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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.03.2022

Held oder Hochstapler

Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße
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„Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße“ ist ein schöner Roman darüber, dass Lügen kurze Beine haben. Maxim Leo hat hier einen kurzweiligen Roman geschaffen, der die Erinnerung an die Vergangenheit aufleben ...

„Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße“ ist ein schöner Roman darüber, dass Lügen kurze Beine haben. Maxim Leo hat hier einen kurzweiligen Roman geschaffen, der die Erinnerung an die Vergangenheit aufleben lässt und zum Schmunzeln anregt.

Zum Inhalt: Michael Hartung führt ein tristes, unbedeutendes Leben als Videothekenbesitzer in Berlin. Als ein Journalist zu massenfluchten aus der DDR recherchiert, stößt er auf Hartungs Namen. Dieser hat am Bahnhof Friedrichstraße als Weichensteller gearbeitet. Hartung der eigentlich kein Held, sondern eher ein schusseliger Arbeiter war, dementiert zunächst, lässt sich dann aber vom Geld und winkenden Ruhm blenden. So wird der unwichtige Videotheksbesitzer zur Heldenfigur. Doch Hartung merkt schnell, dass er reinen Tisch machen muss. Und als er sich dann noch in Paula verliebt, die damals von ihm zwangsumgesiedelt wurde, bleibt ihm nichts mehr übrig, als endlich die Wahrheit zu sagen.

Das Buch ist schön erzählt, in einem ruhigen, angenehmen Tonfall. Ich bin direkt gut in die Handlung eingestiegen und obwohl ich selbst nicht in der DDR aufgewachsen bin, habe ich aus der Erzählung vieles wiedererkannt, was ich auch von meinen Eltern gehört habe. Hartung ist ein sympathischer Protagonist, in den man sich auch gut hineinversetzen kann. Er wittert die Chance, jemand zu sein, von Bedeutung zu sein und etwas bewirkt zu haben. Selbst wenn es vielleicht unfreiwillig oder ausversehen passierst ist. Er wird zum gefeierten Helden, was ihm eine Zeit lang auch ganz gut gefällt. Aber Ruhm allein ist eben nicht alles im Leben und eine Liebe will er nicht auf einer Lüge aufbauen.

Die Geschichte lebt von den interessanten Charakteren und den tollen Dialogen und hat mich abwechselnd zum Schmunzeln und Nachdenken gebracht. Die Entwicklung von Hartung selbst im Buch hat mir gut gefallen und wirkte sehr authentisch. Ich habe das Buch als Hörbuch gehört und der Sprecher hat Hartung und seine Stimmung gut rübergebracht.

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Veröffentlicht am 28.02.2022

Traue niemandem, am wenigsten dir Selbst

Die Vertraute
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„Die Vertraute“ ist ein Buch, dass mit der Fantasie und den Emotionen des Lesers spielt, ihn verwirrt, entmutigt und völlig ratlos zurücklässt. Es ist für mich das erste Buch von Autorin Gilly MacMillan, ...

„Die Vertraute“ ist ein Buch, dass mit der Fantasie und den Emotionen des Lesers spielt, ihn verwirrt, entmutigt und völlig ratlos zurücklässt. Es ist für mich das erste Buch von Autorin Gilly MacMillan, sodass ich nicht wusste, was mich erwarten würde, aber die Idee mit Realität und Fiktion zu spielen hat mich neugierig gemacht. Und dann auch echt umgehauen. Denn du kannst niemandem trauen und am wenigsten dir selbst.

Zum Inhalt: In der Mittsommernacht verschwindet Lucys kleiner Bruder Teddy spurlos, nachdem sich die beiden Kinder aus dem Elternhaus geschlichen.30 Jahre später fehlt von Teddy nach wie vor jede Spur, Lucy ist zwar eine erfolgreiche Autorin, hat das Trauma ihrer Kindheit aber nie überwunden. Das zeigt sich auch in ihren Büchern, in denen ihre imaginäre Freundin aus Kindertagen die Hauptrolle spielt. Als ihr Ehemann ein altes Herrenhaus kauft, das genau an den Wald angrenzt in dem Teddy damals verschwand, wird Lucy von ihrer Vergangenheit eingeholt.

Die Geschichte wird aus Lucys Perspektive erzählt, das bedeutet der Leser bekommt immer nur ihre Meinung, ihre Sichtweise, ihre Gefühle vermittelt. Dabei wirkt sie zunehmend wie ein unzuverlässiger Erzähler, man weiß nicht, ob man ihr und ihren Erinnerungen trauen kann und Lucy zweifelt auch immer stärker an sich selbst, was dieses Gefühl der Unsicherheit unterstützt. Durchbrochen wird die Handlung durch eine Art Rückblende in die Vergangenheit in der Teddys Verschwinden und der darauffolgende Zeitraum der polizeilichen Ermittlung geschildert wird, ebenfalls aus Lucys Perspektive. Auffällig ist hier, dass Lucy auch damals schon von ihren Eltern als Lügnerin und mit viel Fantasie dargestellt wird, was auch ihre damaligen Erinnerungen in Zweifel zieht.

Lucy und ihr Ehemann Dan sind beide eher unsympathische Personen, man hat das Gefühl, dass die Ehe schon lange nicht mehr glücklich ist, Dan sich permanent über Lucys Wünsche hinwegsetzt und vielleicht auch nur noch ihres Erfolgs und Geldes wegen nicht verlässt, was er ihr gleichzeitig beides neidet. Aber auch hier beruht die gesamte Einschätzung der Situation wieder auf Lucys Wahrnehmung der Ereignisse. Diese werden im Verlauf der Handlung immer ominöse, Lucy fühlt sich verfolgt und beobachtet, dann verschwindet Dan und Lucy steht mal wieder im Fokus einer polizeilichen Ermittlung.

Das Buch ist gut erzählt und durch die Rückblenden und Teddys ominöses Verschwinden wird die Spannung konstant hochgehalten. Es wird viel mit der Wahrnehmung des Lesers gespielt, einerseits dadurch, dass Lucy als unglaubwürdige Erzählerin dargestellt wird und andererseits dadurch, dass immer Gaslighting durch Dan angedeutet wird. Es bleibt bis zum Schluss unklar, wem man eigentlich vertrauen kann- absolut stark gemacht. Der Abschluss des Buches wirkte auf mich dann hingegen recht unglaubwürdig und auch ein wenig enttäuschend. Fast ist es, als hätte die Autorin noch einen schnellen Abschluss finden müssen. Das hat mir das Buch dann doch ein bisschen madig gemacht, sodass ich nur 4 von 5 Sternen gebe.

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Veröffentlicht am 28.02.2022

Über Genuss und Rollenklischees

Butter
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„Butter“ ein Roman der japanischen Autorin Asako Yuzuki und ist in Japan bereits ein Bestseller. Mich hat vor allem der Titel neugierig gemacht und das dazugehörige Cover ist auf jeden Fall mal was anderes ...

„Butter“ ein Roman der japanischen Autorin Asako Yuzuki und ist in Japan bereits ein Bestseller. Mich hat vor allem der Titel neugierig gemacht und das dazugehörige Cover ist auf jeden Fall mal was anderes und sticht ins Auge. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal einen Roman lese, dessen zentrales Thema sich um Butter dreht und doch scheint die titelgebende Butter ein Sinnbild für eine ganz Kultur zu sein, die aus Verzicht, Mäßigung, fragwürdigen Schönheitsidealen und der Aufopferung der Frauen besteht.
Zum Inhalt: Rika ist Journalistin in Tokio, ihr Leben besteht zu einem großen Teil aus ihrer Arbeit, der sie auch an freien Tagen nachgeht, um nicht abgehängt zu werden. Rika hat keine Zeit zu kochen und nur wenig Zeit private Beziehungen zu pflegen. Sie wittert eine große Story und ihren persönlichen Durchbruch mit einer Reportage über die inhaftierte Serienmörderin Manako, die obwohl sie dick und hässlich gilt, diverse Männer verführt und kaltblütig ermordet haben soll. Um Zugang zu Manako zu finden, beschäftigt sich Rika mit dem Thema Essen- der Leidenschaft Manakos. Und schnell entwickelt sich Essen auch zu einem zentralen Thema in Rikas Leben.
Ich habe bisher nicht viele Werke asiatischer Autoren gelesen, aber das Bild, das hier von Tokio und der Gesellschaftsstruktur geschaffen wird, deckt sich mit dem, was ich aus anderen Büchern kenne. Japanerinnen sollen möglichst schlank und kindlich wirken, was als ein hohes Maß an Disziplin gewertet wird. Manako dagegen wird als üppig, manchmal sogar als fett beschrieben, sie entspricht nicht dem gängigen Ideal, scheint sich aber wohl in ihrer Haut zu fühlen und offen ihre Gelüste auszuleben. Alles was sie sagt und tut wird sexualisiert aufgefasst. Sie selbst beschreibt sich als häuslichen, fast schon mütterlichen Typ, deren höchste Aufgabe die Umsorgung von Männern ist. Im Gegenzug lässt sie sich von den Männern in ihrem Leben finanziell aushalten. Immer wieder wird im Buch diskutiert, ob sie sich nun prostituiert hat oder nicht.

Das Buch ist mal was ganz anderes, als die Romane, die ich sonst so lese. Wie durch ein Schaufenster habe ich auf Rikas Leben geblickt, das irgendwie ungenügend wirkt, bis sie anfängt Essen zu genießen und Freude daran findet, neues auszuprobieren. Immer mehr bekommt sie Einblicke in Manakos Leben und versucht es nachzuempfinden. Die Entwicklung, die sie im Buch durchmacht ist spannend zu verfolgen. Durch ihre Wandlung beeinflusst Rika auch ihr Umfeld, stellt gängige Meinungen in Frage und löst sich zunehmend von Klischees. Ist Rika zu Anfang eine eintönige Einzelkämpferin, so hat sie am Ende ein solides Umfeld um sich geschart. Trotzdem kommt das Buch für mich nicht zu einem richtigen Abschluss. Ich hatte am Ende doch noch einiges an Fragen offen.

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Veröffentlicht am 25.02.2022

verrückte Geschichte

Das verschlossene Zimmer
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Ich liebe Geheimnisse. Ich meine, wer weiß denn ein gutes gehütetes, schockierendes Geheimnis nicht zu schätzen? Und ich kann guten Gewissens behaupten dass „Das verschlossene Zimmer“ voll davon ist. Zudem ...

Ich liebe Geheimnisse. Ich meine, wer weiß denn ein gutes gehütetes, schockierendes Geheimnis nicht zu schätzen? Und ich kann guten Gewissens behaupten dass „Das verschlossene Zimmer“ voll davon ist. Zudem ist ein es wunderschön hochwertiges Hardcover mit verspielten Details wie den Blumen im Einband und dem pastellfarbenen Lesebändchen. Allein schon für die Aufmachung lohnt es sich, das Buch mal zur Hand zu nehmen.

Zum Inhalt: Marie, die in Krakau bei ihren Vater aufwächst, wünscht sich nichts sehnlicher, als zu erfahren wer ihre Mutter ist. Denn der Vater verliert kein Wort mehr über seine Frau, nachdem diese die Familie vor über zehn Jahren verließ. Es ist das Jahr 1939 und die Deutschen rücken immer weiter Richtung Polen vor. Und Marie, in ihrer Starrköpfigkeit und der jugendlichen Naivität gefangen, setzt eine Kettenreaktion in Gang, deren Ausmaß niemand erahnen konnte.

Autorin Rachel Givney entführt den Leser in einen dramatischen und fesselnden Familienroman. Ähnlich dem Butterfly Effect löst Maries Suche nach ihre Mutter eine Kettenreaktion aus, die die großen Geheimnisse der Familie zu enthüllen drohen. Gleichzeitig beschäftigt sich das Buch mit dem Aufkommenden Antisemitismus in Polen und bereitet auf den drohenden Krieg mit Deutschland vor.

Das Buch ist gut geschrieben und sehr bildgewaltig, so beschreibt die Autorin sehr anschaulich die Verhältnisse im Krakau des Jahres 1939, aber auch Dominiks Vergangenheit wird sehr eindringlich geschildert. Beim Lesen hatte ich immer wieder eine Gänsehaut, wenn die damaligen, Juden- und Frauenverachtenden Situationen geschildert wurden.

Marie ist eine Protagonistin, die mich in meiner Sympathie ihr gegenüber immer wieder schwanken ließ. In einigen Situation verhält sie sich einfach dümmlich naiv, zum Beispiel als sie kopflos zum Judentum konvertiert, obwohl ihr nachdrücklich davon abgeraten wird und sie im folgenden unter den Konsequenzen dieser Tat zu leiden hat. Sie verhält sich oft eher kindlich, statt wie eine junge Erwachsene, die eigentlich nicht auf den Kopf gefallen ist.

Das Buch enthält ein paar sehr überraschende Wendungen, mit denen ich absolut nicht gerechnet habe. Besonders das Ende war für mich ganz anders als erwartet und wirkte dann doch schon ein bisschen übertrieben. Trotz der teils düsteren Thematik des Buches ist es auch voller Liebe und Hoffnung, sodass eine gelungene Mischung entstanden ist. Einen kleinen Punkt gibt es Abzug für die etwas unglaubwürdige Enthüllung am Ende. Ansonsten hat mich dieses Buch gut unterhalten.

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Veröffentlicht am 21.02.2022

Besorgte Bürger ermitteln

Mrs Potts' Mordclub und der tote Nachbar
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„Mrs. Potts Mordclub und der tote Nachbar“ ist ein Buch dass zu Recht Cozy Crime nennen darf, denn die Protagonistin ist eine nette ältere Frau, die es locker mit Miss Marple aufnehmen kann. Das Buch ist ...

„Mrs. Potts Mordclub und der tote Nachbar“ ist ein Buch dass zu Recht Cozy Crime nennen darf, denn die Protagonistin ist eine nette ältere Frau, die es locker mit Miss Marple aufnehmen kann. Das Buch ist ein ruhiger Krimi, der durchaus Unterhaltungswert hat.

Zum Inhalt: Judith Potts ist eine nette ältere Dame, die im beschaulichen Marlow lebt und ihre Tage als Kreuzworträtselautorin bestreitet. Als sie beim Nacktschwimmen in der Themse unfreiwillig Zeugin des Mordes an ihren Nachbarn wird, beschließt Mrs Potts die Ermittlungen selbst in die Hand zu nehmen und bekommt dabei Tatkräftige Unterstützung der örtlichen Hundesitterin und der Pastoren-Gattin.

Was mir an diesem Buch besonders gut gefallen hat, sind die liebevoll ausgestalteten, leicht schrulligen Charaktere. So ist das selbsternannte Ermittlertrüppchen eine bunte Truppe Frauen, die verschiedener nicht sein könnten. Das Miteinander der Frauen sorgt erheblich für den dezenten Humor der Handlung.

Die Geschichte ist natürlich eher weniger realistisch, denn nicht nur hütet auch Mrs Potts ein schwerwiegendes Geheimnis aus ihrer Vergangenheit, die Polizei finde es auch überhaupt nicht schlimm, dass die selbsternannte Hobbydetektivin sich in den Fall einmischt. vielmehr werden die Frauen sogar aufgefordert, bei den Ermittlungen zu helfen und sich dabei selbst in Gefahr zu bringen.

Trotzdem ist das Buch ein sehr kurzweiliges Vergnügen im Stile eines Who-dunnit-Krimi. Die Zusammenhänge sind so übersichtlich strukturiert und beschrieben, dass auch der Leser selbst ermitteln kann.

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