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Veröffentlicht am 12.07.2022

Ein Frauenleben

Violeta
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Inhalt:
Das hundertjährige Leben von Violeta del Valle beginnt und endet mit einer Pandemie. Es umfasst Phasen des Wohlstands und Zeiten der Not, geschichtliche wie private Umbrüche, aufregende, stürmische ...

Inhalt:
Das hundertjährige Leben von Violeta del Valle beginnt und endet mit einer Pandemie. Es umfasst Phasen des Wohlstands und Zeiten der Not, geschichtliche wie private Umbrüche, aufregende, stürmische Zeiten. Isabel Allende portraitiert eine Frau, die hingefallen ist und immer wieder weitergemacht hat.

Meine Meinung:

Zu meiner Schande ist dieser der erste Roman der Autorin, den ich bislang gelesen habe. Es wird aber definitiv nicht der letzte gewesen sein. Feinsinnig und kurzweilig portraitiert Allende über so viele Seiten und Jahre hinweg ihre Protagonistin! Dicke Bücher zu schreiben und ausschweifende Geschichten, die den Spannungsbogen halten können, ist eine Kunst für sich. Ich finde, dicke Bücher, die das schaffen, sind die besten Bücher, weil sie Geschichten und Schicksale mit einer besonderen Art der Tiefe erzählen, von Familienbanden und komplizierten, Vielschichten Beziehungen berichten. Auch im Falle von „Violeta“ hätte man sicher an der ein oder anderen Stelle kürzen können, alles in allem bin ich jedoch der Meinung, dass die Geschichte in einem sehr passenden Tempo, nicht zu schnell und nicht zu langsam, aufgespannt wird.
Der Rahmen von Violetas Leben ist in diesem Fall ein Brief. Die Protagonistin schreibt für ihren Enkel die Geschichte ihres Lebens auf. Lange habe ich das nicht mehr gelesen, in der letzten Zeit verfestigt sich jedoch der Eindruck bei mir, dass diese Form des Romans wieder im Kommen ist.
Auf diese Weise schafft es die Autorin der Handlung eine Art Endgültigkeit zu verleihen. Violeta blickt auf ihr Leben zurück. Der Text ist eine Art Abgesang. eine letzte Würdigung, ein Fazit, Nostalgie und auch Wehmut. Liebevoll und voller Ehrlichkeit wird über Liebe, Leidenschaft, Mutterschaft, Trauer, Verrat, kurz gesagt die Höhen und Tiefen eines Frauenlebens gesprochen.
Ich mochte den Tonfall, in dem das geschieht und Violetas Stimme klang beim Lesen beinahe in meinen Augen. Ich habe das Buch unglaublich gerne und mit Genuss gelesen.

Fazit:

„Violeta“ ist ein überaus gelungener, faszinierender Roman einer großen Geschichtenerzählerin. Eines dieser großartigen, dicken Bücher, die sich rückblickend nur halb so lang anfühlen. Eine dringende Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 14.02.2022

Verzweifelt verliebt.

So reich wie der König
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Inhalt:

Casablanca, Marokko, Mitte der Neunzigerjahre:
Sarah ist eine sechzehnjährige Französin, die Tochter einer Prostituierten, ein Straßenmädchen, das am Rand einer Barackensiedlung aufwächst in ...


Inhalt:

Casablanca, Marokko, Mitte der Neunzigerjahre:
Sarah ist eine sechzehnjährige Französin, die Tochter einer Prostituierten, ein Straßenmädchen, das am Rand einer Barackensiedlung aufwächst in einer Stadt, in der entsetzliche Armut und unerhörter Reichtum eng nebeneinander existieren. Um sich selbst aufzuwerten, sucht sie die Aufmerksamkeit reicher Jungs, lässt sich von ihnen aushalten und führt sie an der Nase herum.
Driss stammt aus einer muslimischen Familie, der reichsten dieser Reichen, man sagt ihm nach, dass er „so reich wie der König“ sein soll. Darüberhinaus ist Driss hässlich und eigentümlich.
Sarah hält das nicht davon ab, ihn auszuersehen, als ihre persönliche Eintrittskarte in ein Leben voller Sorglosigkeit und Überdruss. Sarah will reich werden und dafür muss sie Driss heiraten.
Doch bald schon stellt sich heraus, dass der stille Junge auf dem Motorrad gar nicht so leicht zu knacken ist. Sie sucht mit aller Gewalt seine Nähe und als sie sie endlich findet, erkennt sie, dass sie in einer Welt lebt, in der sie alles voneinander trennt.

Meine Meinung:

„So reich wie der König“ von Abigail Assor ist eines meiner Highlights in diesem Frühjahr und bisher meine liebste Neuerscheinung in 2022. Das Buch verdient es gelesen zu werden. Feinfühlig und poetisch erzählt die Autorin von einer uns fremden Welt, von ihren Gesetzen und Zwängen, die zwei Jugendliche aus unterschiedlichsten Verhältnissen gleichermaßen in Ketten legen. Der Text wirkt unglaublich authentisch. Man spürt schnell, dass Abigail Assor selbst im Casablanca der Neunzigerjahre aufgewachsen ist. Sie scheut sich nicht davor diese Gesellschaft, das Patriarchat und seine schreiende Ungerechtigkeit zu kritisieren, zeichnet Bilder voller Glanz und Elend. Wenige Seiten haben gereicht und ich bin sofort wie durch ein Schwarzes Loch hineingesogen worden in die Atmosphäre dieser einzigartigen Geschichte. Die Sprache der Autorin ist dicht und schön, es ist ein Genuss sie zu lesen.
Sarah und Driss sind Figuren, die man nicht so schnell vergisst. Ich habe sie unglaublich lieb gewonnen und noch lange nach dem Lesen über die beiden nachgedacht.
Man darf nicht vergessen, wenn man „So reich wie der König“ liest, dass dieses Buch in erster Linie auch ein Gesellschaftsroman und nicht bloß eine Liebesgeschichte ist. Es geht um Geld, um das Haben und Nicht-Haben, und darum, was das mit den Menschen macht.
Assors Buch ist kein sexy Romance-Roman mit moralisch unfehlbaren Protagonisten. Armut und edle Motive vertragen sich auch im wirklichen Leben oft nicht. Das ist mir wichtig zu sagen, weil ich mir nicht erklären kann, wie man sich nicht in dieses Buch verlieben will, wenn man es mit den richtigen Erwartungen liest.
Das Ende von Sarah und Driss hat mich nach dem Lesen übrigens noch lange umgetrieben. Es ist perfekt für diese Geschichte, wenn auch nicht perfekt für dieses Leben.


Fazit:

Meine aller größte und eindringlichste Empfehlung, dieses wunderschöne Buch zu lesen, für das ich mir in den kommenden Wochen sehr viel Aufmerksamkeit wünsche. „So reich wie der König“ hat mich berührt und es hat von nun an einen sehr besonderen Platz in meinem Bücherherzen.

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Veröffentlicht am 24.01.2022

Farbenfrohe Düsternis

Milch Blut Hitze
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"Milch, Blut, Hitze" ist eine Sammlung von Kurzgeschichten der US-amerikanischen Autorin Dantiel W. Moniz, welche am 26.01.2022. bei C.H. Beck erscheint.

Die meisten Geschichten in „Milch Blut Hitze“ ...

"Milch, Blut, Hitze" ist eine Sammlung von Kurzgeschichten der US-amerikanischen Autorin Dantiel W. Moniz, welche am 26.01.2022. bei C.H. Beck erscheint.

Die meisten Geschichten in „Milch Blut Hitze“ sind kaum länger als zwanzig Seiten, trotzdem fangen sie auf beeindruckende Weise düstere Momente der Menschlichkeit und des Frauseins ein. Bei all der thematischen Dunkelheit erscheint mir die Sprache der Autorin dennoch farbenfroh und schillernd. Sie erzählt in flirrenden Bildern von Menschen am Scheideweg, in Lebenskrisen oder kritischen Lebensphasen. Sie spricht schmerzhaft ehrlich über Familien, von Müttern und Töchtern, über’s Heranwachsen, über Freundinnenschaften, über Schmerz.

Ich habe nicht alle Geschichten gleich gerne gelesen, aber mir hat jede einzelne von ihnen gut gefallen. Bei manchen von ihnen hatte ich das Gefühl, die Autorin hätte das Ende der Geschichte beim Schreiben selbst noch nicht gekannt, oder aber sie führt mich bewusst an der Nase herum. Man glaubt nämlich der zentrale Konflikt liegt klar auf der Hand und hofft auf eine Lösung des Problems, aber dann schlägt der Text plötzlich einen Haken und es tut sich etwas ganz Neues auf. Das fand ich unglaublich raffiniert und spannend. Außerdem schafft es Moniz, dass man auf wenigen Seiten eine Verbindung zu ihren Protagonisten findet und ein Gefühl für sie entwickelt. Das gelingt ihr besser, als es in so manchem dicken Buch der Fall ist.

Die Geschichten vereint übrigens auch, dass sie alle eine Art kosmische, immaterielle Ebene haben. Nicht unangenehm übernatürlich, nicht religiös, sondern mehr die Andeutung eines großen Ganzen oder eines großen Nichts. Auch das fand ich sprachlich und inhaltlich ausgesprochen schön.

Fazit:
Eine ganz große Leseempfehlung für „Milch Blut Hitze“, ein Buch, das mich in seiner Kombination aus Farben und Dunkelheit wirklich fasziniert hat.

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Veröffentlicht am 23.01.2022

Bella Roma

Der letzte Sommer in der Stadt
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Inhalt:

Rom, die ewige Stadt, ist die Hauptdarstellerin des Romans „Der letzte Sommer in der Stadt“ von Gianfranco Calligarich, der bereits 1973 erstmals veröffentlicht wurde. Leo, mit dreißig Jahren ...

Inhalt:

Rom, die ewige Stadt, ist die Hauptdarstellerin des Romans „Der letzte Sommer in der Stadt“ von Gianfranco Calligarich, der bereits 1973 erstmals veröffentlicht wurde. Leo, mit dreißig Jahren noch jung, aber dem eigenen Empfinden nach schon ziemlich alt, verschlägt es dorthin, um seiner Heimat Mailand und seiner Familie zu entfliehen. Er ist ein Träumer und Tagdieb, ein Pseudo- Intellektueller mit Alkoholproblem, der den Frauen und dem guten Leben frönt, ohne ein konkretes Lebensziel vor Augen zu haben. Eines Tages schließlich trifft er die schöne aber flüchtige Arianna und verliebt sich in sie.

Meine Meinung:
Hach ja. Bereits die Leseprobe zu diesem Roman hat mich begeistert und das gilt stellvertretend für das ganze Buch. Selten erwähne ich in meinen Rezensionen die Optik eines Buchs, aber es muss einfach gesagt sein, dass ich das sonnengelbe Cover gepaart mit dieser nebulösen Schwarzweiß-Fotografie wirklich unwiderstehlich finde.
„Der letzte Sommer in der Stadt“ ist eine Gesichte für Romantiker und Träumer. In seiner Atmosphäre und Bildsprache erinnert mich der Text an alte Kinofilme aus den Sechzigerjahren mit Romy Schneider oder Audrey Hepburn. Alles ist leicht und schwer zugleich, die Sonne brennt, das Leben flirrt, die Protagonisten schwimmen haltlos in der Geschichte und in ihrer Existenz, so wie in einem türkisblauen Swimmingpool. Jetzt werde ich selbst gleich rührselig romantisch und es fällt mir schwer, nüchtern zu rezensieren, ohne selbst ins Erzählen abzudriften. Aber genau das ist das Gefühl, das der Roman beim Lesen transportiert und ich habe es geliebt. Noch mehr hätte ich es wahrscheinlich geliebt, die Geschichte im Sommer oder (noch besser!) Im Urlaub zu lesen. Für diese Zeit ist es die allerbeste Lektüre, die ich mir vorstellen kann. Die sonnengetränkten Szenen, die der Autor zeichnet, kommen wahrscheinlich am besten zur Geltung, wenn es warm ist. Außerdem mochte ich die Art und Weise, wie er auf sehr sanfte und subtile Art, zwischenmenschliche Beziehungen einfängt und dabei einprägsame und gleichzeitig fast schon filmreife Charaktere zeichnet.

Fazit:

„Der letzte Sommer in der Stadt“ macht mich sehnsüchtig. Sehnsüchtig nach Sommer und längst vergangenen Zeiten. Ich möchte auch gerne eine junge freie Frau in einem Rom sein, das es in dieser Form wahrscheinlich längst nicht mehr gibt, möchte meine Tage zwischen Lebenslust und Weltschmerz verbringen und das Leben mit vollen Händen ausschöpfen. Mit diesem Buch bin ich es wenigstens einen kurzen Augenblick lang gewesen. Es ist eine wunderschöne Zeitreise nach Italien.

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Veröffentlicht am 17.01.2022

Krebsforscher in love

Die theoretische Unwahrscheinlichkeit von Liebe
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Inhalt:

Die Biologie-Doktorandin Olive forscht in Stanford über eine neuartige Methode zur Frühdiagnostik von Bauchspeicheldrüsen-Karzinomen. Dr. Adam Carlsen ist Dozent an ihrer Fakultät. Nicht nur irgendein ...

Inhalt:

Die Biologie-Doktorandin Olive forscht in Stanford über eine neuartige Methode zur Frühdiagnostik von Bauchspeicheldrüsen-Karzinomen. Dr. Adam Carlsen ist Dozent an ihrer Fakultät. Nicht nur irgendein Dozent, sondern der gefürchtetste von allen, der (trotz seines jungen Alters und guten Aussehens) regelmäßige Studierende zum Weinen bringt.

Um ihre beste Freundin davon zu überzeugen, dass Olive entgegen aller Vermutungen, ein sehr erfülltes Liebesleben besitzt, kommt sie eines späten Abends auf die waghalsige Idee irgendeinen fremden Mann auf dem Flur des Fakultätsgebäudes zu küssen. Unglücklicherweise erwischt sie dabei ausgerechnet Dr. Carlsen und das, was eben noch als kleine Notlüge begonnen hat, gerät schnell außer Kontrolle. Plötzlich denkt ganz Biologie-Stanford, dass die beiden miteinander ausgehen und es bleibt ihnen nichts anderes übrig, als eine Beziehung vorzutäuschen. Mit den üblichen Folgen natürlich…

Meine Meinung:
Also machen wir uns nichts vor: Fake-Dating ist wirklich nichts Neues. Fake-Dating unter Forschenden an einer Eliteuniversität vielleicht schon eher.

Ich wollte dieses Buch unbedingt lesen, weil es so viele meiner ganz persönlichen Nerven trifft. (Kann man das so sagen? Ich glaube nicht, ich sag’s aber trotzdem.)

Jedenfalls: Es ist ein Liebesroman, im Umfeld einer Universität, mit Medizinbiologie. Genau mein Fall. Und exakt das, was ich in diesen dunklen Dezembertagen so dringend gebraucht habe. Meine letzten Lektüren habe ich eher als bedrückend empfunden, sodass ich kurzerhand meine komplette Leseplanung dafür gecancelled habe.

Das Buch selbst hat dann wirklich auch all meine Erwartungen erfüllt. Es ist humorvoll, modern, an der ein oder anderen Stelle auch mal ernst. Das Buch ist sich seltsam bewusst darüber, dass es ein Klischee bedient und macht sich auch ab und zu darüber lustig. So wie es sich über viele andere Dinge lustig macht und an der ein oder anderen Stelle deutlich überzeichnet ist. Ich mochte das sehr, weil es genau für diese Geschichte so gut gepasst hat!

Phasenweise habe ich das Grinsen kaum noch aus dem Gesicht bekommen. Das hängt allerdings auch damit zusammen, dass die Geschichte in weiten Teilen etwas zum Fremdschämen ist. Aber auf positive Art und Weise zum Fremdschämen. Ich würde es „süß aber peinlich“ nennen.

Man merkt, dass die Autorin selbst aus dem Bereich der Forschung kommt. Die diesbezüglichen Darstellungen (vor allem im Bezug auf Bauchspeicheldrüsen-Krebs) haben mir sehr gut gefallen. Außerdem wird in der Geschichte deutlich, dass ihr Themen wie LGTBQ+ und die Sichtbarkeit von PoC in der Wissenschaft sehr wichtig sind. (Es gibt eine witzige queere Sidestory). Die Autorin schafft liebenswerte und unterhaltsame Nebencharaktere zu zeichnen, über die ich wirklich gerne noch mehr gelesen hätte. Sehr passend finde ich es deshalb auch, dass es Mitte des Jahres 2022 einen Fortsetzungsroman geben wird.

Fazit:

Wenn ihr im Moment auf der Suche nach einer buchigen Zuflucht seid, kann ich euch „The Love Hypothesis“ nur wärmstens empfehlen. Das Buch macht Spaß und irgendwie glücklich. Es hat mein Herz erwärmt. Man muss solche Geschichten aber natürlich grundsätzlich mögen, sonst hat man keinen Spaß daran. Das Klischeehafte darf man nicht als störend empfinden, genauso wenig wie das Überzeichnete, oder den Humor. Wenn man das alles so gern hat, wie ich von Zeit zu Zeit, dann kann man mit diesem Buch absolut nichts falsch machen.

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