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Veröffentlicht am 08.05.2022

Auf und Ab

Der Keller
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Sabine Thieslers „Der Keller“ war ein wenig ein Auf und Ab für mich. Der Einstieg fiel mir sehr leicht.
Die von Flugangst geplagte Hannah trifft am Flughafen den sympathischen Daniel und nimmt die Einladung ...

Sabine Thieslers „Der Keller“ war ein wenig ein Auf und Ab für mich. Der Einstieg fiel mir sehr leicht.
Die von Flugangst geplagte Hannah trifft am Flughafen den sympathischen Daniel und nimmt die Einladung in sein Palazzo an. Daniel sagte nicht nur Hannah zu, sondern mir ebenfalls. Obwohl klar ist, dass er nichts Gutes im Schilde führt, ließ auch ich mich von seinem Charme bezaubern.
Ich habe sehr schnell geahnt, zu welchem Zweck die Frauen entführt werden, aber die Abscheulichkeit des Motives löst im Leser den absoluten Wunsch aus, mehr darüber zu erfahren.
Leider macht die Geschichte zunächst einmal eine Bruchlandung. Die Polizisten in diesem Krimis sind allesamt unfassbare Deppen. Sicherlich gibt es in jedem Beruf unmotivierte Arbeitnehmer, aber diese Herrschaften haben null Komma null Lust überhaupt irgendwas zu tun. Egal wo der Ehemann der vermissten Hannah vorspricht, sei es bei einer Polizeidienststelle in Deutschland oder in Italien, überall stößt er auf Beamte, die ihre komplette Energie darauf verschwenden, Ausreden zu erfinden, warum sie nicht zuständig sind. Das hatte mit Demotivation nichts mehr zu tun, sondern grenzte an Arbeitsverweigerung. Mir ging diese Scharade dermaßen auf die Nerven, dass ich kurzzeitig das Interesse an dem Buch verloren habe.
Zum Glück gab es dann plötzlich einen Schnitt und der Thriller geht weg von der Polizeiarbeit, die tatsächlich im weiteren Verlauf kaum noch eine Rolle spielt.
Die Handlung fokussiert um den netten Daniel und darum, was er in seiner Kindheit bis heute erlebt hat. Mit diesem Perspektivenwechsel gefiel mir „Der Keller“ wieder deutlich besser. Für eine ziemlich lange Zeit war mir Daniel noch immer sympathisch, ich hatte sogar stellenweise Mitleid mit ihm.
Der Teil mit den demotivierten Polizisten lies sich fast schon komödiantisch, im krassen Gegensatz dazu steht der Rest des Thrillers, der mit abgrundtiefer Grausamkeit sprachlos macht.
Die Kapitel sind extrem kurz, teilweise nur eine Seite und man fliegt dadurch sehr schnell durch das Buch. So im Mittelteil war ich sehr gefesselt und „Der Keller“ hat mir ziemlich gut gefallen. Gegen Ende wurden mir dann die Zufälle etwas zu viel, auch wird das Motiv für die Taten nicht wirklich erklärt. Warum genau hat sich der Kopf hinter all dem genau dieses Ritual gewünscht?

Wenn ich alle Pro und Contras abwäge, komme ich auf 3,5 Sterne für dieses Buch.

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.12.2021

Überraschend krimilastig

Die Hafenärztin. Ein Leben für die Freiheit der Frauen (Hafenärztin 1)
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„Die Hafenärztin“ ist eins dieser Bücher, die sich als ganz anders entpuppen, als ich erwartet hatte. Aufgrund des Klappentextes rechnete ich mit einem Roman, der sich hauptsächlich mit dem Schicksal der ...

„Die Hafenärztin“ ist eins dieser Bücher, die sich als ganz anders entpuppen, als ich erwartet hatte. Aufgrund des Klappentextes rechnete ich mit einem Roman, der sich hauptsächlich mit dem Schicksal der Frauen in den 20er Jahren und der Arbeit in einem Frauenhaus befasst. Deswegen war ich überrascht, dass es sich hier in erster Linie um einen Krimi handelt.
Ein grausamer Mörder treibt in Hamburg sein Unwesen. Seine Vorgehensweise erinnert an Jack the Ripper, brutal verstümmelt er scheinbar wahllos Frauen und hinterlässt nur wenige Spuren.
Es gibt drei Protagonisten, aus deren Sicht abwechselnd erzählt wird. Die Kapitel sind in etwa gleichlang, so dass allen dreien die gleiche Aufmerksamkeit gewidmet wird.
Hier haben wir die Ärztin Anne Fitzpatrick, die in Hamburg unter falschem Namen einen Neuanfang startet. Sie ist von Geheimnissen umgeben und so verschlossen, dass ich sie lange nicht richtig greifen konnte. Es wird immer wieder angedeutet, dass sie etwas zu verbergen hat, aber erst im letzten Drittel lässt sie den Leser ein wenig in die Karten schauen. Mir hat es zu lange gedauert, bis wir mehr über sie erfahren haben, zumal es auch dann nur Brotkrumen sind.
Die zweite Protagonistin ist die Pfarrerstochter Helene, die schnell zu meinem Lieblingscharakter wurde. Sie ist behütet aufgewachsen. Vom Leben der weniger betuchten Leute hat sie keine Ahnung, sie weiß nur, dass sie helfen möchte. In ihrer Unbedarftheit hat sie etwas sehr liebenswertes. Die Kapitel aus ihrer Perspektive haben mich durchgängig gefesselt und ich bin sehr gespannt, welcher Lebenswege noch vor ihr liegt.
Die dritte Hauptfigur ist Kommissar Berthold Rheydt, ein Mann, von gerade einmal Anfang 30, der aber oft viel älter wirkt. Berthold ist ein etwas schwieriger Charakter. Er fühlt sich insgesamt vom Leben eher ungerecht behandelt, sei es im Job, beim Sport oder familiär und ertrinkt seinen Frust gerne im Alkohol. Durch seine Kapitel musste ich mich teilweise etwas durchbeißen, vor allem, wenn es seitenweise um Fußballspiele ging, an denen er in seiner Freizeit teilnimmt.
Trotz kleiner Kritikpunkte hat mir „Die Hafenärztin“ in der Gesamtbetrachtung ausgesprochen gut gefallen. Es handelt sich um den ersten Band einer Reihe und die Geschichte fühlte sich, was das Private anbelangt, auch wie ein ausführlicher Auftakt an. Die Charaktere – insbesondere Anne und Helene – haben noch so viel Potenzial. Hier sind so viele Möglichkeiten denkbar, wie es mit den beiden Frauen weitergehen könnte. Anne hat eine überraschend moderne Einstellung, wenn es um ihre sexuelle Orientierung geht und ihr Privatleben könnte noch sehr interessant werden.
Ich bin in jedem Fall neugierig, was Henrike Engel noch für uns bereithält und freue mich schon sehr auf die Fortsetzung.

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.11.2021

Ein etwas schwächerer Sandberg

Das Geheimnis
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Eine Sache, die ich an den Ellen Sandbergs Romanen sehr schätze ist, dass ich mich schon nach wenigen Zeilen mitten in der Geschichte befinde. Auch bei „Das Geheimnis“ benötigte ich keine Zeit um mich ...

Eine Sache, die ich an den Ellen Sandbergs Romanen sehr schätze ist, dass ich mich schon nach wenigen Zeilen mitten in der Geschichte befinde. Auch bei „Das Geheimnis“ benötigte ich keine Zeit um mich einzulesen. Die Protagonisten fühlten sich sofort vertraut an und ich war gespannt zu erfahren, was es mit dieser Familie auf sich hat.
Im Zentrum stehen zwei Frauen: Ulla, mittlerweile 60 Jahre alt, hat nie verwunden, dass sie von ihrer Mutter Helga im Stich gelassen wurde. Die jahrzehntelange Verbitterung beginnt zu bröckeln, als sie Tonbandkassetten findet, auf denen Helga ihre Lebensgeschichte aufgenommen hat.
Helga selbst tritt in Rückblicken und auf den Tonbändern in Erscheinung. Durch ihre spröde Art fällt es schwer, sie zu mögen, aber ihre Vergangenheit trifft den Leser mitten ins Herz und ging mir sehr unter die Haut. Es ist eine Geschichte von Flucht und Vertreibung, von psychischen Wunden, die niemals heilen und lediglich in schockierenden Kunstperformances ein Ventil fanden.
„Das Geheimnis“ lässt sich durch Ellen Sandbergs bildhaften Schreibstil grundsätzlich sehr gut lesen. Insgesamt kommt es für mich an die anderen Romane der Autorin allerdings nicht heran. Anfang und Ende empfand ich als gut gelungen. Der Schluss ging mir trotz seiner Vorhersehbarkeit sehr nahe und lies mich nachdenklich zurück.
Im Mittelteil hat dieses Buch allerdings einige Längen. Phasenweise passiert relativ wenig. Ullas Handlungsstrang wurde durch unnötiges Drama aufgebauscht. Sei es ein Nachbarschaftsstreit oder allen voran die Beziehung zu ihrer Tochter Sandra. Sandra wirkte auf mich einfach nur wie eine Rotzgöre und ihr ganzes Theater war wie ein überflüssiger Seitenfüller.
Generell lag mir zu viel Fokus auf der Gegenwart. Helgas Leben war bei weitem der interessantere Teil der Geschichte und ich hätte mir an einigen Stellen mehr Ausführlichkeit gewünscht.
Alles in allem hat mir „Das Geheimnis“ ganz gut gefallen, aber der Roman war für mich nichts besonderes und wird mir vermutlich nicht lange im Gedächtnis bleiben.

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Veröffentlicht am 21.11.2021

Neue Liebe vor toller Landschaftskulisse

The Sky in your Eyes
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Da ich selber gerne einmal Polarlichter sehen möchte, hat mich das Cover von Kira Mohns neuem Roman auf den ersten Blick angesprochen. Auch in der Geschichte selbst kommen immer wieder bildgewaltige Landschaftsbeschreibungen ...

Da ich selber gerne einmal Polarlichter sehen möchte, hat mich das Cover von Kira Mohns neuem Roman auf den ersten Blick angesprochen. Auch in der Geschichte selbst kommen immer wieder bildgewaltige Landschaftsbeschreibungen vor, die Lust machen, sich sofort in den nächsten Flieger nach Island zu setzen.
Die zentrale Hauptfigur ist die 24-jährige Elin, die große Komplexe wegen ihres Körpergewichts hat. Sie schämt sich zu essen und hat sich versagt, ihren Traumjob Köchin zu erlernen. Nach der Trennung von ihrem Freund Daniel möchte sie ein wenig zu sich selber finden und meldet sich für einen Kochkurs an. Schon am ersten Abend lernt sie dort den attraktiven Jon kennen. Beide fühlen sich zueinander hingezogen doch Elins Selbstzweifel kommen der jungen Liebe immer wieder in die Quere.
Jon war ein toller Charakter. Er ist ein einfühlsamer und tiefgründiger Mann und ich konnte Elins Begeisterung sehr gut nachvollziehen. Kira Mohn hat definitiv ein Talent dafür, männliche Protagonisten zu erschaffen, in die man sich als Leser selbst verlieben könnte.
Elin ist ebenfalls ein lieber Mensch und ich wollte sie wirklich mögen allerdings kreisen ihre Gedanken 24/7 nur um ihr Gewicht.
Ich finde es wichtig und richtig, dass auch die Protagonisten in fiktiven Geschichten nicht immer nur Modelmaße haben und den gängigen Schönheitsidealen entsprechen aber Elin war wirklich extrem in ihrem Gedankenkarussell gefangen und es ging fast auf jeder Seite nur um ihre Figur, ich konnte es teilweise schon nicht mehr hören. Elin ruiniert intime Szenen durch ihre ständigen Zweifel nicht nur für sich selber sondern für den Leser direkt mit.
Mir ist zum zweiten Mal in einem Kira Mohn Buch aufgefallen, dass die Autorin das Thema Veganismus / Vegetarismus in ihre Geschichte einfließen lässt. Vielleicht liegt es daran, dass ich selbst vegetarisch bzw. teilweise vegan lebe und mich mit Ernährung und kochen gut auskenne, aber die Art, wie die Autorin dieses Thema behandelt und aus Selbstverständlichkeiten etwas Außergewöhnliches macht, hat für mich etwas sehr Aufgesetztes an sich und wirkt nicht natürlich sondern so, als wenn auf ein Trendthema aufgesprungen wurde, dass ihr aber selber fremd ist.
Der Teil mit dem Kochkurs hat mir deswegen leider überhaupt nicht gefallen.
Was das Buch für mich besonders gemacht hat, waren definitiv Jon und die Landschaft.
„The sky in your eyes“ ist ein ruhiger Roman, mit einigen romantischen Momenten, bei dem man sich prima entspannen kann.

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Veröffentlicht am 09.10.2021

Die Gefühle der Protagonisten kamen bei mir nicht an

Wenn deine Hand mich hält - FORBIDDEN HEARTS
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Als Erstes kann ich sagen, dass ich die Aufmachung von „Wenn deine Hand mich hält“ sehr gelungen finde. Das Material fühlt sich fast schon seidig an, so dass man das Buch gerne in der Hand hält. Die pinke ...

Als Erstes kann ich sagen, dass ich die Aufmachung von „Wenn deine Hand mich hält“ sehr gelungen finde. Das Material fühlt sich fast schon seidig an, so dass man das Buch gerne in der Hand hält. Die pinke Feder auf dem dunklen Untergrund lässt das Cover edel und mysteriös wirken, auch wenn das Motiv nichts mit dem Inhalt zu tun hat.
Im Zentrum der Geschichte stehen Sadia und Jackson. Schon seit seiner Schulzeit ist Jackson in Sadia verliebt, doch als diese mit seinem Bruder Paul zusammenkam und ihn später sogar heiratete, hat er sich von ihr distanziert. Große familiäre Probleme trieben ihn dazu, seine Heimatstadt zu verlassen. Nun ist er zurück. Paul ist tödlich verunglückt und die junge Witwe Sadia ist mit ihrem verschuldeten Cafè, ihrem Zweitjob und der Betreuung ihres Sohnes an der Grenze zur Überforderung. Nach anfänglicher Skepsis freut sie sich sehr, dass Jackson wieder in Rockville ist und ihr als renommierter Koch zur Seite steht. Außerdem knistert es zwischen den beiden seit ihrem Wiedersehen gewaltig.
Grundsätzlich bietet „Wenn deine Hand mich hält“ sehr viele Themen. Neben dem zentralen Handlungsstrang um Sadia und Jackson sowie den damit verbundenen Problematiken (dürfen Ex-Schwager und Schwägerin sich lieben, dunkle Familiengeheimnisse usw.) gibt es zahlreiche Nebencharaktere in Form von Geschwistern und Angehörigen des gefühlt riesigen Familienclans mit jeder Menge Verwicklungen und Altlasten.
Angesichts von so vielseitigem Erzählstoff war ich überrascht, dass ich das Buch ab dem Mittelteil als eher langweilig empfand. Auch war es bei Weitem weniger romantisch als ich erwartet hatte.
Sadias Gefühle für Jackson kamen bei mir nie so richtig an und bis zum Schluss konnte ich nicht durchschauen, ob sie mehr als Freundschaft und körperliche Anziehung für ihn empfindet.
Jackson ist in dieser Beziehung auf jeden Fall der Part, der mehr liebt. Er ist ein schweigsamer, hilfsbereiter Mann, der für die Menschen, die ihm wichtig sind quasi alles tun würde. Eigentlich also ein Traummann. Ich kann nicht genau sagen, woran es lag, vielleicht an seinem wortkargen Wesen, aber ich bin auch mit ihm nie so richtig warm geworden. Wenigstens konnte ich mir ihn optisch gut vorstellen, während Sadia immer blass für ich blieb und ich kein klares Bild von ihr vor Augen hatte.
Tatsächlich fand ich die Rahmenhandlung mit den beiden verfeindeten Familien am interessantesten an diesem Buch. Die Liebesgeschichte konnte mich leider nicht so sehr packen, wie ich es mir erhofft hatte, so dass sich meine Bewertung auf 3 bis 3,5 Sterne beläuft.

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