Profilbild von solveig

solveig

Lesejury Star
offline

solveig ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit solveig über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.05.2022

Imponierend

Papyrus
0

Um es gleich vorweg zu nehmen: „Papyrus" hat mich restlos begeistert. Irene Vallejo ist ein Sachbuch gelungen, das den Leser umfassend informiert – und das auf eine packende, unterhaltsame Weise. Bei mehr ...

Um es gleich vorweg zu nehmen: „Papyrus" hat mich restlos begeistert. Irene Vallejo ist ein Sachbuch gelungen, das den Leser umfassend informiert – und das auf eine packende, unterhaltsame Weise. Bei mehr als siebenhundert Seiten schafft sie es spielend, die Aufmerksamkeit des Lesers und sein Interesse aufrecht zu erhalten.
Es scheint ein enormes Unterfangen, über die Geschichte des Buches zu schreiben. Bücher existieren immerhin seit mehr als dreitausend Jahren und haben ihre Gestalt immer wieder verändert; von der Papyrusrolle über Pergamentschriften bis hin zum „Codex", dem Vorläufer des gebundenen Buches, wie wir es heute gewohnt sind.
Die Autorin erzählt uns von den Anfängen in Ägypten, schildert die berühmte Bibliothek in Alexandria, lässt uns die Übernahme der Herrschaft durch die Römer miterleben und das Schicksal des Buches bis zum Buchdruck verfolgen. Dabei unterstreicht sie die Bedeutung der Schriftensamlungen für die Menschen als Speicher althergebrachten Wissens, als Lehrbücher, zur Unterhaltung und sogar als Überlebenshilfen Gefangener. Immer wieder spannt sie den Bogen bis in unsere Gegenwart hinein, zieht Vergleiche und weist auf Parallelen hin. In ihrer zeitgeschichtlichen Reise durch die Jahrtausende der Literatur geht sie neben der Herstellung und Aufbewahrung von Büchern auch der Frage nach, wie Schriftsteller und Buchhändler gelebt haben, und wie Bücher der Allgemeinheit zugänglich gemacht wurden. Die Vernichtung kritischer Schriften durch Despoten ist ebenso Thema wie der aktuelle Konflikt um „bereinigte" Literatur. Ein umfangreiches Quellenverzeichnis, eine weiterführende Literaturliste und ein Personenverzeichnis vervollständigen das Buch.
In lockerem, aber sachlichem Ton bietet Vallejo eine Fülle an Informationen, in kurzen Kapiteln gut verständlich und bemerkenswert fesselnd aufbereitet.
Und so, wie sie es versteht, den Leser zu begeistern, spürt dieser den Enthusiasmus der Autorin für ihr Sujet. Ein wirklich imponierendes Buch!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.04.2022

Lesen verbindet

Ich lese!
0

Wann, wie, wo und mit wem kann ich lesen? Kurz und bündig gibt Attilio Cassinelli die Antworten: Immer, überall, allein und mit anderen. In Wort und Bild erfahren kleine und große Leser, wozu Bücher in ...

Wann, wie, wo und mit wem kann ich lesen? Kurz und bündig gibt Attilio Cassinelli die Antworten: Immer, überall, allein und mit anderen. In Wort und Bild erfahren kleine und große Leser, wozu Bücher in der Lage sind. Sie können entspannen, ablenken, Trost schenken oder eine Gemeinschaft herstellen. Dabei widmet Attilio jeder Lese-Situation eine Doppelseite des handlichen kleinen Buches. Eine Seite gehört dem Text, die andere der dazugehörigen Illustration.
Der Text, der eigentlich nur aus jeweils einem knappen Kommentar besteht, korrespondiert in seiner Kürze mit den ebenso reduzierten bildlichen Darstellungen. Ähnlich, wie es manche vielleicht noch von Dick Bruna kennen, beschränkt sich Attilio auf eine klare, einfache Form- und Farbgebung und lässt seine Figuren und Gegenstände durch kräftige, schwarze Konturen deutlich hervortreten. Diese Konzentration auf das Wesentliche und der Verzicht auf Details spricht vor allem kleinere Kinder unmittelbar an und zieht ihre Aufmerksamkeit auf sich. Zudem ist die einfache Bildsprache für Kinder leicht zu decodieren und auch international für alle verständlich.
Die unterschiedlichen Lese-Situationen, liebevoll und humorig illustriert, laden Eltern und Kinder zu einem Gemeinschaftserlebnis ein, zum gemeinsamen Betrachten und Plaudern - so, wie der Illustrator es auf etlichen Seiten seines Büchleins abbildet: Lesen verbindet.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.04.2022

Ein Mutmach-Buch

Die kleine Hummel Bommel – Du kannst fliegen
1

“Von oben ist immer alles schöner" heißt es in Britta Sabbags neuem Kinderbuch, das sie gemeinsam mit Maite Kelly und der Illustratorin Joëlle Tourlonias gestaltet hat. Und so kann auch ein Kind tatsächlich ...

“Von oben ist immer alles schöner" heißt es in Britta Sabbags neuem Kinderbuch, das sie gemeinsam mit Maite Kelly und der Illustratorin Joëlle Tourlonias gestaltet hat. Und so kann auch ein Kind tatsächlich gut nachvollziehen, was ein Erwachsener vielleicht bereits erfahren hat: Die Entfernung verschafft Abstand und macht so manches Problem übersichtlicher. Jeweils ein Mutmach-Satz findet sich auf einer Doppelseite des großformatigen Buches, begleitet von großzügigen, zurückhaltend kolorierten Bildern. Während die kleinen und großen Leser die niedliche Hummel mit den Stummelflügelchen auf ihrem Weg begleiten, können die Texte immer wieder zu Gesprächen mit dem Kind anregen. Denn nicht nur Erwachsenen kommt ab und an „das Leben zwischen die Flügelschläge"!
Du kannst fliegen ist ein wirklich wunderschönes Bilderbuch für gemeinsame Lesestunden.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.04.2022

Mord mit Lokalkolorit

Das Mädchen und der Totengräber (Die Totengräber-Serie 2)
0

Wieder einmal kreuzen sich die Wege von Inspektor Leopold von Hertzfeld und dem kauzigen Totengräber Augustin Rothmayer: während er den Tod eines mumifizierten Archäologen aufklären soll, verhilft ihm ...

Wieder einmal kreuzen sich die Wege von Inspektor Leopold von Hertzfeld und dem kauzigen Totengräber Augustin Rothmayer: während er den Tod eines mumifizierten Archäologen aufklären soll, verhilft ihm Rothmayer zu wichtigen Erkenntnissen. Als sich Leo schließlich der Lösung des Falles immer mehr nähert, kommt plötzlich der Befehl, alle Untersuchuchungen einzustellen. Stattdessen erhält er die Weisung, mit Hochdruck bei einer Reihe rätselhafter Morde an jungen Männern zu ermitteln, die sich häufen…
Auch dieser zweite Teil der Totengräber-Serie erzählt nicht nur auf packende Weise von verzwickten Mordfällen, sondern schildert auch anschaulich das Leben gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Wien mit all seinen Facetten. Erneut gelingt es dem Autor vortrefflich, seinen Roman lebendig werden zu lassen, indem er reale historische Ereignisse mit Fiktion verbindet. Politische und soziale Aspekte werden ebenso einbezogen wie wissenschaftliche und technische Fortschritte oder auch die Anfänge moderner Kriminalistik. Detaillierte Milieuschilderungen lassen den Leser in das Leben kurz vor der Jahrhundertwende eintauchen und mit den Protagonisten fühlen.
Ein spannender Roman mit einem eindrucksvollen Blick in eine vergangene Epoche!


  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.03.2022

Minenfeld Gedächtnis

Der Erinnerungsfälscher
0

Wieviel Inhalt ein schmaler Buchband transportieren kann, beweist Abbas Khider sehr eindrucksvoll in seinem neuen Roman „Der Erinnerungsfälscher".
Sein Protagonist Said Al-Wahid hat sich gerade in Deutschland ...

Wieviel Inhalt ein schmaler Buchband transportieren kann, beweist Abbas Khider sehr eindrucksvoll in seinem neuen Roman „Der Erinnerungsfälscher".
Sein Protagonist Said Al-Wahid hat sich gerade in Deutschland eine neue Heimat geschaffen, als sein Bruder ihn aus dem Irak anruft, um ihm mitzuteilen, dass ihre Mutter im Sterben liege und er so schnell wie möglich kommen möge. Sie und Bruder Hakim sind Saids letzte Verbindung zu seiner Familie im Irak. Während seines Fluges nach Bagdad und des kurzen Aufenthaltes in seinem ehemaligen Vaterhaus bestürmen ihn Erinnerungen an sein früheres Leben. Welche Geschehnisse davon sind tasächlich passiert, welche sind „Lückenfüller"?
Khider versteht es meisterhaft, die bruchstückhaften Erinnerungen seines (vielleicht) Alter Ego - zeitlich Stück für Stück rückwärts gehend - in Saids gegenwärtige Existenz als angehender Schriftsteller mit deutschem Pass einzubeziehen. Sein leicht wirkender Schreibstil täuscht allerdings: gerade die kurzen Sätze und die knapp und sachlich formulierten Erinnerungen stecken voll tiefer, dramatischer Bedeutung. Eindrücklich vermitteln sie dem Leser den Grund, warum viele Erinnerungen Saids „zu den Minenfeldern im Gedächtnis …“ gehören, „die er nicht gern betreten möchte", weil sie ihn zerstören könnten. Und weshalb er für sich den Begriff des „Erinnerungsfälschers" nutzt, der traumatische Erlebnisse in seinem Gedächtnis zu unterdrücken sucht.
Gewalt, Verfolgung, Flucht: einen wirklichen Schutzwall kann Saids Gedächtnis dazu nicht aufbauen. Doch der deutsche Pass, den er ständig bei sich trägt, und sein kleiner, in Berlin

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere