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kathieder

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.08.2021

Ein Lichtblick in einer dunklen Zeit

Ein neuer Morgen für Samuel
1

Der Franzose Jean-Luc lebt schon seit Jahren mit seiner Frau und ihrem Sohn Samuel in den USA. Eines Tages wird er von schwarz gekleideten Männern von Zuhause abgeholt und Jean-Luc wird unfreiwillig erneut ...

Der Franzose Jean-Luc lebt schon seit Jahren mit seiner Frau und ihrem Sohn Samuel in den USA. Eines Tages wird er von schwarz gekleideten Männern von Zuhause abgeholt und Jean-Luc wird unfreiwillig erneut mit seiner Vergangenheit konfrontiert. 1944 verrichtete er Frankreich seinen Dienst als Gleisarbeiter. Züge sieht er nie. Antworten bekommt er keine. Doch dann kommt es zu einem technischen Effekt und mit einem Schlag ändert sich sein ganzes
Leben.

Aufbau und Spannungsbogen

Die Geschichte, die uns Ruth Druart hier präsentiert, gliedert sich in zwei Abschnitte: zum einen spielt sie in der Vergangenheit – in Frankreich des Jahres 1944 und zum anderen in der Gegenwart, die von dieser Zeit stark beeinflusst wird. Obwohl man das Schicksal der verschiedenen Charaktere durch die Kapitel in der Gegenwart und den Klappentext bereits kennt, ist es eine interessante und durchaus spannende Reise. Das Buch ist an keiner Stelle langatmig oder fad. Wie ein junger Bach plätschert sie unaufhörlich dahin – manchmal schneller, gelegentlich etwas langsamer. Aber stets in Bewegung. Eine Geschichte, die fesselt bis zum Schluss.

Schreibstil

Die Autorin besitzt ein unglaubliches Fingerspitzengefühl, dass bei einer solchen Handlung auch von Nöten ist. Trotz der düsteren Thematik besitzt sie einen leichten Schreibstil, so als würde sie auf Zehenspitzen durch das Leben tanzen. Auf den ersten Blick scheint dieser Stil nicht zu dieser Art von Geschichte passen, aber dem ist nicht so. Mit viel Emotion und moralischen Konflikten zieht Ruth Druat in ihren Bann. Was würdest du in einer solchen Situation tun? Was ist richtig, was ist falsch? Sie stellt diese Fragen, ohne zu richten, ohne zu urteilen. Sie stehen im Raum und gehen nicht mehr aus dem Kopf.

Charaktere

Die Geschichte wird von fünf Charakteren erzählt: von
Jean-Luc, seiner Frau Charlotte, Samuels Eltern David und Sarah und von dem Jungen selbst. Die unterschiedlichen Erzählperspektiven beleuchten die Geschichte von allen Seiten. Denkweisen und Handlungen werden klarer, verständlicher. Sie alle haben ihre Fehler, ihre Macken und Eigenheiten. Sie sind nicht perfekt. Keiner von ihnen. Und deshalb wachsen sie einem ans Herz. Weil sie ihre Fehler machen, diese einsehen und versuchen daraus zu lernen.

Fazit

Ein wunderbares Buch, das hoffentlich noch viele Menschen lesen werden. Es erzählt von einer Zeit, die man nicht vergessen sollte, in der Menschen Unaussprechliches erleben mussten, die Zahlreiche nicht überlebt haben. Bücher darüber gibt es viele. Aber dieses ist anders. Es erzählt nicht nur vom Schmerz und vom Tod, sondern richtet seinen Fokus auf ein kleines Stückchen Hoffnung: auf den kleinen Samuel, der überlebte.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Thema
Veröffentlicht am 12.02.2022

Rätsel der Geschichte

Ein Präsident verschwindet
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Der Krieg ist vorbei, aber Deutschland ist gespalten. Verschiedene Siegermächte und diverse Ideologien trennen das Land und seine Bewohner. Kommunismus steht dem Kapitalismus gegenüber. Der Krieg ist vorbei, ...

Der Krieg ist vorbei, aber Deutschland ist gespalten. Verschiedene Siegermächte und diverse Ideologien trennen das Land und seine Bewohner. Kommunismus steht dem Kapitalismus gegenüber. Der Krieg ist vorbei, aber Frieden herrscht noch lange nicht.

Ein Bild erregt die Gemüter in West-Berlin: Der Verfassungsschutzpräsident Otto John in Ost-Berlin. Was macht er dort? Wurde er entführt oder überschritt er freiwillig die Grenze? Philipp Gerber soll das herausfinden. Der Geheimdienst hat bereits einen Verdacht, den er bestätigen soll: eine junge Frau soll Otto John zum Übertritt animiert haben. Doch Gerber zweifelt diese Aussage an: denn diese Frau ist niemand anderes als seine Geliebte Eva Herden. Und dass kann er nun wirklich nicht glauben. So etwas würde Eva niemals tun! Oder etwa doch?

Sprache und Stil

Gliedsätze, bildhafte Szenenbeschreibungen und unterschiedliche deutsche Dialekte prägen den Erzählstil von Ralf Langroth. Es ist verständlich und leicht geschrieben. Immer wieder spielt der Autor auf den Vorgängerband an, aber es stört nicht, wenn man diesen, wie ich, nicht gelesen hat. Ein abrupter Einstieg ins Buch, überraschende Wendungen, relativ kurze Kapitel und eine rasche Erzählweise machen es praktisch unmöglich das Buch aus der Hand zu legen.

Das Cover

Wie auch bei „Die Akte Adenauers“ prangt am
Umschlag des Buches ein altes Foto aus dieser Zeit. Der grünliche Schimmer sowie die Schreibmaschinenartige Schrift kombiniert mit dem historischen Foto versetzen einen sofort in die Zeit, in der die Handlung des Thrillers angesetzt wird. Der Buchtitel sowie der Klappentext versprechen ein interessantes Leseerlebnis von einer Zeit, die viele noch selbst erlebt haben, die ich selbst jedoch nur aus Erzählungen kenne.

Fazit

„Ein Präsident verschwindet“ ist ein hervorragend recherchiertes Buch, das durch wechselnde Erkenntnisse und aktionsgeladene Szenen ein angenehmes Leseerlebnis dargestellt hat. Langweilig war es nie, aber der Schluss war für mich persönlich etwas zu rosig, aber das ist reine Geschmackssache.

Ein politischer Thriller aus der Nachkriegszeit – für Interessierte auf jeden Fall empfehlenswert. Wer bei dem Thriller auf blutige und psychische Extremfällte der Menschheit treffen will, ist hier jedoch an der falschen Adresse.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.06.2021

Ein Leben am Meer

Neuanfang in Porthmellow
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Zum Buch

Knapp sieben Jahre ist es her, dass Marinas Mann Nate von seinem Ausflug mit dem Boot nicht zurückgekehrt ist. Verschollen in den Wellen. Als Andenken an ihn errichtet Marina in Porthmellow eine ...

Zum Buch

Knapp sieben Jahre ist es her, dass Marinas Mann Nate von seinem Ausflug mit dem Boot nicht zurückgekehrt ist. Verschollen in den Wellen. Als Andenken an ihn errichtet Marina in Porthmellow eine Wachstation, damit solch ein Unglück in Zukunft verhindert werden kann. Als sie den attraktiven Lachlan kennenlernt, stellt sie sich zum ersten mal seit Jahren die Frage, ob sie bereit ist, ihren Mann endgültig loszulassen und neu anzufangen.
Sie bekommt Besuch von ihrer Cousine Tiff, deren Leben gerade alles andere als rosig verläuft. Sie braucht eine Auszeit und das ruhige Porthmellow kommt ihr gerade recht. Doch dann trifft Tiff auf Marinas attraktiven, aber grimmigen Nachbar Dirk und das mit der Ruhe ist leichter gesagt als getan.

Sprache, Stil und Spanungsbogen

Zahlreiche Dialoge und schlichter Satzaufbau ermöglichen ein angenehmes Leseerlebnis. Die Geschichte wird abwechselnd aus den Sichten der beiden Frauen geschildert, die sehr unterschiedliche Blickwinkel auf das Leben und auf Menschen besitzen. Die Geschichte beginnt als Idyllisches Dorfleben. Mit der Zeit beginnt die Fassade zu bröckeln. Versteckter Schmerz, Ängste und Vorurteile finden ihren Weg nach draußen und ermöglichen, die Charaktere besser kennen zu lernen und zu verstehen.

Ein Dorf am Meer

Von der ersten Seite an spürt man die Nähe zum Meer. Ein kleines Dorf. Jeder kennt jeden. Eine funktionierende Gemeinschaft und das Gefühl von Sommer. Ideal, um ein Gefühl von Freiheit zu verspüren. Bildhafte und gefühlsreiche Beschreibungen führen zu Kino im Kopf und einem einzigartigen Leseerlebnis.

Die Charaktere

Marina ist ein sehr bodenständiger und sensibler Mensch. Sie glaubt fest an das Gute im Menschen. Erst durch ihre Begegnung mit Lachlan beginnt sie, Nates Tod wirklich zu verarbeiten und ihn Stück für Stück loszulassen. Ein wahnsinnig liebevoller Charakter, den man einfach ins Herz schließen muss.

Tiff ist das absolute Gegenteil von Marina. Sarkastisch und skeptisch analysiert sie die Menschen um sich herum. Hinter ihrer schillernden Fassade versteckt sich ein weicher Kern, den sie nicht gern zur Schau stellt. Die Maske fallen zu lassen bedeutet auch, verletzlich zu sein.

Fazit

Normalerweise habe ich es nicht so mit Liebesromanen. Aber dieser hier hat mir echt gut gefallen. Die traumhafte Gegend, die detaillierten und bildhaften Beschreibungen und das pure Gefühl von Sommer machen es möglich, dieses scheußliche Virus einmal zu vergessen und abzutauchen in den Urlaub, der uns allen verwehrt wurde. Persönliche Probleme und Herausforderungen prägen die Charaktere. Sie alle entwickeln sich weiter, machen Schritte aufeinander zu. Das Leben wird greifbar nah in diesem Roman, der von Beginn an verzaubert.
Ein berührendes Buch über Trauer und Neuanfang. Von Mut und Herzlichkeit. Absolut empfehlenswert.

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  • Charaktere
  • Cover
  • Gefühl
Veröffentlicht am 13.01.2024

KRIEG IST FRIEDEN. FREIHEIT IST SKLAVEREI. UNWISSEN IST STÄRKE.

Julia
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JULIA – eine bekannte Geschichte, die durch neue Augen erzählt wird, und dabei kein bisschen von seiner erschreckenden Brutalität und Aktualität verloren hat.

„Julia, was würdest du von denjenigen halten, ...

JULIA – eine bekannte Geschichte, die durch neue Augen erzählt wird, und dabei kein bisschen von seiner erschreckenden Brutalität und Aktualität verloren hat.

„Julia, was würdest du von denjenigen halten, die dich für diene Taten hassten?“ […]„Die wissen nicht, wie es ist. Es ist immer einfach, über etwas zu urteilen, was man nicht versteht. Sie halten sich für überlegen, aber sie haben keine Ahnung.“
„Sie wurden noch nie vor eine so schwierige Wahl gestellt“
„Ja. Sie wissen nicht, wie sie sich in einer ähnlichen Situation verhalten würden.“


Mit 1984 hat George Orwell ein Werk geschaffen, das zu einem Klassiker in der Weltliteratur aufgestiegen ist. Mit Julia wirft Sandra Newman erneut einen Blick in diese düstere Welt , die auch nach all den Jahren nicht an ihrer drohenden Aktualität eingebüßt hat.

Anders als Winston, der Antiheld aus Orwells‘ Vorlage, versucht Julia nicht, zwingen aus dem System auszubrechen sondern sucht einen Weg, in dieser menschenunwürdigen Welt bestmöglich zu überleben. Sie bewegt sich innerhalb der engen Grenzen, die gesetzlich auferlegt werden und findet die Möglichkeit, das Beste aus ihrer Situation zu machen. Ihr vermehrter Kontakt mit Winson ist der Beginn vom Ende.

Du glaubst, dass es möglich ist, eine geheime Welt zu erschaffen, in der du leben kannst, wie du willst – alles, was du brauchst, ist Glück, List und Kühnheit, solange bist du in Sicherheit. Aber das Individuum wird immer unterliegen. Du musst selbst erkennen, dass du de Untergang geweiht bist ja, tief in deinem Herzen weißt du das schon ganz genau. […] Wir sind die Toten.

Sandra Newman verfügt über die Gabe, schreckliche Geschichten mit wunderschönen Worten zu erzählen. Die Melodie ihrer Sprache scheint vom Paradies zu kommen, während sie in Wahrheit von der Hölle berichtet.

Ihr wurde bewusst, dass Luxus ebenso sehr aus der Abwesenheit von gewissen Dingen bestand wie aus dem Überfluss anderer.

Immer wieder klammern sich die Gedanken an ein positives, hoffnungsvolles Ende. Doch mit jeder Seite wird die Dunkelheit und Grausamkeit der Welt intensiver und unerträglicher. Es ist, als folge man Dantes Weg durch die Kreise der Hölle: ein jeder scheint an Grausamkeit nicht zu überbieten zu sein, doch folgt im nächsten ein noch viel schlimmeres Schicksal. So war es bei Orwell, und so ist es auch bei Julia.

In diesem Spiel, das wir da spielen, können wir nicht gewinnen. Manche Arten des Scheiterns sind besser als andere. Ganz einfach.

Fazit

Julia ist ein fesselndes Buch. Grausam und irgendwie so nah dran an der Wahrheit der menschlichen Natur. Der Urinstinkt des Menschen gilt dem Überleben. Am Ende zählt jeder für sich. Was Orwell begonnen hat, hat Sandra Newman vollendet. Sie hat ein Werk geschaffen, dass trotz allem schwer aus der Hand zu legen ist. Ein Buch, in dem so viel mehr steckt, als es zunächst den Anschein hat. Eine Heldin, die keine ist. Die man versteht, oder auch nicht. Eine Protagonistin, die ihr eigenes Überleben über die moralischen Vorstellungen einer Gesellschaft stellt, die gemütlich mit einer Tasse Tee vor dem warmen Kamin sitzen und in die düsteren Seiten des Buches hinableiten.

Julia ist ein beklemmendes, düsteres Werk. Aber eines, dass gelesen werden sollte. Ebenso wie der Klassiker, auf dem dieses Buch aufbaut. Es ist spannend geschrieben, wunderschön erzählt und hält dabei der Welt einen Spiegel vor.

Die kursiv geschriebenen Stellen sind direkt aus dem Buch entnommen

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  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 29.01.2022

Kampf dem Staub

The Maid
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Ein Tag wie jeder andere. Mollys Dienstmädchenuniform hängt frisch gebügelt und gewaschen an ihrem Spind, der Putzwagen ist neu aufgefüllt und motiviert wie immer startet sie in ihren Arbeitstag. Selbst ...

Ein Tag wie jeder andere. Mollys Dienstmädchenuniform hängt frisch gebügelt und gewaschen an ihrem Spind, der Putzwagen ist neu aufgefüllt und motiviert wie immer startet sie in ihren Arbeitstag. Selbst die Unordnung in der Suite von Mr. und Mrs. Black ist nichts Ungewöhnliches. Ungewöhnlich ist jedoch, dass Mr. Black am Fußboden herumliegt. Und das, ohne zu atmen.
Schlagartig ändert sich Mollys geregeltes Leben. Die Spurensicherung versperrt ihren Arbeitsbereich, die Polizei stellt unangenehme Fragen und schließlich wird sie auch noch gebeten, von der Arbeit fernzubleiben. Dabei hat sie nichts falsch gemacht. Hat sich an die Belehrungen von Mr. Snow, dem Hoteldirektor gehalten und stets die Etikette des Anstands bewahrt. Und dafür gesorgt, ihrer Arbeit gewissenhaft nachzugehen – trotz der schrecklichen Umstände. Die Polizei findet Mollys Arbeitswillen höchst verdächtig und findet auch genügend Gründe, um das Zimmermädchen ganz oben auf die Liste der Verdächtigen zu setzen.
Molly Maid
Ein klingender Name, der nicht besser passen könnte. Schon als Kind träumt Molly davon, Zimmermädchen zu werden. Nichts schöner als eine Suite in den Zustand der Perfektion zurückzuversetzen. Sauberkeit und Regeln beherrscht sie zur Perfektion. Zwischenmenschliche Beziehungen oder die Tiefe menschlicher Verschlagenheit weniger. Mit ihrer ungewöhnlichen Art zu Sprechen und etwas weltfremden Art dauert es nicht lange bis sie ins Fadenkreuz der Ermittler gerät und schnell lernt Molly den wahren Unterschied zwischen einem echten Freund und einem falschen Fuffziger.
Fazit
Witzig, erfrischend und mit einer Priese Ehrlichkeit, die einen aufrüttelt und über Vorurteile und voreilige Schlüsse nachdenken lässt. Eine neue Sichtweise im Genre des Krimis, die ich so noch nicht kannte und sehr genossen habe. Ein Gute-Nacht-Krimi zum Genießen.

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