Profilbild von biancaneve66

biancaneve66

Lesejury Profi
offline

biancaneve66 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit biancaneve66 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.09.2022

Die Auswirkungen des Kriegsbeginns auf das Leben

Margherita und der dunkle Widerschein der Welt
0

Margherita Civitella ist mit ihren dreizehn Jahren noch Schülerin in England, als der zweite Weltkrieg beginnt. Als Tochter eines Italieners und einer Engländerin erinnert sie sich nach Jahrzehnten an ...

Margherita Civitella ist mit ihren dreizehn Jahren noch Schülerin in England, als der zweite Weltkrieg beginnt. Als Tochter eines Italieners und einer Engländerin erinnert sie sich nach Jahrzehnten an das erste Kriegsjahr und hält ihre Gedanken fest.

Das Cover nimmt Bezug auf den Titel des Romans, das Dunkel der mächtigen Baumsilhouetten steht im Gegensatz zum hell erleuchteten Himmel. Die Kapitel des Buches haben eine angenehme Länge, die Überschriften verweisen auf den jeweils folgenden Inhalt.

Das Herausragende an diesem Buch ist neben der genauen Recherche jener Zeit in England vor allem der schöne Schreibstil, in den all diese interessanten Besonderheiten verpackt sind. Der Autor erlaubt es den Lesern sich in alle Passagen einzufühlen; es gelingt ihm, das Publikum dadurch vollkommen in die Geschichte hineinzuziehen.

Wer schon andere Werke des Autors gelesen hat, wird in diesem Buch auf einige Bekannte treffen, die anderen werden die Protagonisten in diesem Roman kennen- und lieben lernen. Am Ende des Romans befindet sich zur besseren Übersicht ein praktisches Personenverzeichnis. Die Charaktere sind sympathisch und wie aus richtigen dem Leben gegriffen, deren Dialoge sind ebenso lebensnah und nachvollziehbar.

Ich-Erzählerin Margherita sieht mit den Augen einer alten Frau auf ein prägendes Jahr ihrer Jugend zurück, wobei die Schulzeit auf der Internatsschule für Mädchen einen großen Teil einnimmt. Dennoch gelingt es dem Autor – einem männlichen wohlgemerkt – auch die noch kindliche Sicht der Protagonistin Margherita einzufangen. Ihre Verbindungen zu anderen Schülerinnen und Lehrerinnen kommen dabei genauso zum Ausdruck wie Ihre Beobachtungen, die sie in ihrem Familien- und Bekanntenkreis machen konnte. Die Veränderungen und Einschränkungen, die der Krieg in den verschiedenen Lebensbereichen – nicht nur im alltäglichen Leben - verursacht hat, werden in diesem Roman detailliert beschrieben. Auch die Gefühle aller Beteiligten, wie die Angst um geliebte Personen, kommen zum Tragen.

Im Nachwort des sehr gut recherchierten Romans gibt der Autor Hinweise auf interessante Quellen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.08.2022

Pass auf, was du dir wünschst

Der Junge, der die Welt verschwinden ließ
0

Harrison ist ein braves Kind. Er teilt mit seiner kleinen Schwester, ist ehrlich, und das selbst bei Brettspielen. Nur seine Wutanfälle kann er einfach nicht richtig kontrollieren. Bei der Geburtstagsfeier ...

Harrison ist ein braves Kind. Er teilt mit seiner kleinen Schwester, ist ehrlich, und das selbst bei Brettspielen. Nur seine Wutanfälle kann er einfach nicht richtig kontrollieren. Bei der Geburtstagsfeier seines Schulkollegen erhält er aus diesem Grund statt eines normalen Ballons ein Schwarzes Loch. Dort lässt er daraufhin alles hineinfallen, was er nicht mag, wie Brokkoli oder Hausaufgaben. Leider verschwinden in diesem Schwarzen Loch schließlich aber auch Dinge, die er sehr gerne mag. Doch wie soll Harrison sie nun wieder herausbekommen?
Das Cover zeigt den Protagonisten, der am blauen Sternenhimmel mit seinem „Ballon“ an einer Schnur über Hausdächer schwebt. Dieses wunderschöne Bild und weitere Illustrationen im Innern des Buches stammen von Daniela Jaglenka Terrazzini. Jedes Kapitel wird mit einer Zeichnung des Jungen und seinem Schwarzen Loch eingeleitet. Im Nachwort gibt einen Hinweis auf die Lehren, die jeder aus diesem Buch ziehen kann und ein wissenschaftlicher Teil erklärt kurz, worum es sich bei einem Schwarzen Loch überhaupt handelt. Das fantastische Abenteuer wurde von Leena Flegler aus dem Englischen übersetzt.
Das Buch eignet sich für Kinder ab der 2. oder 3. Klasse zum Selber- oder aber Vorlesen, auch für jüngere Kinder. Auch so mancher Erwachsene wird seine Freude an der Geschichte haben, denn es mangelt nicht an britischem Humor und manchen Hinweisen, die einen auch erfreuen, selbst wenn man kein Kind mehr ist.
Der Ich-Erzähler spricht die Leser direkt an, und nimmt sie dadurch gleich mitten hinein in die Handlung, die trotz des fantastischen Aspekts doch recht nachvollziehbar bleibt. Auch die Charaktere und Dialoge sind sympathisch und lebensnah.
Das wunderschöne Buch ist nicht nur Lesern zu empfehlen, die schnell wütend werden oder solchen, die sich mutiger zeigen sollten, sondern eigentlich jedem, der sich noch ein bisschen Fantasie erhalten hat.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.08.2022

Wellen, die über Kieselsteine rollen

Lesereise Ligurien
0

Die Küste Liguriens ist reich an Klippen und durch die Berge für die Bewohner keine Gegend, die ein Bewirtschaftung leicht machen. Dennoch schafften und schaffen es die Menschen, in dieser schönen Umgebung ...

Die Küste Liguriens ist reich an Klippen und durch die Berge für die Bewohner keine Gegend, die ein Bewirtschaftung leicht machen. Dennoch schafften und schaffen es die Menschen, in dieser schönen Umgebung zu leben. Die Autorin führt in dieser Lesereise durch die Hauptstadt und andere Orte der Region und lüftet einige Geheimnisse, die einem Touristen sonst verborgen blieben.
Bei den Lesereisen aus dem Picus Verlag handelt sich nicht um gewöhnliche Reiseführer mit Fotos, Kartenausschnitten und Informationen in eigens dafür vorgesehenen Rubriken. In diesen auserlesenen Büchern geben ortskundige Autoren ihre ganz persönlichen Erlebnisse ihrer Lieblingsorte ans interessierte Publikum weiter. Dadurch ist eine Reisevorbereitung ebenso möglich wie eine Reise im Kopf, bei der man bequem zu Hause bleiben kann.
Der Schutzumschlag zeigt ein farbenfrohes Dorf der Cinque Terre, darunter verbirgt sich ein hochwertiger Hardcover-Büchlein mit siebzehn informativen Kapiteln. Die aussagekräftigen Überschriften werden durch die Untertitel noch weiter erklärt, wodurch das Publikum sofort erfahren kann, auf welches Thema man sich freuen kann.
Die Autorin beschreibt in angenehmem Schreibstil Wanderwege, kulinarische Höhepunkte und gibt Hinweise auf magische Geister- und Spukgeschichten. Weitere Tipps beziehen sich auf Veranstaltungen, die an bestimmte Jahres- oder Tageszeiten gebunden sind. Zusätzlich verweist die Autorin auf Künstler, die in ihren Werken ihr Heimatgefühl verarbeitet haben.
Diese feine Kulturreise verdient daher eine absolute Leseempfehlung – nicht nur für Italienliebhaber.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.08.2022

Auf den Spuren des Vaters

Was ich nie gesagt habe (Die Gretchen-Reihe 2)
0

Tom Monderaths Vater ist schon vor etlichen Jahren gestorben, seine Mutter Greta dement und er selbst derzeit glücklich verliebt. Als er durch Zufall erfährt, dass er neben einem Halbbruder sogar noch ...

Tom Monderaths Vater ist schon vor etlichen Jahren gestorben, seine Mutter Greta dement und er selbst derzeit glücklich verliebt. Als er durch Zufall erfährt, dass er neben einem Halbbruder sogar noch einige weitere Halbgeschwister hat, beginnt die Suche nach den Hintergründen. Vor allem seine Freundin Jenny und sein Halbbruder Henk versuchen mehr über den umtriebigen Vater Konrad herauszufinden. Dieser geriet als Jugendlicher in amerikanische Gefangenschaft und kam danach nach Heidelberg, wo er sich in Greta verliebt. Ab dieser Zeit beginnt ein Familiengeheimnis, das sich bis in Toms Gegenwart zieht.
Das Cover zeigt die Rückenansicht dreier Personen: einen Mann, der einen kleinen Jungen an seiner Hand hält und etwas abseits eine Frau im karierten Kostüm. Die Kapitel erzählen alternierend die Geschichte Toms und die seines Vaters Konrad. Der Roman ist die Fortsetzung des Buches „Stay away from Gretchen“, kann aber ohne Schwierigkeiten auch ohne Kenntnis des ersten Teils gehört oder gelesen werden.
Das Hörbuch ist 2022 bei Hörbuch Hamburg erschienen und wird von Vera Teltz gelesen. Ganz am Anfang der Geschichte war ihre Stimme etwas gewöhnungsbedürftig für mich, was sich aber sehr schnell legte. Die Sprecherin trifft wirklich immer den richtigen Ton. Egal, ob es sich um gefühlvolle oder ernste Passagen handelt, ob sie Sätze in Kölsch wiedergibt und dabei trockenen Humor in ihren Unterton legt, die Sprecherin schafft es durchgehend großartig, das Publikum vollkommen in ihren Bann und damit mitten in den Sog der spannenden Handlung zu ziehen.
Die Autorin verpackt die Geschichte in lebhafte Dialoge und lässt mit den detaillierten Beschreibungen richtige Bilder entstehen. Die Auflösung der verzwickten Familienverhältnisse ist sicher recht interessant, sehr viel mitreißender sind aber die Rückblenden ins Leben von Toms Vater. Ob es um die gut recherchierte Darstellung der Lebenssituation zur Zeit des zweiten Weltkriegs geht, um die Maßnahmen der NS-Ideologie, die sich in alle Lebensbereiche drängten oder um deren schrecklichen Umgang mit Behinderten als Untersuchungsobjekte, das Buch spricht vielfältige Themen an. Auf die Nachkriegszeit bezogen wird vor allem die Geschlechterrolle und das Eheleben beleuchtet, sowie damit zusammenhängende Komplikationen, so werden auch Reproduktionsmedizin oder Verhütung angesprochen. Der Sprachstil ist größtenteils an die damalige Zeit angenähert ohne aber aufgesetzt zu wirken.
Die Charaktere sind authentisch und deren Handlungen nachvollziehbar. Die Geschichte selbst, so unglaublich sie mit der Anzahl an Halbgeschwistern auch wirken mag, hat in der Realität tatsächlich einige Vorbilder, was sie noch um einiges interessanter macht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.08.2022

Zwei Frauenleben – aufrüttelnd und beeindruckend

Die Wunder
0

Obwohl Maria ihre Großmutter ist, konnte Alicia diese noch nicht kennenlernen. Aus Schande über ein uneheliches Kind ließ Maria ihre Tochter Ende der Sechziger Jahre bei ihrer Familie zurück und lebte ...

Obwohl Maria ihre Großmutter ist, konnte Alicia diese noch nicht kennenlernen. Aus Schande über ein uneheliches Kind ließ Maria ihre Tochter Ende der Sechziger Jahre bei ihrer Familie zurück und lebte seither als Hausangestellte in Madrid, von wo aus sie sich nur durch Geld an der Erziehung des Kindes beteiligte. Auch die Enkelin Alicia flieht aus innerer Unruhe und einer familiären Tragödie in die spanische Hauptstadt. Beiden fehlt es sowohl an Geld als auch an Selbstvertrauen; aber auch am Vertrauen in ihr Heimatland und dessen Veränderungen.
Das Cover zeigt in ruhigem, unaufgeregtem Braun das Gesicht einer jungen Frau, im unteren Viertel Frauen bei einem Protestmarsch. Die Kapitel erzählen verschiedene Zeitabschnitte aus dem Leben von María und Alicia, wobei innerhalb der Kapitel auch abwechselnd von Großmutter und Enkelin berichtet wird. Der Schreibstil ist zunächst gewöhnungsbedürftig; Dialoge sind nicht als solche abgegrenzt, sondern fließen ohne Anführungszeichen in den Text ein. Einige Stellen werden in erster Person von den Frauen, andere aus der Sicht eines Erzählers wiedergegeben. Getrieben, fast hektisch treiben die Wörter die Handlung voran. Doch je mehr man in dieser vorankommt, desto fesselnder wird die Geschichte und man erkennt, dass der Schreibstil für dieses Buch nicht passender sein könnte; vor allem jedoch für die Gedanken der Protagonistinnen, die sich an manchen Stellen förmlich zu überschlagen scheinen.
Elena Medel gelingt mit ihrem Debüt ein großartiger Bildungsroman, der einen genauen Blick auf das Leben und die Stellung – nicht nur – der spanischen Frauen wirft. Sie verfährt dabei aber nicht mit militant-feministischen Parolen, sondern wagt sich sehr gefühlvoll an das Thema heran. Anhand der Protagonistinnen Maria und Alicia erörtert sie, wie unterschiedlich sich Bildung, soziale Herkunft und auch Geld auf Frauen verschiedener Generationen auswirken. Dazu beleuchtet sie auch die politischen Ereignisse Spaniens, die gekonnt mit dem Leben der beiden Frauen verwoben werden. Maria versucht seit ihrer Jugend sich ihre Freiheit zu erkämpfen – etwas anderes bleibt ihr auch nicht übrig. Alicia hätte durch ihre Ausbildung die Möglichkeit, viel mehr aus ihrem Leben zu machen – und verharrt dennoch in ihrer Verschlossenheit.
Die Autorin behandelt in diesem aufrüttelnden Roman die Macht der Männer, die Stellung der Familie und vor allem der Mütter, aber auch die damit zusammenhängende Situation der Frauen und deren Versuch, Freiheiten zu erlangen; es geht um Rechte und Pflichten, und um Stolz, aber vor allem auch um den Mangel an verschiedenen Dingen – allen voran um den Mangel an Geld, mit dessen Vorhandensein die Frauen Emanzipation und Befreiung zu erlangen glauben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere