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Veröffentlicht am 02.03.2022

Eine junge Frau findet ihren Weg

Ursula und die Farben der Hoffnung
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„...Ursula lehnte sich zurück. Sie genoss das Leben bei den Großeltern, das schöne weitläufige Haus, die volle Speisekammer, die großen gemütlichen Zimmer. Hier musste keiner darben...“

Die 15jährige ...

„...Ursula lehnte sich zurück. Sie genoss das Leben bei den Großeltern, das schöne weitläufige Haus, die volle Speisekammer, die großen gemütlichen Zimmer. Hier musste keiner darben...“

Die 15jährige Ursula liebt es, ihre Gedanken in ihren Zeichnungen auszudrücken. Wenn die Großmutter Gäste hat, sitzt sie abseits und zeichnet die Frauen. Das war nicht immer möglich. Nach der Scheidung der Eltern waren die Kontakte eine Zeit lang gekappt. Vor einigen Jahren hat die Mutter dann ihren Jugendfreund geheiratet.
Die Autorin hat einen inhaltsreichen Gesellschaftsroman geschrieben. Schnell wird deutlich, was man in der damaligen Zeit, das Buch beginnt 1911, tat und was nicht.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Die Personen werden gut charakterisiert. Ursula ist eine junge Frau, die sich Gedanken über ihre Zukunft macht. Außerdem muss sie dringend an ihrem Selbstbewusstsein arbeiten. Die junge Frau hat eine besondere Gabe. Sie drückt Gefühle durch Farben aus. Oder besser formuliert: Für sie haben Gefühle Farben.
Eine der interessanten Charaktere aber ist die Großmutter. Sie verkehrt bei Hof und kennt sich in allen Formen der Etikette aus. Häufig aber zeigt sie überraschende Reaktionen. Sie ist für neue Wege erstaunlich aufgeschlossen und unterstützt sie selbst dann, wenn sie im Inneren anderer Meinung ist. In schwierigen Situationen ist sie es, die für Ursula Mut machende Worte findet.
Wie Ursula über sich und ihre Schwester Hilde denkt, soll sie uns selbst sagen:

„...Nein, wir sind uns nahe, aber auf keinen Fall sind wir uns sehr ähnlich. Hilde ist so organisiert, beinahe schon penibel, und mit meiner Unordnung und Gedankenlosigkeit bringe ich sie vermutlich an den Rand des Irrsinns...“

Ursula ist lernfähig und kennt ihre Schwächen. Das zeigt sich insbesondere, als sie erlebt, was ihr großzügiger Umgang mit der Kleidung für die Bediensteten der Großmutter bedeutet. Wäsche waschen war damals Schwerstarbeit.
Während eines Seeurlaubs lernt Ursula Vera Dehmel, die Tochter der Schriftstellerin Paula Dehmel, näher kennen. Auch Paula Dehmel ist von ihrem Mann Richard geschieden. Diese Geschichte wird im ersten Band der Reihe genauer erzählt.
Ursula verlebt einige Tage mit Vera auf Binz und findet sich dort in einer Welt der Kunst wieder. Hier erlebt sie eine neue Freiheit, die keine Etikette kennt. Gleichzeitig wird ihr gesagt, dass ihre Zeichnungen Potential zu mehr haben. Ein Gespräch mit Vera stellt die Weichen.

„...Du könntest zeichnen lernen und dann Graphik studieren. Das wird immer mehr gefragt. Buchentwürfe, Prospekte, Werbung, all solche Sachen...“

Wird Ursula über ihren Schatten springen? Noch ist sie von ihrem Können nicht überzeugt. Immer wieder ist es Vera, die ihr Denkanstöße gibt.

„...Warum ist wichtig, was andere über dich denken? Zuerst einmal aber ist wichtig, was du von dir selbst hältst...“

Dann lernt Ursula Heinrich kennen, Veras Bruder. Zwischen den beiden entwickelt sich eine zarte Beziehung. Aber noch ist Heinrich nicht frei. Selbst wenn, weiß Ursula, dass noch ein langer Weg vor ihm liegt. Er möchte Arzt werden.
Mehrmals besucht Ursula mit Vera ihren Vater, den Schriftsteller Richard Dehmel. Von Paula Dehmel wird sie fast wie eine Tochter behandelt.
Ursulas Weg führt sie an die Berliner Kunstakademie. Dann aber kommt der Erste Weltkrieg und stellt vieles infrage.
Das Buch endet im Jahre 1917 mit Paulas Tod.
Im Anhang zeigt die Autorin auf, welcher Inhalt der Geschichte auf Tatsachen beruht.
Das Buch hat mir sehr gtu gefallen.

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Veröffentlicht am 01.03.2022

Der Fall Otto John

Ein Präsident verschwindet
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„...Nach den langen Tagen und Nächten der Suche fühlte Gerber sich erschöpft und musste gegen die aufsteigende Müdigkeit ankämpfen, obwohl der Sommerhimmel über Berlin noch hell war...“

Wir schreiben ...

„...Nach den langen Tagen und Nächten der Suche fühlte Gerber sich erschöpft und musste gegen die aufsteigende Müdigkeit ankämpfen, obwohl der Sommerhimmel über Berlin noch hell war...“

Wir schreiben das Jahr 1954. Am 20. Juli ist der Verfassungsschutzpräsident Otto John nach Ostberlin gefahren und nicht zurückgekehrt.Mit ihm verschwunden ist die Journalistin Eva Herden. Der Kommissar Philipp Gerber vom BKA wurde nach Berlin geschickt, um den Fall zu untersuchen. Er kennt Eva gut. Adenauer selbst beauftragt Gerber.

„...Wenn der Leiter unseres Verfassungsschutzes plötzlich im Ost - Berlin auftaucht, das ist schon eine Katastrophe. Aber genau das darf es nicht sein, jedenfalls nicht nach außen hin...“

Der Autor hat einen fesselnden Politthriller geschrieben. Dem Buch liegt ein tatsächliches Geschehen zugrunde.
Der Schriftstil unterstützt einerseits die rasante Handlung, bringt aber andererseits die gesellschaftlichen Verhältnisse des Jahres 1954 auf den Punkt.
Philipp Gerber soll mit Gehlen zusammenarbeiten. Die beiden aber können sich auf den Tod nicht ausstehen. Philipp hat auf amerikanischer Seite gegen die Nazis gekämpft. Für ihn ist es nicht nachvollziehbar, dass selbst SS – Männer jetzt wieder in führenden Positionen sind. Gehlen hofft auf den Posten von John. Er wird von dem Amerikanern protegiert, obwohl er aus Kriegszeiten als Mitglied der SS ziemlich viel Dreck am Stecken hat.

„...Wir sind zwar gezwungen, mit Gehlens Spürhunden zusammenzuarbeiten, wohl oder übel, aber wir müssen sie nicht über jeden unserer Schritte unterrichten...“

Doch es bleibt nicht allein bei dem Fall John. Im Umfeld der Zeitung, für die Eva gearbeitet hat, gibt es mehrere Morde. Der Täter verschwindet jedes Mal unerkannt.
Deutlich wird die Polarisierung in der Bevölkerung und selbst im Staatsapparat. „Rote Wanzen“ treffen auf „braunes Ungeziefer“.
Seine Reise nach Berlin bringt Philipp an seine psychischen und physischen Grenzen. Auch für mich als Leser ist nicht immer einschätzbar, was welche Seite wirklich will. Es gibt mehrere überraschende Wendungen. Auch das erneute Auftauchen von Colonel Anderson, Gerbers ehemaligen Chef, sorgt für mehr Fragen als für Antworten.

„...Aber ein seltsamen Unwohlsein beschlich ihn, als er den zufriedenen Ausdruck auf Andersons Gesicht sah: das Gefühl, einen Pakt mit dem Teufel geschlossen zu haben...“

Eines wird schnell deutlich. Auf dem Schachbrett der Politik waren die Deutschen zu beiden Seiten der Grenze Spielfiguren im Kampf der Großmächte. Das zeigen auch die eingestreuten Lebensbilder einiger Protagonisten.
Ab und an blitzt ein feiner Humor auf:

„...“Wo ist der andere hin?“, fragte Wesler. „Weg in die Nacht“, antwortete Gerber. „Ein kluger Soldat weiß, wann er den Rückzug antreten muss.“ „Wer einmal flieht, kann wieder siegen“, sagte Sattler...“

Gehlens Unterkunft in Pullach wirkt wie ein Staat im Staat. Noch haben die Amerikaner die Hand darauf.
Ein ausführliches Nachwort vermittelt die Fakten, die hinter der Geschichte stehen.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Dazu beigetragen haben für allem die politischen Spitzfindigkeiten. Vertuschung, Lüge, Erpressung – nichts sit zu schade, um das Ziel zu erreichen.

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Veröffentlicht am 28.02.2022

Gelungene Fortsetzung

Saale Premium - Die Frauen vom Weinschloss (Die Weinschloss-Saga 2)
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...Normalerweise drängten sich hier die Fuhrwerke. Fässer wurden gerollt, Sektflaschen, in Holzwolle gepolstert und in Kisten verpackt, wurden behutsam verladen...“

Doch heute ist alles anders. Im Lichthof ...

...Normalerweise drängten sich hier die Fuhrwerke. Fässer wurden gerollt, Sektflaschen, in Holzwolle gepolstert und in Kisten verpackt, wurden behutsam verladen...“

Doch heute ist alles anders. Im Lichthof der Freyburger Sektkelterei ist es still. Die Männer wurden eingezogen. Der erste Weltkrieg wirft seine Schatten voraus.
Die Autorin hat eine spannende Fortsetzung geschrieben.
Hedda ist nach ihrer Scheidung zurück aufs Schlösschen gekommen. Zusammen mit ihrer Mutter leitet sie das Weingut. Als Geschiedene hat sie im Ort einen schweren Stand. Kurz bevor er eingezogen wird, heiratet sie den Witwer Hanno. Für beide ist es eine Vernunftehe.
Sehr anschaulich wird beschrieben, wie die Frauen zu kämpfen haben, um das Gut über die Kriegsjahre zu bringen.
Und dann steht plötzlich Heddas Halbschwester mit ihrer Mutter vor der Tür. Sie musste aus Frankreich fliehen, denn wegen ihres Vaters galt sie als Deutsche. Doch auch in Freyburg ist sie eine Außenseiterin. Hier gilt sie als Französin.
Hanno gilt als vermisst. Doch dann steht er nach dem Krieg plötzlich vor der Tür. Es gilt, sich neu zu finden und das Leben miteinander zu lernen.
Zu einer Verkaufsschau steht plötzlich Heddas Exmann vor ihr. Noch begreift Hedda nicht, dass er sich scheiden lassen hat, um sie zu schützen.
Kaum ist Ruhe auf dem Schlösschen eingekehrt, erscheinen die nächsten schwarzen Schatten am Horizont. Hanno wird von einem Kriegskameraden, der ihn das Leben gerettet hat, zu einer Veranstaltung der NSDAP eingeladen. Deutlich wird, wie selbst in Freyburg unterschiedliche politische Kräfte agieren. Schnell kann der Freund zum Feind werden. Und Menschen verändern sich, wenn sie Macht bekommen.
Hedda, die sich wenig für Politik interessiert hat, muss begreifen, dass jetzt jedes Wort auf die Goldwaage zu legen ist. Das ist nicht einfach, denn ihre Freundin Rachel ist Jüdin.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen.

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Veröffentlicht am 27.02.2022

Das Pony und der Kohlkopfdieb

Sheltie - Wie Sheltie zu uns kam
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„...“Ich will nicht umziehen“, rief Emma. „Und schon gar nicht aufs Land!“...“

Mit diesen Sätzen beginnt ein abwechslungsreiches Kinderbuch. Die Geschichte wird kindgerecht erzählt. Große Schrift, klar ...

„...“Ich will nicht umziehen“, rief Emma. „Und schon gar nicht aufs Land!“...“

Mit diesen Sätzen beginnt ein abwechslungsreiches Kinderbuch. Die Geschichte wird kindgerecht erzählt. Große Schrift, klar gegliederte Ansätze, kurze Sätze und ein schöner Zeilenabstand lassen mich das Buch schon für Erstleser empfehlen.
Emmas Klagen nutzen nicht. Der Vater hat eine neue Arbeit, deshalb ist der Umzug notwendig. Eines aber weiß Emma noch nicht. Die Vorbesitzerin hat ihr Pony Sheltie zurückgelassen. Und Sheltie ist ein besonderes Pony. Es kann Türen öffnen, ist etwas verfressen und klug.
Als bei Nachbar Krock Nacht für Nacht Salatköpfe verschwinden, beschuldigt der Sheltie. Emma aber sieht, dass die Hufabdrücke viel zu groß sind.
Dann aber ist das Sommerfest. Dort wird der Gärtner mit dem größten Kohlkopf ausgezeichnet. Zum ersten Mal ist das nicht Krock. Sheltie aber hat den richtigen Riecher. Sie setzt sich in Bewegung und überführt den Dieb der Kohlköpfe.
Das Buch zeichnet sich durch seine wunderschönen farbigen Illustrationen aus. Die Bilder sind geschickt eingefügt. Außerdem erscheint auf vielen Seiten der neugierige Ponykopf auf der rechten oder der linken Seite.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es bekommt eine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 26.02.2022

Sprachwitz vom Feinsten

Gärten, Gift und tote Männer
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„...“So gesehen ist es total schwer vorstellbar, dass ausgerechnet eine Mann Amerika entdeckt haben soll“, bemerkte Bobo, die einzige Witwe unter uns. „Das war eh reiner Zufall,“ stellte Elsbeth fest [..], ...

„...“So gesehen ist es total schwer vorstellbar, dass ausgerechnet eine Mann Amerika entdeckt haben soll“, bemerkte Bobo, die einzige Witwe unter uns. „Das war eh reiner Zufall,“ stellte Elsbeth fest [..], „wenn ich mich recht erinnere, wollte er ja ganz woanders hin“...“

Wieder einmal treffen sich die alten Damen von Oberdistelbrunn mit dem Pfarrer zum Lesezirkel. Von der Literatur kommt man schnell zu den Fähigkeiten des männlichen Geschlechts im Suchen und Finden, wie das obige Zitat zeigt. Dann erscheint der Bauer Gustl, dem grade die Hühner wegsterben. Er selbst bricht auch zusammen und wird ins Krankenhaus befördert.
Die Autorin hat einen sehr amüsanten und abwechslungsreichen Krimi geschrieben. An vielen Stellen habe ich mich prächtig amüsiert. Der Schriftstil sprüht vor Wortwitz.
Paula, die Ich – Erzählerin, war Lehrerin. Das blitzt mehrmals in der Handlung auf. Die Ehe mit Alfred ist in die Jahre gekommen. Man lebt nebeneinander statt miteinander. Alfreds pragmatische und phlegmatische Art kann Paula schon auf die Palme bringen. Typisch ist seine Reaktion, als Paula fragt, womit sie den 17jährigen Neffen Vincent beschäftigen sollen, der von ihre Schwester bei ihr für einige Wochen abgeladen wird.

„...Aber er will doch sowieso Natur studieren. Und das kann er hier rund um die Uhr. Im Wald gibt`s Eulen, auf den Feldern Blumen und im Haus Spinnen...“

Berta, ihr Nachbarin, nimmt das Leben, wie es kommt. Selbst mit ihrem Übergewicht hat sie kein Problem.
Gustl angeblicher Herzinfarkt lässt Paula keine Ruhe. Als Kennerin von Kräutern tippt sie auf Giftmord. Doch keiner will ihr glauben.
Höhepunkte im Geschehen sind immer wieder die Gespräche. So antwortet Pater Ägydius, als er von Bobo gefragt wird, wie er zum Glauben gefunden hatte.

„...Meine Liebe, es gibt verschiedene Wege Gott zu finden. Auf dem einen rast du mit deinem roten Rennwagen dahin. Über kurz oder lang wirst du damit auf direkten Weg zu unserem Herrn gelangen…“

Als im Schloss eine Gartenschau stattfindet, ist das ganze Dorf auf den Beinen – und Paula stolpert über die nächste Leiche. Jetzt wird`s ernst, denn der Kriminalist Hartmann hat sich auf Paulas Familie eingeschossen. Paula konstatieret:

„...Das Ganze kam mir immer mehr wie ein Puzzle vor, bei dem alle Teile vorsätzlich an falscher Stelle eingefügt waren...“

Sehr gut gefällt mir, dass sich die Protagonisten im Laufe der Handlung weiter entwickeln. So erkennt Paula zunehmend, was sie an Berta hat. Deren lebensfrohe Art lässt Paula zeitweise ihre Sorgen vergessen.
Ganz nebenbei lerne ich einiges über Heil- und Giftpflanzen.
Paulas Schlussfolgerungen nach Analyse der Morde sind nicht von der Hand zu weisen. Doch als sie den letzten Fakt in den Händen hält, wird es für sie selbst kritisch. Kurz vor knapp wird der Fall gelöst und Paula gerettet.
Das Buch hat mich ausgezeichnet unterhalten. Zum Abschuss meiner Rezension kommt eines meiner Lieblingszitat. Es handelt sich um Alfreds ersten Kochversuch. Dazu sollte man wissen, das er von Beruf Ingenieur war.

„...Im Kochbuch ist gestanden, dass man Pudding unter ständigen Rühren kochen müsse. Da habe ich mir gedacht, ich erspar mir das einfach, wenn ich im Backofen die Option Umluft wähle. Da zirkuliert die Hitze ja von selbst...“

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