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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.04.2023

Mehr Krimi denn Sozialroman

Die Bahnhofsmission
1

Mit Veronika Rausch reisen wir mitten Hinein in das erste Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts im Berliner Osten. Alice und ihre Schwester Constanze sind gutbehütete Töchter eines Charite-Arztes und sollen nach ...

Mit Veronika Rausch reisen wir mitten Hinein in das erste Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts im Berliner Osten. Alice und ihre Schwester Constanze sind gutbehütete Töchter eines Charite-Arztes und sollen nach dem Willen ihrer Eltern genau dieses gut behütete Leben auch als Ehefrauen fortführen. Am Bahnhof treffen sie zufällig auf eine ganz andere Welt und erstmal scheint insbesondere Alice ein Licht auf zu gehen. Die Erlebnisse mit Menscenhändlern, Kriminalität, Bedürftigen aller Art, um die sich die Bahnhofsmission kümmert, lassen sie nicht mehr los. Heimlich beginnt sie ein Ehrenamt dort und erweist sich als äußerst geschickt. Die Bahnhofsmission wird geleitet von Nathalie, einer ähnlich jungen Frau mit einer völlig anderen Biografie. Sie musste sich im wahrsten Sinn des Wortes aus dem Dreck herausarbeiten. Nach und nach lernen wir verschiedene Biografien kennen und staunen, wie unterschiedlich Lebenswege in dieser Zeit verlaufen können. Wir erhalten ein bisschen Einblick in die Arbeit der Bahnhofsmission, viel mehr aber noch in das gehobene Bürgerleben und auch in die illegalen Unterwelten von Prostitution, Drogenhandel und Kriminalität. Letztlich handelt der feinsinnig geschriebene Roman nur am Rande von der Bahnhofmission. Im Mittelpunkt steht vielmehr eine Kriminalgeschichte. Beeindruckend ist, wie es Veronika Rausch gelingt, die einzelnen Figuren bis in die kleinesten Details ihrer Biografie hinein zu zeichnen. Schubladendenken und Klischees werden beiseite gewischt und wir ahnen, dass hinter Fassaden immer mehr und deutlich tiefgründigeres steckt.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 31.10.2022

Problematisch

Ein kleines Stück von Afrika - Aufbruch
0

Problematisch
Ivy, Tochter eines wohlhabenden Engländers kommt mit ihrem Vater zu einer Jagdsafari zum ersten Mal nach Afrika, verliebt sich sofort in das Land und sehr schnell auch in einen der Wildjäger ...

Problematisch
Ivy, Tochter eines wohlhabenden Engländers kommt mit ihrem Vater zu einer Jagdsafari zum ersten Mal nach Afrika, verliebt sich sofort in das Land und sehr schnell auch in einen der Wildjäger dort. Doch die Hoffnungen auf ein friedliches Leben in Harmonie mit der Wildnis zerplatzt sehr bald. Erst als ihr Mann aus dem Krieg nicht mehr zurückkommt, gelingt es ihr mühsam, eine eigene Vision einer Tötungsfreien Sarari-Veranstaltung zu verwirklichen.
Das Buch beschreibt die Flora und Fauna Afrikas sehr eindrücklich, auch die koloniale Haltung der Zeit wird sehr deutlich. Ivy wird in dieser Szenerie als Gegenbeispiel gezeichnet, das die Tiere und Natur nicht zum Vergnügen ausnutzen und auf Augenhöhe mit den Einwohnern umgehen will. Auf der einen Seite wird an den Gegenparts von Ivy die Widerlichkeit des Kolonialismus sehr deutlich, gleichzeitig kann sie und damit das Buch sich trotzdem nicht bestimmten imperialistischen Eindrücken erwehren.
Trotz der Figur Ivys bleibt das Buch aus einer weißen herrischen Perspektive geschrieben. Die Einwohner Afrikas kommen nur als Nebenschauspieler und Gewährsmänner ins Bild, haben keine eigene Meinung und keine eigene Handlung. Ich denke, dass wir heute im Postkolonialen Zeitalter mehr Bücher benötigen, die die Geschichte und Welt Afrikas aus der Eigenperspektive der EinwohnerInnen beschreiben und nicht noch mehr herrische Eindrücke der weißen Zugereisten benötigen.

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  • Cover
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 08.08.2022

Es fehlt an Athmosphäre

Wie ein Stern in dunkler Nacht
7

Es fehlt an Atmosphäre
Mit ihrem plötzlichen Aufbruch nach Schottland flieht Christina aus ihrem bisherigen Leben, das sie mit einer zweiten Fehlgeburt hart bestraft hat. Ihrem Partner gelingt es nicht ...

Es fehlt an Atmosphäre
Mit ihrem plötzlichen Aufbruch nach Schottland flieht Christina aus ihrem bisherigen Leben, das sie mit einer zweiten Fehlgeburt hart bestraft hat. Ihrem Partner gelingt es nicht mehr, zu ihr vorzudringen, ganz anders die Bewohner der Schottischen Insel, auf der sie für einige Monate eine Hausarztpraxis übernehmen kann. Dort trifft sie auf Aidan, der zunächst unnahbar wirkt und erst in einer großen Notsituation sein Herz für Christina öffnet. Über einen längeren Zeitraum nähern sich die beiden an und wir Leserinnen werden Zeuge davon, wie sie sich stück für Stück einander anvertrauen und durch diese Offenheit ganz langsam alte Wunden heilen können.
Leider gelingt es der Autorin nicht wirklich, uns Leserinnen mit ihre Erzählweise zu bezaubern. Die Charaktere sind zwar facettenreich angelegt und durchaus tiefgründig, mit Fehlern und Kanten behaftet, also sehr authentisch und gar nicht kitschig. Weder die Stimmung eines Lebens im Sommer, Herbst und Winter auf Schottland, noch das Dorfleben in seinen Eigenarten und auch nicht die Atmosphäre einer Hausarztpraxis kommen beim Lesen wirklich rüber. Auch die Emotionen zwischen Christina und Aidan, ihre entflammte Liebe zueinander, wird in den Zeilen (im Gegensatz zur Verletzung der Einzelpersonen) uns nicht wirklich nahe gebracht.
Das Ende kommt dann mit großer Wucht und wird ein bisschen wie ein großer Stein, der all die zarten Anfänge zertrümmert, so dass wir einigermaßen ratlos zurückbleiben. Schade. Anderen Autorinnen gelingt es in diesem Sujet durchaus besser, Atmosphären und Stimmungen rüberzubringen.

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  • Gefühl
Veröffentlicht am 14.06.2022

Panorama der Nachkriegszeit

Aufbruch voller Sehnsucht
0

Im zweiten Band der böhmischen Saga flieht Erika mit ihrer Tante und einer Freundin von den Tschechen aus ihrer Heimat und landet zunächst in Österreich bei Freunden/Verwandten. Es beginnt eine Zeit der ...

Im zweiten Band der böhmischen Saga flieht Erika mit ihrer Tante und einer Freundin von den Tschechen aus ihrer Heimat und landet zunächst in Österreich bei Freunden/Verwandten. Es beginnt eine Zeit der Neuorientierung und Suche, in der der Verlust verarbeitet werden muss und gleichzeitig das Leben wieder neu in Angriff genommen wird. Während die Tante sich in ihrem Griesgram verhängt, knüpft Erika schnell neue Kontakte, findet sich unter den neuen Gegebenheiten zurecht und kann durch ihren Überlebenswillen auch die anderen versorgen. Außerdem finden sich bald sehr viele ehemaligen Hohenfurther in ihrem Umkreis ein. Wir begleiten Erika dann die nächsten 10 Jahre, in denen sie von einer jungen lebenslustigen Frau zu einer pflichtbewussten Mutter wird, die sich nur noch „nebenher“ privates Vergnügen und private Kontakte erlaubt.
Der Ban ist ein Panorama des Lebens in der Nachkriegszeit. Alle im 1. Band angerissenen Biografien, seien sie noch so am Rand gelagert, werden fortgeführt, was ihm nicht nur einen großen Umfang, sondern auch eine Fülle an Einzelerzählungen beschert, was dem Lesevergnügen nicht unbedingt dient. Um den Erzählfortgang zu beschleunigen gibt es immer wieder größere Sprünge und vor allem müssen die Protagonistinnen viele Herausforderungen ziemlich schnell und ziemlich erfolgreich bewältigen, was dem Ganzen einen unglaubwürdigen Anstrich gibt. Wer große Literarische Kunst sucht ist hier eher nicht glücklich. Wer unterschiedliche Einblicke in das Leben der Nachkriegszeit erhalten und gut unterhalten sein will, dem sei das Buch empfohlen.

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Veröffentlicht am 05.01.2022

eine anrührende Geschichte

Der Friesenhof
2

Eine anrührende Geschichte von einer Familie voller Frauen, kurz nach dem Ende des 2. Weltkrieges: verwittwet, verlassen oder anderweitig einsam finden sie den Mut, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen ...

Eine anrührende Geschichte von einer Familie voller Frauen, kurz nach dem Ende des 2. Weltkrieges: verwittwet, verlassen oder anderweitig einsam finden sie den Mut, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und müssen sich dabei allerlei Widerständen entgegenstellen: die Sitte, die Moral, die Tradition – alles scheint gegen sie zu sprechen. Und so kämpft jede zunächst mit sich und dann mit den anderen, bis sie sich versöhnen bzw. zumindest zusammenraufen.
Wir lernen viel: über die Schäden, die der Krieg in den Köpfen der Männer eingebrannt hat; über die weitgehende Ohnmacht von Frauen, aber auch ihre Geschichlickeit, die verbliebenen Möglichkeiten zu nutzen; über Solidarität und Fremdenhass genauso wie über die Aufbruchsstimmung und das Sehnen nach einer Heilen Welt.
Bedauerlich ist, dass dieser 1. Band keinen eigenständigen Abschluss findet. Er ist zu sehr auf die Fortsetzung angelegt, weshalb viele Fragen offen bleiben.

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