-Besuch in Berlin in ihre Geschichte einbaut, verleiht sie dem Roman eine überzeugende Authentizität. Und trotz der fiktiven Handlung erscheint mir keines der vier Bücher um die Thalheim Schwestern so nahe an der Realität, so echt, so fassbar, wie dieses hier, das ich in all seiner Buntheit und Vielfalt, mit seinen größeren und kleineren Begebenheiten und mitsamt auch des kleinsten, aber immer fein gezeichneten Nebencharakters ganz sicher lange, lange im Gedächtnis bewahren werde.
Mit „Ein neuer Morgen“ ist die Ku'damm-Saga nun abgeschlossen. Und das ist in Ordnung, denn es ist folgerichtig. Brigitte Riebe hat die Weisheit beherzigt, dann aufzuhören, wenn es am schönsten ist und überlässt ihre Charaktere und deren künftiges Schicksal nun der Phantasie des Lesers. Die Thalheim Schwestern und ihre Kinder sind auf einem guten Weg, stark genug, das Leben mit all seinen Herausforderungen und Unwägbarkeiten zu meistern, dabei auch mal durch Talsohlen zu gehen, denn auch diese gehören zum Leben. Die Generationen, die da nachfolgen, tragen das Erbe derer in sich, die vor ihnen waren, auch lange vor ihnen, die aber, so bleibt zu hoffen, in ihrer Erinnerung weiterleben werden – so wie Ruth Sternberg in Miriam, um unserer wunderbaren Hauptperson meinen Schlussgedanken zu widmen!

Veröffentlicht am 02.12.2021

Eine spannende Geschichtsstunde

Der weiße Panther (Lemke-von Stain-Serie 2)
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Die Viermächtestadt Berlin im Jahre 1958: Der junge Kriminalassistent und ehemalige Laternenanzünder – bis es diesen Beruf nicht mehr gab -, Fred Lemke aus dem märkischen Buckow ist ganz gewiss einer der ...

Die Viermächtestadt Berlin im Jahre 1958: Der junge Kriminalassistent und ehemalige Laternenanzünder – bis es diesen Beruf nicht mehr gab -, Fred Lemke aus dem märkischen Buckow ist ganz gewiss einer der ungewöhnlichsten und sympathischsten Ermittler, der mir in meiner langen Laufbahn als passionierte Krimileserin je begegnet ist! Nicht nur geht er mit großem Engagement und Ernsthaftigkeit seinen zweiten Fall seiner noch sehr frischen Karriere an, sondern es fehlt ihm erfreulicherweise auch jegliche Abgeklärtheit und Emotionslosigkeit, die die meisten seiner Kollegen an den Tag legen. Er kann sich einfühlen in die unterschiedlichsten Menschen, die ihm im Zuge seiner Ermittlungen in dem Mordfall des Barmixers Gottfried begegnen, lässt sich berühren von dem Schicksal der Gebeutelten, denen, die auf der Schattenseite stehen, und kann andererseits auch gehörige Wut verspüren auf die Täter, diejenigen, die Dreck am Stecken haben und, wenn nötig, über Leichen gehen. Obwohl man sich wünschen möchte, dass Fred diese seine Empathiefähigkeit behält, die ihn so unverwechselbar, so menschlich macht und die Menschen dazu bringt, ihm Vertrauen zu schenken, sorgt man sich doch, ob er das durchhalten kann.
Der Fall, mit dem es Fred zu tun hat, ist zwar in wenigen Tagen aufgeklärt, soweit Aufklärung möglich und zulässig ist in dem Milieu und unter den Umständen, in und unter denen sich der Mord, der mit einer sehr ungewöhnlichen Waffe, einer Armbrust nämlich, ausgeführt wurde, zugetragen hat, aber während dieser Tage reibt sich der noch unerfahrene, aber intuitiv immer folgerichtig handelnde Kriminalassistent in Probezeit völlig auf und kommt so gut wie gar nicht zum dringend notwendigen Schlaf. Was treibt ihn an, den heimatlosen, ein bescheidenes und stark reduziertes Leben führenden Fred? Die Antwort kann man bald zwischen den Zeilen lesen: Schuldgefühle wegen eigenem – vermeintlichen! - Versagen in der Vergangenheit und ein übermächtiges Verlangen nach Gerechtigkeit. Den Toten, deren Mörder er eben jener Gerechtigkeit zuführen möchte, gibt er damit ihre Würde, die man ihnen durch ihr gewaltsames Ableben genommen hat, zurück. So sein Credo.
Doch je weiter Freds Wahrheitssuche voranschreitet, auf die er sich gemeinsam mit der ihm zur Seite gestellten Ellen von Stain, eine so schillernde wie undurchsichtige Persönlichkeit und Ermittlerin mit Sonderstatus, was immer das auch bedeuten soll – sowohl Fred als auch der Leser bekommen darauf keine schlüssige Antwort -, begibt, umso komplizierter gestaltet sie sich. Fred und von Stain wird alsbald klar, dass sie sich auf eine gefährliche Sache eingelassen haben, dass der Mord an dem Barmixer eingebettet ist in einen weitaus größeren Kontext, als zu Beginn der Ermittlungen zu vermuten war!
Und hier kommen wir direkt zu der Realität der Viermächtestadt Berlin im Jahre 1958, einer Realität, von der der Normalbürger, der entweder begann, sich an dem beginnenden Wirtschaftswunder zu erfreuen oder aber, wenn er zu den weniger Glücklichen gehörte – und von diesen gibt es hier im Roman eine ganze Menge! - und in heruntergekommenen Wohnungen hauste und ums tägliche Überleben kämpfen musste, keine Ahnung hatte. Das Berlin dieser Zeit, so bekommt man rasch mit, gehörte mitnichten den Berlinern! Die Gesetze wurden von den vier Mächten gemacht, und die drei Westmächte und die Sowjets, die den Ostteil der Stadt nach ihrem Vorbild umgestaltet hatten, waren sich alles andere als grün. Die Geheimdienste hatten hüben wie drüben Hochsaison – und wie gefährlich es werden kann, wenn man ihnen ins Gehege kommt oder gar zu deren Zielscheibe wird, erfahren Fred und von Stain sehr bald.
Mit Geschick, den unvermeidlichen und noch weniger verzichtbaren Beziehungen und vor allem einem eifrigen Schutzengel entkommen sie nicht nur einer brenzligen Situation und nähern sich schließlich der Wahrheit an, die so unglaublich wie unerwartet ist – und dies nicht nur, was den ursprünglich aufzuklärenden Mord anbelangt. Denn da gibt es schließlich auch noch den titelgebenden weißen Panther, hinter dem sich der Nachtclubbesitzer Harry Renner verbirgt, der Arbeitgeber des ermordeten Barmixers Gottfried, ein Mann mit vielen Gesichtern und einer undurchsichtigen Vergangenheit. Eine eindrucksvolle Figur in einem nicht weniger beeindruckenden Krimi, der so authentisch eine Zeit auferstehen lässt, in der Vergangenheit und Gegenwart aufeinanderprallen, um eine neue Zukunft entstehen zu lassen.
Als spannende Geschichtsstunde habe ich meine Besprechung überschrieben – und genau dies ist dieser historische Kriminalroman für mich, die ich dem öden Geschichtsunterricht zu seligen Schulzeiten nie etwas abgewinnen konnte. Der Autor mit dem Pseudonym Leonard Bell jedoch hat mich mitgerissen mit seiner perfekt erzählten, perfekt aufgebauten, mit sehr glaubwürdigen Charakteren besiedelten Geschichte und mich auf seinen 441 Seiten, gelesen in wenigen Tagen, mehr gelehrt über die facettenreiche Nachkriegsgeschichte der geteilten Stadt Berlin als die Schule, in der man angeblich fürs Leben lernt (was ein Schmarrn!), je vermocht hatte. Und obwohl ich mich im allgemeinen mit Serienkrimis nicht anfreunden mag, wäre es mir diesmal und ausnahmsweise eine Freude, gerade Fred Lemke, der eben erst begonnen hat, das Leben und mit ihm das Lebensgefühl, das der Rockn' Roll symbolisiert, für sich zu entdecken, wiederzubegegnen. Die Figur hat Potential, wie auch Lemkes Mitspieler, allesamt spannende Charaktere, ob sympathisch oder genau das Gegenteil oder irgendetwas dazwischen, und so unterschiedlich wie im wahren Leben!