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Veröffentlicht am 17.06.2017

Ein krimineller Lesespaß der etwas anderen Art

Gray
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Ordnung muss sein ist einer der wichtigsten Grundsätze von Dr. August Huff, der an der berühmten Universität von Cambridge lehrt. Der Anthropologe, der weder dubiose Vieren noch bedrohliche Achten mag ...

Ordnung muss sein ist einer der wichtigsten Grundsätze von Dr. August Huff, der an der berühmten Universität von Cambridge lehrt. Der Anthropologe, der weder dubiose Vieren noch bedrohliche Achten mag oder mit dem mit dem rechten Fuß voran durchs Leben schreitet, fühlt sich immens gestört, als einer seiner Student beim Klettern vom Dach der Kapelle stürzt. Denn dafür gibt es wahrlich keinen Grund. Gemeinsam mit dem Graupapagei des Studenten nimmt er die Ermittlungen auf und stößt dabei auf ein Gefecht aus Lügen und Verrat, das dem zu Tode gestürzten zukünftigen Lord unweigerlich zum Verhängnis wurde.

Leonie Swan hat sich nach ihrem kriminellen Ausflug in die Welt der Schafe nun in das Reich der Vögel gewagt und lässt einen sprachbegabten Graupapageien gemeinsam mit einem verschrobenen Dozenten ermitteln. Ein wahrhaft ungleiches Paar, das zunächst einmal nur die widrigen Umstände zusammenschweißt, was sich im Laufe der recht amüsant vonstattengehenden Handlung allmählich ändert. Bis dahin aber stellen sich der Zwangsneurotiker und der vorlaute Papagei irgendwie aufeinander ein, übernachten zusammen im Bad und gehen am Tag auf Beutetour. Nur, dass es hierbei nicht um die Suche nach Nahrung geht, sondern darum, einen perfiden Mörder zu stellen.

Der humorvolle Krimi wird aus der Sicht des schrulligen Augustus Huff erzählt, der ohne eigenes Zutun in die Situation geraten ist, einen Papageien auf seiner Schulter herumzutragen. Denn nicht etwa er hat Gray zu sich genommen, sondern dieser hat sich ihn gewählt. Eine Konstellation, die Leonie Gray dazu nutzt, mit einer bildhaften Sprache und unter Zuhilfenahme von gleichermaßen komischen und anrührenden Szenen eine Mordermittlung zu schildern, die sehr unterhaltsam verläuft und wunderbar anders ist. Dabei sind es vor allem die peinlichen Kommentare des Papageien, die der verstaubte Akademiker nicht beeinflussen kann und die es regelmäßig schaffen, dem Leser ein Schmunzeln zu entlocken.

Fazit:
„Gray“ ist ein humorvoller, nicht immer ernst zu nehmender und von verbrecherischen Machenschaften durchsetzter Kriminalroman, der von den skurrilen Gepflogenheiten in einer altehrwürdigen Universität erzählt und von einer Freundschaft zwischen Mensch und Tier, die etwas ganz Besonderes ist. Ein krimineller Lesespaß der etwas anderen Art.

Veröffentlicht am 17.06.2017

Ein Psychothriller, der geschickt Fiktion und Realität vermischt

AMNESIA - Ich muss mich erinnern
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Es ist schwer mit der Erkenntnis zu leben, bald sterben zu müssen. Aber noch schwerer ist es, die verhängnisvolle Diagnose mit der Familie zu teilen und sich verabschieden zu müssen. So jedenfalls geht ...

Es ist schwer mit der Erkenntnis zu leben, bald sterben zu müssen. Aber noch schwerer ist es, die verhängnisvolle Diagnose mit der Familie zu teilen und sich verabschieden zu müssen. So jedenfalls geht es der in Berlin lebenden Helen Richter, die zwar mit guten Vorsätzen zu ihrer Mutter und ihrer kleinen Schwester fährt, es aber einfach nicht schafft, ihnen die Wahrheit zu sagen. Stattdessen taucht sie in einen riesigen Berg von Problemen ein, die hinter der scheinbar heilen Familienfassade schlummern und in ein Netz von Intrigen, in denen sie eine ganz besondere Rolle spielt. Denn jemand nutzt die verheerenden Umstände ihrer Krankheit dazu aus, um sie für sein mörderisches Spiel zu benutzen.

„Amnesia – Ich muss mich erinnern“ ist ein ruhiger, regelrecht vor sich hinschleichender Thriller, der erst sehr spät erkennen lässt, worum es in seiner Handlung geht. Denn zunächst einmal steht die an Lungenkrebs erkrankte Helen Richter im Fokus des Geschehens, die, nachdem sie ihr Freund verlassen hat, nun ihrer Familie von der unheilbaren Krankheit erzählen muss. Etwas, das ihr enorm zu schaffen macht, zumal ihr Verhältnis zur Mutter überaus problembehaftet ist, weil sie mit deren Kaltherzigkeit nicht umgehen kann. Hinzu kommt, dass die von ihr eingenommenen Medikamente enorme Nebenwirkungen haben und sich Helen, von Erinnerungslücken und Halluzinationen geplagt, oftmals nicht an das, was sie tut erinnern kann.

Jutta Maria Herrmann baut in ihrem Thriller rund um ihre Hauptprotagonistin Helen ein Netz aus merkwürdig erscheinenden Ereignissen auf, sodass letztendlich niemand weiß, welche Rolle sie in einem perfiden Mörderspiel spielt. Mal ist es ein blutiges Messer, das in ihrem Koffer liegt, ein anders Mal ist ihr Tagebuch mit einem Geständnis gefüllt. Und obwohl der Leser ahnt, dass ein ausgeklügelter Plan hinter allem steckt, ist er sich bis zum Schluss nicht sicher, wer denn nun hier der Intrigant und Mörder ist. Mit einem gut zu lesenden Schreibstil zu Papier gebracht, weiß die Autorin ihre Leser in den Bann zu ziehen, allerdings leider etwas spät. Denn erst nach einem zähflüssigen Beginn kommt die Geschichte in Fahrt und beweist, welches Potenzial sie besitzt.

Fazit:
Ein spannender und dennoch ruhiger Psychothriller, der geschickt Fiktion und Realität vermischt und emotional nahe geht.

Veröffentlicht am 11.06.2017

Ein übersinnliches Krimivergnügen

Tödliches Handicap
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Im Linzer Landhaus findet ein Krisengipfel statt, bei dem der tschechische Ministerpräsident zur Erweiterung des Atomkraftwerks Templin Stellung beziehen soll. Doch die medienträchtige Zusammenkunft gipfelt ...

Im Linzer Landhaus findet ein Krisengipfel statt, bei dem der tschechische Ministerpräsident zur Erweiterung des Atomkraftwerks Templin Stellung beziehen soll. Doch die medienträchtige Zusammenkunft gipfelt in einem Desaster. Denn kaum sind die kritischen Worte des österreichischen Landesvaters verklungen, wird der zur Absicherung der Veranstaltung eingeteilte Gruppeninspektor Mark Sollstein mit einem Schuss niedergestreckt. Allerdings ist er nicht der einzige Polizist, der an diesem Abend das Opfer eines perfiden Anschlags wird. Und während er durch eine glückliche Fügung überlebt, wird sein Chef an der Hintertür von einem Killer regelrecht hingerichtet. Warum aber hat es ein Unbekannter auf die Beamten des LKA Oberösterreich abgesehen, während Gott im Himmel sein Handicap zu verbessern sucht?

„Tödliches Handicap“ ist der dritte Kriminalroman, der im Rahmen der himmlischen Linz-Krimi-Reihe der österreichischen Autorin Eva Reichl erschienen ist und mit einer merkwürdig anmutenden Nebenhandlung kurzweilig unterhält. Doch zunächst einmal geht es dem Linzer Chefinspektor Thomas Neuhorn an den Kragen, der entgegen sonstiger Gepflogenheiten selbst das Opfer eines grausamen Verbrechens wird. So jedenfalls sehen es die mit seinem heimtückischen Mord beschäftigten Kollegen, während oben im Himmel der vom „Burn-out“ bedrohte Petrus mit dem Ablauf des verhängnisvollen Abends überaus zufrieden ist. Denn vor allem an der Himmelspforte herrscht ein kaum zu bewältigendes Gedrängel und wie überall wird auch hier händeringend versiertes Personal gesucht.

Wer nun aber glaubt, dass in dem von göttlichen Wesen beeinflussten Krimi nicht ordentlich ermittelt wird, der irrt. Denn der eigentliche Fall, der im Fokus der streckenweise sehr ernst zu nehmenden Handlung steht, ist gut konstruiert und weiß mit überraschenden Wendungen und einem engagierten Ermittlerteam zu überzeugen. Zwar bleibt die Spannung manchmal auf der Strecke, weil im Himmel Merkwürdiges geschieht. Dafür aber ist der Unterhaltungswert durch den zweiten Handlungsstrang und durch die mit ihm einhergehenden übersinnlichen Erklärungen entsprechend hoch. So hält der Leser mit dem tödlichen Handicap ein angenehm flüssig geschriebenes Buch in den Händen, das mitten im Leben angesiedelt ist und uns Menschen gerne einmal auf die Schippe nimmt.

Fazit:
Ein unkonventioneller und manchmal etwas schräger Krimi, der trotz hanebüchener Ereignisse mit einem handfesten Fall, einer ordentlichen Portion Humor und gesellschaftskritischen Anmerkungen kurzweilig unterhält. Allerdings sollte man als Leser für himmlische Belange empfänglich sein, um den vollen Lesespaß für sich verbuchen zu können.

Veröffentlicht am 08.06.2017

Ein verhängnisvoller zweiter Fall für die Försterin Julia Sommer

Wolfstanz
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Im Ebersberger Forst wird ein freilaufender Wolf gesichtet, der die Bewohner des kleinen Dorfes Grafenried in Angst und Schrecken versetzt. Und obwohl niemand weiß, ob das unter Naturschutz stehende Tier ...

Im Ebersberger Forst wird ein freilaufender Wolf gesichtet, der die Bewohner des kleinen Dorfes Grafenried in Angst und Schrecken versetzt. Und obwohl niemand weiß, ob das unter Naturschutz stehende Tier überhaupt eine Gefahr darstellt, verlangen sie, dass es getötet wird. Zur gleichen Zeit verschwindet die sechszehnjährige Leonie spurlos, und als ihre Leiche kurz darauf mit verdächtigen Bissspuren am Hals aufgefunden wird, nimmt eine wilde Hetzjagd ihren Lauf. Von nun an haben die Försterin Julia Sommer und ihr Chef, der Waldbesitzer Tom, alle Hände voll zu tun, um den Mörder des Mädchens zu finden und dem Wolf das Leben zu retten.

„Wolfstanz“ ist der zweite Fall der Försterin Julia Sommer, die bereits schon einmal einem perfiden Mörder das Handwerk legen konnte. Damals allerdings, um ihre eigene Haut zu retten, da sie selbst als Hauptverdächtige in einer Mordermittlung galt. Diesmal nun geht es um einen Wolf, der ausgerechnet dann im Ebersberger Forst auftaucht, als ein Mädchenmörder dort sein Unwesen treibt. Ein verhängnisvoller Kriminalroman, der wunderbar lebensnah in Erscheinung tritt und neben einem kniffligen Fall viele wissenswerte Details über den Beruf der Försterin und, wie sollte es anders sein, zu den Verhaltensweisen eines Wolfes vermittelt. Aber nicht nur die Realitätsnähe und der mit Herzblut geführte Kampf um einen Wolf verstehen es, den Leser in den Sog der Ereignisse zu ziehen. Auch die Einschübe aus dem früheren Leben von Julias Oma Martha stellen sich als interessant und in ihrem Verlauf sehr spannend heraus und vermitteln trotz ihrer knappen Schilderung ein gutes Bild der damaligen Ereignisse und der Widrigkeiten, der die sympathische Frau ausgesetzt war.

Kurze Kapitel, ein flüssiger Schreibstil und eine sich stetig steigernde Spannung sorgen dafür, dass das Buch regelrecht verschlungen wird. Dabei sind es eher die sehr menschlichen Reaktionen der verängstigten Dorfbevölkerung und der zunächst aussichtslose Kampf der Försterin, die diesem Krimi eine spürbare Dynamik verleihen, die in ihrem Verlauf unberechenbar ist. Deshalb hofft der Leser, dass die beunruhigenden Geschehnisse ein gutes Ende nehmen, merkt aber schnell, dass er damit auf dem Holzweg ist. Eine bedrohliche Stimmung, die Ursula Hahnenberg ganz allmählich und mit einfachen Mitteln aufbaut und die ihre Wirkung bis zum Schluss nicht verfehlt.

Fazit:
„Wolfstanz“ ist trotz seines gemächlichen Einstiegs ein spannender Kriminalroman, der mit gut gezeichneten Figuren und einem interessant erdachten Fall gut zu unterhalten weiß.

Veröffentlicht am 04.06.2017

Ein atmosphärischer und spannender Frankenkrimi

Bocktot
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Der Lateinlehrer Holger Mechtinger liebt es, jagen zu gehen. Deshalb ist er auch mit dabei, als seine Frau, die Revierförsterin Astrid Mechtinger, am Abend den Wald betritt, um die notwendige Abschussquote ...

Der Lateinlehrer Holger Mechtinger liebt es, jagen zu gehen. Deshalb ist er auch mit dabei, als seine Frau, die Revierförsterin Astrid Mechtinger, am Abend den Wald betritt, um die notwendige Abschussquote zu erfüllen. Doch kaum ist es ihm gelungen, einen Rehbock zu erlegen, wird er selbst zum Ziel eines unbekannten Jägers, der ihn mit einem gezielten Schuss auf dem Hochsitz niedergestreckt. Nicht der erste Tote während der laufenden Saison. Und schon bald hat Kommissar Richard Levin alle Hände voll zu tun, um die Hintergründe der todbringenden Vorkommnisse zu klären, während in Coburgs Innenstadt ein politisch brisanter Pfingstkongress den Ordnungshütern ordentlich zu schaffen macht.

„Bocktot“ ist der erste Fall für den Coburger Kommissar Richard Levin, einem scharfsichtigen Einzelgänger, der in seiner Freizeit dem Mittelalter verfallen ist. Aber auch seine eigene Vergangenheit lässt ihn nicht ruhen und sorgt für einige Probleme. Hinzu kommt, dass die erhoffte Beförderung ad acta gelegt worden ist und sich sein Team nach der Verabschiedung des bisherigen Kripochefs einer weiblichen Vorgesetzten unterordnen muss. Eine nicht gerade einfache Situation und doch liegt die Konzentration im Kommissariat auf der Klärung des undurchsichtigen Geschehens, das allen Beteiligten ordentlich zu schaffen macht.

Erzählt wird der knifflige Fall aus der Sicht verschiedener Personen heraus. So kommen neben dem ermittelnden Kommissar und der neuen Dienststellenleiterin Maxi Frohn, auch die geschockte Frau des Toten und der Polizist Tobias Schneider zu Wort, der aufgrund seiner Jagdkenntnisse an den Ermittlungen beteiligt worden ist. Angenehm knapp gehaltene Kapitel, überraschende Wendungen und geschickt eingebaute Nebenhandlungen sorgen dafür, dass die Spannung bis zum Schluss erhalten bleibt und der Leser ordentlich miträtseln kann. Gleichzeitig erhält er informative Einblicke in die Jagd- und Waffenkunde und in den Ablauf eines Mittelaltermarkts.

Fazit:
„Bocktot“ ist ein atmosphärischer und spannender Frankenkrimi, der sich neben einem schwer zu knackenden Fall auch mit einer brisanten Thematik auseinandersetzt. Und obwohl die Handlung einige Zeit braucht, um richtig in Fahrt zu kommen, versteht es Levins erster Fall mit interessanten Charakteren, vielschichtigen Ermittlungen und einer unvorhersehbaren Entwicklung gut zu unterhalten.