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Veröffentlicht am 20.03.2022

Debütroman übertroffen

Jigsaw Man - Der tote Priester
1

Zum Inhalt:
Caleb Annan, der bekannte Pastor einer Londoner Kirchengemeinde, wird mit knapp 50 Messerstichen ermordet aufgefunden. Das Ermittlerteam Anjelica Henley und Salim Ramouter finden bei näherer ...

Zum Inhalt:
Caleb Annan, der bekannte Pastor einer Londoner Kirchengemeinde, wird mit knapp 50 Messerstichen ermordet aufgefunden. Das Ermittlerteam Anjelica Henley und Salim Ramouter finden bei näherer Untersuchung des Tatortes einen versteckten Nebenraum in der Kirche. Der Fund darin lässt das Blut in den Adern gefrieren. Ein junger Mann, der offensichtlich gefoltert wurde, liegt angekettet und völlig ausgehungert auf einem alten Bettgestell. Während Henley und ihr Team noch rätseln, inwiefern beide Fälle zusammenhängen, taucht bereits die nächste Leiche auf: eine junge Frau, die auf die gleiche Art zu Tode gequält wurde wie der halbtote Mann aus der Kirche...

Meine Leseerfahrung:
Nach dem beeindruckenden Debütroman "Jigsaw Man" war ich sehr gespannt auf die Fortsetzung der Reihe um das Ermittlerteam Henley & Ramouter. Das erste Buch hatte mE noch ein paar leichte Schwächen, die die Spannung minderten. Ich hatte mir aber insgeheim eine Steigerung der autorischen Fähigkeiten erhofft und wurde diesmal nicht enttäuscht.

Auch wenn der Titel vermuten lässt, dass der Jig Saw Killer aus dem Debütroman wieder auftaucht, geht es im 2. Band um einen völlig anderen Fall, der sich unabhängig vom 1.Band lesen lässt. Um einige Zusammenhänge besser verstehen zu können, würde ich allerdings empfehlen, mit dem ersten Buch der Reihe zu starten.
Das Team um Henley ist viel eingespielter, und die Zusammenarbeit ist inzwischen stimmiger. Mir hatte die Ermittlungsarbeit bereits im 1. Band sehr gut gefallen, diesmal fand ich sie sogar viel spannender und methodischer. Die Privatgeschichten der Hauptermittler nehmen natürlich wieder ein wenig Platz ein, dominieren aber nicht mehr so stark. Die Einblicke in Ramouters Privatleben empfand ich als die emotionalsten Abschnitte, wodurch er sich bisher zu meiner Lieblingsfigur entwickelt hat. Aber auch Henley selbst wirkt deutlich sympathischer und authentischer als im 1. Teil. Die einzelnen Kapitel sind übrigens recht kurz gehalten, was ich immer stark begrüße, da die schnellen Szenenwechsel die Spannung durchweg konstant halten.

Die Story ist diesmal auch sehr abwechslungsreich, da bereits zu Beginn in zwei Fällen ermittelt wird, die irgendwie miteinander zusammen hängen. Dementsprechend ist der Kreis der Tatverdächtigen weit gefasst, so dass wir viele Charaktere kennenlernen und verschiedene mögliche Tatmotive bewerten können. Das Miträtseln hat mir hierbei am Meisten Spaß gemacht, zumal Matheson gekonnt raffinierte Wendungen innerhalb der Geschichte platziert hat, und trotz klischeehaft anmutender Tendenzen mit unvorhersehbaren Überraschungen trumpfen konnte.

Ich habe diesen Thriller sehr genossen und intensiv mitgerätselt und bin schon gespannt, was Nadine Matheson sich beim nächsten Band alles einfallen lässt.

Fazit:
Mit der Fortsetzung der JigsawMan-Reihe hat Nadine Matheson endgültig bewiesen, dass sie durchaus mit den großen Namen im 'harten' Thriller-Genre mithalten kann. In "Der tote Priester" kombiniert sie gekonnt verschiedene Straftaten miteinander und präsentiert uns einen weit gefassten Täterkreis mit jede Menge Miträtselspaß. Spannende Lesestunden sind hier garantiert!

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  • Spannung
Veröffentlicht am 06.03.2022

Zeitloser Klassiker

Farm der Tiere / Animal Farm
1

Zum Inhalt:
Im Klassiker des englischen Schriftstellers George Orwell aus dem Jahre 1945 geht es um die Erhebung der Tiere eines Bauernhofes gegen die Ausbeutung durch den unfähigen Gutsbesitzer Mr Jones, ...

Zum Inhalt:
Im Klassiker des englischen Schriftstellers George Orwell aus dem Jahre 1945 geht es um die Erhebung der Tiere eines Bauernhofes gegen die Ausbeutung durch den unfähigen Gutsbesitzer Mr Jones, der sie auch schon mal verhungern lässt. Die als am Intelligentesten geltenden Schweine übernehmen fortan die Herrschaft und gestatten sich allmählich immer mehr Privilegien zu. Als auch noch Handelsbeziehungen mit den feindlichen Menschen aufgenommen werden und Kritiken seitens einiger Tiere im Keim erstickt werden, wird deutlich, dass die Herrschaft unter den Schweinen mittlerweile viel schlimmer ist, als damals unter dem Bauern Mr Jones. Die Situation auf der Farm gipfelt schließlich darin, dass die Schweine anfangen, auf zwei Beinen zu laufen und Kleidung zu tragen. Zuletzt sind sie nicht mehr von den Menschen zu unterscheiden...

Meine Leseerfahrung:
Es gibt wohl kaum noch jemanden, der die Fabel "Farm der Tiere" von George Orwell nicht kennt. Als er sie verfasste, war er so überzeugt vom Sozialismus, jedoch entschieden gegen seine Verdrehung zum Stalinismus, so dass er diesen samt seiner Terrorherrschaft in Form von Allegorien beschrieb und damit ein grandioses und stets aktuelles Meisterwerk erschuf. In unserer heutigen Zeit eignet sich dieses Buch perfekt für einen Re-Read, wobei ich mich diesmal an die Originalfassung wagen wollte.
Seit Jahren habe ich allerdings kein Buch mehr auf Englisch gelesen. Um Schwierigkeiten beim Lesen zu vermeiden, entschied ich mich für diese zweisprachige Ausgabe aus dem Anaconda Verlag, zumal mich aber auch das Cover sehr stark ansprach. Ich muss sagen, ich bin tatsächlich ganz gut in die englische Version hineingekommen und musste nur bei wenigen Vokabeln mal auf die deutsche Version rüberschielen, die praktischerweise gleich auf der gegenüberliegenden Seite abgedruckt ist. Was mir ganz besonders positiv dabei aufgefallen ist, dass die Übersetzung an einigen Stellen nicht wortwörtlich ist und auch die Namen der Tiere nicht eingedeutscht, sondern gänzlich beibehalten wurden, was für mich persönlich moderner wirkt.

Zum Inhalt kann ich nur sagen, dass es eine durchweg perfekt erzählte Zusammenfassung des Sozialismus ist und Aufklärung darüber, aus welchen Gründen er in den Händen der Menschen schlichtweg nicht umsetzbar ist. Aber auch in anderen Gebieten, in denen deutlich unterschiedliche Herrschaftsebenen vorherrschen und/oder Interessen widerstreiten, ist diese Fabel durchaus auch anwendbar, so dass sie nie an Aktualität einbüßt. Ich habe dieses Buch als Pflichtlektüre in der Schulzeit leider vermisst und würde mir wünschen, dass mehr von solcher kritisierender und aufrüttelnder Literatur der jungen Generation in die Hand gegeben wird, damit unsere Nachkommen ein stärkeres Bewusstsein für politische und gesellschaftliche Strukturen unserer Gesellschaft entwickeln können.

Zum Anderen ist es wichtig, solche Bücher auch in der Originalfassung zu lesen, nicht nur, um die eigenen sprachlichen Fähigkeiten zu behalten bzw. weiter auszubauen, sondern auch die ursprüngliche Bedeutung von Sätzen, die manchmal in Übersetzungen flöten gehen, zu erfassen. Bei dieser zweisprachigen Ausgabe hat man zumindest dahingehend die Kontrolle über das Gelesene.

Fazit:
George Orwells Fabel "Farm der Tiere" über die Rebellion der Tiere gegen die Herrschaft des Menschen ist nach wie vor brandaktuell und auf viele verschiedene Bereiche unseres Lebens anwendbar. Der Klassiker, der zum Nachdenken anregt, ist in dieser neubearbeiteten zweisprachigen Ausgabe moderner und praktischer wie nie zuvor und ein perfekter Anreiz, ihn auch ohne Hemmungen mal in der Originalfassung zu lesen.

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Veröffentlicht am 22.02.2022

Beste historische Krimireihe seit Sherlock Holmes

Das Geheimnis von Windsor Castle
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Zum Inhalt:
Edinburg, 1889: Frey und McGray haben einen neuen Feind, und zwar die Krone höchstpersönlich. Queen Victoria will die beiden Inspectors nämlich so bald wie möglich tot sehen. Der einzige Ausweg ...

Zum Inhalt:
Edinburg, 1889: Frey und McGray haben einen neuen Feind, und zwar die Krone höchstpersönlich. Queen Victoria will die beiden Inspectors nämlich so bald wie möglich tot sehen. Der einzige Ausweg aus dieser Situation ist eine schier unmögliche Mission, die Frey und McGray zu den Hexen von Pendle Hill führen wird, mit denen sie in der Vergangenheit bereits weniger erfreuliche Erfahrungen gemacht haben. Um der Guillotine zu entkommen, nehmen die Inspectors den Auftrag dennoch an. Doch damit bringen sie nicht nur sich selbst, sondern auch auch andere Menschen aus ihrem Umfeld in höchste Gefahr. Ganz oben auf der Liste befindet sich die Schwester von McGray, die sie erstmal beschützen müssen. Als dann noch eine andere Gruppe von Hexen auftaucht, wissen die Inspectors nicht mehr, wer Freund und wer Feind ist. Eine brutale Hetzjagd beginnt, während die Gnadenfrist bis zur Hinrichtung am Verstreichen ist...

Meine Leseerfahrung:
"Das Geheimnis von Windsor Castle" ist der 6. Band der Reihe um den englischen Inspector Frey und seinem schottischen Vorgesetzten McGray, die wieder ein unterhaltsames Action-Spektakel liefern. Ich bin mittlerweile ein großer Fan ihrer Kriminalgeschichten, die in der viktorianischen Zeit angesiedelt sind und sich in Schottland abspielen. Seit Sherlock Holmes hat mich kein anderes Buch dermaßen begeistert, wobei ich anmerken muss, dass die Ermittler Frey und McGray kaum zu vergleichen sind mit Holmes und Watson.

Frey ist der absolute englische Gentleman, der sich stets an die Etikette hält und Dinge mit Vernunft und Verstand angeht, während der ungehobelte Schotte McGray mit seiner unkonventionellen Erscheinung und seiner schroffen Art überall aneckt und durch und durch abergläubisch ist. Völlig unterschiedlich wie sie sind, so ergänzen die beiden sich absolut perfekt, wenn es um die Aufklärung seltsamer Fälle geht. Und diesmal müssen sie ihre eigene Haut retten, denn wenn sie den Auftrag der Königin nicht erfüllen, werden sie mit Sicherheit hingerichtet. Freunde der Krone werden hier vielleicht nicht ganz erfreut sein, wie Oscar de Muriel über Königin Victoria herzieht und dabei keine einzige negative Eigenschaft der Dame auslässt. Gekonnt vermischt der Autor Fakten mit Fiktion, wobei man tatsächlich ins Rätseln kommt, was denn nun Fakt oder Fiktion ist.

Ich muss gestehen, der 2. Band mit der Vorgeschichte der Hexen von Pendle Hill ist der einzige Teil, den ich noch nicht gelesen hatte. Somit hatte ich an einigen Stellen etwas Schwierigkeiten, gedanklich mitzukommen. Aber das hat dem Lesevergnügen keinen Abbruch getan, zumal vieles auch erneut erklärt wird. Auf jeden Fall ist der 6. Band temporeich und spannungsgeladen und wird an keiner Stelle langatmig. Was ich zudem an dem Schreibstil des Autors so schätze, ist, dass die Qualität konstant bleibt und für mich bisher keines der Bücher von der Story her geschwächelt hat.

Fazit:
Oscar de Muriels viktorianische Kriminalreihe ist mit "Das Geheimnis von Windsor Castle" um einen spannungsgeladenen Band reicher und nimmt uns diesmal mit auf eine turbulente "Hexenjagd". Eine Reihe, die man immer wieder lesen kann, ohne dass sie langweilig wird.

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Veröffentlicht am 31.01.2022

Hochspannend und immer noch aktuell

BLACKOUT - Morgen ist es zu spät
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Zum Inhalt:
Als plötzlich alle Stromnetze in Europa zusammenbrechen, vermutet der italienische Informatiker Piero Manzano einen Hackerangriff. Seine Warnungen werden zunächst nicht ernst genommen. Vielmehr ...

Zum Inhalt:
Als plötzlich alle Stromnetze in Europa zusammenbrechen, vermutet der italienische Informatiker Piero Manzano einen Hackerangriff. Seine Warnungen werden zunächst nicht ernst genommen. Vielmehr wird er sogar selbst verdächtigt, hinter dem vermeintlichen Hackerangriff zu stecken. Während Manzano sich fortan auf der Flucht befindet, bricht in ganz Europa das Chaos und der Kampf ums Überleben aus. Zudem sind auch noch die wahren Drahtzieher der Katastrophe auf Manzano aufmerksam geworden...

Meine Leseerfahrung:
"Blackout" von Marc Elsberg erschien erstmals 2013. Ich bin allerdings erst durch diese Premiumausgabe auf die Story aufmerksam geworden. Mittlerweile ist das Buch auch verfilmt worden, wobei ich allerdings noch gar nicht reingeschaut habe. Mir war es wichtig, die Geschichte in der Originalfassung erst zu lesen, bevor ich mich über die Umsetzung freue oder ärgere.

Normalerweise bin ich kein Fan von apokalyptischen, dystopischen oder katastrophenbasierten Geschichten. Aber "Blackout" hat mich tatsächlich sehr gefesselt, weil Marc Elsberg die Auswirkungen der Katastrophe äußerst realistisch darstellt. Vorher hatte ich mir noch nie Gedanken über einen kompletten Stromausfall samt seiner Folgen gemacht. Dass dabei die Versorgung mit Lebensmitteln und Gütern bedroht sein, das medizinische Versorgungssystem gefährlich darunter leiden könnte oder die Gesellschaftsstrukturen zunehmend auseinanderbrechen würden, wäre mir nie im Traum eingefallen. Allein schon der Gedanke, dass die Kühlung von Atomkraftwerken nicht dauerhaft gewährleistet werden kann, jagte mir beim Lesen eine Schauder über den Rücken.

Dass die Menschheit mittlerweile völlig von Elektrizität und Technologie abhängig geworden ist, war mir ohnehin klar. Aber das Ausmaß der Bedrohung, die uns bei totalem Ausfall gegenübersteht, ist doch sehr erschreckend. Und in Anbetracht des möglichen moralischen Zerfalls der Gesellschaft empfand ich dieses Buch als aufrüttelnd. Obwohl ich die Zeitspanne für die Eskalationen bzw. kriegsähnlichen Zustände doch eher als zu kurz und zu sehr dramatisch gezeichnet empfunden habe, hat mich "Blackout" dennoch nachhaltig stark berührt und mich lange nachdenklich gestimmt.

Die neuerschienene Premiumausgabe kann ich für alle Interessierten wärmstens empfehlen, denn sie beinhaltet neben Bildern zur Serie weitere Extras wie ein Gespräch zwischen Marc Elsberg mit den Drehbuchautoren und der Produzentin der Serie über die Verfilmung, Rezepte aus dem Notfallkochbuch (Kochen ohne Strom) und und und...Sie hat bei uns daher einen Ehrenplatz im Bücherregal eingenommen, wo sie mit dem pechschwarzen Buchschnitt deutlich unter allen Büchern hervorsticht.

Fazit:
"Blackout" von Marc Elsberg ist ein absolut lesenswerter Wissenschaftsthriller, der nachhaltig bewegt und zum Denken anregt. In der neuen Premiumausgabe ein Musthave für alle Fans der gehobenen Spannung!

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Veröffentlicht am 01.01.2022

Vorreiter aller neuzeitlichen Vampirromane

Interview mit einem Vampir
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Zum Inhalt:
New Orleans, 1791: Der junge Louis wird von dem grausamen Vampir Lestat gebissen und verwandelt. Fortan leben sie miteinander, wobei Louis immer mehr mit sich und seinen früheren Moralvorstellungen ...

Zum Inhalt:
New Orleans, 1791: Der junge Louis wird von dem grausamen Vampir Lestat gebissen und verwandelt. Fortan leben sie miteinander, wobei Louis immer mehr mit sich und seinen früheren Moralvorstellungen kämpfen muss. Es dauert fast ein Jahrhundert, bis er seine mörderische Natur akzeptiert. Als er Lestats sadistische Laune nicht mehr ertragen und ihn endgültig verlassen möchte, macht Lestat die fünfjährige Claudia zum Vampir. Louis fühlt sich für sie verantwortlich und weicht ihr nicht mehr von der Seite. Doch Claudia wächst über die Jahre geistig zu einer jungen Frau heran, die auf ewig in einem Kinderkörper gefangen ist und dafür ihre beiden Vampirväter verantwortlich macht. Ihr Hass auf Lestat wird mit den Jahrzehnten jedoch immer größer, bis sie den Plan fasst, ihn zu töten...

Meine Leseerfahrung:
Ich habe so lange auf eine Neuauflage dieser Vampirreihe von Anne Rice gewartet. Gelesen habe ich den ersten Teil nun übrigens zum dritten Mal und bin nach wie vor sehr begeistert. Die Überarbeitung ist sehr gut gelungen, die Geschichte liest sich mittlerweile viel flüssiger. Vielleicht ist mir aber auch die Story dermaßen vertraut, dass ich nur so über die Seiten geflogen bin.

Ich hatte die Romane von Anne Rice bereits in den 90er Jahren vor der ersten Verfilmung des ersten Teils angefangen, zu lesen. Ich war und bin immer noch fasziniert davon, wie gefühlsstark die Autorin ihre Figuren gezeichnet hat. Insbesondere Louis, der seine menschliche Seite auch als Vampir bewahrt hat und sein sterbliches Leben noch lange betrauert. Er quält sich wegen seines nach Blut dürstenden Daseins und seiner dazu entgegenstehenden moralischen Auffassung. Seine Gedanken, die er mit uns teilt, zeigen wie tiefgründig seine Figur ist und mit welcher Präzision Rice seine Ängste und Gefühle gezeichnet hat. Wenn man die anderen Bände nicht kennt, könnte man meinen, dass Louis wohl die Lieblingsfigur von Rice gewesen sein muss. Auf jeden Fall ist deutlich zu erkennen, dass die Autorin diesen Roman mit viel Leidenschaft und Gefühl geschrieben haben muss.

Dass die Geschichte von Louis selbst erzählt wird, indem er von dem Reporter in der vordergründigen Handlung interviewt wird, ist genial konstruiert und entfaltet eine enorme Sogwirkung. Eigentlich bin ich kein Fan von Binnenerzählungen, weil man bei mehrschichtigen Erzählkonzepten oft den roten Faden verlieren kann. Hier ist aber die Erzählweise absolut stimmig. Die Rückblicke in der Zeit haben ein eher zügiges und angenehmes Erzähltempo, wobei die Abschnitte in der Gegenwart eher den Lesefluss verlangsamen und für erfreuliche Pausen sorgen.

Es ist keine durchschnittliche Vampirgeschichte, sondern ein Roman über die Unsterblichkeit, über Vergänglichkeit, über den Sinn des Lebens und über die Liebe in all ihren Facetten. Auch wenn diese Reihe zu den melancholischsten und düstersten Romanen über Untote zählen dürfte, ist sie ein Muss für alle Fans der Vampirliteratur. Erwähnenswert ist allerdings an dieser Stelle, dass diese schwermütige Atmosphäre des ersten Romans sich mit den weiteren Bänden allmählich auflockert. Ich freue mich sehr auf die Neuauflage weiterer Bände. Denn das Cover ist diesmal sehr sehr gut gelungen und ich bin gespannt, wie die Reihe sich nun im Buchregal machen wird.

Fazit:
Für mich gehört "Interview mit einem Vampir" zu den Besten der Vampirliteratur und ist mittlerweile ein Klassiker, der in keinem Buchregal fehlen sollte. Die Geschichte über die Unsterblichkeit wurde selten so gefühlsstark erzählt wie von Anne Rice, die uns mit ihrer Reihe einen tiefgründigen Einblick in den Vampirismus und auch in die Konsequenzen des ewigen Lebens liefert. Ein Must-Read, das nach so vielen Jahrzehnten immer noch nicht an Aktualität eingebüßt hat!

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