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Veröffentlicht am 26.05.2022

Komm mit mir ins Abenteuerland (Pur)

Abenteuerland – Von der Zugspitze nach Sylt
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Die Ein- & Beschränkungen der Corona-Pandemie drücken aufs Gemüt, selbst der tägliche Gang nach draussen bringt keine Erfüllung mehr. In Christo Foerster reift die Idee, dieses Draussen-Gefühl irgendwie ...

Die Ein- & Beschränkungen der Corona-Pandemie drücken aufs Gemüt, selbst der tägliche Gang nach draussen bringt keine Erfüllung mehr. In Christo Foerster reift die Idee, dieses Draussen-Gefühl irgendwie zu verstärken, um die leeren Akkus wieder aufzuladen. Nach einigem Hin und Her steht fest, dass er eine Reise durch die Natur unternehmen wird, die in dieser Art und Weise noch niemand vor ihm in die Tat umgesetzt hat. Mit dem SUP reist er an die Zugspitze, um von dort aus möglichst viel Wegstrecke auf dem Wasser zurückzulegen, um am nördlichsten Punkt Deutschland, auf Sylt, anzukommen.

Es klingt nach einer verrückten und fast nicht umsetzbaren Idee und doch ist es die beste Eingebung, die Christo Foerster je gehabt hat. Das Abenteuer Deutschland wird von ihm in absolut packenden Worten, eindrucksvollen Naturerlebnissen und demütigen Momenten erzählt, sodass das Gefühl entsteht, ihn auf seinem SUP auf den Flüssen zu begleiten.

Ist Foerster zu Beginn noch richtig hibbelig und aufgedreht, zeigt die Natur schon bald ihre entspannende und wohltuende Wirkung, die sich wie eine leichte Decke um denn Abenteurer legt. Die Sterne sind nachts seine Einschlafhilfe, auch wenn manchmal der Regen auf die Plane seiner überdachten Hängematte pladdert. Die Flüsse murmeln ihre wechselvollen Geschichten und zeigen Einblicke in wundervolle Landschaften, die streckenweise nur von der Flussseite, nicht aber von Land zu erspähen sind.

Mitunter ganz allein auf den Flüssen unterwegs, merkt Foerster, wie etwas mit ihm passiert - der Stress des Alltags fällt von ihm ab, wird von den Wellen der Flüsse davon getragen und lässt ihn mit der Natur verschmelzen. Er muss sich aus seiner Komfortzone herauswagen, um sich den Aufgaben, die ihm die Natur stellt, zu widmen. Skurrile Begegnungen mit Menschen gehören ebenso dazu wie die Erkenntnis, dass die Natur von Menschenhand verschandelt wird.

Es sind Eindrücke und Ereignisse, die sich in sein Herz brennen und die seine Sinne für all das, was er an Erinnerungen mitnimmt, sensibilisieren. Sei es die segnende Hand einer Nonne, der feine Hauch des Morgennebels im Gesicht oder das Rauschen der Wellen in der Nacht - Spuren einer eindrucksvollen Reise, die inspiriert und Lust auf das Abenteuerland vor der eigenen Haustür macht.

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Veröffentlicht am 25.05.2022

Tina Brown öffnet royale Türen

Palace Papers
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Tina Brown gelingt mal wieder der große Wurf, wenn es darum geht, die royalen Türen zu öffnen und ihren Leser:innen einen Blick hinter selbige zu ermöglichen. Es sind exzellent recherchierte Fakten, die ...

Tina Brown gelingt mal wieder der große Wurf, wenn es darum geht, die royalen Türen zu öffnen und ihren Leser:innen einen Blick hinter selbige zu ermöglichen. Es sind exzellent recherchierte Fakten, die werder polemisch noch provokant für die Royalistas auf den Tisch gelegt werden - sie zeigen einfach das wahre Gesicht der königlichen Familie.

Die royalen Damen dienen auf dem Cover als Door-Opener zu Skandalen, Affären und Triumphen, während die männlichen Mitglieder der Familie auf der Buchrückseite die Lesenden nach der mehr als interessanten Lektüre verabschieden. Vor- & Nachsatzblatt geben einen ersten Einblick in das königliche Fotoalbum.

Wenig zimperlich zeigt Tina Brown, wie die britische Königsfamilie in den letzten 25 Jahren immer wieder versuchen muss, sich neu zu erfinden, um an den Glanz längst vergangener Tage anzuknüpfen. Die Monarchie bekommt immer wieder Dämpfer verpasst, rückt durch Fehltritte in die Öffentlichkeit und selbst die prunkvollen Hochzeiten erscheinen mitunter nur als Makulatur.

Es ist keine "Abrechnung" im herkömmlichen Sinn, denn Brown wahrt Stil und Respekt, aber sie legt treffsicher den Finger in die Wunde. Sie zeigt auf, warum mit penibler Vorbereitung und ein bisschen mehr Interesse an der "Firma" sich Meghan so manch Spießrutenlaufen hätte ersparen können; bricht für Camilla eine Lanze, denn so bissig und kauzig ist die Frau des Thronfolgers nicht und sieht im starken Charakter von Catherine die Möglichkeit, die Monarchie aus dem Sumpf herauszuziehen.

Dekoriert mit einigen ausgewählten Fotos, die in der Menge ruhig noch etwas üppiger hätten sein dürfen, ist dieses Buch eine sehr gelungene Studie über die Windsors, die nicht wirklich mit, aber auch nicht ohne die (Boulevard-)Presse leben können.

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Veröffentlicht am 23.05.2022

Bella Ciao (Das Lied der Partisanen)

Gran Paradiso
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Der Name Maria Lanteri ist Italien in aller Munde, denn die Aufzeichnungen ihrer Kriegserlebnisse als Partisanin haben sie berühmt gemacht. Aber eben jene Berühmtheit ist es, die auch für einen gewissen ...

Der Name Maria Lanteri ist Italien in aller Munde, denn die Aufzeichnungen ihrer Kriegserlebnisse als Partisanin haben sie berühmt gemacht. Aber eben jene Berühmtheit ist es, die auch für einen gewissen Abstand zwischen Mutter Maria und Tochter Gianna sorgt. Erst nach dem Tod gelingt es Gianna, einen Einblick in die Aufzeichnungen ihrer Mutter zu nehmen, der die Geschichte ganz neu schreibt...


Grit Landau bringt mit "Gran Paradiso" wieder Zeitgeschichte zum hautnah miterleben aufs Papier und entführt ihre Leser:innen nach Sant'Amato. Dabei gelingt es ihr, die Tagebucheinträge lebendig werden zu lassen und die Schrecken des Zweiten Weltkrieges steigen aus den Seiten.

Maria ist eine taffe junge Frau, die sich couragiert und entschlossen den Nazis entgegenstellt. Ihr Kampfgeist und ihr Schneid imponieren mir- obwohl sie mit Herzblut bei der Sache ist, verliert sie nie ihr Ziel aus den Augen und verteidigt mit heißblütiger Leidenschaft alles, was ihr lieb und teuer ist.

Mit John gerät ihr Gefühlsleben ins Wanken und auch hier beweist Landau ein sehr glückliches Händchen, um die aufkommenden Gefühle nicht kitschig, sondern glaubhaft und nachfühlbar in die Handlung mit einzubauen.

Es ist der stete Wechsel aus Anspannung und ruhigeren Momenten zum Aufatmen, der dieses Buch zu einer mitreißenden Lektüre werden lässt. Mehr als einmal habe ich die Luft angehalten und gehofft, dass alles gut ausgeht. Gerade in der Szene, als Maria beim Lauschen ertappt wird, habe ich mich beim lauten Knall des herunterfallenden Buches erschreckt, so sehr bin ich in der Handlung gefangen. Das Zischen der Geschosse, die über den Kopf hinwegfegen, hinterlässt ein ungutes Gefühl im Magen und die Angst frisst sich in die Seele.

Die Zeitenwechsel zwischen den Kriegstagen und dem Jahr 1982 sind flüssig, sodass sich die Handlungsstränge miteinander verflechten wie die Stränge eines Zopfes. Auf der einen Seite spüren die Lesenden den Hass und die Gewalt des Krieges, um auf der anderen Seite gemeinsam mit Gianna zu der Erkenntnis zu kommen, dass manches auf den zweiten Blick anders gewesen ist, als es der erste Eindruck glauben machen will.

Es ist ein Auf und Ab der Gefühle, durch das uns Grit Landau schickt- Angst und Hoffnung, Liebe und Verlust sind ständiger Begleiter, die die Autorin in ihrem packenden und sehr einnehmenden Schreibstil im Karussell der Emotionen drehen lässt. Das ein oder andere Tränchen bahnt sich den Weg und zeigt, dass die Geschichte berührt und sich einen festen Platz im Herzen der Lesenden sichert.

Eine großartig erzählte Familiensaga und daher gibt es 5 Sternchen.


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Veröffentlicht am 22.05.2022

Kaiserliches Flair und nostalgische Prachtbauten

Sehnsuchtsorte an der Adria
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Es sind Orte, deren Namen wie exquisite Desserts auf der Zunge zergehen - Grado, Triest, Piran, Portoroz, Pula und Opatija sind "Sehnsuchtsorte an der Adria", die von kaiserlich-königlichen Urlaubstagen ...

Es sind Orte, deren Namen wie exquisite Desserts auf der Zunge zergehen - Grado, Triest, Piran, Portoroz, Pula und Opatija sind "Sehnsuchtsorte an der Adria", die von kaiserlich-königlichen Urlaubstagen erzählen und deren mondäne Prachtbauten den Luxus von einst mit den Annehmlichkeiten von heute vereinen.

Britta Ramhapp nimmt die Leser:innen mit auf eine exklusive Reise, zeigt meditative Landschaften, stilvolle Fassaden sowie luxuriöse Inneneinrichtungen und dreht die Zeit zurück, als die k.u.k-Monarchie die Orte an der Adria für ihr süßes Nichtstun entdeckte.

Mit der Meeresbrise wehen auch die Geschichten von einst durch die Seiten, der Zauber der vergangenen Tage wird lebendig und beim Streifzug durch alte Gässchen oder über den Lungomare meint man das Rascheln der Reifröcke zu hören, wenn sich die Damen der Gesellschaft mit ihren Spitzen besetzten Sonnenschirmchen an der Adriaküste zum Flanieren treffen.

Die Autorin erzählt die wechselvolle Geschichte der Urlaubsorte, die sie geprägt und geformt haben. Auch lockt sie immer wieder mit kulinarischen Köstlichkeiten, deren verführerische Düfte aromatisch aus den Seiten wabern.

Ein literarischer Bummel durch die Sehnsuchtsorte von einst, die nichts an ihrer Attraktivität eingebüßt haben. Denn damals wie heute glitzert das Meer golden in der Sonne, lockt der Glanz der Seebäder und verführt die besondere Atmosphäre, einfach die Seele baumeln zu lassen und das Leben zu genießen.

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Veröffentlicht am 22.05.2022

Der letzte Zug ist längst abgefahren

Lost Trains
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Liebhaber:innen von Lost Places und echte Eisenbahnfans aufgepasst, denn mit "Lost "Trains" von Johannes Glöckner ist ein einzigartiger Bildband erschienen, der die traurige Geschichte der verlassenen ...

Liebhaber:innen von Lost Places und echte Eisenbahnfans aufgepasst, denn mit "Lost "Trains" von Johannes Glöckner ist ein einzigartiger Bildband erschienen, der die traurige Geschichte der verlassenen Lokomotiven, vor sich hin rostenden Waggons und verlassenen Bahnhofsgebäuden erzählt.

Einst Drehscheiben der Welt, um die Reisenden und Güter schnell und sicher auf dem Schienenweg zu transportieren, fristen sie heute, ungeachtet und dem sicheren Verfall überlassen, ihr Dasein fernab der Gleise.

Was als geniale Erfindung bahnbrechend - im doppelten Sinn - gewesen ist, ist in Zeiten des Klimawandels und der Energiewende überholt. Strecken werden stillgelegt, Züge ausrangiert und die Bedeutung des Schienenverkehrs gerät in Vergessenheit.

Johannes Glöckner knüpft in diesem eindrucksvollen Bildband an Glanz und Gloria der Eisenbahngeschichte an, lässt alte Strecken im Geist nochmal aufleben und ermöglicht Urbexer:innen, verlassene Hallen, gespenstische Bahnhöfe und ins Abseits gestellte Waggons in ihrem ganz eigenen morbiden Charme zu erleben.

Rund um den Globus finden sich stumme Zeugen, die vom Niedergang des Schienenverkehrs erzählen. Die Natur erobert sich Stück für Stück die Streckenabschnitte und verlassenen Gebäude wieder zurück, lässt daraus verwunschene Orte und mysteriöse Gebilde entstehen, die mitunter wie Kulissen aus einem Gruselfilm wirken.

Die Aufnahmen sind exzellent, zeigen die rostigen Narben ebenso wie verblichenen Glanz und sind eine imaginäre Bahnreise durch die Zeit an Bahnhöfe, in denen der letzte Zug längst abgefahren ist.

Ein fantastisches Erlebnis in Wort und Bild und daher absolut empfehlenswert !

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