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Veröffentlicht am 15.09.2016

Stinmiger Kiezkrimi

Blaue Nacht
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Die Hamburger Staatsanwältin Chastity Riley (der Name ist etwas gewöhnungsbedürftig) hat sich durch interne Ermittlungen nicht grade beliebt gemacht. Das wirkt sich auch auf ihre bisher makellose Karriere ...

Die Hamburger Staatsanwältin Chastity Riley (der Name ist etwas gewöhnungsbedürftig) hat sich durch interne Ermittlungen nicht grade beliebt gemacht. Das wirkt sich auch auf ihre bisher makellose Karriere aus, sie wurde zur Opferanwältin „befördert“ und aus den aktuellen Ermittlungen ausgeschlossen. Ihr neuester Klient ist ein Opfer, das mit fast keinem heilen Knochen im Leib in der Klinik liegt. Sie soll in bewachen und im besten Fall zum sprechen bringen.
Es ist die Ironie des Schicksals, das ausgerechnet dieser Mann Riley auf die Spur einer lang gesuchten und aalglatten Kiezgröße führt, den die Kollegen schon lange vergebens jagen.
Ich kannte die Reihe um Chastity Riley bisher nicht, aber die kurzen Rückblenden und aus den Dialogen der Personen kann man genug erfahren um nahtlos in das Geschehen einzusteigen. Chastity fällt nicht nur durch ihren Namen aus der Reihe, es ist ihre ganz eigene Art zu ermitteln. Schnoddrig, sozusagen Herz mit Schnauze, kann sie sich immer auf ihren großen Freundeskreis verlassen, der bis ins Milieu reicht, in dem sie genauso zu Hause ist, wie auf den Gerichtsfluren. Dieser Stil war anfangs für mich etwas gewöhnungsbedürftig - kurze knappe Sätze, Dialoge wie aus der Pistole geschossen - aber das alles passt zu ihr. Sie ist eine starke, taffe Frau, hat aber auch eine emotionale und verletzliche Seite, ist immer menschlich und mitfühlend, das hat mich schnell für sie eingenommen.
Wenn man den Hamburger Kiez kennt, diese Szene mag, kann man in diesen besonderen Krimi richtig eintauchen, die Atmosphäre ist toll getroffen, ohne in Sozialkitsch abzudriften. Auch die Mischung aus Verletzlichkeit und Härte machen Chastity real.
Ein wirklich spannender Krimi, der tiefer geht, gesellschaftliche Schwachstellen einbezieht und von der ersten Seite an bestens und niveauvoll unterhält.

Veröffentlicht am 18.12.2021

Eislauf-Mord

Mord auf dem Eis
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Schon die Gestaltung des Buches weist auf die Zeit in der Beate Malys historische Krimis spielen. Reinstes Art Déco auf dem Umschlag und die passende Schrift bei Titel und Kapitelüberschriften. Da macht ...

Schon die Gestaltung des Buches weist auf die Zeit in der Beate Malys historische Krimis spielen. Reinstes Art Déco auf dem Umschlag und die passende Schrift bei Titel und Kapitelüberschriften. Da macht es gleich besondere Freude, das Buch aufzuschlagen.

Wieder lässt die Autorin ihr Ermittlerpaar Anton und Ernestine auftreten. Antons Enkelin trainiert fast täglich auf der Eisbahn und natürlich lassen es sich die beiden nicht nehmen, ebenfalls viel Zeit dort zu verbringen. Aber als eine junge Eiskunstläuferin ermordet wird, gibt es für Ernestine kein Halten mehr. Natürlich muss sie ihre Nase in den Fall stecken, auch wenn Antons Schwiegersohn als Kriminalkommissar davon nichts hält.

Ich kenne schon ein – zwei Folgen aus der erfolgreichen Serie der Autorin und weiß daher, was mich erwartet: ein gemütlicher Krimi mit einer Wiener Miss Marple und ihrem Verehrer Anton Koch als Mr Stringer an ihrer Seite. Dazu kommt immer viel Wissenswertes über die Schauplätze und ihre Geschichte, also genau richtig für einen grauen Wintertag.

Beate Maly schreibt sehr unterhaltsam und Setting und Zeit bei diesem Krimi passen ganz hervorragend in die Adventszeit und haben mich nicht enttäuscht. Auch wenn mir schon sehr früh klar war, in welche Richtung sich der Krimi entwickeln wird, hat das die Unterhaltung nicht geschmälert. Sehr gut gefiel mir, dass die Autorin die Probleme ihres Kommissars, der immer deutlicheren antijüdischen Ressentiments ausgesetzt ist, so passend in ihre Geschichte eingebettet hat. Damit wird auch die andere Seite der 20ger Jahre sichtbar, die Armut der einfachen Leute, die schlimme Wohnsituation, die sich erst allmählich durch die Gemeindebauten bessern wird und der immer im Hintergrund lauernde Antisemitismus.

Ihre Figuren – allen voran natürlich Ernestine und Anton – sind liebenswert gezeichnet und man lässt sich gern in die Nebenhandlungen ziehen. Trotzdem habe ich dieses Mal ein klein wenig den Pep vermisst, ein bisschen mehr an Spannung hätte mir gut gefallen.

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Veröffentlicht am 12.12.2021

Winterlicher Schwedenkrimi

Schwedische Familienbande
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Statt der gewünschten Stelle als Domkaplan sieht sich Pfarrer Samuel Williams ins nördliche Schweden, ins Örtchen Klockvarvik versetzt. Als er in der Adventszeit im tief verschneiten Ort ankommt, macht ...

Statt der gewünschten Stelle als Domkaplan sieht sich Pfarrer Samuel Williams ins nördliche Schweden, ins Örtchen Klockvarvik versetzt. Als er in der Adventszeit im tief verschneiten Ort ankommt, macht er gleich eine schreckliche Entdeckung: an einem Kreuz auf dem Friedhof findet er eine Leiche. So hat er sich seinen Dienstbeginn nicht vorgestellt.

Der jungen Polizistin Maja-Sofia Rantatalo passt die Einmischung des Pfarrers in ihre Ermittlungsarbeit überhaupt nicht, obwohl sie zugeben muss, dass er ihr manchmal einen Schritt voraus ist. Der anfängliche Widerwille wandelt sich bald in eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Vor allem, da Pfarrer Williams durch seine Gemeindemitgliederviel über familiäre Hintergründe erfährt.

Der schwedische Krimi mit weihnachtlichen Bezügen ist ganz klassisch aufgebaut. Wir haben einen Kirchenmann als neugierigen Schnüffler und eine junge Polizistin, die eigenwillig die Vorgaben ihrer Vorgesetzten interpretiert. Die ist wiederum die ganz typische bornierte Chefin, die außer ihren Vorverurteilungen keine andere Meinung akzeptiert und im „Dorfdeppen“ sofort den Täter ausmacht. Genau deshalb fühlt sich Pfarrer Williams auch zur Einmischung berufen.

Marianne Cedervall hat einen passenden, klassischen Stil für den Krimi gewählt, trotzdem bleibt die Geschichte sehr spannend und durch die menschlichen Tragödien auch tiefgründig.

Wie ein Roter Faden ziehen sich die Zwiegespräche von Pfarrer Williams mit seinem „Boss“ durch die Handlung, was mich ein wenig an den unsterblichen Don Camillo erinnerte. Dieser schwedische Krimi ist so ganz anders als düsteren und harten Skandinavien-Krimis sonst und erinnerten mich eher an die Bücher der schwedischen Autorin Maria Lang, die sogar einmal zitiert wird.

Der Fall wird noch vor dem Weihnachtsfest sehr schlüssig aufgelöst und es gelingt der Autorin mit einem kleinen Cliffhanger die Neugierde auf eine Fortsetzung hoch zu halten.

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Veröffentlicht am 19.11.2021

Ein Paradies mit dunklen Flecken

Bretonische Idylle
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Eine Leiche wird in Concarneau angespült, ein bekannter Schafszüchter und Großgrundbesitzer von der Belle-Île. Das bedeutet wieder die ungeliebten Bootsfahrten für Dupin. Aber die Insel ist schon etwas ...

Eine Leiche wird in Concarneau angespült, ein bekannter Schafszüchter und Großgrundbesitzer von der Belle-Île. Das bedeutet wieder die ungeliebten Bootsfahrten für Dupin. Aber die Insel ist schon etwas Besonderes. Dupin kann sich ihrem Zauber nicht entziehen, das hochsommerliche heiße Wetter taucht die Insel und das Meer in ein ganz besonderes Licht, die Farbspiele sind betörend, so dass sich Dupin fast darin verliert. Aber Dank reichlich Petit Cafés kommt er noch rechtzeitig in der Wirklichkeit an.

Der Tote war wohl der meistgehasste Mann der Insel, krankhaft geizig und boshaft war es nur sehr schwer mit ihm auszukommen. Seine Angestellten, seine Ex-Frau, seine Mieter wissen alle ein Lied davon zu singen. Aber selbst wenn in der Bretagne die Uhren anders gehen, die Alibis von Dupins Verdächtigen sind erstmal hieb- und stichfest.

Ich habe die ersten Bände von Bannalecs Krimis – auch wenn das Pseudonym nun gelüftet ist, bleibe ich bei dem Namen – verschlungen und sie haben mich zu Reisen in die Bretagne verführt. Dann habe ich eine Pause eingelegt und nun beim zehnten Band wieder einmal zugeschlagen. Der Autor hat eine unnachahmliche Art in die Landschaft einzutauchen und seine Beschreibungen der Licht- und Farbspiele der Insel sind wunderschön.

Der Krimi entwickelt sich ganz routiniert, die Rollen von Dupins Mitarbeiter sind festgelegt, man weiß, wie Kadeg tickt und was Nolwenn alles ans Licht bringt. Dazwischen gibt es den regelmäßigen Koffein-Notstand von Dupin und seine Entdeckung toller Restaurants und Bars, wo er seinen Durst und Hunger stillen kann. Wie meist, wirkt Dupin ein wenig hektisch und seine Zustände, wenn er in ein Boot steigen muss, sind schon zu oft beschrieben worden, als dass sie noch überraschen. Das ist inzwischen auch etwas störend beim Lesen, man kennt Dupin und und die wiederholten Beschreibungen seiner Marotten beginnt zu langweilen.

Ich kann verstehen, dass der Autor inzwischen als „Mécène de Bretagne“ ausgezeichnet wurde. Seine Krimis sind großartige Liebeserklärungen an die Bretagne, die er so faszinierend beschreibt. So konnte ich fast vergessen, dass der Krimiplot nicht sonderlich spannend oder neu ist.

Deshalb runde ich auch auf 3,5 Sterne auf.

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Veröffentlicht am 09.11.2021

Die Familie Randlkofer

Dallmayr. Der Traum vom schönen Leben
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Es war ein mutiger Schritt als Anton und Therese Randlkofer ihren kleinen Kramladen verkauften und stattdessen das feine “Colonialwaren“- und Delikatessengeschäft Dallmayr übernahmen. Vor allem Therese ...


Es war ein mutiger Schritt als Anton und Therese Randlkofer ihren kleinen Kramladen verkauften und stattdessen das feine “Colonialwaren“- und Delikatessengeschäft Dallmayr übernahmen. Vor allem Therese hat ein unfehlbares Gespür für die Wünsche der Kunden und das braucht sie auch, denn schon nach kurzer Zeit verstirbt Anton. Als Witwe und Geschäftsfrau hat sie es nicht leicht, Ende des 19. Jahrhunderts traut man Frauen das nicht zu und auch ihr Schwager möchte sich nur zu gern das Geschäft einverleiben. Doch Therese ist stark und wird mit geschäftlichen und privaten Problemen scheinbar mühelos fertig.

Das Buch ist der Auftakt einer Saga über das berühmte Geschäft, das inzwischen schon zu den Münchner Wahrzeichen zählt. Interessant ist vor allem der geschäftliche Teil. Wie sich allmählich exotische Waren etablieren, wie Therese es schafft zum Hoflieferanten aufzusteigen und sie dem Geschäft das Gesicht gibt, das heute jeder kennt. Das habe ich mit Interesse und Spannung gelesen, allein schon wie die ersten Münchner Bananen, die Thereses ältester Sohn von einer Auslandsreise mitbringt, vermarktet werden, ist eine gelungene Anekdote.

Therese hat viele Ideen und es hat Spaß gemacht über das Wachsen dieses Hauses zu lesen, man hat den Geschmack der feinen Backwaren und Schokoladen auf der Zunge, besonders wenn der Lehrling des Hauses davon schwärmt.

Weil diesem Buch noch weitere Bände folgen sollen, lässt sich die Autorin natürlich viel Zeit für die Irrungen und Wirrungen der Familie. Das ist durchaus nett zu lesen, aber die vielen Fäden, die schon gesponnen werden, kommen wahrscheinlich erst in den Folgebänden so richtig zur Geltung.

Sehr gefallen hat mir der Blick auf das alte, großbürgerliche München. Diese Zeitreise hat die Autorin gekonnt und farbig in Szene gesetzt.

Ein richtiger Schmöker, mit dem man in die Welt von Dallmayr eintauchen kann.

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