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Veröffentlicht am 06.02.2022

Der Mensch wird zum Du am Ich

Kleine Philosophie der Begegnung
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Mit seiner "Kleinen Philosophie der Begegnung" schlägt der populäre Autor Charles Pépin eine Lanze für das ureigen menschliche, was vielen Menschen in Zeiten der Pandemie verloren gegangen scheint und ...

Mit seiner "Kleinen Philosophie der Begegnung" schlägt der populäre Autor Charles Pépin eine Lanze für das ureigen menschliche, was vielen Menschen in Zeiten der Pandemie verloren gegangen scheint und herbeigesehnt wird. Wir sind als biologische Frühgeburt von Natur aus soziale Wesen und was Martin Buber bereits vor vielen Jahrzehnten formulierte, erlangt eine neue Bedeutung. Pépin, von Haus aus Philosoph, beleuchtet diesen magischen Moment, bei dem sich zwei Menschen begegnen anhand diverser philosophischer Schulen und bedient sich dabei, sehr anschaulich, prominenter Persönlichkeiten in der Analyse. Da sind zum Beispiel Picasso und sein exzentrisches Verhältnis zu Frauen oder auch sehr spannend, die sogar verfilmte Begegnung der beiden Päpste Benedikt XVI und Franziskus.
Ich kann dieses Büchlein sehr empfehlen, da es eine unterhaltsame und leicht verständliche Lektüre, auch ohne philosophische Vorkenntnisse verspricht.
Es schärft unser Bewusstsein dafür, wie wichtig auch für unsere eigene Entwicklung die Begegnung mit anderen Menschen ist und wie sehr wir dadurch geprägt sind, um ein buntes, vielfältiges und tolerantes Leben gestalten zu können.

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Veröffentlicht am 30.11.2023

Tanzen ist Leben

Lindy Girls
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Nachdem mir das Hörbuch von Anne Stern über die Geschichte eines Berliner Schokoladengeschäfts sehr gut gefallen hatte, wartete ich mit Spannung auf die „Lindy Girls“. Die Verbindung zwischen historischen ...

Nachdem mir das Hörbuch von Anne Stern über die Geschichte eines Berliner Schokoladengeschäfts sehr gut gefallen hatte, wartete ich mit Spannung auf die „Lindy Girls“. Die Verbindung zwischen historischen Ereignissen und Protagonistinnen, die ihr Leben in diesen Zusammenhängen meistern müssen, fasziniert mich immer wieder neu und scheint Anne Stern Erfolgsrezept zu sein.
Kurz zusammengefasst spielt der Roman im Berlin, den so genannten „Wilden Zwanzigern“, eine Zeit des Umbruchs, in der die Schrecknisse des 1. Weltkriegs von vielen Menschen noch be- und verarbeitet werden müssen und unter den drohenden Wolken des aufkommenden Nationalsozialismus mit ersten Diskriminierungen ganzer Bevölkerungsgruppen.
Anne Gold versteht es sehr gut, diese Zeitzeichen anhand der persönlichen Lebensgeschichte ihrer Protagonist
innen unterhaltsam und spannend zu beschreiben.
Da ist die Jüdin Alice, deren Bruder brutal von Nazis zusammengeschlagen wird oder Jo, der von den Schrecknissen des 1. Weltkriegs eingeholt wird und der seinem Leben ein Ende setzt.
Gila, die ein Verhältnis mit ihrem Chef eingeht, ungewollt schwanger wird und eine, damals noch strafbare und gefährliche, Abtreibung durchführen lässt. Gegenüber diesen Belastungen, steht der feminine Wunsch nach Freiheit und Unbekanntem, was sich in den Tanzszenen wunderbar seinen literarischen Raum sucht.

Ich habe die „Lindy Girls“ sehr gerne gelesen und hatte sehr schöne Leseerlebnisse.
Spannend ist auch der Zugang über QR Code auf die Playlist, der im Roman genannten Lieder aus den Zwanziger, die das damalige Lebensgefühl authentisch wiedergeben.

Einziger Kritikpunkt ist das, wie ich meine, kitschige Cover, das dem Inhalt des Buches nicht gerecht wird.
Es gibt aus dieser Zeit beeindruckende Gemälde von Malerinnen mit spannenden Motiven, die ich weitaus passender gefunden hätte.

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Veröffentlicht am 07.12.2022

Der Blick von Außen

Lektionen
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Der neue Roman "Lektionen" von Ian McEwan, setzt in den Fünfzigerjahren ein, und er endet im Corona-Lockdown. Es ist Ian McEwans bisher persönlichstes Buch, doch sollte man keinesfalls den Fehler begehen, ...

Der neue Roman "Lektionen" von Ian McEwan, setzt in den Fünfzigerjahren ein, und er endet im Corona-Lockdown. Es ist Ian McEwans bisher persönlichstes Buch, doch sollte man keinesfalls den Fehler begehen, den Autor mit seinem Romanhelden Roland Baines gleichzusetzen: Zwar schreibt McEwan an den Eckdaten seines Lebens entlang und jubelt seinem Helden die eigenen Reflexionen unter, aber viele Ereignisse sind eben auch komplett erfunden.
So ist Roland Baines zwar auch ein Künstler – aber ein gescheiterter, der viele Projekte beginnt und eben keines erfolgreich abschließt. Ganz anders hingegen seine Frau Alissa J. Eberhardt: Nachdem sie ihn verlassen hat, avanciert die Engländerin mit deutschem Vater zu einer weltweit gefeierten Romanschriftstellerin. „Versuche nicht, mich zu finden“, lautet die Nachricht, die sie Baines auf dem Kopfkissen hinterlässt. „Es ist nicht Deine Schuld. Ich liebe Dich, aber dies ist endgültig. Ich habe das falsche Leben gelebt.“ Auch den wenige Monate alten Säugling lässt Alissa zurück. Fortan ist Baines ein alleinerziehender Vater – und das ist ein Schicksal, das er mit seinem Schöpfer Ian McEwan teilt.
Ein anderes wichtiges Ereignis, dass das Leben von Roland Baines prägt, ist hingegen reine Fiktion: die Erfahrung sexuellen Missbrauchs. Als 14-jähriger Internatsschüler nimmt Roland die Einladung seiner zwölf Jahre älteren Klavierlehrerin an und besucht sie in deren Haus in der Nähe des Schulgeländes. Die Lehrerin manipuliert Roland, und sie beginnt eine Affäre mit dem Jungen. Mehr als 40 Jahre später trifft Roland noch einmal auf diese Frau, und er stellt sich die Frage, ob die traumatische Erfahrung von damals auch der Grund dafür gewesen ist, dass er in seinem Leben nie eine über längere Zeit funktionierende Bindung aufbauen konnte.
„Lektionen“ ist ein Künstlerroman, der zugleich die historischen Umwälzungen der vergangenen Jahrzehnte reflektiert: Die Kubakrise erleben wir mit dem 14-jährigen Roland am Internat, als sich 1986 die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl ereignet, muss er mit dem Verlust seiner Frau Alissa klarkommen, und als Roland nach dem Fall der Berliner Mauer in die deutsche Hauptstadt reist, erfährt er hier zum ersten Mal von der literarischen Karriere seiner Exfrau. Auch Roland und Alissa treffen gen Ende des Romans erneut aufeinander. Gemeinsam blicken sie zurück auf die wichtigsten Entscheidungen ihres Lebens: Der Lebenskünstler und die gefeierte Autorin ziehen Bilanz – und es ist ganz und gar nicht vornherein ausgemacht, wer von den beiden mehr bei sich selbst angekommen ist.
"Lektionen" zählt für mich nicht zu den Highlights des Autors, da hat mich die "Nussschale" und "Kindeswohl" weitaus mehr in den Bann gezogen.
Dennoch ist seine Handschrift unverkennbar und das Beschreiben eines Menschenlebens anhand historischer Ereignisse hat mich sehr fasziniert.

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Veröffentlicht am 09.08.2022

Dunkle Zeiten und ein süßes geheimnis

Drei Tage im August
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Ich hatte schon viel Positives von Anne Stern gehört und mit dem aktuellen Roman, "Drei Tage im August", den ich als Hörbuch vom Aufbau Verlag bekam, durfte ich mir nun selbst einen Eindruck verschaffen.
Die ...

Ich hatte schon viel Positives von Anne Stern gehört und mit dem aktuellen Roman, "Drei Tage im August", den ich als Hörbuch vom Aufbau Verlag bekam, durfte ich mir nun selbst einen Eindruck verschaffen.
Die Geschichte um Elfie Wagner handelt in einer der dunkelsten Zeiten in Deutschland, viele Menschen spüren das und ziehen ihre Konsequenzen, so auch Simon Wagner, der Buchhändler der neben seiner Liebe zu Trude auch den Buchladen zurücklassen muss. Dazu muss er seinen Schatz, ein Gemälde von Max Liebermann veräußern, der wichtigste deutsche Impressionist, der auch von den Nazis als "entartet tituliert wurde.
Die Protagonistin Elfie Wagner, die mit der Chocolaterie "Sawade" einen Heimatort gefunden hat und als Vertraute der alten Dame Marie Conte das Geheimnis dieses Namens kennenlernt.
Und dann die Linden, denen Stern einen Sprache gibt und die von der Geschichte der berühmten Allee wehmütig berichten, das hat mir als Stilmittel sehr gut gefallen
Mein Fazit, gerne habe ich der ausdrucksstarken Stimme von Vera Teltz gelauscht und mit inneren Bildern die Handlung verfolgt. Trotz der traurigen historischen Umstände zeichnete Stern interessante Charaktere, die auf ihre Art zuversichtlich versuchen, ihr Leben zu meistern.

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Veröffentlicht am 25.07.2022

Baden-Baden erleben

Fräulein vom Amt – Die Nachricht des Mörders
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Baden-Baden 1922, die Zeit nach dem "großen Krieg" und vor dem Erstarken der Nazis; einer Epoche, die man auch die "wilden 20iger" nennt. Im Mittelpunkt steht Alma, die als Telefonistin heimliche Zuhörerin ...

Baden-Baden 1922, die Zeit nach dem "großen Krieg" und vor dem Erstarken der Nazis; einer Epoche, die man auch die "wilden 20iger" nennt. Im Mittelpunkt steht Alma, die als Telefonistin heimliche Zuhörerin eines Mordes wird. Der ominöse Fall um eine Industriellengattin lässt sie nicht mehr los, sie stellt eigene Nachforschungen an, um den Tod dieser Frau aufzuklären und den Mörder seiner gerechten Strafe zuzuführen. Alma wird uns als junge lebenshungrige Frau beschrieben, die mit "Wölkchen" ihrer Mitbewohnerin liebend gerne tanzt und sich immer wieder frisch verliebt. Damit wird das damalige Lebensgefühl sehr gut beschrieben und ich hatte Freude zu lesen. Kritisieren muss ich allerdings die mangelnde Spannung, die ich mir von der Buchgattung Krimi erwartet hätte. Die Handlung plätschert so dahin, verschachtelte Sätze hinderten mich, in einen richtigen Lesefluss zu kommen. Bereits sehr früh wird vorhersehbar, wer der Täter ist, also kein Spannungsbogen, das war schade. Daran sollte das Autorinnenduo noch ein bisschen arbeiten. Als gut gelungen sehe ich die Beschreibungen von Baden-Baden, die Szene auf der Rennbahn und im "Krokodil" machten mir Lust, dorthin zufahren und den Charme der Kurstadt kennenzulernen.

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