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LindaRabbit

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Veröffentlicht am 26.08.2022

Der Aufsteiger aus Lokutni – ein jüdisches Leben

Isidor
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Urgroßonkel Isidor alias Israel, die Geschichte von einem, der auszog aus Galizien, um die Welt zu erobern... Er ging ins k.u.k. Österreichische, nach Wien. Isidor wurde reich, berühmt und lebte integriert. ...

Urgroßonkel Isidor alias Israel, die Geschichte von einem, der auszog aus Galizien, um die Welt zu erobern... Er ging ins k.u.k. Österreichische, nach Wien. Isidor wurde reich, berühmt und lebte integriert. Andere Familienmitglieder folgten ihm nach, so dass sie ein schönes Familienleben in Wien hatten. Isidor lebte mondän, er hatte Frauengeschichten und er war erfolgreich. Das alles wurde ihm genommen, als die Nazis Österreich 'heim ins Reich holten'. Da war er nur der Jude und er wurde misshandelt, was bei ihm letztendlich den Lebenswillen brach. Er hätte nie gedacht, dass das Land Österreich, was er so liebte, ihn in dieser Weise behandeln würde.
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Es tut auch weh zu lesen, was die Erzählerin vom Großvater Walter (der Sohn von Isidors Schwester aus der zweiten Ehe) erzählt, der die österreichische Kultur so schmerzlich vermisste, als er nach Palästina auswanderte. Doch die Demütigungen, die Verfolgung, die Schmährufe, die Angst..., er musste weg. (Es tut weh, denn in meiner Großfamilie bei sechs Naziopfern haben drei nicht überlebt)...

Die Autorin suchte nach Spuren von Isidor und fand sie - sie fand Akten, Briefe, Aufzeichnungen, Fotos. Aufregend diese Spurensuche und großartig, was sie dabei fand. Aus den gefundenen Spuren hat sie diese Lebensgeschichte zusammen gestellt.

Wie geht man damit um, dass einem Heimatstadt nicht mehr will? Und noch mehr... Walter (der Großvater der Autorin) geht zur alten Wohnung der Familie und bei dem Hausmeisterpaar sieht er Möbel und Dinge aus dem elterlichen Besitz und dem der Nachbarn, gestohlen. Nicht mal verschämt, sondern: "der Jud is wiada do".

Unaufgeregt hat Shelly Kupferberg von ihrer Familie berichtet.
Von einer Zeit, die schlimm war und so hoffentlich nie wieder wiederholt wird.

Umschlagsbild: Das Reh, was in der grün gestrichenen Wohnung steht. Das Reh steht für 'das Reh am Grab von Isidor'. Auf dem Friedhof begegnen der Forscherin Rehe... Es ist sehr auffällig. Interessierte gucken aufmerksam auf dieses Titelbild während Fragenzeichen in den Augen stehen, was bedeutet das Reh...(bei einer Zugreise).

Ein Auskunftssroman über eine schlimme Zeit! Und der Diogenes Verlag hat seinen Ruf als ein besonderer Verlag wieder wettgemacht.

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Veröffentlicht am 27.07.2022

Der alte Apothekerschwur

Die versteckte Apotheke
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Gemäß dem alten Apothekerschwur - niemals Gift zu verabreichen: 1791 London, dann: "Nicht nur eine Apothekerin, sondern eine Mörderin. Eine Meisterin der Tarnung..."

Caroline ist an ihrem zehnten Hochzeitstag ...

Gemäß dem alten Apothekerschwur - niemals Gift zu verabreichen: 1791 London, dann: "Nicht nur eine Apothekerin, sondern eine Mörderin. Eine Meisterin der Tarnung..."

Caroline ist an ihrem zehnten Hochzeitstag unterwegs - ohne ihren Gatten, denn kurz vor dem Abflug musste sie erfahren, dass ihr Ehemann James eine Affäre hat. So fliegt sie alleine nach London. Um ihren traurigen Gedanken zu entkommen, macht sie bei einem 'mudlarking' mit, im Schlamm der Themse nach alten Gegenständen suchen. Und sie findet einen kleinen Flakon... und nun 'let it begin': Was ist das für ein Fläschchen, wem gehörte es, was für ein Geheimnis birgt der Flakon?

Die Geschichte springt zwischen der Jetzt – Zeit und dem 18. Jahrhundert hin und her: Nella, die Apothekerin, ist auch eine Giftmischerin, um Frauen von schrecklichen Männern zu befreien. Und hätte Caroline nicht allen Grund ihren untreuen Ehemann (für den sie ihre eigene Karriere ins Abseits stellte) auch ins Jenseits zu schicken?

„In diesem Moment spürte ich eine Veränderung: wie die Unzufriedenheit in mir die Gelegenheit zu einem Abenteuer ergriff, eine Exkursion in meine lange vergessene Begeisterung für vergangene Zeiten.“ S.68

Geschickt sind die beiden Erzählstränge miteinander verflochten. Immer sind Frauen die Protagonistinnen, aber auch die Übeltäterinnen; Frauen, die mit ihren Männern nicht auf die gute Seite der Geschichte gefallen sind. Brechnuss, Wolfswurz, und einige andere Giftpflanzen und Käfer – die Erzählerin hat wirklich Ahnung von gewissen Pflanzen oder gut recherchiert. Das Ende der Erzählung ist großartig! Sehr geschickt! Gute und spannende Unterhaltung!

Das Umschlagsbild ist aufregend, bunt, voller geheimnisvollen Blüten und einem Flakon mittig (der enthält, was?). Am Ende des Buches werden ein paar geheimnisvolle Kräuter erklärt, gleichzeitig einige Rezepte eingebracht zum Nachkochen / -backen (gehört wohl heute dazu, passende Rezepte finden sich mittlerweile in einigen Büchern an)

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Veröffentlicht am 27.07.2022

Ein Lebensteppich (Pommersche Fischerteppiche)

Fischers Frau
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Ein Buch voller Überraschungen:
Das beginnt bereits mit dem Umschlagbild – das kräftige Blau, davor das kräftige Grün, zwei Frauen, deren 'Schattenbilder' sich überlappen (so wie im Roman die beiden Frauengestalten ...

Ein Buch voller Überraschungen:
Das beginnt bereits mit dem Umschlagbild – das kräftige Blau, davor das kräftige Grün, zwei Frauen, deren 'Schattenbilder' sich überlappen (so wie im Roman die beiden Frauengestalten sich auch überlappen). Das Umschlagbild ist wunderschön, so passend.

Mia und der Fischerteppich: Ist es eine Fälschung? Was hat es mit dem Fischerteppich auf sich...
Und auf einmal bin ich in der Geschichte drin... der Geschichte der Pommerschen Fischerteppiche (eine kleine Erfolgsgeschichte). Die Fischer haben ein Fangverbot, 1928, ein Experte des Teppichknüpfens bringt ihnen die Fertigkeit bei, um 'nordische Perser' zu knüpfen; dann von den Nazis missbraucht, in der DDR ebenfalls als Volkskunst unterstützt; heute als Tradition wieder am Aufleben...

Realität mit Fiktion geschickt verwoben! In Greifswald, in Zagreb, in... (so vielen weiteren Orten, ein europäischer Lebensteppich).

Die Hauptfigur Mia Sund (alias Maria Lena Guda) hat ein bewegtes Leben geführt und sie leidet unter den Langzeitfolgen. Sie fühlt sich verfolgt. Ihr altes Leben, ihre Kindheit, ihre Jugend. Sie hat Ahnung von Fälschungen. Ist der Fischerteppich, den ihr Kollege ihr - der Faserarchäologin - in Greifswald auf den Schreibtisch legt, eine Fälschung?

Der Schreibstil ist sehr eigen und doch einmalig. Er zeugt von einer großen Erzählkunst und ist sehr poetisch, das erfordert geduldiges Lesen. Schnelles Lesen ist nicht angesagt, da entgehen einem die Feinheiten: Das Verwobene der Geschichten ineinander, die Geschichten der Mia und der Nina.

Durch den Roman und meinem Erzählen davon bin ich auf die anderen Bücher der Autorin Karin Kalisa gestoßen und auf ihre 'website' … es ist das erste Buch was ich von der Autorin gelesen habe, vermutlich aber nicht das letzte. Aus meinem Bekanntenkreis tönte es sofort, ja, Karin Kalisa, wenn du mir das neue Buch von ihr ausleihst, dann bekommst du 'Sungs Laden'. So geht die Geschichte weiter...

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Veröffentlicht am 16.06.2022

Der neue Gunnar Schwarz

Riechst du ihre Angst?
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„Und er sah, dass es gut war, sehr sehr gut“

Gunnar Schwarz kann gar nicht anders – sein neuester Thriller ist wieder fürchterlich brutal: Auch dieses Mal geht es wieder um einen durchgeknallten Serienmörder. ...

„Und er sah, dass es gut war, sehr sehr gut“

Gunnar Schwarz kann gar nicht anders – sein neuester Thriller ist wieder fürchterlich brutal: Auch dieses Mal geht es wieder um einen durchgeknallten Serienmörder. Er quält seine Opfer (weiblich) tagelang und er ritzt sie, bevor er sie brutal erwürgt. Daniela, das erste Opfer - Eau de Daniela. Ein brutaler Mörder, der seine Opfer leiden lässt – zu seinem Vergnügen. Und er lässt sie Schweiß produzieren, um diesen aufzufangen und als ‚Eau de Daniela' etc aufzufangen…Erinnert an ‚Das Parfüm‘ von Süßkind, „...ihren Schweiß zu genießen...“ Der Täter bekennt sich im online chat (moderne Version) zu seinen Gelüsten, natürlich anonym. Isa, Evelyn, Cheyenne… Alle (Polizei) tapsen im Dunkeln, doch die famose Frieda ahnt bereits etwas... herrlich, die Szenen mit ihr sind wunderbar. Sie besitzt so ein Wortgespür und durchschaut ihr Gegenüber. Das ‚Dreiecksverhältnis Marc – Frieda – Ella‘, (eigentlich gehören Marc und Frieda zusammen, eigentlich! Uneigentlich ist er jetzt mit Ella verheiratet, weil er ein guter Mensch sein wollte und die geschwängerte Ella geehelicht hatte, nicht unbedingt ein guter Heiratsgrund).

Kapitel 9 endet mit einem ‚cliffhanger‘, die dunkle Gestalt, die um das Haus von Marc schleicht. Ist das der Mörder, will er sich etwa Ella holen? Ist es ein Mörder, der sich mit dem Ermittlerteam auseinandersetzt? Das macht es schwierig zu warten bis das nächste Kapitel… ‚aufgeschlagen‘ wird…
Das zweite Opfer wird auf einem Floß abgelegt. Wie viele Frauen hatte Grenouille getötet? So viel ich mich erinnern kann, ganz schön viele… will das der Mörder nachmachen? Er ist ein Zwangsneurotiker (Fetischist). Die tote Isa ist drapiert, hält wieder ein Glas in der Hand, mit Silberklebeband umwickelt… alles arrangiert. Die Presse, vor allem Cheyenne Sturm, wird widerwärtig dargestellt: Es gibt solche wie die Sturm, Bildzeitung & Co. Keine seriöse Presse. Aber dann gibt es echt gute Journis, die serös schreiben (nicht Cheyenne Sturm).
Enorm spannender Aufbau. Doch bei Isas erstem Ehemann war doch klar, dass er es nicht ist. So einfach ließe sich der Mörder nicht überwältigen. Zumindest hat Frieda das Beste daraus gemacht und ihn ausgequetscht. Frieda traue ich am Meisten zu – zur Aufklärung. Cheyenne ist eine reichlich undurchsichtige und kaputte Persönlichkeit.

'Riechst du ihre Angst' ist wieder ein spannender Gunnar Schwarz: Spannungsgeladen verhindert Gunnar Schwarz, dass Frieda Hilfe rufen kann, du hast sechs Sekunden zu antworten, oder Cheyenne ist tot. Himmel, das ist so spannend, dass ich kaum aufhören kann zu lesen... so ist es mir bislang immer ergangen. Wenn ich einen 'Gunnar Schwarz' lese, dann muss ich von vorne herein einplanen, dass ich genügend Zeit habe zum Weiterlesen.

An Gunnar Schwarz - bitte weiterschreiben!

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Veröffentlicht am 12.06.2022

ein indischer 'Felix Krull'

Bekenntnisse eines Betrügers
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Widmung: "Für meine Familie, die schreckliche Angst hatte, dass das Buch von ihr handelt..." Allein schon durch diese Widmung wird der besondere Humor des Autors Rahul Raina deutlich

Teil eins des Buches ...

Widmung: "Für meine Familie, die schreckliche Angst hatte, dass das Buch von ihr handelt..." Allein schon durch diese Widmung wird der besondere Humor des Autors Rahul Raina deutlich

Teil eins des Buches beginnt mit: "Das erste Kidnapping war nicht meine Schuld. Alle weiteren - definitiv ich". Das macht natürlich sehr neugierig auf den Roman. Viele Lesende lesen den Beginn eines Buches und ein paar zufällig ausgewählte Zeilen, manche sogar den Schluss, um sich für ein Buch zu entscheiden. Mit diesem Einstieg hat einem der Autor im Griff. Definitiv!

Das Buch ist interessant: Ein abgehackter Finger und viele indische Begriffe. Das Glossar hinten ist äußerst nützlich, obwohl mir viele Begriffe bekannt sind, aber da ich nur rudimentäres Hindi spreche, schlug ich öfters Begriffe nach.

Das Titelbild ist ebenfalls nicht alltäglich: Ein sogenannter 'eye catcher' – knallig gelb zieht das 'Auge' an, der Titel darauf in einem metallic Blau. Ein Tiger (ja, in Indien gibt es Tiger und viele interessante Bücher, die mit indischen Tigern zu tun haben), Affen (sogar heilige Affen, die alles tun und lassen dürfen); der davon laufende Mann mit offenem (schreienden?) Mund wurde in Einzelteile verlegt. Genau das passt auch wieder zum Inhalt des Buches. Wer bin ich und wenn wie viele? (Um mit einem anderen Buchtitel zu kontern). Auffallend schön gemacht, Kompliment!

Der ganz spezielle Schweizer Verlag 'KEIN & ABER' macht besondere Bücher, die keine Durchschnittsware sind oder Bücher, die man mal in die Hand nimmt und sagt, es liest sich gut. Dieser Roman ist toll geschrieben, zeitgeistig, amüsant, aufweckend bezüglich der indischen Gesellschaft (also Gesellschaftskritik auf subtile Weise). Den Namen Rahul Raina muss man sich merken. Wie viel Rahul Raina in 'Bekenntnisse eines Betrügers (Originaltitel 'How to kidnap the Rich') steckt, lässt sich ahnen – in England hat er eine Beratungsfirma und in Neu-Delhi lebt er ebenfalls. Deswegen, um den Bogen zu schließen, war vermutlich die Ängste seiner Familie nicht unbegründet.

Definitiv interessant! Zum Lesen!

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