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Veröffentlicht am 12.01.2022

Eine Geschichte von Schuld, Schweigen und Erlösung und eine Hymne auf Individualität und das Leben!

Heimweh
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Es ist ein Sommertag in der irischen Provinz. Sechs junge Menschen fahren ans Meer, um sich zu amüsieren, aber am Abend ist ihre Welt nicht mehr die, die sie am Morgen war.

Ihr Auto ist auf dem Rückweg ...

Es ist ein Sommertag in der irischen Provinz. Sechs junge Menschen fahren ans Meer, um sich zu amüsieren, aber am Abend ist ihre Welt nicht mehr die, die sie am Morgen war.

Ihr Auto ist auf dem Rückweg in ihren Heimatort Mullinmore verunglückt und in den Entwässerungsgraben gerutscht. Drei der Insassen, Bernie und David, die am nächsten Tag heiraten wollten und ihre Brautjungfer Carmel sterben. Carmels Schwester Linda überlebt schwer verletzt. Der Sohn des Arztes, Martin, und Connor, dessen Eltern der Pub gehört, überleben. Dann sagt Connor aus, er habe den Unfallwagen gefahren, doch eigentlich hatte er gar nicht zur Clique gehört.

Der kleine Ort befindet sich in Schockstarre und Connor wird zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Doch wie soll er mit dieser Schuld weiterleben? Im Dorf kennt jeder jeden und nichts wird je vergessen. Der Pub wird kaum noch besucht und die Menschen meiden Connors Familie.
Schließlich organisiert der Vater ihm eine Arbeit im Baugewerbe in Liverpool. Dort kennt ihn niemand, es ist weit genug weg und er hat die Chance auf einen Neuanfang. Connors Vater meint, so ist es das Beste, ohne zu ahnen, dass sie Connor für eine sehr lange Zeit nicht wiedersehen werden.

Das Leben geht weiter. Connor lebt seines in Liverpool und anderswo und meidet konsequent den Gedanken an seine Heimat und den Unfalltag. Von einem Besuch zuhause in Mullinmore ist er weit entfernt.

„Er hatte seine eigene Welt gefunden und sah keine Möglichkeit, beide Welten zusammenzubringen.“

Zwanzig Jahre später arbeitet er in einer Bar in New York als Barkeeper. Eines Tages betritt ein junger Mann die Bar und die beiden sind sich sofort sympathisch. Nach kurzer Zeit stellen Sie fest, dass sie etwas sehr Entscheidendes verbindet, etwas, das mit Irland und ihrer Vergangenheit zu tun hat.
Plötzlich ist alles wieder präsent und die Ereignisse nehmen ihren Lauf.

Die Geschichte um den Protagonisten Connor war gut und flüssig lesbar. Ich konnte mir die irische Kleinstadt Mullinmore mit ihren Bewohnern und zwischenmenschlichen Beziehungen, dem täglichen Einerlei und ihrer Idylle bildlich und sehr lebhaft vorstellen. Genauso anschaulich ist dem Autor die Beschreibung der Metropolen gelungen.

„Selbst in Dublin hätte er sich niemals so frei gefühlt, so rein gewaschen wie in den Flüssen der Anonymität, die durch die Straßen Londons strömten.“

Die Frage der Schuld an den tragischen Umständen, die Scham und der Schmerz, der damit einhergeht, und letztlich die Erlösung sind sprachlich wunderbar beschrieben.
Im Laufe der Geschichte werden Geheimnisse offenbart, die die Ereignisse immer wieder in eine andere Richtung lenken. Und plötzlich muss man die Romanfiguren aus einem neuen Blickwinkel betrachten. Die Zusammenhänge und Identitäten ändern sich, während man Connors Lebensweg über viele Jahre und 380 Buchseiten gerne „begleitet“.

Das Buch hat mich gefesselt und begeistert und ich war sehr froh über einen emotionalen und versöhnlichen Ausgang der Erzählung.

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Veröffentlicht am 11.01.2022

Raffinierter, super spannender Thriller

Thirteen
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Joshua Kane, ein skrupelloser Mörder und akribischer Planer, schmerzunempfindlich, manipulativ und eiskalt.
Sein Wahnsinnsplan ist es, Straftaten und Morde zu begehen, bei diesem teuflischen Spiel am ...

Joshua Kane, ein skrupelloser Mörder und akribischer Planer, schmerzunempfindlich, manipulativ und eiskalt.
Sein Wahnsinnsplan ist es, Straftaten und Morde zu begehen, bei diesem teuflischen Spiel am Ende in der Geschworenenjury zu sitzen und dabei zuzusehen, wie ein anderer für seine Taten verurteilt wird.

Eines seiner „Opfer“ ist der prominente Hollywoodstar Robert Solomon, der angeklagt ist, seine Frau und deren Bodyguard brutal ermordet zu haben. Alle Beweise und Indizien sprechen gegen ihn. Eindeutige DNA-Spuren und Fingerabdrücke scheinen keine Zweifel an seiner Schuld aufkommen zu lassen.

Strafverteidiger Eddie Flynn wird zu dem Fall hinzugezogen. Sofort hat er den Eindruck, dass Solomon unschuldig ist. Irgendetwas passt hier nicht zusammen. Er beginnt zu ermitteln.
Flynn hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen zu helfen, die wegen eines vermeintlichen Verbrechens angeklagt sind. In seiner Vergangenheit hat er Familie und Karriere durch einen einzigen Fehler und seinen Hang zum übermäßigen Alkoholgenuss verloren und das will er nun wieder gut machen. Dabei geht er notfalls auch unkonventionelle Wege und interpretiert die ein oder andere Vorschrift großzügig für seine Zwecke, um das bestmögliche für seinen Mandanten herauszuholen.

Eine atemlose Jagd nach dem wahrhaftigen Täter kann beginnen …

Dabei schaffen es Justiz und Polizei nicht immer, gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Hat womöglich der Serienkiller „Dollar Bill“ irgendetwas mit diesem Geschehen zu tun? Nur langsam lichtet sich das Dunkel um diesen komplexen Fall.

Die Kapitel um Eddie Flynn sind in der Ich-Form geschrieben. Das macht ihn und sein chaotisches Leben sehr sympathisch. Der Leser ist mittendrin, fiebert und ermittelt mit.
Alles rund um Joshua Kane ist in der dritten Person geschrieben und man hat schon dadurch einen gewissen Abstand zu seinen raffinierten Gräueltaten und abgrundtief schlechten Charakterzügen.

Die Geschichte ist nicht eindeutig ein Justizthriller, aber sie hat einen Hauch davon. Für mich ist es eine gute Mischung mit einem sympathischen Ermittler, einem raffinierten Verbrechen und einem unausstehlichen Täter. Eine Komposition, die jede Menge Spannung verspricht und gegen Ende ihren Höhepunkt erreicht. Eine tolle Plotidee!

Ein Thriller, für den man gerne auch mal eine Nachtschicht einlegt, weil die Neugier auf den Ausgang nicht bezwingbar ist.

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Veröffentlicht am 01.01.2022

Aufregend, großartig, empörend und zum Schreien ungerecht.

Die Geschichte eines Lügners
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Was für ein Buch! Ich kann gar nicht so genau sagen, ob es mich fasziniert oder doch einfach nur empört hat. Aber sehr gut war es in jedem Fall!
John Boyne erzählt die Geschichte von Maurice Swift. Er ...

Was für ein Buch! Ich kann gar nicht so genau sagen, ob es mich fasziniert oder doch einfach nur empört hat. Aber sehr gut war es in jedem Fall!
John Boyne erzählt die Geschichte von Maurice Swift. Er ist Schriftsteller auf dem Weg zu seinem großen Erfolg, denn den will er unbedingt.Der Schreibstil seiner Texte ist großartig und das haben auch seine Kritiker erkannt. Erzählen war schon immer seine Stärke.
Aber leider hat Maurice Swift dieses eine kleine Problem: Er ist nicht in der Lage, eine eigene Idee für seine Werke zu entwickeln. Ein zündender Plot will ihm einfach nicht einfallen. Ein nicht unerhebliches Handicap für einen Autor.

Skrupellos ist er ständig auf der Suche nach einer vielversprechenden Geschichte.

Ein ganzes Leben lang nutzt er seine Mitmenschen aus, wittert in jedem Lebenslauf und in jeder Story seiner Schützlinge eine Idee, die seinen großen Durchbruch ermöglichen könnte. Dabei geht er wortwörtlich über Leichen und macht nicht einmal bei der eigenen Familie halt. Bei seinem persönlichen Feldzug ist er zu allem Überfluss noch so interessiert, charmant und gutaussehend, dass ihm alle Welt zu Füßen liegt.

Am Ende wird er bekommen, was er verdient. Doch selbst in der allerletzten Ausweglosigkeit schafft er es, seine Gefährten zu betrügen und sich wieder und wieder ins Gespräch zu bringen. Es ist zum Verrücktwerden!

Die gesamte Story las sich fast wie ein Krimi im Schriftstellermetier.

Der Protagonist ist ein richtiges Ekel, ein Gauner und Betrüger und es war nicht immer einfach mit diesem unangenehmen Egoisten meine Lesestunden zu verbringen. Aber mir gefällt Boynes Schreibstil, die sprachliche Klarheit, mit der er Geschichten schafft und sie immer wieder mit der richtigen Portion Humor und Spannung würzt. Das Buch ist in verschiedene Erzählperspektiven unterteilt, in denen unterschiedliche Personen in der ICH-Perspektive zu Wort kommen. Eine interessante und abwechslungsreiche Kombination.

Der Ausgang der Geschichte hat mich weitgehend versöhnt und die Gerechtigkeit zumindest teilweise siegen lassen.

Maurice Swift, Die Geschichte eines Lügners: Aufregend, großartig, empörend und zum Schreien ungerecht.

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Veröffentlicht am 01.01.2022

Grandiose Familiengeschichte mit viel Gespür für den Moment!

Die Überlebenden
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Es ist die Geschichte einer Familie in Schweden. Die drei Brüder Pierre, Nils und Benjamin möchten der verstorbenen Mutter ihren letzten Wunsch erfüllen: Ihre Asche soll über dem Waldsee am Ferienhaus ...

Es ist die Geschichte einer Familie in Schweden. Die drei Brüder Pierre, Nils und Benjamin möchten der verstorbenen Mutter ihren letzten Wunsch erfüllen: Ihre Asche soll über dem Waldsee am Ferienhaus verstreut werden.

Eine Reise zurück in die Vergangenheit

Jedes Jahr verbrachte die Familie ihre Ferien am See. Jetzt sind die Brüder nach zwanzig Jahren wieder gemeinsam unterwegs dorthin. Nils, der große Verdränger, Pierre, der Aufbrausende und Benjamin, der sensible Beobachter.

„Wie ist es für dich wieder hier zu sein?“, fragt Nils.
„Keine Ahnung“, antwortet Benjamin. „Es ist, als würde ein Teil von mir sagen, dass ich zu Hause bin. Und ein anderer Teil brüllt: Lauf weg!“


Die Reise zurück in ihre Kindheit beginnt und jeder von ihnen hat seine persönlichen Wahrnehmungen, Verletzungen und Traumata im Gepäck. Die Puzzleteile ihrer Erinnerungen ergeben nach und nach einen klareren Blick auf die damaligen Ereignisse. Was ist wirklich passiert? Warum sind sie zu den Menschen geworden, die sie heute sind?

Vorwärts und rückwärts erzählt!

Der Autor erzählt die Geschichte, die in der Gegenwart spielt, rückwärts, während die Rückblenden in die Vergangenheit chronologisch geschrieben sind. Eine tolle, raffinierte Vorgehensweise, die es unmöglich macht, das Buch aus der Hand zu legen.

Alex Schulman hat ein großartiges Gespür für den Moment des Alltäglichen und die kleinen, scheinbar unbedeutenden Dinge im Leben. Er öffnet dem Leser die Augen für das Gefühl „Dazwischen“ und erzählt eine sehr bewegende und intensive Familiengeschichte, die mich am Ende überrascht und sehr bewegt zurücklässt.

Großartig! Absolute Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 30.11.2021

Ein spannender Krimi in dänischem Ambiente!

Winterland
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Martin Junckersen, genannt Juncker, ist einer der besten Mordermittler Dänemarks. Strafversetzt aus Kopenhagen leitet er seit kurzem die Polizeistation in seiner ehemaligen Heimatstadt Sandsted. Sein neues ...

Martin Junckersen, genannt Juncker, ist einer der besten Mordermittler Dänemarks. Strafversetzt aus Kopenhagen leitet er seit kurzem die Polizeistation in seiner ehemaligen Heimatstadt Sandsted. Sein neues Team wird durch eine Polizeiassistentin und einen Polizeischüler ergänzt.
Es ist kein Traumposten, aber sein zunehmend dementer Vater braucht Unterstützung, und die Beziehung zu seiner Frau ist sowieso gerade aus unterschiedlichen Gründen zum Zerreißen gespannt. So schlägt er zwei Fliegen mit einer Klappe und zieht kurzerhand wieder in sein ehemaliges Kinderzimmer im Elternhaus ein.

Juncker erwartet keine spektakulären Fälle in der Kleinstadt. Das neu gegründete Asylantenheim bedarf zwar einer gewissen Polizeipräsenz, aber dass er wenige Tage nach Dienstbeginn die erste Leiche findet, überrascht ihn dann doch.

Zwei spektakuläre Fälle, die sich aufeinander zubewegen!

Seine ehemalige Kollegin Signe Kristiansen ermittelt weiter in Kopenhagen und wird zur leitenden Polizeibeamtin ernannt, als am 23. Dezember auf dem Weihnachtsmarkt eine Bombe explodiert. Sie hatte sich so auf ein paar ruhige Weihnachtstage gefreut, aber es ist wie immer: Die Arbeit geht vor und ihre Familie, das Weihnachtsfest und der Jahreswechsel müssen hintenanstehen. Ihr Mann Nils wird zunehmend unzufriedener, aber Signe hat im Moment gar keinen Kopf für private Auseinandersetzungen.

Mit Hochdruck arbeitet das Team an der Aufklärung des Anschlages, doch zunächst gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Plötzlich führen die Spuren in die Provinz nach Sandsted. Es scheint eine Verbindung zwischen beiden Fällen zu geben und darüber hinaus brisante Hinweise, dass möglicherweise sogar der dänische Geheimdienst seine Finger im Spiel hat …

Ein Thriller mit aktuellen Themen und gar nicht so weit weg von der Realität. Die Protagonisten sind durchweg authentisch, sehr sympathisch und könnten so tatsächlich irgendwo existieren und ermitteln.
Kim Faber begann dieses Buch mit und über den Polizisten Juncker. Als Janni Pedersen das Autorenteam vervollständigte, bestand sie auch auf eine weibliche Figur im Roman und Signe Kristiansen war „geboren“.

Eine sehr gut geschriebene Story, raffiniert konstruiert und bis zum Ende mit Spannung zu genießen.

Der zweite Band des Ermittlerduos ist bereits in Arbeit und ich bin sehr neugierig, welche Aufgaben in Zukunft auf die beiden warten.

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