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Veröffentlicht am 11.07.2022

Schmelztiegel Triest

Caffè in Triest
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Bruno Zabini, Inspector im kaiser-königlichen Polizeiagenteninstitut in Triest ermittelt wieder. Ich habe bereits letztes Jahr den ersten Band "Dampfer ab Triest" gelesen, der mich sehr gut unterhalten ...

Bruno Zabini, Inspector im kaiser-königlichen Polizeiagenteninstitut in Triest ermittelt wieder. Ich habe bereits letztes Jahr den ersten Band "Dampfer ab Triest" gelesen, der mich sehr gut unterhalten hat.
Triest ist ein Schmelztiegel verschiedener Nationalitäten. Das führt bei manchen Einwohnern der österreich-ungarischen Hafenstadt zu Rivalitäten und rassistischen Äußerungen.
Der junge und ehrgeizige Slowene Jure Kozim möchte in Triest einen florierenden Kaffeehandel ins Leben rufen. Seine innovativen Ideen kommen gut an und er findet schnell Unterstützung bei einem Triester Großhändler. Dabei lernt er die Tochter seines Gönners näher kennen und verliebt sich in sie. Doch Jure rechnet nicht mit einem Nebenbuhler. Dario Mosetti, wohlhabender Sohn und Dandy, sieht für seine angebetete Emma nur einen Italiener als zukünftigen Ehemann: sich selbst. Dabei übersieht er, dass seine Angebetete absolut kein Interesse an ihm hat. Um seinen Rivalen loszuwerden, ersinnt er einen perfiden Plan, der jedoch außer Kontrolle gerät....

Günter Neuwirth hat mit seinem zweiten Teil um Inspector Zaboni wieder ein historisch perfektes Sittengemälde geschaffen. Zu Beginn erleichtert ein Personenregister Neueinsteigern, wie auch "Nachfolgelesern", den Einstieg.
Kommen wir gleich zu meiner Kritik, um danach von den positiven Dingen zu sprechen.
In diesem zweiten Band der Trilogie steht nicht nur die Familie Kozim, sondern vorallem Brunos kompliziertes Liebesleben im Vordergrund. Bruno lebt seine Affären mit zwei verheirateten Frauen voll aus und der Leser wird dabei immer mitgenommen. Dieses Hin und Her nimmt leider der Geschichte jede Menge Spannung.

Absolut gelungen ist dem Autor hingegen wieder die bildhafte Beschreibung des historischen Ambientes der Hafenstadt und Wirtschaftsmetropole Triest. Die gesellschaftlichen und politischen Spannungen sind durch jede Zeile spürbar und man fühlt direkt wie es unter der Oberfläche brodelt. Ebenfalls bekommt man Zutritt zu verschiedenen Gesellschaftsschichten der damaligen Zeit. Gefallen haben mir auch die interessanten wirtschaftlichen Neuerungen im Schiffsbau oder der letzte modische Schrei: die Armbanduhr für den Herren.

Die der Zeit angepasste und detaillierte Sprache führt den Leser direkt zurück in die k.und k. Zeit der Donaumonarchie. Italienische und antiquierte Ausdrücke, sowie Austriazismen bilden dabei eine große Rolle. Die Kapitel haben eine angenehme Länge und werden nicht nur aus Brunos Sicht, sondern auch aus der des Täters, des Opfers oder anderer Personen erzählt.

Auf dem Cover steht zwar wieder Roman und nicht historischer Krimi, aber ich habe mir nach dem spannenden ersten Band hier ähnliches erwartet. Der Kriminalfall nimmt diesmal allerdings erst im letzten Drittel an Fahrt auf, was für mich eindeutig zu spät war.

Fazit:
Ein wunderbares Sittengemälde der k.uk. Monarchie, atmosphärisch, aber für mich fehlte es großteils an Spannung. Außerdem gab es für mich zu viele Längen. Erst im letzten Drittel bringt ein fesselndes Finale wieder Schwung in den historischen Krimi/Roman. Trotz der Kritik bin ich schon gespannt auf den dritten und letzten Teil der Trilogie.

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Veröffentlicht am 18.05.2022

Die Invasion der Außerirdischen

Shelter
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Die Autorin nimmt sich sehr oft aktuellen Themen an oder spielt mit der nahen Zukunft. Besonders zu Beginn der Pandemie haben sich viele Verschwörungstheorien auf Social Media Plattformen verbreitet, die ...

Die Autorin nimmt sich sehr oft aktuellen Themen an oder spielt mit der nahen Zukunft. Besonders zu Beginn der Pandemie haben sich viele Verschwörungstheorien auf Social Media Plattformen verbreitet, die sich noch immer halten. Poznaski hat dieses Thema aufgegriffen und lässt sechs Jugendliche in ihrem Roman zu dieser Idee greifen. Aus einer Partylaune heraus erfinden Benny und seine Freunde die abstruse Theorie, dass Außerirdische in die Welt gekommen sind. Geheimnisvolle Zeichen erinnern an Mauern oder Türen an die Einnahme der Erde und ihrer Lebewesen. Diejenigen, von denen bereits Besitz ergriffen wurde, werden "Shelter" genannt. Die Jugendlichen sind verblüfft, welche Dynamik ihre selbst inszinierte Verschwörungstheorie hat und wie schnell sie um sich greift. Doch plötzlich versucht jemand, der nicht zur Gruppe gehört, mitzuspielen und aus Spaß wird sehr schnell eine Bedrohung. Als sich die Ereignisse überschlagen, scheint sich nur mehr Benny mit der gemeinsam kreierten Verschwörungstheorie auseinanderzusetzen. Der Rest der Grupppe zieht sich desinteressiert zurück und die Jugendlichen werden zu Randfiguren. Das fand ich sehr schade und etwas unglaubwürdig.

Ein großes Manko der Autorin ist für mich ihre Figurenbildung. In jedem Jugendbuch fand ich die Charaktere zu wenig greifbar. In "Shelter" ist es genauso. Einzig von Benny, der Hauptfigur, konnte ich mir ein gutes Bild machen. Alle anderen bleiben blass und austauschbar.

Der Schreibstil und der Spannungsaufbau ist hingegen wieder absolut gelungen. Vorallem an der ersten Hälfte fand ich extrem Gefallen - trotz einiger Logikfehler. Poznanski hat die Dynamik von Verschwörungstheorien perfekt ungesetzt. Sie zeigt auf, wie schwierig es ist, mit Fakten zu argumentieren und wie verblendet manche Menschen sind, die an noch so unmöglichen Theorien glauben.

Man fliegt nur so durch die Seiten und ich war extrem neugierig, wie die Lösung aussehen wird und was sich die Autorin hat einfallen lassen. Doch ab der zweiten Hälfte nimmt die Handlung eine krasse Wendung, die mir nicht gefallen hat. Plötzlich rücken andere Themen in den Vordergrund, wie Esoterik und Wunderheiler, sowie die Flüchtlingskrise. Die Verschwörungstheorie tritt in den Hintergrund und Poznanski packt einige abstruse und völlig unzusammenhängende Actionsszenen in die Geschichte, die für mich überhaupt nicht stimmig und sehr konstruiert wirken. Das große und spannende Thema der Verschwörungstherorie verlief immer mehr im Sand. Damit hat mich die Autorin schlusseindlich leider verloren....

Fazit:
Ein tolles Thema und eine spannende und großartige erste Hälfte, die mich total mitgerissen hat - trotz kleiner Logikfehler. Doch in der zweiten Hälfte hat mich die Autorin mit ihrem Themenwechsel und einem ziemlich konstruierten Aufbau leider verloren. Deshalb gebe ich noch 3 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 10.05.2022

Tod des Geliebten

Verheizte Herzen
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Anwältin Ana Kelley bearbeitet Erbschaftsangelegenheiten. Sie ist verheiratet mit Paul und Mutter von zwei Kindern. Eines Tages verliebt sie sich in einen Klienten von ihr und beginnt eine Affäre. Für ...

Anwältin Ana Kelley bearbeitet Erbschaftsangelegenheiten. Sie ist verheiratet mit Paul und Mutter von zwei Kindern. Eines Tages verliebt sie sich in einen Klienten von ihr und beginnt eine Affäre. Für sie wird diese Liebelei eine immer ernster werdende Sache. Ana hofft darauf, dass Connor seine Frau Rebecca verlässt. Doch eines Tages erhält sie von ihr einen Anruf. Connor ist tot und Rebecca möchte, dass Ana den Nachlass ihres Mannes abwickelt. Ana wird durch den unerwarteten Tod ihres Geliebten völlig aus der Bahn geworfen. Sie kann ihre Trauer mit niemanden teilen, denn sie war die heimliche Geliebte. Nur ein Freund von Connor wusste von ihrer Beziehung, doch auch er geht auf Distanz. Ana muss ihre äußere Fassade aufrecht erhalten und steigert sich immer mehr in ihre Trauer hinein. Im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung schleicht sich Ana immer mehr in die Familie von Connor ein. Ihr verzweifelter Versuch in Rebecca eine Art Leidensgenossin zu finden, wirkte für mich sehr übergriffig. Ana vernachlässigt ihre eigene Familie und driftet immer mehr ab. Bald stellt sie sich die Frage, ob Rebecca wirklich dieser schreckliche Mensch ist, wie Connor es ihr immer wieder verkauft hat....

Der Roman von Sarah Crossan ist in Versform geschrieben und in fünf Abschnitte unterteilt. Die Geschichte wird hauptsächlich aus der Sicht von Ana erzählt. Die Gedanken von Connor bleiben unausgesprochen. Die ungewöhnliche Versform klingt gewöhnungsbedürftig und war für mich neu. Sie hat mir aber gut gefallen und lässt sich doch recht flüssig lesen.
Diese spezielle Erzählweise zeigt die Getriebenheit und innere Zerrissenheit von Ana sehr gut. Auf der anderen Seite empfand ich aber auch eine Distanz zur Protagonistin, die mir zusätzlich alles andere als sympathisch war. Sie erschien mir emotionslos und naiv, auch wenn ich ihre beginnende Besessenheit nach dem Tod von Connor in den Zeilen nachempfinden konnte. Sie ist ihrem Geliebten komplett verfallen und kann nicht loslassen. Ana passt perfekt in das Klischee der klassischen Geliebten, die immerzu hofft, dass er seine Frau verlassen wird.
Die Ehepartner, vorallem Paul, bleiben sehr blass. Vielleicht ist diese Oberflächlichkeit aber auch von der Autorin so gewünscht, denn auch Ana bringt immer mehr Distanz zwischen sich und Paul.

Die Zeitsprünge innerhalb der Kapitel fand ich verwirrend. Man erkennt oft nicht genau, ob wir uns in der Zeit vor oder nach dem Tod von Connor befinden. Die nicht gekennzeichneten Szenenwechsel, sowie die Zeitsprünge, sind leider sehr abrupt.

Wunderschön und gelungen finde ich das Cover auf dem die Bienen erhaben dargestellt sind und glänzen. Nimmt man den Schutzumschlag ab, findet man darunter ebenfalls eine Biene.

Die Geschichte der trauernden Geliebten ist nicht unbedingt neu. Einzig die Versform gibt dem Roman etwas Besonderes. Im Endeffekt erzählt der Roman nicht wirklich mehr, als die Inhaltsangabe auf der Innenseite des Schutzumschlages. Das fand ich leider ziemlich enttäuschend. Mich konnte der Roman nicht richtig abholen und ich vergebe dafür 3 Sterne.

Fazit:
Ein etwas anderer Roman mit einem nicht gerade neuem Thema, aber interessant durch die gewählte Versform. Leider konnte ich jedoch keine Nähe zur Protagonistin aufbauen und auch der Rest der Figuren blieb für mich zu blass. Ich habe noch einen anderen Roman der Autorin hier und hoffe, dass mir dieser besser gefallen wird.

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Veröffentlicht am 19.04.2022

Immobilienboom und seine Folgen

Boom Town Blues
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Ellen Dune hat mit ihrer Patsy Logan Reihe bereits einige Fans gewonnen. Für mich ist "Boom Town Blues" ihr erster Fall. Nachdem ich das Buch jetzt beendet habe, denke ich, dass es vielleicht doch besser ...

Ellen Dune hat mit ihrer Patsy Logan Reihe bereits einige Fans gewonnen. Für mich ist "Boom Town Blues" ihr erster Fall. Nachdem ich das Buch jetzt beendet habe, denke ich, dass es vielleicht doch besser gewesen wäre die Reihe von vorne zu beginnen. So machten mir einerseits sehr viele Figuren, als auch Rückblenden in die Vergangeheit, die ich nicht zuordnen konnte, das Lesen etwas schwer.

Patsy Logan ist halb Deutsche, halb Irin. Nachdem sie beim LKA München eine Auszeit genommen hat, fliegt sie zu ihrer Kusine Sinéad nach Dublin. Doch der Urlaub währt nur kurz. Ihr Chef kontaktiert sie nachdem in der österreichischen Botschaft eine junge deutsche Praktikantin, die Tochter des stellvertretenden Hauptgeschäftsführers der Bayerischen Handelskammer, vergiftet wurde. Patsy wird um Hilfe gebeten und soll die Iren bei den Ermittlungen unterstützen. Gemeinsam mit ihrem österreichischen Pendant Sam Feuerstein versucht sie hinter den Anschlag auf das Leben der jungen Frau zu kommen. Doch wer trachtet nach dem Leben einer jungen Praktikantin?

So richtig ermitteln darf Patsy trotzdem nicht, doch sie ist nicht die Art von Polizistin, die einmal Lunte gerochen hat, aufgibt. Und sie ist es auch, die zuerst die richtige Fährte aufnimmt.

Ellen Dune hat mit Patsy Logan eine interessante und starke Frauenfigur erschaffen, die in ihrem dritten Band in einer ernsthaften Krise steckt. Dies hält sie aber nicht davon ab die richtigen Schlüsse bei ihren Ermittlungen zu ziehen. Nur im Privatleben ist sie auf verlorenen Terrain angelangt.
Wir erfahren im Kriminalfall viel über die Geschichte Dublins der letzten zwanzig Jahre, der Finanzkrise und deren dramtischen Konsequenzen für den Großteil der Bevölkerung. Darauf baut dieser Krimi auf, der sich dem Platzen der Immobilenblase widmet und drumherum die Todesfälle platziert Die geborene Österreicherin mit irischen Wurzeln weiß wovon sie schreibt, denn sie lebt siet Jahren in Dublin und schreibt seit 2010 an ihrer Krimireihe.

Der Schreibstil war für mich zu Beginn etwas gewöhnungsdürftig. Zusätzlich haben wir sehr viele Zeitenwechsel. Der aktuelle Fall wird immer wieder von einzelnen Ausflügen in die jüngere politische Vergangenheit der Insel unterbrochen. Auch auf Patsy's Vergangenheit wird oftmals eingegangen, jedoch war es für mich als Nichtkenner der Vorgägerbände schwer zu erkennen, was damals passierte. Durch diese Einschübe wurde durch der Lesefluss ständig unterbrochen und ich konnte mich schwer konzentrieren.

Fazit:
Für alle, die sich für den Krimi interessieren, empfehle ich mit dem ersten Band zu beginnen und nicht wie ich mit dem dritten einzusteigen. Ich bin mir sicher, dass ich diesen Krimnalfall anders bewertet hätte! So hatte ich leider einige Schwierigkeiten damit, obwohl ich mich sehr auf diesn Krimi gefreut hatte.

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Veröffentlicht am 12.04.2022

Die Sprachlosigkeit der Erwachsenen

Die Molche
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Der Debütroman von Volker Widmann wirbt mit einer Empfehlung von Ewald Arenz. Sein Roman "Der große Sommer" hat mir damals sehr gut gefallen und war einer meine Lese-Highlights 2021. Bei "Die Molche" habe ...

Der Debütroman von Volker Widmann wirbt mit einer Empfehlung von Ewald Arenz. Sein Roman "Der große Sommer" hat mir damals sehr gut gefallen und war einer meine Lese-Highlights 2021. Bei "Die Molche" habe ich einen ähnlichen Coming-of-Age Roman erwartet, jedoch hab ich etwas ganz anderes bekommen.

Ein Sommer in Bayern in der Nachkriegszeit. Max und seine Familie sind Zuzügler und noch nicht in die Dorfgemeinschaft aufgenommen. Der Vater arbeitet in der Stadt und kommt nur am Wochenende nach Hause. Seine vier Kinder sind ihm eher Last als Freude.
Der im Klappentext angekündige Angriff auf den kleinen Bruder von Max passiert bereits auf den ersten Seiten. Man wird damit direkt in die Geschichte geworfen ohne vorher die Figuren kennenzulernen. Nach dem Tod seines kleien Bruder wird Max noch mehr zum Außenseiter und ist der gewalttätigen Schülergruppe rund um "Tschernik" ausgeliefert, die die Dorfkinder terrorisieren und auch verantwortlich für den Tod von Max Bruder sind. Während die Erwachsenen denken, dieser wäre an seinem schwachen Herzen gestorben, wissen die Kinder die Wahrheit. Max kämpft deswegen mit seiner Schuld seinem Bruder nicht geholfen zu haben. Als ein weiterer Mitschüler von der Bande drangsaliert wird, stellt sich Heinz der Tschernik Bande gegenüber und Max stellt sich dazu. Daraus entsteht eine Freundschaft zu der auch Rudi dazustößt. Die drei Jungen nehmen sich zum Ziel die Tyrannei von Tschernik und seiner Clique zu beenden. Unterstützung bekommen sie von Charlotte und Marga....

Gewalt und Sprachlosigkeit sind zwei Komponenten, die der Krieg hinterlassen hat. Die Kinder dieser Zeit sind größtenteils sich selbst überlassen. Falls der Vater aus dem Krieg heimgekehrt ist, ist er meistens gewalttätig. Diese Gewalt spielt im Roman eine große Rolle. Die Nachkriegszeit wird vom Autor sehr plastisch dargestellt.
Als Gegensatz erleben wir die Spaziergänge von Max in die Natur. Der Junge liebt seine Streifzüge durch den Wald und entdeckt eines Tages Molche, die er liebevoll studiert. Ein verlassenes Bahnhofshäuschen wird zum Treffpunkt der Freunde und mit Ellie versucht er sich an den ersten verstohlenen Fummeleien und erfährt seine erste Erfahrungen.

Der Schreibstil ist etwas eigen. Volker Widmann schreibt teilweise sehr lange Schachtelsätze, die sich über sechs bis zehn Zeilen ziehen. Oftmals verliert man dadurch den Überblick. Trotzdem sind die Naturbeschreibungen absolut gelungen und lassen die Pflanzenwelt vor meinen inneren Auge entstehen. Für einen elfjährigen Jungen, der aus seiner Sicht erzählt, sind sie jedoch viel zu erwachsen und nicht passend. Die Atmosphäre im Roman ist meistens bedrückend und melancholisch, bringt aber die damalige Zeit sehr authentisch rüber. Auch das Schweigen der Erwachsenen und den Umstand, dass die Kinder nicht damit umgehen können, ist gut wiedergeggeben.

Nicht gefallen haben mir die plötzlichen Perspektivwechsel, die nicht angekündigt sind. Auch fand ich nach den poetischen Naturbeschreibungen die plötzlichen sexuellen Handlungen von Max wie eine kalte Dusche und auch nicht angemessen für sein Alter.
Gestört hat mich auch eine Szene in der Sinti und Roma recht stereotyp dargestellt werden. Das muss nicht sein!
Gefehlt hat mir auch eine eventuelle Zeitangabe. Man hat keinerlei Informationen, ob sich der Roman über einige Wochen, Monate oder Jahre zieht. Ich tendiere eher zu Wochen oder einen Sommer lang, aber leider fehlen jegliche Informationen.
So richtig überzeugt hat mich der Roman leider nicht.

Fazit:
Ein noch etwas unausgegorener Coming-of-Age Roman über eine Kindheit in der Nachkriegszeit, die mich nicht richtig überzeugen konnte. Da es ein Erstlingswerk ist vergebe ich noch 3 Sterne. Gefallen haben mir die Naturbeschreibungen. Die Atmosphäre der damaligen Zeit hat der Autor ebenfalls sehr gut dargestellt.

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