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Veröffentlicht am 07.04.2022

Der Krimihimmel hängt voller Geigen

Tod im Olivenfass
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Der Titel "Tod im Olivenfass" deutet auf ein Oliventhema hin - doch das ist nur Beiwerk. Tatsächlich geht es im Grossen und Ganzen ums Thema Geigen: Geigenbauer und Geigensammler, gelegentlich auch Violionistinnen ...

Der Titel "Tod im Olivenfass" deutet auf ein Oliventhema hin - doch das ist nur Beiwerk. Tatsächlich geht es im Grossen und Ganzen ums Thema Geigen: Geigenbauer und Geigensammler, gelegentlich auch Violionistinnen - das ist das wahre Umfeld dieses Krimis.

Ich mag Krimis, die mit klassischer Musik bzw. Instrumenten zu tun haben, deshalb hat mir "Tod im Olivenfass" sehr gut gefallen. Eventuell werden aber Leser*innen, die mit dem Thema nichts anfangen können, nicht warm mit diesem Krimi, dennoch sollte man ihm eine Chance geben.

Kurz nachdem Commissario Andreotti, der Chef-Carabinieri von Salò, eine Leiche aus einem Olivenfass bergen musste, trifft er auf Sophia Lange, deren Portemonnaie gestohlen wurde. An ihr riecht er einen Duft, den er auch beim Toten wahrnahm - Als Geigenbauerin kann Sophia ihm sagen, woher dieser Duft kommt und alsbald wird sie zu Andreottis Gehilfin in diesem Fall. Viola Ricci, Carabinieri und in Salò für die Spurensicherung zuständig, unterstützt das Hinbeiziehen von Sophia.

Sophia würde aber liebend gerne noch stärker einbezogen werden, doch Andreotti mauert. Auch wenn Sophia die Fachfrau ist, die erste Geige in Sachen Ermittlung spielt Andreotti. Deshalb macht sich Sophia selbst auf den Weg und holt sich anderweitig Hilfe um eine Spur zu verfolgen. Dies aber nicht bei ihrem Freund aus Kindheitstagen Luigi und seinem Vater Guiseppe, bei dem sie neuerdings in der Geigenwerkstatt arbeitet, auch nicht bei ihrer Tante Marta und Onkel Antonio, in deren Gasthaus sie ein Zimmer bewohnt.

Bis ungefähr zu ihrem 15. Lebensjahr lebte Sophia in Salò und zog dann mit ihren Eltern nach Deutschland. Den Kontakt nach Salò wurde aus diversen Gründen unterbrochen, doch nun hofft sie bei Giuseppe noch das eine oder andere dazu zu lernen und neue Heimat in ihrer alten Heimat zu finden.

Salò scheint mir auf der Karte weniger kleine Gassen zu haben, als im Krimi vorkommen. Aber egal, es machte enorm viel Spass mit Sophia und Andreotti durch die Gassen und Strassen von Salò zu laufen und mit ihnen zu ermitteln. Ich mochte die Charaktere, die alle einige Kanten und Ecken haben. Sogar über das Schlitzohr Freddo muss man oft schmunzeln.

Der Fall um den Toten im Olivenfass wird interessant geschildert, so dass man bis zum Ende hin kaum ahnt, wer dafür verantwortlich ist. Man lernt von Seite zu Seite mehr über den Wert von Geigen und alles was damit zusammenhängt. Das macht den Krimi somit auch sehr lehrreich.

Mich hat "Tod im Olivenfass" bestens unterhalten und irgendwie hoffe ich, dass man zukünftig noch mehr Fälle mit dem ungewöhnlichen Ermittlerpaar erleben kann. Was vielleicht aber schwer zu schreiben ist, denn so viele Gelegenheiten, wo eine Geigenbauerin ihre spezifischen Sachkenntnisse als Detektivin anwenden kann, gibt es wahrscheinlich nicht, aber ich lasse mich gerne überraschen.

Das bringt mich auf meinen einzigen Kritikpunkt, der nichts mit dem Inhalt zu tun hat, denn die Geschichte ist wirklich toll erzählt, fast zu gut schon, weshalb meine Kritik mit dem Drumrum zu tun hat: mir fehlte im Minimum ein Nachwort. Wer sich in dem Thema dermassen detailliert auskennt, um so ein Buch zu schreiben, muss entweder vom Fach sein - oder extrem gut recherchiert haben. Da aber ein Nachwort fehlt, in dem etwaige Recherchen angegeben werden, und man auch sonst nirgendwo etwas über einen "Renato Pozzi" findet (auch nicht zum angeblich gewonnenen Krimi-Wettbewerb), denke ich, dass es sich um ein Pseudonym handelt und auch die damit verbundene Biografie so nicht stimmt. Gerne hätte ich über die wahren Hintergründe des Autors (vielleicht ist es sogar eine Autorin, die womöglich selbst Geige spielt, wer weiss) erfahren, denn so etwas zu schreiben ohne jeglichen Bezug zur Welt der klassischen Musik zu haben, scheint mir fast nicht möglich - ansonsten bräuchte man viel Hilfe bei der Recherche, für die man sich in einem Nachwort bedanken müsste.

Fazit: Für Krimifans hängt beim Lesen von "Tod im Olivenfass" der Himmel voller Geigen - toll und interessant erzählt.
4 Punkte.

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Veröffentlicht am 06.04.2022

Mord in Ording

Willkommen in St. Peter-(M)Ording (St. Peter-Mording-Reihe 1)
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Die Spezialistin für St. Peter-Ording-Romane, Tanja Janz, schreibt neu nun auch St. Peter-Ording-Krimis - mit dem perfekt passenden Reihennamen "St. Peter-(M)Ording".

Ilva, die wieder zurück nach Hause ...

Die Spezialistin für St. Peter-Ording-Romane, Tanja Janz, schreibt neu nun auch St. Peter-Ording-Krimis - mit dem perfekt passenden Reihennamen "St. Peter-(M)Ording".

Ilva, die wieder zurück nach Hause zieht, weil die Mutter einen Unfall hatte - und wohl noch aus anderen Gründen, das kommt in den nächsten Bänden sicher noch zur Sprache - kommt quasi gerade zur richtigen Zeit in ihrem Heimatort an: nach einer öffentlichen Diskussion um das geplante und umstrittene Dünenhotel, wird der Architekt in eben jenen Dünen tot aufgefunden.

Ilvas Bruder, Polizist Ernie, verdächtigt Ilvas Jugendliebe Eike. Der legte sich am Tatabend mit dem Architekten an. Ilva, wie auch Ute und Bernd, alle drei sind Lehrer an derselben Schule, "helfen" der Polizei beim Ermitteln. Und sie finden auch tatsächlich einiges heraus, auch wenn sie erst am Ende schneller sind als der Täter.

Lange weiss man nicht, wieso Architekt Hagen sterben musste und dann stehen da plötzlich mehrere Tatverdächtige mit verschiedenen Mordmotiven zur Auswahl. Das gefiel mir, denn so konnte ich bis zum Ende miträtseln. Die spätere Auflösung fand ich einerseits gut, andererseits auch ein kleines bisschen konstruiert und auf einmal zu schnell zu Ende. Mittendrin wurde ich aber immer wieder von unerwarteten Ereignissen positiv überrascht, langweilig wurde es nie.

Dieser Willkommens-Band hat mich gut unterhalten. Die vielen Ermittler - Ilva mit ihren Freunden und Familien - fand ich allesamt sympathisch. Ich bin jetzt schon gespannt, wie es mit ihnen weiter geht. Nur Fred Glabotki, Ernies Partner bei der Polizei, hab ich nicht immer wortwörtlich verstanden. Einige seiner Redewendungen sind mir nicht geläufig, von daher wär vielleicht ein kleines Glossar am Ende nicht schlecht.

Kann man entweder in den Ferien auf den Dünen auf St. Peter-Ording - mit einem Fischbrötchen in der Hand - oder zuhause auf Balkonien lesen. Dieser Auftaktkrimi macht auf jeden Fall Lust auf mehr St. Peter-(M)Ording!

Fazit: Gemütliche Lesestunden sind mit diesem unterhaltenden Cosy-Krimi garantiert.
4 Punkte.

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Veröffentlicht am 31.03.2022

Ein unterhaltender Mix

In einer stillen Bucht
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Nachdem ich am Sonntagmorgen ein Kochbuch mit italienischen Rezepten las, war ich am Nachmittag zusammen mit dem prächtigen Frühlingswetter, das schon leicht an den Sommer erinnerte, in der richtigen Stimmung ...

Nachdem ich am Sonntagmorgen ein Kochbuch mit italienischen Rezepten las, war ich am Nachmittag zusammen mit dem prächtigen Frühlingswetter, das schon leicht an den Sommer erinnerte, in der richtigen Stimmung für meinen dritten Ausflug nach Capri und Neapel.

Eigentlich wollte ich die Reihe ja nicht mehr weiter verfolgen, denn der zweite Band der Reihe war mir zu langweilig, mehr Roman denn Krimi. Naja, alle guten Dinge sind drei und deshalb gab ich der Serie noch eine Chance. Diesmal wurde ich nicht enttäuscht, der Fall um die Kofferleiche wurde interessant und spannend geschildert.

Weshalb Maria Grifo, die Direktorin des Konservatoriums von Neapel, nach Capri reiste, ist allen unklar. Weshalb sie sterben musste, auch. Sämtliche Spuren laufen ins Nichts, erst durch einen Hinweis kommen Cirillo und Rizzi auf die Idee, in eine bestimmte Richtung zu ermitteln.

Antonia Cirillo und Enrico Rizzi ergänzen sich in "In einer stillen Bucht" viel besser als in "Mitten im August", wo beide getrennt ermittelten. Hier spürt man wieder eine Zusammenarbeit, beide zwar auf ihre eigene Art und Weise, aber dennoch mehr als Team als auch schon.

Über Cirillos Vergangenheit wird etwas Neues bekannt, nur wenig zwar, aber immerhin. Es wäre wünschenswert, der Autor rückt endlich mit den Details der Strafversetzung raus. Immer wieder nur Andeutungen zu lesen ist müssig. Man würde Cirillo vielleicht auch lieber mögen, denn das fällt einem nach wie vor schwer in ihrer Unzugänglichkeit.

Enrico Rizzi, von vielen auf Capri nur Erri gerufen, hat beziehungstechnisch einen kleinen Durchhänger und fast, aber nur fast, bekommt man seine Ex-Frau mal zu Gesicht - man begnügt sich damit, ihr Haus und ihre Wäscheleine aus der Ferne zu betrachten.

Es tut dem Lesevergnügen zwar keinen Abbruch, aber der Plot baut auf das Goodwill der Leser auf, die drüber hinweg sehen sollen, dass ein wichtiges Detail zum Täter im richtigen Leben sofort bekannt geworden wäre, der Fall wäre real sofort gelöst gewesen. Aber item, ich zeige nun auch Goodwill.

Dieser dritte Band bietet also einiges aus dem Privatleben der beiden Ermittler, viel sommerliche Capri-Atmosphäre und einen interessanten Fall, der spannender ist als "Mitten im August". Mir gefiel zudem der Ausflug nach Procida, eine Nachbarinsel von Capri.

Fazit: Ein bisschen Capri, ein bisschen Klassik, ein bisschen Krimi - ein schöner und unterhaltender Mix.
4 Punkte.

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Veröffentlicht am 24.03.2022

Dem Wald eine Stimme geben

Das Lied des Waldes
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Auf zwei Zeitebenen erzählt Autorin Klara Jahn (ein Pseudonym von Julia Kröhn) in "Das Lied des Waldes" von zwei Frauen, die über 600 Jahre trennen, die aber beide die Kraft des Waldes spüren und von einer ...

Auf zwei Zeitebenen erzählt Autorin Klara Jahn (ein Pseudonym von Julia Kröhn) in "Das Lied des Waldes" von zwei Frauen, die über 600 Jahre trennen, die aber beide die Kraft des Waldes spüren und von einer Eiche, die die beiden verbindet. Die eine will für immer im Wald leben und darf nicht, bzw. nur zeitweise, die andere lebt im Wald und will das nicht mehr.

Veronika hat fast keine guten Erinnerungen an ihre Kindheit im Forsthaus. Ihre Mutter kämpfte gegen das wilde Wuchern des Waldes, der selbst ihren kleinen Garten überwuchern wollte. Auch ihr Vater, der Förster, kämpft gegen den Wald. Keine Liebe zur Natur, nur Verdruss ist Zuhause zu spüren. Kein Wunder ging Vroni so schnell wie möglich weg. Jetzt, Jahre später, kehrt sie zurück ihn ihr leerstehendes Elternhaus.

Das Mädchen Anna Stromer, deren Mutter früh starb, spricht nicht. Sie lernt die Kraft und die Wichtigkeit des Waldes, das Geben und Nehmen der Natur sehr gut kennen. Ihr Vater lässt sie lesen und schreiben lernen, in der Hoffnung, dass Anna sich auf diese Weise ausdrücken kann oder zu sprechen beginnt, mit Hilfe von Sebald Vorchtel. Er träumt von der weiten Welt, vom Meer und vom Himmel. Sie von den Bäumen und Tieren, der Erde. Zwei, die sich finden, sich verstehen.

Man spürt Annas inneres Bedürfnis den Wald zu schützen. Sprachlich war ihr Erzählstrang absolut top, wunderschön, man könnte sich in die Sprache reinlegen. Annas Geschichte hab ich geliebt. Die Autorin flechtet in ihre Erzählung viele Informationen von damaligen Gebrauch- und Nutzrechten sowie Besitzverhältnisse von Wald und Forst mit ein. Man begegnet auch verschiedenen Wald-Berufen: etwa Zeidler, die das Honigrecht haben oder Rindenschäler, die sich auch an Regelungen halten mussten. Von Lumpensammlern habe ich bereits gehört, mir war aber nie wirklich klar, weshalb sie Lumpen gesammelt haben. Jetzt weiss ich es.

Anna hatte tolle Ideen für ihre Zeit. Zum Beispiel nicht nur nehmen, sondern auch geben. Bäume nicht nur fällen, sondern auch ansäen und aufforsten. Anstatt Bäume in Massen fällen für ein Kriegsgeschäft, wäre es besser Papier herzustellen, dafür brauchte man Lumpen, keine Bäume. Was Anna damals noch nicht ahnte, wir Leser aber um die Tragik hinter ihrer Idee wissen, dass Papier bald schon aus Holz hergestellt wurde. Dennoch gab sie nicht auf, versuchte den Wald zu schützen, so gut wie möglich, recherchierte auf ihre Weise und trug ihre Ideen überlegt und durchdacht vor.

Veronika ist ganz anders. Sie eine Getriebene, kommt nie zur Ruhe, läuft immer weiter, holt kein Atem und schliesst nichts ab. Von einem Projekt zum nächsten. Auch als sie im Forsthaus Ruhe und Zeit hätte, ist sie gehetzt und gibt sich selbst keine Chance mal durchzuatmen. Eine ihrer Handlungen fand ich sehr übertrieben. Ich hätte sie an dieser Stelle ruhiger werden lassen, aber die Autorin wählte einen anderen Weg. Dies war dann leider der Punkt, an dem mich Vroni begann zu nerven und der dem Roman am Ende den fünften Punkt bzw. Stern in meiner Bewertung kostete.

Bei Veronikas Teil geht es unter anderem auch um Bio-Akustik, Soundscape-Ökologie und Wald-Monitoring - Bäume geben zum Beispiel messbare Geräusche von sich, wenn sie zu wenig Wasser haben. Heute wird gemessen, was Anna damals instinktiv fühlte. Hier schliesst sich der Kreis, in beiden Zeitebenen geht es neben den persönlichen Geschichten von Anna und Veronika um die Stimme des Waldes, wie man ihm eine Stimme geben und schützen kann.

Klara Jahn hat dem Wald eine Stimme gegeben, indem sie diese eindrückliche Geschichte erzählt. Das Cover passt hervorragend zum Inhalt, der mir sehr gut gefallen hat.

Mir fehlte das Nachwort im Roman, doch auf Julia Kröhns Homepage gibt es das Making-Off zum Roman mit vielen Hintergrundinformationen und Fotos.

Fazit: Ich bin vor allem begeistert von Annas Geschichte, die sprachlich wunderschön wiedergegeben wird.
4 Punkte.

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Veröffentlicht am 23.03.2022

Liegestuhl-Lektüre

Ein Sommerhaus auf Santorin
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Fotografin Anna reist nach viel Überredung seitens ihrer Schwester Lizzy nach Santorin, um das von ihrem Vater Giorgio geerbte Haus zu verkaufen. Doch das Haus steht nicht nur direkt neben dem Haus der ...

Fotografin Anna reist nach viel Überredung seitens ihrer Schwester Lizzy nach Santorin, um das von ihrem Vater Giorgio geerbte Haus zu verkaufen. Doch das Haus steht nicht nur direkt neben dem Haus der Grosseltern, sondern ist auch in keinem guten Zustand und muss erst hergerichtet werden, bevor man es zum Verkauf anbieten kann.

Mit Hilfe von Nikos, einem Angestellten der Firma ihres Grossvaters Christos beginnt sie das Haus und die Einrichtung auf Vordermann zu bringen. Sie freundet sich mit Elena an, die auch mithilft. Je länger je wohler fühlt sich Anna auf der Insel - und erfährt dabei viel Neues über ihren Vater. Ihre Mutter, die den Vater (als Anna sechs Jahre alt war) rausschmiss, hat ihren Töchtern nicht die Wahrheit erzählt.

Anna, bedacht darauf, nicht so zu werden wie ihre Mutter, verliert ihr Herz auf Santorin, doch sie glaubt nicht, dass das eine Zukunft hat. Doch wie ihr zukünftiges Leben in Manhattan aussehen würde, kann sie sich auch nicht vorstellen.

Der Roman macht Lust auf Sommer, auf Griechenland und Urlaub. Am besten wärs, man könnte ihn gleich vor einem gelben Sommerhaus oder in einem Liegestuhl am Strand lesen, aber auch zuhause auf dem Sofa macht er Spass.

Die Geschichte um Anna hat mir gut gefallen. Es wäre fast ein perfekter Wohlfühlroman. Doch dazu fehlte mir der Einbezug der Grosseltern. Christos und Erini wurden mir zu oft ausgeblendet. Für das Setting in Griechenland hätten sie einen viel grösseren Stellenwert haben müssen. Einfach nur Essen zu liefern und Fotos auszuhändigen, war mir zu wenig authentisch. Grosseltern wollen doch ihre Enkelinnen kennen lernen, auch wenn die bereits erwachsen sind. Umgekehrt will man als Enkelin doch auch mit den Grosseltern kommunizieren, wenn schon der Vater gestorben ist. Will wissen, was es mit dem Haus auf sich hat, was für Pläne der Vater damit hatte und was die Grosseltern mit dem Haus machen würden, würde es ihnen gehören, es steht ja direkt nebenan. Nur schon der Anstand gebietet es, dass man erst mal bei den Direktbetroffenen nachfragt und nicht nur angeflogen kommt, um es quasi fünf Minuten nach der Landung verkauft.

Ausserdem hätte Anna für ihr Dilemma bereits in der Mitte merken müssen, dass die Lösung nicht nur schwarz oder weiss, also entweder Griechenland oder New York, heissen kann. Hätte sie das rechtzeitig bemerkt, hätte die Familiengeschichte viel besser aufgearbeitet werden können, man hätte damit noch mehr über Giorgios und seine Eltern erfahren. Hätte die Autorin da bloss nicht auf ihre Lektorin gehört, denn im Nachwort erfährt man, dass Erini anfänglich viel mehr involviert war, was tatsächlich auch Sinn gemacht hätte.

In der Variante, die uns Leserinnen nun gedruckt vorliegt, wird zwar beides, Familie und Liebe, verbunden, denn es geht nicht ohne das andere, aber die Liebesgeschichte steht im Vordergrund. Dabei wird man gut unterhalten und man liest den Roman weg wie nichts.

Emotional machte mich die Geschichte von Giorgios traurig und betroffen. Doch die wundervolle Atmosphäre auf der Insel macht das wieder wett. Dies hat die Autorin wunderbar wiedergegeben. Türkises Wasser, weisse Häuser, unzählige Treppenstufen, nette Menschen und ganz viel Romantik.

Fazit: Tolle Liegestuhl-Lektüre!
4 Punkte.

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