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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.02.2022

Eine israelische Familie

Wie man seine Tochter liebt
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Die israelische Schriftstellerin Hila Blum hat einen fesselnden und interessanten Roman über eine Mutter-Tochter-Beziehung geschrieben.
Das Buch wurde von Ruth Achlama aus dem Hebräischen übersetzt.

Es ...

Die israelische Schriftstellerin Hila Blum hat einen fesselnden und interessanten Roman über eine Mutter-Tochter-Beziehung geschrieben.
Das Buch wurde von Ruth Achlama aus dem Hebräischen übersetzt.

Es beginnt mit einer besonderen Szene: Eine Frau aus Israel, die Icherzählerin, sieht in Holland ihre erwachsene Tochter Lea. Sie haben sich seit Jahren nicht mehr gesehen. Doch sie nähert sich ihr nicht.
Das Geheimnis über das Ereignis, das zur Trennung führte, durchzieht den ganzen Roman.

Die Mutter erinnert sich dann an das Aufwachsen von Lea und das Familienleben.
Erst allmählich erfährt man mehr von dem was passiert ist und das hält die Spannung am Leben. Es wird zwar ruhig, aber mit großer Intensität erzählt.
Ich halte den Roman aufgrund dieser Schreibweise für sehr überzeugend und die Autorin ist für mich eine Entdeckung.

Veröffentlicht am 23.01.2022

Fremd in der Heimat

Der Erinnerungsfälscher
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Man erfährt in diesem relativ kurzen, aber intensiven Roman viel vom Leben eines Flüchtlings in Deutschland. Obwohl er sich schnell in Deutschland einlebte, gibt es viele bürokratische Hürden, die Said ...

Man erfährt in diesem relativ kurzen, aber intensiven Roman viel vom Leben eines Flüchtlings in Deutschland. Obwohl er sich schnell in Deutschland einlebte, gibt es viele bürokratische Hürden, die Said aber bewältigt.
Dann eines Tages als Said schon verheiratet und junger Vater ist, liegt seine alte Mutter im Irak im sterben. Said reist in seine alte Heimat. Dabei kommen ihm die Erinnerungen an die Vergangenheit und seine Flucht.
Am Ende stehen die Passagen im Irak bei seiner Familie, die beeindruckend sind, aber auch Saids Entfremdung zeigen.

Obwohl das Buch ein wenig an Khiders früheren Roman Die Ohrfeige erinnert, hat er einen ganz anderen Ton und verzichtet auf parodistische Momente.

Der Deutsch-Iraker Abbas Khider ist für mich einer der interessantesten Schriftsteller der deutschen Gegenwartsliteratur. Der Erinnerungsfälscher ist ein guter Roman,auch wenn er ruhig etwas länger hätte sein dürfen.

Veröffentlicht am 03.01.2022

Tiergarten in Zeiten des Krieges

Die Frauen von Schönbrunn (Die Schönbrunn-Saga 1)
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In Die Frauen von Schönbrunn bringt Beate Maly ihren angenehmen, geschmeidigen und ansprechenden Stil zur Geltung wie sie es schon seit Die Hebamme von Wien getan hat.

Über den Titel wundere ich mich, ...

In Die Frauen von Schönbrunn bringt Beate Maly ihren angenehmen, geschmeidigen und ansprechenden Stil zur Geltung wie sie es schon seit Die Hebamme von Wien getan hat.

Über den Titel wundere ich mich, denn es geht hauptsächlich nur um eine Frau: Emma, die gerne Tierärztin werden möchte, aber die sind in Wien 1914 noch nicht zugelassen. So arbeitet sie als Tierpflegerin im Tiergarten Schönbrunns,
Es ist die Zeit zwischen 1914 und 1918, also der erste Weltkrieg. Verletzt kehrt dort der Tierarzt Julius zurück.
Julius ist von Kriegserlebnisse schwer mitgenommen. Doch er lebt auf, als er Emmas Engagement für die Tiere miterlebt.
Der Untertitel "Ein Leben für das Wohl der Tiere" ist zutreffend.

Der Roman schafft es, die Stimmung der Zivilbevölkerung während des Krieges zu zeigen. Dazu gehören Verluste und Hunger. Auch für die Tiere ist wenig da. Eine harte Zeit. Ich zweifle nicht daran, dass die Menschen und Tiere viel leiden mussten.
Aber es ist dennoch ein packender Roman, da er so mitfühlend geschrieben ist umd zwei so liebenswerte Hauptfiguren hat. Es ist zu begrüßen, dass die Schönbrunn-Saga nächstes Jahr fortgesetzt wird.

Veröffentlicht am 27.11.2021

Tiefe und Dichte

Janowitz
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Nach mehr als 10 Jahren kehrt Rolf Schneider erfreulicherweise mit einem neuen Roman zurück.Mit Janowitz, dem Schloß in der Tschechei, dass vor und nach dem ersten Weltkrieg viele bekannte Künstler und ...

Nach mehr als 10 Jahren kehrt Rolf Schneider erfreulicherweise mit einem neuen Roman zurück.Mit Janowitz, dem Schloß in der Tschechei, dass vor und nach dem ersten Weltkrieg viele bekannte Künstler und Schriftsteller beherbergte, hat Rolf Schneider sein Thema gefunden. Er taucht mit seinen bemerkenswerten literarischen Mitteln tief darin ab und als Leser kann man ihn begleiten. Der Text hat Tiefe und Dichte.
Handelnde Figuren sind der Schriftsteller Rainer Maria Rilke und Karl Kraus.
Gastgeberin im Schloß Janowitz ist die adelige Sidonie Nádherný von Borutin, die mit Rilke befreundet ist und Karl Kraus liebt. Die beiden Männer sind sehr unterschiedlich. Ich glaube, der Autor zeichnet einen angemessenes Porträt von ihnen und auch Sidonie ist eine sehr beeindruckende Figur.

Rolf Schneider gelingt es meisterhaft, einen Ort und eine Zeit und deren Stimmungen zu zeigen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.10.2021

ruhig und nachdenklich

Die Enkelin
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Bernhard Schlinks Roman Die Enkelin ist ruhig und nachdenklich gehalten. Das liegt größtenteils an der Erzählform, die aus einem autobiografischen Bericht einer Frau besteht und deren Leben abbildet. Das ...

Bernhard Schlinks Roman Die Enkelin ist ruhig und nachdenklich gehalten. Das liegt größtenteils an der Erzählform, die aus einem autobiografischen Bericht einer Frau besteht und deren Leben abbildet. Das beinhaltet eine Jugend in der DDR, jung bekommt sie ein Baby, das sie aber nicht behält. Später wird sie erst Goldschmiedin, Köchin, dann Autorin.
Dann steht für Birgit die Suche nach Paula, der Tochter, im Mittelpunkt.
Der ganze Bericht wird von Kaspar, ihrem Mann nach ihrem Tod gelesen. Das prägt den Text deutlich mit.
Im zweiten Teil übernimmt der Mann die Erzählstimme. Er reflektiert sein Leben mit der verstorbenen und macht sich jetzt selbst auf die Suche nach Birgits Tochter und findet dabei auf die Enkelin. Schockierenderweise trifft er dabei aber auch auf rechte Kreise. Einmal mehr thematisiert Bernhard Schlink politische Themen, die sich aus der deutschen Vergangenheit ergeben.

Bernhard Schlink ermöglicht es den Lesern, an den Gedanken und Emotionen der Figuren teilzunehmen und dadurch dicht an sie heranzukommen.