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Veröffentlicht am 31.07.2022

Ein spannender und liebenswerter Kinderkrimi, der ein bisschen zuviel will

Wie wir die Welt retten wollten und dabei aus Versehen das Bernsteinzimmer fanden
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Man erkennt es bereits am Cover: Hier agiert eine Kinderbande. Eigentlich sind es die Geschwister Himmelweit, Emmi, die Ich-Erzählerin ist 12, ihre Schwester Sofi ist 16 und hat schon einen Freund, Sam ...

Man erkennt es bereits am Cover: Hier agiert eine Kinderbande. Eigentlich sind es die Geschwister Himmelweit, Emmi, die Ich-Erzählerin ist 12, ihre Schwester Sofi ist 16 und hat schon einen Freund, Sam ist 14, Jo ist 10, Hummel ist 7 und die kleine Lany ist 5. Und dann gibt es noch Familienhündin Bella. Und natürlich Mama, die halbtags arbeitet und sich um Haushalt, Hof und Kinder kümmert, und Papa, der als Medieninformatiker sogar Computerspiele programmieren kann.
Für ein modernes Kinderbuch eine etwas traditionelle Rollenverteilung, auch sind die Himmewelweits eine sehr gläubige christliche Familie (es wird ziemlich viel gebetet). Ansonsten sind die Eltern durchaus modern, die beiden lassen ihrem Nachwuchs viel Freiheit, setzen auf einen partnerschaftlichen Erziehungsstil mit viel Vertrauensvorschuss und mischen sich nicht in die Geheimnisse ihrer Sprösslinge ein. Und Geheimnisse gibt es zu Ferienbeginn genug.
Dabei fängt alles ganz harmlos an.

Eigentlich möchte Emmi nur eine Petition starten, um zu erwirken, dass die Lebensmittel nicht mehr in so viel Plastik verpackt werden. Doch das mit der Unterschriftenliste stellt sich als größere Herausforderung dar als gedacht. Der Erste, der Emmi die Tür öffnet, ist nämlich ausgerechnet ihr heimlicher Schwarm Luka. Währenddessen werden Emmis Brüder, die vor dem Supermarkt auf die Petition aufmerksam machen, gleich mal vom Marktleiter vertrieben. Doch die Geschwister geben nicht so schnell auf, und so führt bald eines zum anderen. Zum Beispiel dazu, dass Hündin Bella angefahren wird. Oder auch dazu, dass Jo in den Teich fällt und gegen eine seltsame Kiste stößt. Ob diese einen Schatz enthält? Und was hat der griesgrämige alte Müller mit der Kiste zu tun? Ganz schön unheimlich, vor allem, als die Kinder dann noch von Schüssen erfahren. Aber die Geschwister sind natürlich viel zu neugierig, um locker zu lassen, und so stecken sie schon bald in großer Gefahr …

Anni E. Lindner hat einen spannenden Kinderkrimi geschrieben, der vor allem durch seine liebenswerten Charaktere besticht. Als Leserin bin ich sofort in die Handlung gekippt, besonders gut gefiel mir, dass Emmi ihre Leser:innen immer wieder direkt anspricht und ins Vertrauen zieht (oder auch bittet, nichts weiterzuerzählen, schon gar nicht ihrem Schwarm Luka).
Die Illustrationen lockern den Text zusätzlich auf. Vor allem das Cover fängt die Stimmung gut ein, auch wenn ein Kind fehlt. Ein großes Lob an dieser Stelle an die Grafikerin, einen so langen Titel ansprechend zu gestalten, muss man mal schaffen.

So kurzweilig ich die Geschichte insgesamt fand – inhaltlich haben mich dann leider doch ein paar Dinge gestört. So heißt es zu Beginn, Sofis Freund sei für 3 Monate in Amerika, mittendrin wird aus diesen 3 Monaten plötzlich ein ganzes Jahr. Auch der Tipp, als Großfamilie das Geschirr lieber mit der Hand abzuwaschen, anstatt in den Geschirrspüler zu räumen, hat mich irritiert, da die Expert:innen seit Jahrzehnten genau das Gegenteil behaupten.
Vor allem aber habe ich mich gefragt, warum die Autorin nicht bei der Umweltthematik geblieben ist, anstatt – durch den Fund des Bernsteinzimmers – das sensible Thema Nationalsozialismus anzuschneiden. Wie nebenbei wird die Ermordung derjenigen, die das Bernsteinzimmer angeliefert haben, erwähnt, auch der Holocaust wird in einem Nebensatz abgehandelt. Und genau hier sehe ich die Problematik des Buches. Zumal der Krimi genauso spannend gewesen wäre, wenn die Kinder sich ausschließlich um die geheime Mülldeponie gekümmert hätten. Weniger wäre hier eindeutig mehr gewesen, so bleiben beide Themen leider an der Oberfläche.

Fazit: Das Buch ist sehr charmant und auch spannend geschrieben, sodass ich es trotz meiner Einwände durchaus empfehlen möchte. Allerdings rate ich Eltern, mit ihren Kindern mitzulesen, um die aufgeworfenen Themen im Anschluss besprechen zu können.

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Veröffentlicht am 27.06.2022

Für alle, die in der Quarterlife-Crisis feststecken (und jene, die sich dran erinnern können)

Von hier betrachtet sieht das scheiße aus
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Inhalt:

Ben ist 29, er hat einen ziemlich öden, wenngleich gut bezahlten Job, und sein Chef ist überzeugt davon, dass er für Großes bestimmt ist. Doch Ben fühlt sich innerlich leer und ausgebrannt. "Aufstehen, ...

Inhalt:

Ben ist 29, er hat einen ziemlich öden, wenngleich gut bezahlten Job, und sein Chef ist überzeugt davon, dass er für Großes bestimmt ist. Doch Ben fühlt sich innerlich leer und ausgebrannt. "Aufstehen, arbeiten, Sorgen machen, sterben". Kann das wirklich alles gewesen sein? 
Um sich selbst zu spüren, um nicht das Gefühl zu haben, in einer absurden Matrix festzustecken, verletzt sich Ben regelmäßig selbst – mithilfe eines Feuerzeugs. Bens Haut weint, Ben selbst nicht. 
Bens Jugendfreund hat sich bereits aus dem Leben verabschiedet, mit einem – wie Ben findet – völlig unspektakulären Sturz aus dem Fenster. Nun möchte Ben ihm nachfolgen. Aber bei seinem Abgang soll es so richtig knallen, und das nicht nur auf dem Asphalt. Vor allem aber will Ben nicht selbst Hand an sich legen. Am schönsten wäre es, völlig unerwartet, quasi aus dem Nichts heraus. Ohne Schmerzen. Ohne dass was schiefgeht. Und das bitte bald. Also lässt Ben jenen Dealer, von dem er normalerweise sein Gras bezieht, einen Profikiller im Darknet anheuern. Ben verkauft seine Aktien und gibt sich selbst und dem Killer eine Frist von 50 Tagen.
Was macht man, wenn man weiß, dass man nur mehr anderthalb Monate zu leben hat? Nun, Ben ist nun mal Ben. Und was er wirklich gut kann, ist To-do-Listen schreiben.


Meine Meinung:

Man merkt, dass der Autor als Comedian auf der Bühne steht, denn das Buch ist trotz des ernsten Themas ungemein witzig. Mir persönlich war es an manchen Stellen sogar ein bisschen ZU witzig, manche Metaphern brüllen dann doch etwas zu laut.
Was ich mochte: Ben ist ein Misanthrop par excellence, einer, der immer alles und jeden scheiße findet. Außerdem hat er mich in eine Zeit zurückgeführt, als ich selbst noch in einem 40-Stunden-Job festhing. Dieses Soll-das-schon-alles-gewesen-sein, dieses Feststecken in einem System, in einer Institution –  diese Gefühle kennen wir wohl alle.
Mit  46 war mir die Handlung stellenweise aber zu schwarz-weiß bzw. schwarz-rosarot, zu Boah! und Geil! und Krass! und BACKPFLAUMEN UND MANDELN. Ein bisschen mehr Angst vor dem Auftragskiller und depressiver Durchhänger hätte in all dem Friedefreudeeierkuchen im Mittelteil also durchaus sein dürfen, denn da hängt das Buch ein klein wenig durch.
Doch Osswald weiß, wann Schluss sein muss mit Rosarot – der dritte Teil überrascht dann durchaus und war für mich der intensivste.
Im Leben gibt es kein Für-immer-und-ewig – in Max Osswalds Debütroman auch nicht, und das ist gut so.
Zwischen all den lauten, lustigen Stellen, zwischen all dem Beat und dem Pop und den schrägen Metaphern, gibt es übrigens auch ein paar wunderbar zarte, melancholische Stellen. Und gerade in diesen leisen Stellen beweist der Autor, dass er nicht nur Comedian ist, sondern auch Atmosphäre heraufbeschwören kann.


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Veröffentlicht am 10.11.2022

ein wichtiges Buch, stilistisch jedoch nicht ganz nach meinem Geschmack

Für euch
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Iris Sayram, juristische Referentin der rbb-Intendanz und ab 2023 bundespolitische Korrespondentin im ARD Hauptstadtstudio, erzählt in "Für euch" die Geschichte ihrer eigenen Kindheit. Es ist ein mutiger ...

Iris Sayram, juristische Referentin der rbb-Intendanz und ab 2023 bundespolitische Korrespondentin im ARD Hauptstadtstudio, erzählt in "Für euch" die Geschichte ihrer eigenen Kindheit. Es ist ein mutiger Text, denn Sayram ist nicht aufgewachsen wie die meisten von uns. Ihr Vater, der aus politischen Gründen seine Heimat, die Türkei, verlassen musste und nach Deutschland zog, fühlt sich bei den Ford-Werken nicht wohl, denn er wollte immer politische Karikaturen zeichnen. Sayrams Mutter wiederum hat ihren ersten Mann und die Kinder verlassen. Die Eltern lernen sich kennen, als die Mutter auf Wohnungssuche ist, sie ziehen schnell zusammen und ziehen durch die Lokale. Ihre gemeinsame Tochter Iris war nicht geplant, wird jedoch von beiden innig geliebt. Die Verhältnisse, in denen das Mädchen aufwächst, sind jedoch von Anfang an prekär und verschlimmern sich, als der Vater seinen Job hinschmeißt und immer mehr Zeit in der Spielhalle verbringt. Die Mutter kann das Familieneinkommen durch ihre diversen Jobs als Putzfrau im Rotlichtmilieu nicht mehr finanzieren. Das Paar beginnt zu stehlen und Medikamente zu verkaufen, schließlich prostituiert sich die Mutter sogar.

Ich fand den Einstieg wunderschön, da hier auch mit einer speziellen Perspektive (Die Mutter wird im Erzähltext direkt mit Du angesprochen) gewählt wurde. Ich muss aber zugeben, dass mich dieser Einstieg dann doch auch in die Irre geführt hat.

"Für euch" hat sich nämlich dann doch als chronologisch erzählter Tatsachenbericht herausgestellt, der in aufeinander folgenden Anekdoten erzählt wird und zwar interessant zu lesen war, mich persönlich hat der Text aber überhaupt nicht gepackt.

Die Mutter, die ihre Kinder verlässt, auch die Liebe der beiden Eltern zueinander, die Probleme, die immer mehr werden, das Kippen in die Kriminalität, der harte Alltag der Mutter – das alles war mir persönlich zu "brav" erzählt.
– Sayrams Buch ist sehr authentisch, sehr ehrlich, da wird nichts verfremdet, es erinnert an eine Art persönlicher Niederschrift, ich nehme an, dass vielen auch genau das gefällt.

Das Thema – wie weit Mütter gehen, um ihren Kindern alles zu bieten - ist wichtig , Dramaturgie und Stil haben mir leider nicht zugesagt - zumal die Autorin so toll eingestiegen ist.

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Veröffentlicht am 04.10.2022

nette Lektüre für einen beschaulichen Lesenachmittag

Monsieur le Comte und die Kunst des Tötens
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Ein Sessel auf einem Balkon, zwei Tische, ein Kipferl, eine Zeitung, Kaffee und Wein. Blutrünstige Krimis sehen eindeutig anders aus, hier geht’s eindeutig ums französische Savoir-vivre. Die Leseprobe ...

Ein Sessel auf einem Balkon, zwei Tische, ein Kipferl, eine Zeitung, Kaffee und Wein. Blutrünstige Krimis sehen eindeutig anders aus, hier geht’s eindeutig ums französische Savoir-vivre. Die Leseprobe las sich dann auch sehr flott und das Thema klang amüsant genug, um mich zu überzeugen: ein junger Mann, der seinem Vater am Sterbebett versprechen muss, das Familienerbe anzunehmen – nur dass dieses leider ausgerechnet darin besteht, Auftragskiller werden zu müssen. Viel mehr will ich über die Handlung gar nicht erzählen. Lucien, der gern isst und genießt und dem es fern liegt, andere abzumurksen, meistert seinen ersten Auftrag mit Bravour, weiß seinen zweiten geschickt zu verhindern und findet schließlich sogar heraus, wer seinen Vater auf dem Gewissen hat. Ach ja, und ein paar gestohlene Diamanten findet er auch, wenngleich dieser Auftrag ihm versehentlich vor die Füße springt. Pierre Martin zeichnet seine Charaktere liebevoll bis schräg – wie etwa die alte Rosalie, die sich weigert, ein Hörgerät zu verwenden, gern einen mit Lucien hebt und sich durchaus mal versehentlich den Fußspray in den Hals sprüht. Wenn er nicht gerade mit der alten Rosalie frühstückt oder ein Gläschen trinkt, begegnet Lucien einer Menge attraktiver junger Frauen – und natürlich gehört er nicht zu jenen Männern, die gern etwas anbrennen lassen. Auch in seinem kleinen Lokal nicht, aber dort kocht er sowieso nicht selbst, sondern pfuscht höchstens seinem Chefkoch mit seinen gut gemeinten Ratschlägen dazwischen. Monsieur le Comte ist der erste Band einer neuen Krimi-Reihe. Man kann also davon ausgehen, dass es weitere Aufträge zum Morden geben wird – aber so gern ich dieses Buch gelesen habe, einer ganzen Reihe zu folgen, kann ich mir als Leserin nun doch nicht vorstellen. Denn insgesamt plätschert der Roman zwar nett dahin, aber als dauerhaftes Plätschern wäre es mir doch zu wenig. Für mich passt das Buch wie es ist – als abgeschlossene, runde, sehr amüsante und flott zu lesende Geschichte.

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Veröffentlicht am 01.10.2022

Band eins gefiel mir besser

Gangsta-Oma schlägt wieder zu!
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Ich habe den ersten Band mit Bens Kohl essender Oma erst vor ca, 1 Jahr in der Bibliothek entdeckt und ihn von Seite eins bis zum Schluss geliebt.
Leider ging es mir mit Teil 2 nicht so. War die Erwartungshaltung ...

Ich habe den ersten Band mit Bens Kohl essender Oma erst vor ca, 1 Jahr in der Bibliothek entdeckt und ihn von Seite eins bis zum Schluss geliebt.
Leider ging es mir mit Teil 2 nicht so. War die Erwartungshaltung zu groß? Vielleicht. Ich schätze aber, wer einfach fehlte, war Bens Oma. Und mach komische Situation (wie etwa das Turniertanzen) lässt sich einfach kein 2. Mal aufwärmen.
Aus Sicht der erwachsenen Leserin war mir diesmal zu viel Slapstick drin.
Aber das Buch ist nicht für Erwachsene geschrieben! Kinder freuen sich über ein Wiedersehen, auch besitzen Kinder die Gabe, über jeden noch so dummen Scherz lachen zu können. Denn auch diesmal wird wieder viel gepupst und Mamas peinliche Schwärmerei für Tanzstar Flavio ist noch peinlicher als beim letzten Mal. Eltern empfehle ich dennoch, Band 1 zu kaufen. Und wenn Ihr Kind danach Band zwei lesen möchte, Der ist nämlich wirklich genial.Und wenn Kindern dieser gefällt, dann ist Band 2 sicher keine schlechte Wahl.

Wo ich selbst ein wenig sentimental wurde: Bei den Szenen mit der Queen. Denn die spielt diesmal wieder eine große Rolle – aber mehr will ich hier gar nicht verraten.

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