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Veröffentlicht am 31.07.2022

Kaffee ist Balsam für Herz und Seele. (Giuseppe Verdi)

Töchter der Speicherstadt – Der Geschmack von Freiheit
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1929 Hamburg. Cläre, die Tochter des verstorbenen Johann Behmer und seiner Frau Maria, ist inzwischen eine erwachsene junge Frau, die sich nichts mehr wünscht ein Ökonomie-Studium, wofür ihr Verlobter ...

1929 Hamburg. Cläre, die Tochter des verstorbenen Johann Behmer und seiner Frau Maria, ist inzwischen eine erwachsene junge Frau, die sich nichts mehr wünscht ein Ökonomie-Studium, wofür ihr Verlobter so gar kein Verständnis aufbringen kann. Vielmehr hofft er darauf, mit der Heirat das inzwischen von Maria Behmer geführte Kaffeekontor in der Speicherstadt zu übernehmen. Während die Nationalsozialisten in Deutschland sich immer mehr in das Leben der Menschen einmischen und dieses mit harten Gesetzen und Sanktionen erschweren, lässt die Begegnung mit dem lebenslustigen und freiheitsliebenden Journalisten Fritz Walterhausen Cläres Herz höher schlagen und aus den beiden ein Paar werden. Dann erwartet Cläre ein Kind und bringt ihre Zukunftsplanung durcheinander. Als Maria nach Brasilien reisen muss, um dort anstehende Probleme auf der Fazenda zu lösen, übernimmt Cläre das Kontor und muss sich beweisen. Schwierigkeiten drohen aber auch aus der eigenen Familie heraus, denn Tante Gertrud und deren bereits verheiratete Tochter Emma sorgen immer wieder für Unfrieden und Intrigen…
Anja Marschall hat mit „Der Geschmack von Freiheit“ den zweiten Band ihrer Speicherstadt-Trilogie vorgelegt, der dem Vorgängerroman in punkto Unterhaltungswert und historischem Hintergrund in nichts nachsteht. Mit ihrem flüssigen und bildhaften Erzählstil lädt die Autorin den Leser ins Hamburg des vergangenen Jahrhunderts ein, um sich im Haushalt der Familie Behmer einzunisten und das Schicksal von Cläre und ihren Angehörigen sowie einigen weiteren Protagonisten hautnah mitzuverfolgen. Die Handlung zieht sich über einen Zeitraum von 15 Jahren und umfasst den Zusammenbruch der Weimarer Republik, die Machtergreifung der Nazis sowie den zweiten Weltkrieg. Das Kaffeekontor wird seit dem Tod von Johann von Maria geführt, deren Tochter Cläre so gar keine Ambitionen hat, mal ins Geschäft einzusteigen, sondern lieber studieren will, was für eine Frau zur damaligen Zeit fast unmöglich war. Während die Nazis Deutschland immer mehr unter ihre Fuchtel bekommen, sich in alles einmischen und kontrollieren wollen, macht sich deren Judenfeindlichkeit auch im Umkreis der Familie Behmer bemerkbar, denn viele jüdische Kaufleute und Geschäftsinhaber müssen ihre Läden schließen und verschwinden nach und nach. Gleichzeitig ist gerade Cläres Cousine Emma eine Anhängerin der Nazis und erhofft sich für ihren Ehemann eine aufstrebende Position. Das Zusammenleben zwischen Maria, Cläre und Gertrud nebst Emma und ihrer Familie wird immer schwieriger, zumal Emma mit ihren neidischen Intrigen einiges an Unruhe ins tägliche Leben bringt. Marschall erzählt so farbenprächtig, dass der Leser die Geschichte wie einen lebendigen Film vor Augen sieht und sich als Teil der Handlung fühlt.
Die Charaktere sind mit Liebe zum Detail ausgearbeitet und überzeugen durch authentische Eigenschaften, was es dem Leser sehr leicht macht, ihnen zu folgen und mitzufiebern. Wirkt Cläre zu Beginn noch etwas naiv und verträumt, entwickelt sie sich im Verlauf der Handlung zu einer mutigen Frau, die keine Herausforderung scheut und die Dinge selbst in die Hand nimmt. Dabei wird sie ihrer Mutter Maria immer ähnlicher, auch diese ist eine Kämpfernatur, die keinem Problem aus dem Weg geht, sondern anpackt. Cousine Emma ist eine egoistische, missgünstige und intrigante Frau, die keine Gelegenheit auslässt, anderen das Leben für ihre eigenen Zwecke schwer zu machen. Aber auch Gertrud, Fritz und weitere Protagonisten wie Willi bereichern die Geschichte durch ihre Episoden.
Mit „Der Geschmack von Freiheit“ ist der Autorin eine unterhaltsame und spannende Fortsetzung gelungen. Der Mix aus akribisch recherchierter Historie sowie Familiengeschichte, Kriegsgeschehen, Intrigen, Liebe sowie menschlichen Schicksalen lässt den Leser die Handlung lebendig miterleben. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 30.07.2022

Ein ganz klein wenig Schokolade kann viel Bitteres verschwinden machen. (Francesco Petrarca)

Drei Tage im August
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1936 Berlin. Während die Olympischen Spiele in Nazi-Deutschland ausgetragen werden und aller Welt ein politisches Schauspiel geboten wird, ist die Chocolaterie Sawade „Unter den Linden“ der ganze Lebensinhalt ...

1936 Berlin. Während die Olympischen Spiele in Nazi-Deutschland ausgetragen werden und aller Welt ein politisches Schauspiel geboten wird, ist die Chocolaterie Sawade „Unter den Linden“ der ganze Lebensinhalt der Enddreißigerin Elfie Wagner. In diesem Geschäft hat sie als Verkäuferin begonnen und kennt die Zusammensetzung jeder süßen Köstlichkeit, die im Laden produziert und über die Theke an die Liebhaber geht. Mit einem neuen Besitzer ist sie zur Prokuristin avanciert, ist morgens die Erste und abends die Letzte in dem Süßwarengeschäft. So kann sie ihre Schwermut im Zaum halten, die sie aufgrund einer lieblosen Kindheit bei ihrer Großmutter immer wieder heimsucht. Vielmehr sorgt sie sich um die unmittelbaren Nachbarn des Schokoladenparadieses: den jüdischen Buchhändler Franz Marcus, der aufgrund des Naziregimes und den fortschreitenden Repressalien daran denkt, Deutschland baldmöglichst zu verlassen; den Drehorgelmann Willi, der gestorben und doch irgendwie noch in den Gedanken aller ist; die alte Madame Conte, die in der Beletage über dem Laden wohnt und einmal die Woche Pralinen bestellt. Sie alle sind Elfie ans Herz gewachsen und sind für sie Familie, um die man sich kümmert…
Anne Stern hat mit „Drei Tage im August“ einen wunderschönen und berührenden historischen Roman vorgelegt, der den Leser in die dunkelste Zeit deutscher Geschichte zurückführt, wo er auf einen Mikrokosmos von Individualisten trifft, die trotz ihrer Eigenheiten eine Gemeinschaft bilden und sich gegenseitig unterstützen. Der einfühlsame, bildgewaltige und prosaische Erzählstil lädt den Leser ein, sich an Elfies Seite zu begeben, um ihre Gedanken- und Gefühlswelt hautnah mitzuerleben, aber auch die Liebe zu ihrer „Schokoladenwelt“, dem Pralinengeschäft Sawade, das ihr schon lange ein Zuhause bietet. Während die Welt die Olympischen Spiele in Berlin verfolgt und von den Nazis eine Fratze vorgehalten bekommt, schaut der Leser Elfie im Laden über die Schulter, erlebt ihre kleinen Schrulligkeiten und bewundert sowohl ihren Geschmackssinn wie ihre Liebe fürs Detail. Dabei trifft er auch auf ihre Kollegen sowie die unmittelbar in der Nähe des Geschäfts arbeitenden Menschen, die wie eine eingeschworene Gemeinschaft wirken, fast wie eine Familie. Das Schicksal eines jeden von ihnen führt die Autorin dem Leser vor Augen. Gleichzeitig kommen in vereinzelten Kapiteln immer wieder die alten Linden zu Wort, die der Allee den Namen verliehen haben und dessen Pracht immer mehr verblasst. Die Autorin hat die wunderbare Gabe, die Geschichten der Menschen und die der Linden so herrlich miteinander zu verknüpfen, dass es den Leser in der Seele berührt.
Die Charaktere sind facettenreich ausgearbeitet und in Szene gesetzt. Mit ihren menschlichen Eigenheiten rühren sie den Leser an, der ihnen nicht von der Seite weicht und mit ihnen hofft, bangt und fiebert. Elfie ist eine Frau in den mittleren Jahren. Ihre ganze Welt ist der Schokoladenladen, denn sie hat keine eigene Familie. Alleinsein macht sie schwermütig, denn sie hat nie wahre Liebe gespürt. Dafür ist sie umso mitfühlender, hilfsbereiter und warmherziger ihren Mitmenschen gegenüber. Franz Marcus ist ein Eigenbrötler, der sich nur in seinem Buchladen wohlfühlt, doch nun kämpft er mit der Entscheidung, alles aufzugeben und Deutschland den Rücken zu kehren. Madame Conte hütet ein Geheimnis, das sie endlich aussprechen möchte, bevor ihr Leben endet. Aber auch Leierkastenmann Willi, Barbesitzer El Hamady, Blumenmädchen Rosa sowie Dienstmädchen Mine und Verkäuferin Trude gehören zur kleinen Gemeinschaft mit ihren eigenen Geschichten.
„Drei Tage im August“ ist nicht nur ein wunderschöner Roman über menschliche Individualisten, sondern vor allem ein fein abgeschmecktes Rezept für Menschlichkeit, Mitgefühl, Zusammenhalt, Hoffnung und Liebe, das auf der Zunge zergeht und sich im Herzen einnistet. Absolute Leseempfehlung für diese Sinnesköstlichkeit!

Veröffentlicht am 25.07.2022

Eine venezianische Liebe

Das Leuchten der blauen Lagune
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Um ihrer Freundin Caro bei den Hochzeitvorbereitungen zu helfen und ihr als Trauzeugin zur Seite zu stehen, reist Isabella nach Venedig. Sie ist froh, Deutschland für einige Zeit den Rücken kehren zu können, ...

Um ihrer Freundin Caro bei den Hochzeitvorbereitungen zu helfen und ihr als Trauzeugin zur Seite zu stehen, reist Isabella nach Venedig. Sie ist froh, Deutschland für einige Zeit den Rücken kehren zu können, denn mit ihrer Beziehung zu Freund Marcel steht es nicht zum Besten und einen schweren Schicksalsschlag hat sie bisher auch noch nicht überwunden. Kaum in ihrer Traumstadt angekommen, läuft Isabella auch noch ihre erste große Liebe Fabrizio über den Weg, der den Kontakt damals von jetzt auf gleich abgebrochen hat. Obwohl es zwischen Isabella und Fabrizio knistert wie zu alten Zeiten, vertraut Isabella ihm erst wieder, als er ihr endlich den Grund für seine damalige Reaktion erklärt. Als der geplante Hochzeitsfestsaal wegen Hochwasser unbrauchbar ist, wird Fabrizios Tante Donna mit ihrem Palazzo zum rettenden Engel. Während die Hochzeit auf ihrem Höhepunkt ist, erfährt Isabella allerdings, dass Fabrizio ihr etwas sehr Wichtiges verheimlicht hat…
Jani Friese hat mit „Das Leuchten der blauen Lagune“ einen wunderschönen, berührenden Roman vorgelegt, der den Leser nicht nur zu einer Reise in die zauberhafte italienische Lagunenstadt einlädt, sondern neben einer romantischen Liebesgeschichte auch noch einige wichtige Themen anspricht. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil spendiert dem Leser einen Logenplatz an Isabelles Seite, um deren Aufenthalt in Venedig hautnah mitzuerleben. Die Freundschaft zwischen Isabelle und Caro ist wunderschön zu beobachten, denn sie ist so eng, als wären sie Schwestern. Sie können sich alles erzählen und vor allem sind immer füreinander da. Während die Autorin mit farbenprächtigen Beschreibungen Venedig vor den Augen des Lesers entstehen lässt, schenkt sie ihm gleichzeitig ein wunderbares Kopfkino, denn die Handlung spielt zur Zeit des venezianischen Carnevals. Wer diesen schon einmal miterlebt hat, wird die zauberhaften Masken und Kostüme vor dem mystischen Hintergrund der Lagunenstadt nie vergessen. So folgt man Isabella und Fabrizio mit der Gondel durch die Canäle der Stadt und auf die Insel wie Murano und erfährt nebenbei nicht nur von Fabrizios Geheimnis, sondern auch von Isabellas und Tante Donnas Schicksalsschlag, die einem mitten ins Herz gehen. Und während Isabella bei Tante Donna Amor spielt, gerät auch sie immer mehr in den Sog der Stadt und vor allem in den von Fabrizio. Die wunderschön in die Handlung eingebetteten Prosazeilen geben der Handlung zusätzliche Romantik und lassen die Geschichte sehr besonders wirken.
Die Charaktere sind mit menschlichen Ecken und Kanten ausgestaltet und sehr lebendig in Szene gesetzt. Mit ihrer Glaubwürdigkeit schleichen sie sich schnell ins Leserherz, der sie auf Schritt und Tritt verfolgt, um nichts zu verpassen und gleichzeitig mitzufiebern. Isabella ist eine liebevolle und freundliche junge Frau, die einiges an Ballast im Gepäck hat, jedoch für ihre Freundin Caro zu jeder Zeit da ist. Während Isabella eher ruhiger Natur ist, besetzt Caro die Rolle des Wirbelwindes, sie hat ein Herz aus Gold und spricht alles offen aus. Tante Donna wirkt im ersten Moment wie etwas snobistisch, doch verbirgt sie dahinter nur ihre Einsamkeit. In Wirklichkeit ist sie eine warmherzige Frau, die einmal sehr verletzt wurde. Fabrizio ist ein lieber Kerl, der Schweres durchmachen musste und niemanden damit belasten wollte.
„Das Leuchten der blauen Lagune“ ist ein berührender Roman gespickt mit Freundschaft, Romantik, Tragik und Herzenswärme, dem die wunderschöne Stadt Venedig als Hintergrundkulisse dient. Die Geschichte rührt ans Herz und lädt zum Schwelgen und Träumen ein. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 25.07.2022

A tavola non si invecchia. - Gute Küche schadet nicht. (It. Sprichwort)

WW - Italien
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Als Familie haben wir einige Jahre in Italien gelebt und von dort einige Rezepte mitgebracht, die sich immer wieder auf unseren Tellern finden werden. Da wir immer nach neuen italienischen Gerichten suchen, ...

Als Familie haben wir einige Jahre in Italien gelebt und von dort einige Rezepte mitgebracht, die sich immer wieder auf unseren Tellern finden werden. Da wir immer nach neuen italienischen Gerichten suchen, ist das neue Kochbuch von WW mit Schwerpunkt Italien deshalb nun auch bei uns eingezogen, und wir haben es gründlich ausprobiert. Wir waren nicht nur neugierig auf die verschiedenen Gerichte, sondern fanden auch den Aspekt interessant, diese in kalorienreduzierter Form auf den Tisch zu bringen, ohne dass der Geschmack darunter zu leiden hat.
Das Buch beginnt mit der Einführung in das neue Punkte-Programm von WW und die Erfolgsgeschichte einer Teilnehmerin des Programms, bevor es sich in die Kapitel „Feine Vorspeisen & knackige Salate“, „Leckere Nudeln & knusprige Pizza“, „Pesto & Saucen“, „Saftiges Fleisch & zarter Fisch“, „Buntes Gemüse & gesunde Hülsenfrüchte“ sowie „Fruchtige Desserts & Kuchen“ aufteilt. Sehr gelungen sind auf den ersten Blick nicht nur die tollen Fotos der insgesamt 70 Gerichte, sondern auch die Rezeptanleitungen und kleinen Tipps. Zudem gibt es bei jedem Rezept die WW-Points-Angabe, die für das Abnehmprogramm notwendig sind sowie die Kalorienanzahl pro Portion. Ebenso sind zwei QR-Codes zu finden, einer davon ermöglicht das Tracken der WW-Points, mit dem anderen Code kann man sich die zum Gericht dazugehörigen Kochvideos anschauen.
Nach einigen Kochsessions haben sich schon einige Lieblingsgerichte herauskristallisiert, da ist sowohl für Fleisch- und Fischliebhaber als auch für Vegetarier einiges dabei, um sich das italienische Flair und etwas Urlaubsstimmung in die heimische Küche zu holen und sich dabei gesund und ausgewogen zu ernähren, ohne auf etwas verzichten zu müssen. Sehr empfehlenswert sind u. a. die würzigen Focacciastreifen, die Rosmarin-Knoblauch-Kartoffelecken mit Dip, die gebackenen Parmesan-Zucchini, Tagliata alla Fiorentina, die neapolitanische Gemüsepizza, Linguine mit Gorgonzola und Rucola, Nudelsalat mit Pestohähnchen, gegrillter Thunfisch mit Salsa Verde und Tomatensalat, Geflügel-Gemüse-Hackbraten mit grünen Bohnen, gefülltes Schweinefilet mit Pilzen, Artischocken-Oliven-Tarte, Risotto Primavera, Tartufo-Schichtdessert, Pflaumencrostata, Himbeer-Orange-Tiramisu mit Skyrcreme und der Schoko-Cheesecake mit Kirschsauce. Jedes Gericht ist ein Gedicht für sich!!!
Dieses Kochbuch ist ein absoluter Glücksgriff, denn man findet viele neue Lieblingsgerichte, die sich zudem auch immer wieder etwas abwandeln lassen. Gleichzeitig achtet man auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung. Einfach und unkompliziert, so dass sich jeder daran versuchen sollte. Absolute Empfehlung!

Veröffentlicht am 10.07.2022

Was mein Herz wach hält, ist eine Stille voller Farben. (Claude Monet)

Blanche Monet und das Leuchten der Seerosen (Ikonen ihrer Zeit 6)
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1876 Paris. Nachdem der ausschweifende Lebensstil ihres Vaters Ernest kein Geld mehr da ist und dieser nach Belgien flüchtet, wird die 11-jährige Blanche Hoschedé aus ihrer bisher behüteten Welt gerissen ...

1876 Paris. Nachdem der ausschweifende Lebensstil ihres Vaters Ernest kein Geld mehr da ist und dieser nach Belgien flüchtet, wird die 11-jährige Blanche Hoschedé aus ihrer bisher behüteten Welt gerissen und kommt mit ihrer Mutter Alice sowie den fünf Geschwistern bei dem mit der Familie befreundeten und bekannten Maler Claude Monet unter. Aber auch in Monets eigener Familie ist nicht alles eitel Sonnenschein, auch hier gibt es finanzielle Probleme und einige Schicksalsschläge zu verkraften. Blanche verehrt Monet schon lange und liebt es, ihm beim Malen zuzusehen. Schon bald greift sie selbst zu Pinsel und Farben, um ihre eigenen Eindrücke auf der Leinwand festzuhalten und entwickelt schon bald ihren eigenen Stil, wobei ihre Malerei an die Techniken von Monet erinnert und doch ihre ganz persönliche Note haben…
Claire Paulin hat mit „Blanche Monet und das Leuchten der Seerosen“ einen historischen Roman vorgelegt, der mit seinem Mix aus Fiktion und realen Fakten den Leser gut zu unterhalten weiß. Der flüssige, farbenprächtige und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser eine Zeitreise ins 19. Jahrhundert antreten, um dort nicht nur in die Welt der Kunst einzutauchen, sondern vor allem Blanche und die Lebensumstände ihrer Familie kennenzulernen. Schon früh wurde Blanche durch ihren Vater geprägt, der in die damalige Kunstszene investierte und auch persönlichen Kontakt zu den Künstlern pflegte. Leider übernahm er sich finanziell und stürzte seine Familie in den Bankrott, setzte sich nach Belgien ab, während seine Frau Alice mit den sechs Kindern bei der Familie von Claude Monet unterkam, der ebenfalls zum Freundeskreis von Blanches Vater zählte. Blanche ist fasziniert von den Bildern Monets, sie weicht dem Maler bald nicht mehr von der Seite und studiert seine Techniken, um diese dann selbst auszuprobieren. Die Jahre bei der Familie Monet waren geprägt von Höhen und Tiefen, von Zeiten der Armut, des Erfolges und der Schicksalsschläge. Nach einer Liaison mit dem amerikanischen Maler John Leslie Breck, die Monet verbot, ehelichte Blanche Monets Sohn Jean. Die Autorin hat sich sehr eng an die realen Fakten gehalten und diese mit viel Fingerspitzengefühl mit ihrer Geschichte verwoben. Die wunderbaren Beschreibungen der Landschaften, aber vor allem von Monets Garten verschaffen dem Leser während der Lektüre ein schönes Kopfkino.
Die Charaktere sind glaubwürdig und lebensnah gezeichnet, ihre menschlichen Ecken und Kanten geben dem Leser die Möglichkeit, ihnen sehr nahe zu kommen und mit ihnen zu fiebern. Blanche ist eine sehr eindrucksvolle und starke Person, die schon früh mit der Kunst in Berührung gekommen ist. Obwohl aus ihrer gewohnten Umgebung herausgerissen, hat sie ihr Schicksal angenommen und nie den Mut verloren. Mit Fleiß und großem Interesse hat sie sich die Malerei und ihren Stil selbst erarbeitet. Blanche ist mutig, experimentierfreudig und vor allem sehr warmherzig sowie oftmals selbstlos. Freundin Geneviéve ist immer für Blanche da und unterstützt sie in allen Lebenslagen.
„Blanche Monet und das Leuchten der Seerosen“ überzeugt mit einem eingängigen, empathischen Erzählstil sowie einer Protagonistin, die erst mit diesem Roman größeren Bekanntheitsgrad erreicht, der ihr eigentlich schon viel eher zustand. Der Mix aus realen und fiktiven Fakten, dem Eintauchen in die Künstlerszene und in den Haushalt Monets, die bildhaften Beschreibungen der Örtlichkeiten und Lebensweisen sowie die damals ereignisreiche Zeit für alle Beteiligten machen dieses Buch zu einem Lesegenuss, in den man wunderbar abtauchen kann. Absolute Leseempfehlung!