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Dominik_Hellenbeck

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.06.2022

Die One-Man-Show des Jack Ryan

Der Kardinal im Kreml
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Obwohl es in „Der Kardinal aus dem Kreml“ ein Wiedersehen mit den „alten Bekannten“ aus dem Buch „Jagd auf Roter Oktober“ wie Jack Ryan, Kapitan Ramius oder U-Boot-Captain Mancuso gibt, kommt das Buch ...

Obwohl es in „Der Kardinal aus dem Kreml“ ein Wiedersehen mit den „alten Bekannten“ aus dem Buch „Jagd auf Roter Oktober“ wie Jack Ryan, Kapitan Ramius oder U-Boot-Captain Mancuso gibt, kommt das Buch nicht an Roter Oktober heran. Gerade Ramius und Mancuso wirken wie Staffagen, deren Handlung im Buch unbeachtlich bleibt.

Für meinen Geschmack auch zu viel Lasertechnik-Einzelheiten und eine ansonsten etwas zähe Story-Entwicklung. Das Finale - der KGB-Chef setzt sich mit Frau und Tochter in die USA ab und zwar an Bord der „Air Force One“ mit dem US-Präsidenten als Passagier - ist unglaubhaft und zu grell. Warum Filitow überhaupt als dreifacher „Held der Sowjetunion“ (die Häufung ist vielleicht etwas überzeichnet) sein Land verrät, aber gleichzeitig emsig an Verbesserungen der Sowjet-Waffen tüftelt, bleibt weitgehend unklar. Clancy bleibt, was politisch-historische Verwicklungen und inhaltsreiche Spekulationen betrifft, für meinen Geschmack klar hinter Alfred Coppel zurück, da sich eigentlich alles nur um Jack Ryan dreht.

Fazit: Zum einmal schmökern nicht schlecht, aber das war es dann auch.

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Veröffentlicht am 25.06.2022

Bergsteigerroman, verpackt als Agententhriller

Im Auftrag des Drachen
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Ein echter „Trevanian“. Wie bei diesem üblich geht es um alles Mögliche, nur nicht um Geheimdienste oder Profikiller. Denn über Dr. Hemlock erfährt man - ebenso wie über Nikolai Hel („Shibumi“) - sehr ...

Ein echter „Trevanian“. Wie bei diesem üblich geht es um alles Mögliche, nur nicht um Geheimdienste oder Profikiller. Denn über Dr. Hemlock erfährt man - ebenso wie über Nikolai Hel („Shibumi“) - sehr viel über private Hobbies (bei Hemlock Gemälde und Bergsteigen, bei Hel poetische Betrachtungen und japanische Ästhetik), den Bekanntenkreis, die Lebensumstände etc., aber kaum etwas über Tätigkeiten von Geheimdiensten oder die von ihn durchgeführten Aufträge.

Dafür gibt es reichlich groteske Typen aus dem Panoptikum, die eher in einen Comic passen würden, vor allem „Dragon“, den lichtscheuen Chef des „CII“, der in einer Dunkelkammer mit Rotlicht haust. CII ist keine Abkürzung, sondern steht für die römische Zahl „102“, die Organisation selbst ist wohl eine Art Parodie auf die CIA, da ihr im Roman durchgehend Unfähigkeit bescheinigt wird und keiner weiß, warum sie eigentlich da ist. Erinnert alles eher an eine überdrehte, grellbunte Sixties-Veralberung der James Bond-Filme.

War Hel in „Shibumi“ ein Höhlenkletterer, klettert Hemlock auf Berge – und dies macht allein weite Strecken des Romans aus. Hemlock beim Training, im Biwak, in der Eiger Nordwand. Der ursprüngliche Grund für seinen Mordauftrag löst sich zunehmend in Wohlgefallen auf, übrig bleibt nur seine Kletterei, die Agentengeschichte dient lediglich als notdürftige Erklärung für seine Eigerbesteigung.

Den künstlichen Hype um die Trevanian-Romane habe ich nie verstehen können, vielleicht auch eine Generationen-Frage. Für mich stellen sie eher Mogelpackungen dar und dies ist nicht jedermanns Sache.

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Veröffentlicht am 01.07.2022

Dan Brown's „Sakrileg“ für Fußgänger....

Scriptum
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Ein Buch aus dem gängigen „Templer/Geheimes Buch/Abenteuerliche Archäologie“-Genre, bei dem man getrost sagen kann: Eines gelesen = alle gelesen.

Es geht (selbstverständlich) um „das größte Geheimnis ...

Ein Buch aus dem gängigen „Templer/Geheimes Buch/Abenteuerliche Archäologie“-Genre, bei dem man getrost sagen kann: Eines gelesen = alle gelesen.

Es geht (selbstverständlich) um „das größte Geheimnis der Christenheit“ - darunter macht man geht es in solchen Bücher nämlich generell nicht. Der Ablauf ist schematisch: neugierige Archäologen, finstere Dunkelmänner, die ein Jahrtausende altes Geheimnis der christlichen Urkirche hüten, Mord und Totschlag, Liebe, Triebe, Hiebe. Die Templer sind auch dabei, in Form des modernen, geheimnisumwitterten Mythos, der gegenüber dem historisch belegbaren Orden des Mittelalters in der Vorstellung der Zeitgenossen schon längst ein Eigenleben führt.

Der Vatikan ist ebenso im Spiel, seltsamerweise aber nicht die Illustrierte „Stern“, obwohl es doch um nichts geringeres als die Tagebücher von Jesus von Nazareth geht. Der hat nämlich, muß man wissen, gewissenhaft jeden Tag zu Kiel und Papyrus gegriffen und seine persönlichen Gedanken festgehalten. Wenn man eine ungefähre Vorstellung hat, wie selten damals Papyri waren (wurden daher oftmals überschrieben) und das Schreiben eine seltene Fähigkeit, erhält man eine Vorstellung, wie absurd dies ist. Das Denken der Juden war primär auf ihre Religion und das Überleben des Volkes unter römischer Besatzung konzentriert, die Schriftrollen befassten sich daher mit theologischen Rechtsfragen und Exegese, siehe die Qumran-Funde. Die egozentrierte Vorstellung, die eigenen Befindlichkeiten des Individuums hätten Bedeutung für andere, seien daher wichtig für die Nachwelt und müssten unbedingt festgehalten werden, ist eine „Errungenschaft“ der Neuzeit und im Kontext des Buches völlig ahistorisch.

Das Buch eignet sich gut für den Sommer, wenn man sich ohne Geistesanspannung berieseln lassen will. Je weniger historische und kirchengeschichtliche Kenntnisse den Leser belasten, umso größer dürfte dessen Lesevergnügen sein...

Veröffentlicht am 25.06.2022

Etwas für "spezielle" Leser...

Der Experte
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Trevanians „Experte“ heißt im Original The Loo Sanction, also Klo-Sanktion. Ein wegweisender Titel, denn der Leser erfährt von der sog. „Klo-Organisation“, einer (fiktiven) Spezialtruppe des britischen ...

Trevanians „Experte“ heißt im Original The Loo Sanction, also Klo-Sanktion. Ein wegweisender Titel, denn der Leser erfährt von der sog. „Klo-Organisation“, einer (fiktiven) Spezialtruppe des britischen Geheimdienstes, welche aus clownesk gekleideten Mitarbeiter besteht, die selbst in einem Zirkus auffallen würden und bizarrer Weise einen anglikanischen Aushilfsreverend als Vorgesetzten haben. Wie kommt man auf derart präpubertäre Ideen? Fragt man Zwölfjährige? Nimmt man Marihuana?

Wie auch immer, zu Beginn des Romans wird seitenlang die Todesqual einer Pfählung geschildert. In der Mitte des Buches stellt sich dann heraus, dass es die Analpfählung eines schwulen Päderasten war. Bis dahin wird der Leser dieses angeblichen „Killer-Thrillers" in epischer Breite in die grellbunte Londoner Kunst-Szene der frühen 1970er geführt, dort mit kauzigen Originalen und drögen Langweilern bekannt gemacht und mit seitenlangem Smalltalk auf öden Vernissagen gemächlich zu Tode gelangweilt. Hemlocks zielloses Geplauder mit einer alternden Hure und einer jungen Möchtegern-Malerin füllt unmerklich die Seiten, von der individuellen Lebensphilosophie kommen Hemlock und die Malerin im Gespräch zwanglos auf Klopapier und die nationalen Eigentümlichkeiten dessen Benutzer, der Roman plätschert so vor sich hin.

Das eklige Hinscheiden eines Unbekannten in Blut und Exkrementen auf Hemlocks Toilette ist eine Zäsur, der Roman gleitet nun ab in eine zunehmend perversere Atmosphäre. Nachdem ein widerstrebender Hemlock - erneut wie im Vorgängerroman - per Honigfalle erpreßt wird, den Job durchzuführen, sorgt eine ausgiebige Milieu-Schilderung des Reverends für widerliches Kopfkino beim Leser: u.a treiben es mit Fett eingeriebene Menschen mit Tieren etc. Sodomie, Päderastie und Sadismus satt - mag sicherlich den Geschmack einiger Leser treffen, aber ebenso sicher nicht meinen.

In Zeiten der „sexuellen Revolution“ in den frühen 70ern mag man vielleicht argloser an dieses Thema herangegangen sein, aber auf „Ausschweifungen mit Pakistani-Kinder beiderlei Geschlechts zwischen neun und fünfzehn Jahren“ kann ich gut verzichten, daher habe ich das Buch auf Seite 120 endgültig zugeklappt.

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Veröffentlicht am 25.06.2022

Anderswo schon mal besser gelesen, "Bond" geht anders...

Solo
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Wer vom Werbetext der Taschenbuchausgabe ausgeht und ein „brisantes und hochaktuelles Bond-Abenteuer“ erwartet, wird herb enttäuscht werden. Zum einen handelt der Roman in den 1960ern – soviel zu „hochaktuell“, ...

Wer vom Werbetext der Taschenbuchausgabe ausgeht und ein „brisantes und hochaktuelles Bond-Abenteuer“ erwartet, wird herb enttäuscht werden. Zum einen handelt der Roman in den 1960ern – soviel zu „hochaktuell“, zum anderen ist es mitnichten ein „klassischer“ Bond-Roman.

Vielmehr besteht die Story zur Hälfte aus einem durchschnittlichen 60er-Jahre-Afrika-Roman mit den genreüblichen Komponenten (Teil eines kolonial kreierten afrikanischen Staates will sich nach Fund von Bodenschätzen unabhängig vom Rest des Landes machen, dazu werden Söldner angeworben und Waffen gekauft). Etwas Biafra-Story, etwas Katanga-Sezession, heruntergekommene Schreiberlinge im postkolonialen Ambiente einer angegammelten Bar, etwas London-Kolorit der „swinging sixties“ samt „Jensen FF“.
Alles schon anderswo und besser gelesen.

Der 08/15-Söldnergeschichte folgt im 2. Teil - da Bond „solo" arbeitet - ein durchschnittlicher Roman über einen Auftragskiller. Vom getarnten Auskundschaften der Gewohnheiten der Zielperson im gewollt auffälligen Outfit über die genaue Schilderung der Observierungseinzelheiten bis zum problemlosen Vermöbeln von Straßenräubern wirkt alles wie bei Barry Eislers "Tokio- Killer" abgeschrieben und seltsam leblos aneinander gereiht. Ob das Besorgen eines zerlegbaren Gewehrs , ob die Schilderung eines optimalen Beobachtungspunktes – alles weder neu noch originell.

Am Schluß gibt es ein eher peinliches Moralisieren nach dem Motto "Politik ist ein schmutziges Geschäft" und ein äußerst lahmes Ende - das war's.

Was dies alles mit einem James-Bond-Roman zu tun hat?
Ziemlich wenig, 007, M und Co. wirken, wie irgendwie nachträglich eingefügt, denn es fehlt bezeichnenderweise alles, was die Bond-Story aus den 1960ern ausmachte: es gibt keinen diabolischen Mastermind-Gegenspieler, keine Verbrecher-Geheimorganisation, keinerlei Gadgets. Statt Laserstrahl aus der Uhr oder der Bombe im Füllfederhalter nutzt Bond eine Socke mit Kupfermünzen als Totschläger.
Alles in allem ein mißglückter Genre-Mix, als „Bond“-Roman absolut verzichtbar.

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