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Veröffentlicht am 07.03.2022

Goethe und die Liebe

Goethe in Karlsbad
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Goethe ist mal wieder zur Kur in Karlsbad, als er den empfohlenen Spaziergang nach dem Essen macht, entdeckt er ein junges Liebespaar das gerade den Freitod wählen will. Angesichts dessen was ihm nach ...

Goethe ist mal wieder zur Kur in Karlsbad, als er den empfohlenen Spaziergang nach dem Essen macht, entdeckt er ein junges Liebespaar das gerade den Freitod wählen will. Angesichts dessen was ihm nach seinem Buch "Die Leiden des jungen Werthers" widerfahren ist, schreitet er ein und verhindert Schlimmes. Dem verzweifelten jungem Liebespaar verspricht er mit deren Eltern zu reden damit ihre Liebe eine Chance hat. Denn wer nicht er der sich über alle Konventionen hinweg gesetzt hat könnte noch helfen?

Wir alle kennen das Äußere von Goethe überwiegend von Bildern oder der Büste die immer wieder irgendwo auftaucht. Hier wird er beschrieben wie ihn seine Zeitgenossinnen gesehen haben. Nicht ganz so groß wie eine Figur in diesem Buch, so dass die Frau sich fast unwohl fühlte. Beim Handkuss sah sie auf seinen wulstigen Nacken. Auch Karlsbad wird authentisch beschrieben, ich kenne nur das von Heute, kann mir aber z.B.: die Gelasse für nach dem Genuss des Heilwassers sehr gut vorstellen. Auch Goethes Einlassungen zum Leben und die Liebe sind zeitlos.

Allein diese Beschreibungen und natürlich die Sprache die dem 19. Jahrhundert entspricht, macht das Lesen zu einem puren Vergnügen.

Die Geschichte an sich gerät durch dieses Vergnügen fast in den Hintergrund, erst nach dem Goethes geliebte Frau hinzu kommt und er seine Zusage ernst nimmt werden die Bemühungen spannender. Es ist passend zu der Zeit eine nostalgisch anmutende Liebesgeschichte mit einem sehr schönen Schluss.

Veröffentlicht am 05.03.2022

Heimweh

Leo und Dora
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Leo Perlstein reist von Palästina in die USA um seine Agentin zu treffen. Es geht alles schief was nur schief gehen kann. Da Alma und ihr Mann auf Reisen sind und das Haus in dem er wohnen sollte ...

Leo Perlstein reist von Palästina in die USA um seine Agentin zu treffen. Es geht alles schief was nur schief gehen kann. Da Alma und ihr Mann auf Reisen sind und das Haus in dem er wohnen sollte abgebrannt ist, landet er bei Miss Dora in ihrer Pension. Dort leben auch Frauen und Kinder damit sie den heißen Sommer nicht in der Stadt verbringen müssen, die Männer kommen am Wochenende zu Besuch. Für Leo eine schreckliche Unterbringung. Seit zehn Jahren auf der Flucht, nirgendwo richtig angekommen, früher ein berühmter Schriftsteller hat er nun eine tiefsitzende Schreibblockade und Heimweh nach Wien. Nach einer Stadt und ihrem Flair von dem er aber andererseits glaubt das dieses Lebensgefühl durch dem Krieg für immer zerstört wurde.
Dora leitet diese Pension, im Sommer Arbeit im Überfluss und im Winter zu viel Ruhe. Sie ist genügsam, still und hat ihre festen Regeln, nur selten blitzt etwas auf von dem man meinen könnte, das ist die richtige Dora, die sie zeigt ist nur eine Fassade.
Wenn man das Buch Wort für Wort liest, ist Leo ein grantelnder alter Mann, der mit dem neuen Leben nicht zurecht kommt. Für Dora gilt sie ist eine eigensinnige stumpfe Frau die immer Recht haben will.
Gibt man sich etwas Mühe und taucht etwas tiefer ein, lernt man zwei einsame Menschen kennen die von ihrer Umwelt immer in eine bestimmte Richtung gedrängt wurden, manchmal haben sie sich gewehrt und dann ging es nicht gut für sie aus. Sie haben dadurch das Selbstvertrauen verloren. Nun ist ihr näheres Umfeld nicht da, sondern kommentiert nur aus der Ferne. Auf einmal sind eigene Entscheidungen gefragt, der Mut zu etwas Neuem entsteht. Vorsichtig tasten die beiden sich heran, auch an den jeweils anderen.
Es ist eine fiktive Geschichte, mit kurzen Erwähnungen von tatsächlichen Ereignissen, aber genau so kann wie in diesem Roman kann es einem Paar passiert sein. Die Lebensumstände hat man so oder ähnlich schon öfter in Biographien oder Tatsachenberichten gelesen. Es war schön zu lesen wie diese Berichte nun mit Leben gefüllt wurden.
Der Schreibstil ist leise, unaufgeregt, die einzigen Unruhestifter sind der Hahn und Murmeltiere, trotzdem hört man Stimmen, Vögel und anderes beim Lesen. Die Autorin lässt uns die Hitze spüren in dem vor dem inneren Auge das Flimmern der heißen Luft entsteht, sie lässt einem das kühle Wasser in dem kleinen See herbei sehnen.

Veröffentlicht am 25.02.2022

Ein bisschen neben der Realität

Eine verdächtig wahre Geschichte
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Ein Buch ohne Autor, drei Morde ohne Mörder, was kommt noch. Die Lektorin Violaine bekommt ein Manuskript zugeschickt zudem ihre Mittarbeiter sagen, es soll veröffentlicht werden. Es ist schwierig mit ...

Ein Buch ohne Autor, drei Morde ohne Mörder, was kommt noch. Die Lektorin Violaine bekommt ein Manuskript zugeschickt zudem ihre Mittarbeiter sagen, es soll veröffentlicht werden. Es ist schwierig mit dem Autor in Kontakt zu kommen, trotzdem wird es veröffentlicht, Ein voller Erfolg, bis hin zur Aussicht auf einen Buchpreis. Nun muss der Autor her, aber er/sie ist unauffindbar. Da geschehen drei Morde die genau dem Buch entsprechen. Also sucht auch die Polizei. Während Violaine nach einem schweren Unfall nur langsam zurück ins Leben und zur Arbeit findet nimmt die Geschichte ihren Lauf.
Es ist eine französische Geschichte, irgendwie denke ich immer so kann nur ein Franzose schreiben, malen oder Filme machen. Es gibt nicht nur eine Hauptperson, auch wenn die Figuren zu unterschiedlichen Zeiten auftauchen oder in verschiedenen Beziehungen zu einander stehen, sie sind immer gleich wichtig für das Geschehen. selbst wenn sie erst am Ende auftauchen. Die vielen Umwege, vor und zurück, hin und her, immer wieder sind es gerade diese Wendungen die das Buch so lesenswert machen. Es fängt so harmlos an, ein Manuskript das allen gefällt, nachdem schon hunderte durchgefallen sind. Ein schüchterner Autor/in die niemand je gesehen hat. Sehr mysteriös und geheimnisvoll Die vielen Zufälle und Möglichkeiten scheinen immer etwas außerhalb der Realität zu sein.
Die Liebe ist schon da, am Rand zwar, aber ungeheuer wichtig, Die teilweise exzentrischen Figuren sind ein Highlight. Eine Frau die ihre nervigen Gegenüber als Insekt bezeichnet und die das nicht als Beleidigung empfinden muss man einfach lieben.
Das Ende ist überraschend aber durchaus im Bereich des Möglichen.

Veröffentlicht am 24.02.2022

Deutsch-Französische Freundschaft

Kaiserstuhl
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Deutsch-Französische Freundschaft im Großen und im Kleinen. Adenauer und De Gaulle wollen die beiden Völker wieder einander näher bringen.
Henny und Paul waren kurz nach dem Krieg ein Liebespaar ...

Deutsch-Französische Freundschaft im Großen und im Kleinen. Adenauer und De Gaulle wollen die beiden Völker wieder einander näher bringen.
Henny und Paul waren kurz nach dem Krieg ein Liebespaar und dann gingen sie auseinander, nun 1962 treffen sie wieder aufeinander. Die alten Wunden sind tief, aber Henny besitzt eine Vorkriegschampagnerflasche die ungeheure Symbolkraft besitzt. Diese Flasche soll an Adenauer und De Gaulle zur Vertragsunterzeichnung übergeben werden. Paul soll sie für den zuständigen Sicherheitschef besorgen. Aber nicht nur für die hohe Politik hat der Champagner eine große Bedeutung.
Es sind ungeheuer viele Einzelheiten in diesem Buch die miteinander verbunden werden. Menschen, Zeiten, Ereignisse, Orte es ist ein großes Puzzle. Genau wie man diese Teile immer wieder in die Hand nimmt, sind es hier die Segmente der Geschichte die immer wieder auftauchen und dann zueinander passen. Die Frage von Schuld, der eigenen und der von anderen und kann man diese miteinander vergleichen ist eine wichtige Frage in diesem Buch.
Henny ist ein willensstarker Charakter, sie weiß um ihre Schuld, Fehler und Schwächen, alle anderen Figuren verblassen neben ihr. Es sind interessante Personen wenn sie ihre eigenen Kapitel haben, aber immer wenn sie neben dieser Frau agieren wirken sie farblos.
Ich liebe starke Frauen, da sie in den anderen Büchern dieser Autorin auch die Hauptpersonen dargestellt hatten war ich nicht überrascht, vielmehr hatte ich es erwartet.

Veröffentlicht am 15.02.2022

Anders als erwartet

Ende in Sicht
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Hella will sterben, sie ist auf den Weg in die Schweiz. Da fällt Juli vor ihr Auto, gewollt oder Unfall. Es ist schwierig für Hella das herauszufinden. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg. ...

Hella will sterben, sie ist auf den Weg in die Schweiz. Da fällt Juli vor ihr Auto, gewollt oder Unfall. Es ist schwierig für Hella das herauszufinden. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg. Wohin? In den Tod oder doch noch einmal den Versuch das Leben in den Griff zu bekommen. Warum will Hella sterben, warum will Juli, die gerade einmal sechzehn Jahre alt ist, sterben?
Die Beschreibungen dieser beiden Figuren ist bizarr. Wortkarg, Lügen auf beiden Seiten. Andererseits entsteht eine Beziehung, jede sieht sich in der Verantwortung für die andere, obwohl dieses Wort bisher ein Fremdwort war. Es ist ein Roadtrip, ein Wort für eine gemeinsame Reise die viel mehr ist. Es werden Gefühle offenbart, Gedanken verselbstständigen sich, Rückblicke ergeben einen Sinn. Hella hat genug vom Leben, mit siebzig kann man sagen das ist in Ordnung. Aber bei Juli ist es etwas anderes, sie hat ihr Leben noch vor sich. Aber Depressionen machen nicht vor der Jugend halt. Sie sind da und kaum im Schach zu halten. Die Beschreibung dieser Krankheit ist gut in diesem Roman verankert. Nicht übertrieben, sondern ein Versuch die Empfindungen der Betroffenen dar zustellen. Es scheint das die Autorin sehr viel Erfahrung und aus eigener Anschauung dieses Buch geschrieben hat.
Das Buch ist ganz anders als erwartet. Trotzdem oder gerade deswegen fand ich es gut.