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Nilchen

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Veröffentlicht am 29.01.2022

Wenn die Eltern einen verkaufen…

Das verlorene Paradies
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Als im vergangene Jahr 2021 der Nobelpreisträger Abdulrazak Gurnah verkündet wurde, war hierzulande erst einmal keine große Resonanz, da ja, oh Schreck!, der Roman „out of print“ war. Es gab zwar 1998 ...

Als im vergangene Jahr 2021 der Nobelpreisträger Abdulrazak Gurnah verkündet wurde, war hierzulande erst einmal keine große Resonanz, da ja, oh Schreck!, der Roman „out of print“ war. Es gab zwar 1998 eine deutsche Übersetzung von Inge Leipold, aber das Buch war vergriffen und keine neue Auflage in Planung, obwohl der Roman auch schon mal auf der Shortlist des Booker Preises (90er Jahre) stand. Zum Glück gibt es nun eine neu gesichtete Version des Romans um ein sehr hilfreiches Glossar am Ende erweitert.
‚Das verlorene Paradies‘ spielt zum Ende des 19. Jahrhunderts auf Sansibar und zieht sich im Laufe der Geschichte bis hinunter nach Mosambik. Hier auf Sansibar, wo auch der Autor 1948 geboren wurde, beginnt die Geschichte. Dem Paradies?
Im Mittelpunkt steht der Junge Yusuf, der aus der Armut heraus von seinem Vater an den fliegenden Händler Aziz verkauft wird. Die Familie, die ein 4-Bett Hotel betreibt kann seine Schulden nicht mehr begleichen und gibt den Jungen fort. Dem 12jährigen wird das erst nach geraumer Zeit deutlich. Er wird zum Diener, zur Aushilfe und befreundet sich mit Kalil, einem anderen Junge.
Der Roman strotz nur so von rassistischer Übergriffigkeit, ist allseits überzeichnet und deckt auf, dass es egal ist wer, wenn nieder macht, es ist immer ein Angriff. Hier im Roman wird das anhand der historischen Situation schön demonstriert durch die Gemengelage an kolonialen Eroberern (vor allem im Roman die Deutschen), sowie indische Händler und die arabischen Sultane aus dem Oman, die zuvor die Vorherrschaft innen hatten.
Der Roman lebt von dieser multikulturellen, multiperspektivischen Verschachtelung. Gelungen ist aus meiner Sicht, dass hier zwar eine Geschichte erzählt wird, aber zugleich auch ein historischer Blick auf die Gemengelage an Kindersklaverei, an Kolonialismus, an Rassismus. Sehr gelungen und das noch mit Figuren, die trotz der ständigen Ausbeutung und Unterdrückung den Lebensmut und den humorvollen Sarkasmus nicht verlieren.
Die Deutung über den Roman und die Parallelen zur Bibel hätte ich ohne einen Hinweis nicht erkannt. Hier wird wohl die Geschichte Genesis parallel stark erzählt, obwohl der Roman durch die arabische Vorherrschaft Suren des Korans vorherrschen. Mit diesem Wissen im Hinterkopf liest es sich noch einmal etwas anders und der Titel rückt stärker in den Fokus: Paradies!
Fazit: Egalitäre Sehnsüchte und Wünsche, darin sind wir Erdenbürger uns zu jeder Zeit gleich – eine zeitlose Feststellung.

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Veröffentlicht am 24.01.2022

Schönes Material für die Kleinsten

Wieso? Weshalb? Warum? junior AKTIV: Unsere Natur
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Wieso? Weshalb? Warum? ist eine Marke aus dem Haus Ravensburger, die alle Eltern kennen und schätzen. Meine Kinder hatten viele der Junior-Bücher und dann die großen regulären Bände. Außerdem schätzen ...

Wieso? Weshalb? Warum? ist eine Marke aus dem Haus Ravensburger, die alle Eltern kennen und schätzen. Meine Kinder hatten viele der Junior-Bücher und dann die großen regulären Bände. Außerdem schätzen wir die tollen Hefte zur Bearbeitung als Erweiterung zu den Büchern. Immer ein großer Spaß.
Und nun gibt es praktisch die Vorstufe zu dem existierenden Material. Die neue Junior Aktiv Reihe für 2-4 Jahre. Es sind Verbrauchsmaterial-Hefte in denen die Kleinsten Malen, Basteln und Rätseln. Hört sich schwierig an, ist aber großartig einfach umgesetzt. Denn das Heft hat immer den gleichen Aufbau. Linke Seite schauen und rechte Seite Malen, Ausschneiden usw… Hier ist mir persönlich nur aufgefallen, dass haptisch hier klar auf Kinder fokussiert ist, die eine Affinität der rechten Hand haben.
Hier im Heft: „Unsere Natur“ werden spielerisch wirklich nur sehr wenige Inhalte vermittelt. Der Fokus liegt aus meiner Sicht auf dem spielerischen Entdecken und Ausprobieren von Schere und anfängliches Ausmalen. Hier mal ein Eichhörnchen, dort mal ein Wald, aber genau richtig. Hier findet thematisch keine Überfrachtung statt.

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Veröffentlicht am 19.01.2022

Ein literarisch wertvoller Psycho-Irrgarten!

Die Rache ist mein
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Marie NDiaye reißt mit diesem heiß diskutierten und hochgelobten Roman in Frankreich viele Themen von nationaler Bedeutung an.
Zunächst einmal spielt ihr neuer Roman ‚ Die Rache ist mein‘ in Bordeaux, ...

Marie NDiaye reißt mit diesem heiß diskutierten und hochgelobten Roman in Frankreich viele Themen von nationaler Bedeutung an.
Zunächst einmal spielt ihr neuer Roman ‚ Die Rache ist mein‘ in Bordeaux, eine Stadt die in einer verschütteten Vergangenheit ein Zentrum des Sklavenhandels war und nun das Zuhause einer gut situierte Mittel und Obersicht ist. Da spricht schon der Titel Bände, oder? Marie NDiaye legt gerne den Finger in die Wunde und referiert in einem Nebenstrang zum Thema, indem die Protagonistin eine aus Mauritius stammende Haushaltshilfe ohne Papiere einstellt. Einer der einzigen moralisch gesetzten Handlungen der Maîre Susane ihres Zeichens Anwältin, die sich aus der Arbeiterklasse emporarbeitet. Auch das ein Sujet des Romans, dass in Frankreich oft literarisch aufgearbeitet wird: die Herrschaftsverhältnisse klar benennen, die Abgrenzung zueinander und vor allem hier die Reibung derer die den sozialen Aufstieg schafften und sich ständig selbst in Frage stellen.
Liest man den Klappentext bekommt man eher die Kernbotschaft des Handlungsstranges, denn Maîre Susane wird von einem ihr bekannt vorkommenden Mann aufgesucht und gebeten seine Frau zu verteidigen, die ihre gemeinsamen drei Kinder umbrachte. Hier wird es dann literarisch interessant, denn dieser Roman ist auch ein Diskurs der Moral und der Umgang mit Trauer. Außerdem wühlt dieser Fall in Maîre Susane eigener Vergangenheit. Es gibt diese Andeutung, dass dieser Mann, Principaux und sie sich bereits begegneten als sie 10 Jahre alt war und das zu einer Verdrängung ihrerseits führte.
Vielschichtig geschrieben und immer mit dem verwirrenden Gefühl bei Leserschaft, dass hier entweder nur Gedanken verfolgt werden, wirr und ohne Gewissheit. Es gibt einfach keinen Erzähler dem vertraut werden kann. Hier liegt beständig Irritation in der Luft.
Neben diesem komplexen Plot sind sprachlich einzelne feine Nuancierungen gesetzt, wie an einigen Stellen das immer und immer wieder genutzte ABER als Relativierung zu dieser grausamen Tat, wenn die Mutter zu Wort kommt. Marie NDiaye schreibt insgesamt überzeugend und zog mich zumindest in der ersten Hälfte des Romans komplett in seinen Bann, danach nahm die lesende Verwirrung zu, nichtdestotrotz super gut geschrieben.
Fazit: Es bleibt immer diese eine Frage beim Lesen im Hinterkopf: „Ist es so?“ Wer das aushält, sollte diesen Roman lesen.

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Veröffentlicht am 10.12.2021

Schöner Krieg?

Der Schattenkönig
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Kann man einen Krieg positiv beleuchten? Nein, ein Krieg ist nie etwas Schönes, aber es gibt Passagen in diesem Roman die einem diesen Eindruck vermitteln! Solche Fragen gingen mir bei dem Lesen des Romans ...

Kann man einen Krieg positiv beleuchten? Nein, ein Krieg ist nie etwas Schönes, aber es gibt Passagen in diesem Roman die einem diesen Eindruck vermitteln! Solche Fragen gingen mir bei dem Lesen des Romans ‚Der Schattenkönig‘ durch den Kopf. Es ist der zweite Roman von Maaza Mengiste. Schattenkönig ist sogar für den Booker Prize in 2020 nominiert gewesen worüber es meine Aufmerksamkeit bekam.
Erst einmal zu Maaza Mengiste, denn aus meiner Sicht macht der Hintergrund der Autorin viel aus für den Roman. Sie ist in im heutigen Äthiopien geboren und floh mit ihren Eltern als sie 4 Jahre alt nach dem Sturz von Haile Selassie, des letzten sagenumwogenen Kaisers Abessiniens (Gebiet des heutigen Äthiopien und Eritrea). Sie verbrachte die jüngsten Jahre in Lagos, Nigeria, Kenia bis sie letztendlich in die USA ging und dort Kreatives Schreiben studierte und nun publiziert.
Dieser Roman beschäftigt sich mit dem Abessinienkrieg, eine Zeit, in der Haile Selassie in London im Exil verweile und vor Ort der Krieg tobte. Wichtig ist, dass dieser Roman in keinsterweise eine gute Quelle ist um sich über diesen Krieg zu informieren. Ganz im Gegenteil, man sollte die Fakten vorher parat haben oder sich parallel ein Bild vom historischen Abriss machen, sonst läuft man Gefahr sich zu verheddern oder Fiktion mit Realität zu verwechseln.
Im Kern geht es um eine Doppelgängerfigur. Ein Double des emigrierten Königs heizt seine Rebellen auf und sie folgen ihrem Herren um zu kämpfen. Ein zweiter Mythos, den sie aufgreift sind die Kriegerinnen, die hier eine große Rolle gespielt haben sollen. Diese Szenen wirken fast glorifizierend sobald eine Frau auf der Leinwand erscheint.
Alles in allem nicht leicht wegen der vielen komplexe Beziehung, da das Personenkabinett sehr umfangreich ist und die Strömungen vielschichtig durch diesen letzten kolonialistischen Feldzug Italiens. Der Roman zeichnet starke Bilder, die einen in den Bann ziehen können, wenn man sie lässt.

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Veröffentlicht am 06.12.2021

Ist das eine Gesellschaftsnorm oder wann das weg?

Ist das verboten oder darf ich das?
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Der Buchtitel samt Cover hat bei meinen Kindern schon mal reges Interesse hervorgerufen und mich zum Schmunzeln gebracht bei ‚Ist das verboten oder DARF ICH DAS? Eine fröhliche Anregung zum Regelbrechen‘. ...

Der Buchtitel samt Cover hat bei meinen Kindern schon mal reges Interesse hervorgerufen und mich zum Schmunzeln gebracht bei ‚Ist das verboten oder DARF ICH DAS? Eine fröhliche Anregung zum Regelbrechen‘. Da hat sich Adrienne Friedlaender auf jeden Fall einen Hingucker-Titel überlegt! Und recht hat sie!
Es gibt gefühlt momentan zwei verbitterte Lager, die einen nehmen jede Regel, jedes Gebaren als unantastbar und muss, koste was es wolle, befolgt werden. Diesen Pedanten steht eine Gruppe gegenüber denen alles sehr egal ist und gefühlt kennen sie keinerlei Regeln des zwischenmenschlichen Benehemens.
Nun Adrienne Friedlaender hat sich mit den all den gesellschaftlichen Normen beschäftigt und versucht etwas Leichtigkeit mit diesem humorvollen Text zu verbreiten.
Das Buch ist thematisch sortiert und hier mal ein Vorgeschmack um was es in den ersten 5 Sektionen geht: (a) Das tut man/frau doch nicht!, (b) Tabu, Schlechtes Benehmen…?, (C) Warum Frauen nicht Ski fahren können, (d) Kinder müssen draußen bleiben! Ein Tabu?, ( e) „Habt ihr noch Sex oder spielt ihr schon Golf?“ und 9 weitere Kapitel und Themen.
In diesen witzig betitelten Kapiteln geht es inhaltlich aber auch ans ernstgemeinte Eingemachte. Es kommt die Ehe genauso vor wie die Trauer, Muttersein und Familie, aber auch Krankheiten finden ihren Platz.
Fazit: Nette Unterhaltung, die mit einem Augenzwinkern gelesen werden sollte und regt zum reflektieren ein was eigentlich MUSS ist und was KANN sein sollte!

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