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Veröffentlicht am 05.01.2022

Blicke in den Alltag

Lichtblick. Texte für mittelgute Tage
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„...Ich setze mich an den Küchentisch. Corona setzt sich dazu. Ich habe es nicht eingeladen...“

Mit diesen Sätzen beginnt einer der kurzen Texte in dem Büchlein. Das Zitat ist ein Beispiel dafür, dass ...

„...Ich setze mich an den Küchentisch. Corona setzt sich dazu. Ich habe es nicht eingeladen...“

Mit diesen Sätzen beginnt einer der kurzen Texte in dem Büchlein. Das Zitat ist ein Beispiel dafür, dass die Autorin an vielen Stellen das Leben mit Humor nimmt.
Das Buch ist sehr vielfältig. Prosa steht neben Poesie, Alltagsbeschreibungen neben einem kurzen Gebet. Die Autorin verarbeitet auf ihre Art die Erfahrungen der heutigen Zeit.
Der Schriftstil ist zum Teil ungewöhnlich. Aufzählungen und Vergleiche dominieren häufig. Unter der Überschrift „Was mich berührt“ liest sich das so:

„...Buchfinken, die beim Trinken mit dem Schwanz wackeln. Spieluhrenmelodien. Der Tag, als Diana starb (warum bloß?) Der Geruch eines Schaffells. Und von Marmorkuchen...“

Ab und an werden neue Begriffe kreiert wie Haltewunschtaste und Milchkannenort. Ein Teil der Texte folgt dem Alphabet, will heißen, nach einem Text mit der Überschrift „Brosamen“ kommt „Chupze“.

Manche der Zeilen lassen mich nachdenklich zurück, weil ich selbst ähnliche Erfahrungen gemacht habe.
Besonders gefallen haben mir die Gespräche der Erzählerin mit dem Engel. Sie lesen sich sehr amüsant.
Die farbliche Gestaltung ist sehr gelungen. Neben halbseitigen Bildern und farbigen Unterlegungen der Schrift gibt es zarte Zeichnungen. Auch Schriftgröße und Schriftart variieren vor allem bei den Überschriften häufig.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es lohnt sich, es immer mal wieder zur Hand zu nehmen.

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Veröffentlicht am 03.01.2022

Flora und das Geheimnis der Großmutter

Flora Botterblom - Die Wunderpeperoni
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„...Die ganze Familie war immer zusammen. Das war ein Vorteil, weil man war selten alleine, aber auch ein Nachteil, weil ...ja, weil man eben nie alleine war, auch wenn man mal alleine sein wollte...“

Tiefgreifende ...

„...Die ganze Familie war immer zusammen. Das war ein Vorteil, weil man war selten alleine, aber auch ein Nachteil, weil ...ja, weil man eben nie alleine war, auch wenn man mal alleine sein wollte...“

Tiefgreifende Gedanken, die sich Flora da macht. Na ja, ihre Eltern haben eine Gärtnerei. Ihre beiden älteren Zwillingsgeschwister arbeiten dort fleißig mit. Nur Flora hat mit Gärtnern gar nichts am Hut.
Am meisten freut sich Flora auf den kommenden Tag. Dann wird sie endlich 11 Jahre und damit in ihren Augen erwachsen. Dass dies nicht nur Vorteile hat, bekommt sie schnell gesagt.

„...Ihre Mutter meinte, man durfte mit elf auch sein Zimmer alleine aufräumen und seinen Teller nach dem Essen in die Spülmaschine räumen...“

Eine besondere Überraschung aber hat ihr Großvater Hyazinthus für sie zum Geburtstag. Er erzählt ihr, dass ihre Großmutter Olivia früher Wunderpflanzen gehabt hat. Nur ein kleines Säckchen mit Peperonisamen ist übrig geblieben. Flora soll ihn im alten Gewächshaus aussäen. Dann wird sie erfahren, wer damals den Samen gestohlen hat und wo er sich befindet. Damit beginnt für Flora ein spannendes Abenteuer, bei dem sie einen unerwarteten tierischen Begleiter erhält. Der weiß, was er will und stellt auch mal Forderungen..
Die Geschichte ist amüsant, fantasievoll und abwechslungsreich geschrieben. Sie birgt für Flora einige Überraschungen. Natürlich geht nicht alles auf Anhieb glatt.
Jedes Kapitel beginnt mit einer Überschrift und stilisierten Pflanzen und Blättern.
Am Ende gibt es ein kleines Gartenlexikon, in dem wichtige Begriffe erklärt werden.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.

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Veröffentlicht am 31.12.2021

Berührende Geschichte

Weihnachtspullover
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„...Vor seinem Tod hatte ich nie einen Gedanken an unsere finanzielle Situation verschwendet. Wir waren weder reich noch arm. Wir hatten ein hübsches Haus in einer netten Wohngegend, es gab jeden Abend ...

„...Vor seinem Tod hatte ich nie einen Gedanken an unsere finanzielle Situation verschwendet. Wir waren weder reich noch arm. Wir hatten ein hübsches Haus in einer netten Wohngegend, es gab jeden Abend ein warmes Essen...“

Seit drei Jahren ist der Vater des jetzt 12jährigen Eddie tot. Mittlerweile weiß der Junge, dass seine Mutter rechnen muss, um über die Runden zu kommen. Sein Vater hatte ihm einst gesagt:

„...“Die Regierung ist dafür da, um als Sicherheitsnetz zu fungieren“, so erklärte er mir eines Abends, „aber nicht als Bonbonautomat.“...“

Diese Worte hat auch seine Mutter verinnerlicht. Solange sie arbeiten kann, wird sie keine Hilfe in Anspruch nehmen. Nun steht Weihnachten vor der Tür. Eddie wünscht sich nichts sehnlicher als ein Fahrrad.
Der Autor hat ein berührende Weihnachtsgeschichte geschrieben.
Der Schriftstil lässt viel Raum für die Gefühle der Protagonisten. Mir gefallen auch die Lebensweisheiten, die die Mutter ihren Sohn mit auf den Weg gibt.

„...Jeder ist seines Glückes Schmied. Spaß und Freude finden sich oft genau unter deiner Nase, du musst nur die Augen öffnen, um es zu erkennen...“

Zur Bescherung bekommt Eddie nicht sein Fahrrad, sondern einen grünen handgestrickten Pullover. Er bedankt sich zwar, lässt aber in seinem Zimmer den Pullover zerknüllt auf den Boden fallen. Die traurigen Augen seiner Mutter rühren ihn nicht.
Die Reise zu den Großeltern findet unter gespannter Atmosphäre statt.
Eddie wird noch heftige Erschütterungen erleben, bis er begreift, mit welcher Liebe seine Mutter das Geschenk bereitet hat. Ein Sturm der Gefühle wird sein Leben durcheinander wirbeln. Eddie fühlt sich verletzt und betrogen – und verletzt die Menschen, die ihn lieben.
Überraschend war für mich das Ende des Buches. Ich hatte den Klappentext nicht gelesen. Der deutet – leider – viel zu viel an.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.

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Veröffentlicht am 30.12.2021

Das Leben des Carl von Linné

Der Mann, der die Welt ordnete
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„...Mir fällt ein, dass heute mein Geburtstag ist. […] Warum man diesen Tag feiert, habe ich nie verstanden. Was hat man denn dafür getan? Das waren doch andere, vor allem die Mutter; der Vater trinkt ...

„...Mir fällt ein, dass heute mein Geburtstag ist. […] Warum man diesen Tag feiert, habe ich nie verstanden. Was hat man denn dafür getan? Das waren doch andere, vor allem die Mutter; der Vater trinkt Schnaps und steht dumm daneben, wenn er noch stehen kann...“

Diese Gedanken gehen den 49jährigen Carl von Linné im Prolog durch den Kopf. Das Zitat zeigt schon, dass es sich bei dem Buch um keine staubtrockene Biografie handelt.
Der Autor erzählt auf humorvolle und teilweise ironische Art das Leben des Carl von Linné. Während er sich dabei zumeist an die historischen Tatsachen hält und diese nur ab und an verfremdet, sieht es mit der Lebensgeschichte seines Widersachers, des Botanikers Johann Georg Siegesbeck, deutlich anders aus. Hier wurde von der Wahrheit extrem abgewichen. Teilweise liest sich sein Leben wie ein Klamaukstück.
Carl ist der älteste Sohn des Pfarrers Nils Linnaeus. Schon bei der Geburt ist sich der Vater sicher, dass sein Junge ebenfalls Pfarrer wird. Die Mutter hofft als nächstes auf ein Mädchen, Sie weiß, warum.

„...Mädchen waren schließlich nützlicher als Knaben. Sie halfen im Haushalt, beim Putzen, Kochen und Wäschewaschen, auch waren sie zahmer und weniger versoffen...“

Viele ihrer männlichen Zeitgenossen sehen das definitiv anders. Wie in der Zeit üblich, war Carls Kindheit eher hart. Schläge waren die Regel, nicht die Ausnahme, zumal der Junge am liebsten seinen Hobby frönte und an keiner Pflanze vorbei kam. Die Schule interessierte ihn höchstens marginal.
In seinem Leben findet Carl immer wieder Menschen, die sein Talent erkennen und ihn fördern und unterstützen. Einer davon ist Rothmann. Ihm hat Carl es zu verdanken, dass er sein Abitur machen könnte.

„...“Wenn es also tatsächlich Carls Bestimmung ist, ein Prediger zu werden, dann soll er eben ein Prediger werden“, sagte Rothmann und, bevor Nils Linnaeus etwas sagen könnte, fügte er schnell hinzu: „Und zwar soll er ein Prediger der Natur werden.“….“

In Carls weiteren Leben geht es mal auf, mal ab. Seine Reise nach Lappland liest sich wie ein fein ausgedachtes Abenteuer.
Gut eingebunden werden verschiedene Zeitgenossen von Linné, sei es der Preußenkönig Friedrich der Große, der Wissenschaftler Anders Celsius oder der Botaniker Herman Boerhaave.
Die Eskapaden, die der Autor Siegesbeck andichtet, lassen ihm Raum, wichtige Stationen der Weltgeschichte einzuflechten. Ich bewundere den Sarkasmus, mit dem die Kriege Friedrich des Großen kommentiert werden.
Carl war von seinem Können überzeugt. Trotzdem habe ich den Eindruck, dass ihm wissenschaftliche Forschungen wesentlich wichtiger waren als Titel und Ehren. Sein Ziel war es, eine Systematik der Pflanzen und Mineralien zu schaffen, die international verständlich ist. Natürlich gibt es Neider. Er muss sich sagen lassen:

„...Aber vergesst nicht, dass der Wind Euch hart ins Gesicht wehen wird, Und manch Genie gerät schon auf halber Höhe ins Wanken, wenn er auf Kredit zu sensibel reagiert...“

Zu den inhaltsreichsten Teilen des Buches gehört der Anhang. Dort zeigt der Autor auf, welche Namen seiner Freund und Gegner Linné wie im Pflanzenreich verewigte. Im Nachwort wird dann zwischen Realität und Fiktion getrennt.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.

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Veröffentlicht am 28.12.2021

Ruth geht ihren Weg

Weil Träume unendlich sind
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„...Die Freiheit war nicht über das Wasser zu erreichen. Sie lag versteckt zwischen zwei Buchdeckeln, wenn sich Wörter zu etwas Ungeheuerlichem zusammenfügten und Gedanken entstehen ließen, die niemals ...

„...Die Freiheit war nicht über das Wasser zu erreichen. Sie lag versteckt zwischen zwei Buchdeckeln, wenn sich Wörter zu etwas Ungeheuerlichem zusammenfügten und Gedanken entstehen ließen, die niemals ausgesprochen werden durften...“

Ruth steht am Strand auf der Insel Usedom. Wir schreiben das Jahr 1965. Eine Flucht über die Ostsee kommt für sie nicht infrage.
Die Autorin hat eine spannende Geschichte geschrieben. Es ist der zweite Band einer Dilogie. Während im ersten Teil Marlies im Mittelpunkt stand, ist es nun Ruth, ihre kleine Schwester.
Das Buch wird in zwei Zeitebenen erzählt. Zum einen darf ich als Leser das Leben von Ruth verfolgen, zum anderen ringt in der Gegenwart Lena, Marlies` Enkelin, um ihre eigene berufliche und private Zukunft. Gleichzeitig begibt sie sich auf die Spuren von Ruth, zu der die Konatkte in den 60er Jahren abgebrochen sind.
Ruth wurde ein Studium der Naturwissenschaften verwehrt. Also bietet sie Anneliese, einer Mitschülerin, die zum Chemiestudium in Berlin zugelassen wurde, an, mit ihr zu lernen und sich so selbstständig den Stoff zu erarbeiten. Doch der Deal platzt. Ihre Bemühungen um eine Lehrstelle im medizinischen Bereich bleiben erfolglos. Deshalb schickt sie ihr Vater kurzerhand zu einem Bekannten auf die Insel Usedom, der sie zur Forstwirtin ausbilden soll.
Der Schriftstil des Buches lässt sich gut lesen. Ruth ist eine sympathische Protagonistin. Sie stellt sich den Schwierigkeiten des Lebens und macht das Beste daraus. Dabei verliert sie ihr Ziel nie aus den Augen. Im Wald findet sie nicht nur zur Ruhe, sondern auch zu sich selbst.

„...Ihr Herz schlug langsamer, ihr Atem beruhigte sich und die grüblerischen Gedanken waren verschwunden. An diesem Ort grämte sie sich nicht mehr über die Vergangenheit...“

Marlies versucht Ruth in ihrem Sinne zu beeinflussen. Das aber lehnt diese ab. Sie findet es nicht richtig, dass Menschen verletzt werden. die einem nahestehen. Der Graben zwischen beiden wird breiter.
In der Gegenwart recherchiert Lena im Internet. Sie findet nur einen Eintrag mit dem Namen ihrer Tante. Alles spricht dagegen, dass es sich dabei um die richtige Ruth handelt.
Es gibt eine Menge an Gesprächen, die in die Tiefe gehen. Das betrifft sowohl die Gegenwart als auch die Vergangenheit. So erklärt Susanne ihrer Tochter Lena:

„...Das ist das Schwerste an der Elternschaft überhaupt: Man will das Beste. Aber was ist das Beste? Das weiß man erst im Nachhinein. Ein Kind zu erziehen, ist, als würde man Lottozahlen ankreuzen. Welche dann gezogen werden, kann niemand beeinflussen...“

Die Autorin versteht es, die Zeitverhältnisse gut wiederzugeben. In der Geschichte steckt eine permanente innere Spannung, die von äußeren Effekten und den unterschiedlichen Ansichten der Protagonisten beeinflusst wird.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.

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