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Veröffentlicht am 16.07.2022

Prinzipiell viel Potenzial!

Die versteckte Apotheke
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Wäre mir "Die versteckte Apotheke" nicht durch einen glücklichen Zufall hier auf Vorablesen über den Weg gelaufen, früher oder später hätte sie einfach bei mir einziehen müssen. Bei historisch-feministischen ...

Wäre mir "Die versteckte Apotheke" nicht durch einen glücklichen Zufall hier auf Vorablesen über den Weg gelaufen, früher oder später hätte sie einfach bei mir einziehen müssen. Bei historisch-feministischen Geschichten über Frauen auf ihrem Weg zur Selbstbestimmung werde ich einfach schwach. Und das ganze dann auch noch in Kombination mit einem so einem Schmuckstück von Cover? Da kann ja wirklich niemand „Nein“ sagen.
Doch um ehrlich zu sein, so ganz hundertprozentig „JA!“ sagen konnte ich irgendwie auch nicht. Zu den Gründen komme ich noch, jetzt bleiben wir erstmal beim Positiven, davon gab es nämlich jede Menge.


Ich mochte das Konzept.
Eine Apothekerin im 18. Jahrhundert, die ihr Leben so vollkommen der Hilfe und Rettung von Frauen verschrieben hat, dass sie auch nicht vom Mord an deren Unterdrückern zurückschreckt? Das Ganze verknüpft mit einer Frau aus der Gegenwart, die die Geheimnisse der Apothekerin aufspürt, dabei jedoch selbst vor Problemen davonläuft – Probleme, die sich im Lauf der Geschichte offenbar kaum verändert haben? In meinen Augen eine Idee mit unglaublich viel Potenzial.

Ich mochte die zentralen Themen Feminismus und Emanzipation.
Nellas Bestreben, Frauen Macht zu verleihen in einer Gesellschaft, die gegen uns war, Frauen eine Stimme zu geben zu einer Zeit, in der wir einfach nicht gehört wurden, ist bewundernswert und hat mich zutiefst berührt.
Ich mochte die teils unerwarteten Freundschaften. Was ursprünglich als Zweckgemeinschaft gedacht war – sowohl bei Eliza und Nella als auch bei Caroline und Gaynor – wurde bald zu echtem, ehrlichem Interesse. Interesse zwischen Frauen, die erkannt haben, dass es das Beste für uns alle ist, wenn wir uns unterstützen. Denn wenn wir uns gegenseitig nicht helfen, wer soll es dann tun?

Zu guter Letzt mochte ich die moralische Grauzone, in der sich Nella und ihre Kundinnen befinden.
Nella bringt Männer um. Zahlreich. Sie ist eine Serienmörderin, wie es im Buche steht. Dennoch hat sie nur die besten Absichten: Sie möchte Frauen helfen, sie möchte sie retten, indem sie ihnen einen Ausweg aus sonst ausweglosen Situationen bietet. Ist das zu rechtfertigen? Meiner Meinung nach definitiv. Aber letztendlich muss das wohl jeder für sich selbst entscheiden.


Nun zu dem, was mich nicht überzeugen konnte: Der Spannungsaufbau.
Fast das gesamte Buch verlief dermaßen flach, dass – bis auf die letzten 50 Seiten – so gut wie keine Spannung aufkam. Ein paar Situationen hätten potenziell spannend werden können, wurden jedoch dermaßen schnell wieder entspannt, dass sich jegliche Aufregung sofort wieder im Sande verlief. Zudem gelang es mir leider nicht wirklich, eine Bindung zu den Charakteren aufzubauen. Klar waren mir die drei Protagonistinnen weitestgehend sympathisch – aber eben auch nicht mehr. Letztendlich hatte ich den Eindruck, dass ich zwar interessiert war, aber nicht wirklich investiert. Ein bisschen mehr Augenmerk auf die Figurengestaltung zu legen, hätte der Geschichte meines Erachtens nach wirklich gut getan.


Zusammenfassend lässt sich sagen, dass mich die Grundideen absolut angesprochen haben, nur die Umsetzung scheint noch nicht ganz ausgereift. Bei einem solch aufwühlenden Thema hätte ich mir einfach mehr Emotion erhofft. Trotzdem ist „Die versteckte Apotheke“ eine nette Lektüre für zwischendurch und für all diejenigen eine klare Leseempfehlung, die es etwas ruhiger und distanzierter mögen. 😊

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Veröffentlicht am 14.08.2022

Unterhaltung auf unterstem Niveau

Mit dir hatte ich nicht gerechnet
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Um ehrlich zu sein, ich hatte keine allzu hohen Erwartungen an „Mit dir hatte ich nicht gerechnet“. Ich rechnete nicht mit origineller Raffinesse, sondern mit kurzweiliger Unterhaltung. Etwas anderes als ...

Um ehrlich zu sein, ich hatte keine allzu hohen Erwartungen an „Mit dir hatte ich nicht gerechnet“. Ich rechnete nicht mit origineller Raffinesse, sondern mit kurzweiliger Unterhaltung. Etwas anderes als das will dieses Buch auch gar nicht sein und das ist völlig in Ordnung. Dennoch wurden mir hier einmal mehr die Unterschiede zwischen guter und schlechter Unterhaltung aufgezeigt.

Prinzipiell hätte es was werden können. Hollywood Schnulzen kommen meistens gut, wir leben doch alle für dieses Drama. Auch das Konzept von der toughen, vom Leben gebeutelten Protagonistin und dem auf den ersten Blick oberflächlich erscheinenden Typen, der ihr Herz aus durchwachsenen Motiven erobern will, ist zwar nichts neues, funktioniert jedoch immer wieder prima.
Was ging also bei der Umsetzung schief? Zuerst einmal ließ die Figurengestaltung doch sehr zu wünschen übrig. Obwohl Fiona mit etlichen Attributen ausgestattet ist, die teilweise mit ihrer schweren Vergangenheit zu tun haben, bleibt ihr Charakter flach und man ist nicht in der Lage, eine wirkliche Bindung zu ihr herzustellen. Wie auch, wenn die Leserschaft nur Vages über sie erfährt? Klar, irgendwo ist dieser Nebel um die Ereignisse damals am Set auch geplant und berechtigt. Aber dieses ungeschickte Zurückhalten entscheidender Informationen macht die Geschichte nicht spannender, sondern lässt lediglich Fionas Handlungsweisen irrational und unreif erscheinen.
Sam ist mindestens genauso unreif, wenn nicht noch mehr. Ist das das Los von Teeniestars? Immerwährende Pubertät? Abgesehen davon habe ich keine wirkliche Meinung zu ihm. Abgehoben, oberflächlich – natürlich ist er wahnsinnig heiß, natürlich hat er ein schiefes Lächeln, natürlich liegt ihm die Frauenwelt zu Füßen. Man kennt’s.
Durch diese schlampige Charakterarbeit, hat es die Lovestory natürlich alles andere als leicht und Schmetterlinge haben leider keine Chance. Entsprechend den beiden Figuren war auch ihre Beziehung zueinander wahnsinnig unreif: Ein ständiges hin und her gepaart mit Kommunikationsproblemen lässt außer einem gelegentlichen Stirnrunzeln oder Augenrollen nur wenig Emotion, geschweige denn Knistern zu.
Tatsächlich würde ich jedoch über all die oben genannten Punkte großzügig hinwegsehen, wenn da nicht der Schreibstil wäre. Bei aller Liebe, ich traue es mich fast nicht schreiben, aber ich habe selten etwas so grottiges gelesen.
Die Tendenz zu unnötig langen Bandwurmsätzen ist definitiv vorhanden und hat mich auch definitiv gestört. Katie Cotugno, du bist kein Cicero und wirst auch keiner werden, also mach ab und an nen Punkt.
Darüber hinaus habe ich den Eindruck, die Autorin versucht ihren sonst doch recht unspektakulären, beinahe plumpen Erzählstil durch eine unverhältnismäßig große Menge an Metaphern und Vergleichen aufzupeppen. Bildhafte Sprache schön und gut, aber ein Waschbrettbauch, auf dem man Grasflecken einer Jeans rausbekommt? Bitte? Das kann doch niemand ernst meinen.

Aber genug gemotzt, es gibt auch Positives zu vermerken: Dieses Buch ist so dermaßen schlecht, dass es irgendwo auch wieder sehr unterhaltsam wird, ähnlich wie bei Trash-TV. Ich bin zwar nach wie vor der Meinung, dass das, was wir hier zu Lesen bekamen, äußerst schlechte Unterhaltung ist, aber es ist nichtsdestotrotz Unterhaltung.
Und absoluter Geheimtipp: Dieses Buch vorzulesen ist Entertainment auf einem ganz neuen Level. Sorgt garantiert für viele Lästereinen und Gegacker xD

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