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Veröffentlicht am 08.12.2022

Kulturübergreifende Zusammenarbeit

Der Mondmann - Blutiges Eis
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Jens Lerby wird aus disziplinarischen Gründen nach Grönland versetzt. Ausgerechnet! Ein Mann, der Kälte hasst und ohnehin völlig desillusioniert durch das Leben schreitet. Die grausamen Morde sind nur ...

Jens Lerby wird aus disziplinarischen Gründen nach Grönland versetzt. Ausgerechnet! Ein Mann, der Kälte hasst und ohnehin völlig desillusioniert durch das Leben schreitet. Die grausamen Morde sind nur eine Seite der unerwünschten Medaille. Dringt er doch gezwungenermaßen in den Lebensraum der Inuit ein, welche nicht nur mit dem Glauben an das Übernatürliche leben, sondern aufgrund ihrer Entwicklungsgeschichte mit Vorurteilen behaftet sind. Und so etwas wie „Fingerspitzengefühl“ ist Lerby völlig fremd.

Es ist interessant mitzuerleben, wie aus einem eher misanthropischen Menschen ein nahbarer Mitmensch wird. Der Kommissar muss sich dafür sehr bewegen, sich vor allem für das Übersinnliche öffnen, um mit Hilfe des örtlichen Schamanen sowie dessen Enkelin Pally die Morde aufzuklären, wodurch das große Ganze offenbar wird.

„Der Mondmann“ kommt als Grönland-Thriller daher. Der Plot ist gut, die Ausformulierung reicht für mich jedoch nicht an einen Thriller heran. Der Modus Operandi für die Morde ist außergewöhnlich und brutal. Die Brutalität ist dem Kontext angemessen und nicht „nur“ auf eine billige Effekthascherei ausgelegt. Spannung kommt nur selten und kurz auf. Viele Situationen sind vorhersehbar und der kriminalistischen Arbeit unterlaufen grobe Fehler.

Was mich hingegen sehr begeistert, ist die offensichtlich gut recherchierte und im Rahmen dieses Buches transportierte Situation des Volkes der Inuit. Ich begegne einer mir völlig fremden Kultur, sowohl das tägliche Leben betreffend als auch den Umgang mit Zukunft und Vergangenheit sowie den Glauben und die Angst aufgrund überlieferter Mythen. Ebenso wird „unsere“ Schuld, unser Versäumen und auch der allgegenwärtige Klimawandel thematisiert.

Dieses Buch, rein als Thriller gesehen, würde ich mit drei bis vier Sternen bewerten. Durch die Gesamtheit der ineinander verwobenen Handlungsebenen auf Basis von fundiertem Hintergrundwissen ist „Der Mondmann“ für mich ein richtig gutes Fünf-Sterne-Buch. Kein Thriller, vielleicht ein Krimi, aber unbedingt wirklich gut!


Fynn Haskin, Mondmann – Blutiges Eis, Thriller, eBook, Lübbe Verlag, 15,00 € als Paperback, 400 Seiten in der Print-Ausgabe, Erscheinungstermin 25.11.2022

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  • Spannung
Veröffentlicht am 27.10.2022

Die Würze des Lebens

Bergsalz
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Das Buch beginnt mit einer Ungehörigkeit. Diese bleibt nicht allein, Sie potenziert sich. Darf das? Ist es schlimm? Oder sollte es letztlich doch überhaupt „nur“ gut sein?!?

Es fängt bei Franzi an. Mit ...

Das Buch beginnt mit einer Ungehörigkeit. Diese bleibt nicht allein, Sie potenziert sich. Darf das? Ist es schlimm? Oder sollte es letztlich doch überhaupt „nur“ gut sein?!?

Es fängt bei Franzi an. Mit Johanna. Zur Mittagszeit. Da steht sie doch, nachdem man fünfundvierzig Jahre schon in derselben Straße wohnt, vor der Türe und bittet um Mehl. Mehl! Jeder im Dorf hat Mehl daheim. Das weiß auch jeder. Aber was tun? Franzi bittet Johanna herein. Und ehe man sich versieht, entsteht eine Dynamik, ja fast ein Sog, welcher letztlich das gesamte Dorf mit einschließt, es mit neuem Leben füllt.

Parallel wird die Geschichte des Dorfes im Jahre 1550 erzählt. Eine Zeit zu der die Höfe den Dorfkern verlassen und in der Einöde draußen wieder aufgebaut werden, nachdem die Besitztümer/-verhältnisse der Bauern von den Herren neu festgelegt wurden.

Karin Kaliska hat mit „Bergsalz“ ein wunderbares Buch verfasst, welches mich von der ersten Seite an die Hand nimmt und mich die Ereignisse miterleben, mitfühlen lässt. Ich darf eine Entwicklung erleben, welche vielen Dörfern gut zu Gesicht stünde, im Grunde vielleicht sogar uns allen. Es geht kurz gefasst um Mitmenschlichkeit.

Ich habe dieses Buch sehr gerne gelesen und mich wohl gefühlt. Letztlich bleibt es wohl ein Märchen, eine Geschichte, die jedoch jeden anregen kann, auf seinen Nächsten zuzugehen. Und im Finale finden beide Handlungsstränge zueinander.

Eine Kritik, wenn man so will, habe ich bezüglich des Ausgangs der Geschichte von Franzi. Die gewählte Form erscheint mir völlig abstrus, einverstanden bin ich auch nicht.

Ein schönes Buch für Jedermann, vielleicht jedoch eher „nur“ für Jederfrau.


Karin Kalisa, Bergsalz, Gebundene Ausgabe, Droemer Verlag, 20,00 €, 208 Seiten, Erscheinungstermin 02.11.2020

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Veröffentlicht am 29.09.2022

Schlüssiger, spannender Thriller

Schmerzmädchen (Thriller)
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Eine junge Frau wird ermordet. Ihr Leichnam wurde beinahe liebevoll in schlafender Position arrangiert aufgefunden. Der Modus Operandi gibt dem Ermittlerteam um David Richter Rätsel auf. Die zuständige ...

Eine junge Frau wird ermordet. Ihr Leichnam wurde beinahe liebevoll in schlafender Position arrangiert aufgefunden. Der Modus Operandi gibt dem Ermittlerteam um David Richter Rätsel auf. Die zuständige Gerichtsmedizinerin Nora Mors kann zwar die Todesursache feststellen, hat jedoch keine Vorstellung von der angewendeten Mordwaffe. Während die Polizei im Familien- und Freundeskreis ermittelt, wird eine weitere Leiche aufgefunden. Auf den ersten Blick wurde sie auf die gleiche Art und Weise ermordet. Ein Serienkiller?

„Schmerzmädchen“ ist ein solider, spannender Thriller mit fundierter Ermittlungstätigkeit und einem ausgeklügelten Plot, welcher mitreißend und emotional vor mir als Leser entfaltet wird.
Der Autor hat seiner Arbeit offensichtlich eine fundierte Recherche-Arbeit vorausgehen lassen, so dass bei der Tätigkeit der jeweiligen Fachbereiche auch Wissen vermittelt wird.
Die Vorgehensweise der Pathologie in diesem Buch ist für zartbesaitete Menschen mit Vorsicht zu verfolgen.
Es gibt eine gewisse Brutalität, welche sich zwangsläufig im Zusammenhang mit Mord findet. Sie passt jedoch in den Kontext und dient nicht der Effekthascherei.

Gunnar Schwarz gelingt es, mich von Anfang an für sein Buch einzunehmen. Die Handlung schreitet mit zunehmender Spannung voran, es gibt nur kleine Nebenschauplätze, welche sich homogen in die Geschichte einfügen. Ich lerne die örtlichen Gegeben- und Besonderheiten sowie die Protagonisten auch privat kennen, so dass ich mich fast mehr in dem Buch befinde als davor.
Ich bin betroffen und berührt, aber auch zornig und ungeduldig, versuche den Täter zu überführen, bin noch lange nach dem „Zuschlagen“ des Buches aufgewühlt und unruhig.

Das spannende Finale ist in seiner Dramatik schlüssig und lässt mich zufrieden zurück. Mit einer Einschränkung: ich möchte gerne mehr von Richter und Mors lesen.

Ich habe selten ein so fesselndes Buch gelesen.
Eine absolute Lese-Empfehlung für Fans raffinierter Thriller!


Gunnar Schwarz, Schmerzmädchen, Thriller, eBook, FeuerWerke Verlag, 14,99 € als Paperback, 312 Seiten in der Print-Ausgabe, Erscheinungstermin 29.09.2022

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Veröffentlicht am 10.08.2022

Ein neues Team

Sieben minus eins
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Sam Berger ist ein engagierter, aber unbequemer Kriminalkommissar. Oft schon wurde er wegen seiner Alleingänge gerügt. Aktuell ermittelt er im Falle des Verschwindens der 15jährigen Ella. Sein Instinkt ...

Sam Berger ist ein engagierter, aber unbequemer Kriminalkommissar. Oft schon wurde er wegen seiner Alleingänge gerügt. Aktuell ermittelt er im Falle des Verschwindens der 15jährigen Ella. Sein Instinkt sagt ihm, dass Ella nicht das erste und einzige Opfer eines Serientäters ist. Doch steht er mit diesem Ansatz allein auf weiter Flur. Zudem untersagt ihm sein Vorgesetzter entsprechende weitergehende Ermittlungen. Und ehe sich Berger versieht, findet er sich selbst in Haft wieder.

Mit „Sieben minus eins“ stellt Arne Dahl ein neues Ermittlerteam im Kampf gegen den schwedischen Verbrechersumpf vor. Er zeichnet zwei starke Charaktere, deren zielführende sowie vertrauensvolle Zusammenarbeit ich mir anfangs schwer vorzustellen vermag.

Dieser solide Kriminalroman basiert auf einem sorgsam erdachten Plot, welcher exzellent auseinandergefaltet wird und letztlich ausgebreitet vor mir liegt. Dabei wechseln sich Vergangenheit und Gegenwart sowie Spannung und Entspannung angenehm ab. Sogar im Finale gibt es noch unerwartete Wendungen, die auf einen ausgefeilten Cliffhanger abzielen.

Für mich ein Krimi, welcher genau das richtige Maß an rechtschaffender Polizeiarbeit und schmückenden Nebenschauplätzen vereint. Das schlichte, aber nicht unauffällige Cover verweist auf einen wichtigen Schauplatz der Handlung. Wie in allen Büchern von Arne Dahl gibt es auch eine detaillierte Form von Brutalität, welche sich passgenau in die Handlung einfügt und nicht lediglich einer Effekthascherei dient.


Arne Dahl, Sieben minus eins, Kriminalroman, Taschenbuch, Piper Verlag, 16,99 €, 416 Seiten, Erscheinungstermin 01.03.2018

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Veröffentlicht am 15.06.2022

Überleben ist auch eine Option

Zusammen stirbt man weniger allein
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Die unkonventionelle Anwältin Lizzi ist sich ihrer Meinung und ihren – leider oft nicht ganz passenden und zuhauf auftretenden – Aussagen in der Regel sicher. Auch, dass sie ihre Familiengeschichte kennt ...

Die unkonventionelle Anwältin Lizzi ist sich ihrer Meinung und ihren – leider oft nicht ganz passenden und zuhauf auftretenden – Aussagen in der Regel sicher. Auch, dass sie ihre Familiengeschichte kennt und sie quasi aus einer soliden Anwaltsfamilie stammt. Immerhin hat sie ihrem Vater zuliebe das Juristenfach gewählt.
Als sie jedoch in ihrer Wohnung einem wildfremden Mann gegenübersteht, der zudem behauptet ihr Personenschützer zu sein, den ihr Vater zu ihrem Schutze beauftragt hat, will sie davon verständlicherweise nichts wissen. Doch die Ereignisse überschlagen sich, Lizzi und Erik müssen sich zusammenraufen und vor allem die Frage klären: „Was ist hier los?!?“

Allein der Titel auf dem wunderschönen Cover mit Schafen klärt schon darüber auf, dass dies ein Kriminalroman mit Augenzwinkern ist. Die Handlung zwischen den Buchdeckeln ist schön, kriminell, kurzweilig, schmunzelnd, anrührend und auch spannend. Es bereitet mir Freude, mit Lizzie und Erik diese Reise anzutreten, jeden sprichwörtlichen Stein umzudrehen, sich aus verhedderten (Gefahren-)Lagen herauszuwinden und die Wahrheit über Lizzi und ihre Vergangenheit aufzudecken.

Das Autorenduo hat einen schönen Plot ersonnen und ihn wunderbar entfaltet. Für mich eine Lese-Empfehlung für Fans leichter Kriminallektüre, gerne auch im Urlaub oder auf dem Balkon.



Dina El-Nawab, Markus Stromiedel, Zusammen stirbt man weniger allein, Kriminalroman, eBook, Goldmann Verlag, 9,00 €, 480 Seiten in der Print-Ausgabe, Erscheinungstermin 20.06.2022

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