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Veröffentlicht am 16.03.2022

...sich nicht vom Cover täuschen lassen!

Für diesen Sommer
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Franziska Roth wird von ihrer Schwester Monika mehr oder weniger vor Tatsachen gestellt. Nachdem Monika jahrelang zu Vater Heinrich geschaut hat, ist nun Franziska für die kommenden drei Wochen dran. Heinrich ...

Franziska Roth wird von ihrer Schwester Monika mehr oder weniger vor Tatsachen gestellt. Nachdem Monika jahrelang zu Vater Heinrich geschaut hat, ist nun Franziska für die kommenden drei Wochen dran. Heinrich lebt mit seinen 84 Jahren und seit dem Tod von Ehefrau Johanne alleine in dem Haus, in dem die beiden Mädchen groß geworden sind. Franziska, die nach einem Streit seit Jahren keinen Kontakt mehr zu Heinrich pflegt, soll das Haus entrümpeln, um Platz für die dringend nötige Renovierung zu machen. Einfacher gesagt als getan. Denn Heinrich und Franziska geraten in alte Fahrwasser und müssen sich zusammenraufen. Wie früher!



Die wechselnden Perspektiven, einmal aus der Sicht von Franziska, dann wieder von Heinrich, lassen tief blicken in der Vater-Tochter Beziehung.

Sehr gefallen hat mir, dass man als Leser beide Seiten zu lesen bekommt und sich seine eigene Meinung bilden kann. Was nämlich zum Beispiel von Heinrich als stur bei Franziska ankommt, entpuppt sich als den natürlichen Kampf eines alten und gebrechlichen Mannes.

Heinrich kämpft um das letzte bisschen Autonomie, die er sich bewahren will.

Franziska hingegen, die sozial und ökologisch denkende Frau um die 50, hat es ihrem Vater in der Jugendzeit nicht einfach gemacht. Zu verschieden war und ist ihre Einstellung, ihre Werte und Ideale.

Immer wieder „denkt“ sich einer der beiden zurück in die Vergangenheit und hier zeigt sich das grosse Spektrum an Erinnerungen an eine glückliche Familienzeit. In jedem Winkel, in jedem Schrank des Hauses, bergen sich haufenweise Erinnerungen. Wo dann schlussendlich auch eine Menge Konfliktpotential zutage gefördert wird und das Verhältnis zwischen Franziska und ihrem Vater, jedoch auch zu ihrer Schwester Monika, verändert. Lange Verschwiegenes blubbert an die Oberfläche und reisst Franziska in einen Strudel der Gefühle.

Die Perspektiv und Zeitwechsel geschehen abrupt. Die Wechsel der Zeiten sind so gestaltet, dass Franziska oder Heinrich zurück an die Vergangenheit, an glückliche und weniger glückliche Zeiten denken. Was mir in anderen Büchern oft den Lesefluss nimmt, war hier unproblematisch. Ich denke, der Grund war, dass Vater und Tochter so verschieden waren, dass man praktisch im ersten Satz nach dem Wechsel begriffen hat, wer denn nun gerade im Mittelpunkt steht.

Der Schreibstil von Gisa Klönne wirkte auf mich oft abgehackt und atemlos, was mich ab im Lesefluss beeinträchtigt hat.

Man sollte nicht den Fehler machen und vom Cover auf eine heitere und leichte Lektüre schließen. Denn das ist dieser Roman auf keinen Fall. Die Themen sind ernste und haben mich zum Nachdenken gebracht. Es geht ums Älterwerden, Tod, aber auch die Beziehung in einer Familie. Ungesagtes kommt ans Licht und auch Erinnerungen, die nicht nur schön sind.

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Veröffentlicht am 03.03.2022

Entwickelt sich anders als gedacht!

Die Stiefmutter
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Das Haus der Familie Carmichael brennt fast vollständig nieder. Die 14-jährige Jade und ihre Stiefmutter Nathalie werden eines Abends vom Brand überrascht, Ehemann und Vater Alex weilt ausser Haus. Jade ...

Das Haus der Familie Carmichael brennt fast vollständig nieder. Die 14-jährige Jade und ihre Stiefmutter Nathalie werden eines Abends vom Brand überrascht, Ehemann und Vater Alex weilt ausser Haus. Jade erleidet schwere Verletzungen und landet im Krankenhaus. Nathalie ist wie durch ein Wunder unverletzt. Jade schwört, dass sie genau vor dem Brand einen unbekannten Mann im Haus gesehen und sich versteckt hat. Alex stellt Nathalie zur Rede, die bestreitet, dass ein Fremder im Haus war. Alex beginnt Nachforschungen anzustellen und entdeckt Brisantes aus der Vergangenheit.



Dieser Thriller beginnt mit einem absoluten Alptraum. Das Haus der Familie Carmichael brennt nieder und plötzlich ist nichts mehr in ihrem Leben, wie zuvor. Diese Stunden und Tage nach dem Brand werden in Ich-Perspektive von Alex erzählt und da findet sich mein einziger Kritikpunkt in der Geschichte. Alex erzählt und spricht so emotionslos, dass ich ihm den Schock nicht abgenommen habe. Dabei sollte er in Panik sein. Nicht nur, dass sein Hab und Gut zerstört wurde und seine Frau sich seltsam verhält ... auch seine Tochter Jade schwebt in Lebensgefahr. Hier hätte ich mir eindringliche Worte von ihm gewünscht. Doch Alex scheint das alles nicht so sehr zu berühren. So empfand ich die Figur als flach und …ja ... fast…langweilig.

Die Geschichte wurde in sechs Teile gegliedert. Im ersten Teil erfährt man vom Brand und sieht auch hinter die Kulisse des Familien - und Ehelebens. Hier kamen bei mir erste Zweifel auf, ob alles im Leben der Carmichaels so abläuft, wie Alex erzählt und es sieht. Dann liest man in einem starken zweiten Teil, was in der Vergangenheit einer Schlüsselperson geschehen ist.

Ab hier entwickelt sich die Geschichte ganz in eine andere Richtung als gedacht und hat mich positiv überrascht. Dieser Teil endet mit einem Cliffhanger und ab da konnte ich das Buch nicht mehr zur Seite legen. Was man ab da zu lesen bekommt, ist Psychothriller vom feinsten. Etliche Plot Twists haben die Spannung immer wieder neu entfacht und schlussendlich habe ich mir insgeheim gedacht: Was kommt denn da noch? Es kommt noch einiges an überraschenden Wendungen und die nicht nur unvorhersehbar, sondern auch sehr schlüssig.

So habe ich eben das Buch zugeklappt und mich gefragt, warum ich diese Wendungen nicht habe kommen sehen? Die Antwort ist, dass ich mich vom Klappentext habe täuschen lassen. Wirklich clever gemacht, den Leser mit einer Fassung einzulullen und dann in eine ganz andere Richtung die Geschichte laufen lassen!

Sehr gefallen hat mir, dass die Autorin längere Passagen in derselben Perspektive oder Zeit erzählt und auf hektisches Hin und her verzichtet. Auch die Anzahl Figuren wurde nicht künstlich in die Höhe geschraubt, was einen guten Ueberblick erlaubt. Statt mit vielen Nebenfiguren die Handlung „aufzumotzen“ laufen genau so viele Figuren mit, wie es benötigt.

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Veröffentlicht am 01.03.2022

Witzig und romantisch!

Die theoretische Unwahrscheinlichkeit von Liebe
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An der biologischen Fakultät in Stanford geht Olive Smith völlig in ihrem Studium auf. Sie ist mit Leib und Seele Wissenschaftlerin und mit Beziehungen oder gar der Liebe hat sie es nicht so. Wer könnte ...

An der biologischen Fakultät in Stanford geht Olive Smith völlig in ihrem Studium auf. Sie ist mit Leib und Seele Wissenschaftlerin und mit Beziehungen oder gar der Liebe hat sie es nicht so. Wer könnte denn auch eine graue Labormaus wie sie mögen? Um ihrer besten Freundin Anh zu einem Date mit deren Traummann zu verhelfen, küsst Olive den erstbesten Mann und das ist ausgerechnet der von allen Studenten gefürchtete Dozent Adam Carlsen. Die beiden gehen eine Zweckbeziehung ein und spielen dem ganzen Campus die grosse Liebe vor.





Was für eine witzige, romantische und tolle Geschichte. Als Leser spürt man von Beginn weg die Verbindung zwischen Olive und Adam und es knistert ganz schön zwischen den Buchseiten. Klar ist, dass die beiden sich mögen und anziehend finden. Doch keiner will es wahrhaben und auch zugeben. Das ergibt immer wieder mal sehr romantische Situationen, die die Autorin stimmungsvoll und ohne Kitsch beschrieben hat. Allerdings hätte die „Hotelszene“ sehr gekürzt werden dürfen.

Olive mochte ich unheimlich gerne. Sie ist oft gehemmt und sieht „soziale Interaktion schwierig“ für sich (Seite 13). Doch Olive ist auch leicht chaotisch und sehr unterhaltsam. Warum sie ausgerechnet den unfreundlichsten Dozenten der ganzen Universität küsst, spricht für ihr großes Herz und passt zu ihr. Den Grund dafür verrate ich natürlich nicht. Nur soviel: Ich fand ihn nachvollziehbar.

Adam ist eine Figur, die nicht nur positiv beschrieben wurde. Er ist attraktiv, groß, kann aber auch übellaunig und bärbeißig sein. Zuerst habe ich mich gefragt, wie Olive so einen Stinkstiefel nur aushält? Doch Adam entwickelt sich und wird sympathischer und auch netter. So kann man den beiden zusehen, wie sie beginnen, sich sympathisch zu finden. Ob schlussendlich die Liebe einzieht?

Die Ausbildung an der Universität, die Seminare und Arbeiten nehmen einen zentralen Punkt der Geschichte ein und haben mir gut gefallen. Frauen, die sich in männerdominierten Lehrgängen durchsetzen müssen, Dozenten, die Studenten zur Schnecke machen und immer wieder Nächte, die gefüllt sind mit Laborarbeiten.... Studentenleben wie im realen Leben.

Den Schreibstil empfand ich als locker, leicht und amüsant. Oft musste ich schmunzeln und ich habe mich einfach gut unterhalten gefühlt.

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Veröffentlicht am 27.02.2022

Ene, mene muh und tot bist du!

Das Chalet
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Snoop ist ein Start-up-Unternehmen, das sich für eine Woche in einem Chalet im exklusiven Skiort St.-Antoine in den französischen Alpen eingemietet hat. Die Chefin Erin und der Koch Danny sorgen für das ...

Snoop ist ein Start-up-Unternehmen, das sich für eine Woche in einem Chalet im exklusiven Skiort St.-Antoine in den französischen Alpen eingemietet hat. Die Chefin Erin und der Koch Danny sorgen für das Wohl der Gäste des Resorts, zu dem sechs Chalets gehören. Auf 2000 Metern ist die Gruppe in dem Haus nach einem Lawinenniedergang plötzlich von der Außenwelt abgeschnitten, was umso schrecklicher ist, da danach eine Person der Gruppe vermisst wird. Als eine zweite und danach eine dritte Person tot aufgefunden wird, wird klar, dass ein Mörder sein Unwesen treibt.



Zwar nicht neu als Idee, aber abwechslungsreich präsentiert sich „Das Chalet“. Nicht neu, da ich doch einigen Thrillern mit ähnlicher Idee in letzter Zeit begegnet bin. Eine Gruppe Menschen harrt wahlweise an einem abgeschiedenen Ort oder auf einem Schiff auf dem Meer, abgeschnitten von der Aussenwelt aus. Ein Mörder geht um und bringt einen nach dem anderen um die Ecke. Hier in Ruth Ware‘s Geschichte ist der abgeschiedene Ort mitten in den französischen Alpen, ein Chalet eingeschneit im Jahrhundert -Schneesturm. Der Rest folgt dem engen Schema "Ene, mene Muh und tot bist du“. Relativ schnell habe ich geahnt, wer der Mörder ist. Denn die Autorin hat so viele Andeutungen gestreut, dass es fast offensichtlich war. Zudem war die Figur betont unbedarft und negativ beschrieben. 100 Seiten vor Schluss wurde damit ordentlich an Spannung herausgenommen, da das Geahnte nun offensichtlich und eindeutig wurde.

Die Atmosphäre dort in dem Haus mitten in den Schneemassen ist sehr gelungen beschrieben. Ich konnte die Panik sehr gut nachvollziehen, die die Gruppe hat. Nicht nur, dass sie sich durch den Schnee kämpfen müssten, um in Sicherheit zu gelangen. Sie müssen sich dabei auch noch vor einem Mörder in Acht nehmen, der scheinbar wahllos einen nach dem anderen umbringt. Zwei Tote und die Verdächtigungen der Anwesenden beginnen. Wer hat welchen Grund, um zu töten? Nach diesem Buch hat garantiert niemand mehr Lust auf ein Wochenende in einem lauschigen Häuschen in den Bergen.

Sehr gefallen hat mir der Aufbau der Geschichte. Abwechslungsweise erzählen einzelne Figuren die Handlung weiter. So entsteht eine Art „Stabsübergabe“, indem eine Figur in einem Kapitel erzählt und dann nahtlos im darauffolgenden Kapitel die nächste Figur den Faden aufnimmt. Die Figuren sind schwarzweiss charakterisiert. Was hier nicht ein Nachteil ist, da man sich gleich zu Beginn mit den neun Mitgliedern des Start-ups und den zwei Angestellten des Resorts auseinandergesetzt sieht. Die Mitglieder der Firma Snoop sind teilweise sehr exzentrisch und als reiche Schnösel beschrieben. Dabei hat jeder und jede ein paar Eigenheiten, mit denen ich sie ziemlich gut auseinanderhalten konnte.

Mich hat Ruth Ware wieder mal bestens unterhalten und wenn nun noch die Andeutungen, wer der Mörder ist, später erfolgt wären, wäre der Rätselfaktor bei mir auch höher gewesen.

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Veröffentlicht am 20.02.2022

Protagonistin mit enormer Entwicklung!

Eine Frage der Sicherheit
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Stephanie Maddox hat viel geopfert, damit sie eine Ausbildung beim FBI machen konnte. Als alleinerziehende Mutter war sie für ihren Sohn Zachary in seiner Kindheit nicht so präsent, wie sie es gern gewesen ...

Stephanie Maddox hat viel geopfert, damit sie eine Ausbildung beim FBI machen konnte. Als alleinerziehende Mutter war sie für ihren Sohn Zachary in seiner Kindheit nicht so präsent, wie sie es gern gewesen wäre. Heute ist Zachary 17 Jahre alt und Steph versucht ein großes Geheimnis aus der Vergangenheit vor ihm zu verbergen. Als sie in seinem Zimmer eine geladene Waffe findet, muss sich Steph eingestehen, dass er nicht nur ebenfalls Geheimnisse vor ihr hütet, sondern auch in etwas verwickelt ist, das ihre Arbeit als Ermittlerin tangiert.





Als Analystin jahrelang für die CIA und dem FBI tätig, weiß die Autorin Karen Cleveland um die Finessen der Darstellung der Polizeiarbeit. Es verwundert also nicht, sind die internen Abläufe oder die organisatorischen Details ein zentraler Punkt in diesem Buch. Soweit ich das beurteilen kann, wirken diese authentisch.

Die FBI Agentin Stephanie Maddox ist eine Figur, die es mir zu Beginn nicht leichtgemacht hat. Denn man lernt sie als unsichere Mutter eines Teenagers kennen und ich habe mich gefragt, warum sie dem 17-jährigen Zachary keine Grenzen setzt. Die Figur entwickelt sich und die Handlung lässt immer mehr in Stephs Vergangenheit blicken. Da habe ich begriffen, dass ein traumatisches Erlebnis in der Vergangenheit verantwortlich ist für ihre Art mit Zachary umzugehen.

Stephanie macht eine enorme Entwicklung durch und wird von der unsicheren Mutter eines Teenagers zu einer Frau, die den Spagat zwischen Kind und Karriere tagtäglich ausfechten muss. Mich hat schlussendlich beeindruckt, dass sie wie eine Löwin für ihren Sohn kämpft. Bedingungslos! Denn Zachary wird in eine temporeiche und abenteuerliche Sache verstrickt, die ich zwar als sehr konstruiert, jedoch unterhaltsam und fesselnd empfand. Um ihm zu helfen, scheut sich Stephanie auch nicht unangenehme Dinge anzusprechen. Bei ihrem Sohn, sowie einer Schlüsselfigur, die Dreck am Stecken hat. Dies in der Gegenwart, sowie in der Vergangenheit.


Die Autorin hat einen Thriller geschrieben, der fast ohne Mord und Totschlag auskommt. Dafür hat man es mit den Themen Terror, Machtmissbrauch von Männern in einflussreichen Positionen und der Russenmafia zu tun. Dass schlussendlich doch noch gemordet wird, hat mich überrascht, wird jedoch nur nebenher erwähnt und verliert dadurch den Fokus, die ein Mord normalerweise in einem Thriller innehat.


Die abrupten Wechsel von der Gegenwart in die Vergangenheit sind mir ab und zu schwergefallen. Erst mit der Zeit kam ich hinter das „System“, denn die Vergangenheit wird immer in Gedanken Stephs gehüllt. Ich empfand den Schreibstil von Karen Cleveland als angenehm und ohne viele Ausschmückungen auf den Punkt gebracht.

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