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Veröffentlicht am 13.07.2021

Läuft auch dir die Zeit davon?

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Das sehr gelungene Cover und der Klappentext hat mich als Joggerin natürlich sofort neugierig gemacht: Was für eine schaurige Vorstellung, dass ein Fremder meine Laufstrecken kennt und mich irgendwo abpasst, ...

Das sehr gelungene Cover und der Klappentext hat mich als Joggerin natürlich sofort neugierig gemacht: Was für eine schaurige Vorstellung, dass ein Fremder meine Laufstrecken kennt und mich irgendwo abpasst, brrrrrr.....

Die Geschichte spielt in Hamburg, wo sich Hauptkommissar Jens Kerner innerhalb weniger Tage einem herausfordernden Fall gegenübersieht: Mehrere Joggerinnen, die ihre Laufstrecken online in einer Laufgruppe posten, werden während ihres Lauftrainings abgepasst und grausam zu Tode stranguliert. Zeitgleich fällt sein guter Freund und Kollege im Dienst einem Verbrecher zum Opfer. Schnell wird klar, dass beide Fälle zusammenhängen und schließlich sind es Jens Kerner und seine Partnerin Rebecca, denen die Zeit davonläuft: können sie den Täter rechtzeitig identifizieren und aufhalten?

Von Andreas Winkelmann hatte ich bisher noch nichts gelesen, aber natürlich ist mir sein Name wohlbekannt im Krimi-Genre. Sein Schreibstil gefällt mir gut, er ist flüssig, schnörkellos und kommt in überschaubaren Kapiteln zügig zur Sache. Die Geschichte startet rasant und spannend, doch leider flacht der Spannungsbogen zur Mitte und Ende hin immer mehr ab. Das mag daran liegen, dass man als Leser zwar viel über Jens Kerner erfährt, leider bleiben aber vor allem die Opfer und auch der Täter und dessen Motivation sehr konturlos und blass. Hier hätte ich mir wesentlich mehr Tiefgang gewünscht, statt fast schon wie in einem Nebensatz am Ende des Buchs zu erfahren, was ihn zu seinen Taten veranlasst hatte. Gerade die Motivation des Täters war mir zu sehr konstruiert, einige Handlungsweisen diverser Charaktere und Ermittlungsansätze nicht immer schlüssig und leider blieben am Ende so manche Frage offen. Stattdessen wird anschaulich beschrieben, wie der als "Dirty Harry" berühmt-berüchtigte Ermittler Jens Kerner mit teils unkonventionellen Methoden und seinem imposanten knallroten 68-er Truck namens "Red Lady" durch Hamburg brettert und allerlei Spuren verfolgt und dabei in der einen oder anderen Sackgasse landet. Das ist durchaus unterhaltsam, doch so manches Mal drängte sich mir der Eindruck auf, dass der Autor sich selbst in der Rolle von Jens Kerner beschreibt und allzu viele amerikanische Serien geschaut hat, denn in diesem Krimi spielt definitiv er recht plakativ die große Hauptrolle. Der Fall selbst bleibt leider recht oberflächlich, obwohl die Story an sich wirklich viel Potential gehabt hätte, aus dem Vollen zu schöpfen und in die Tiefe zu gehen.

Was mir beim lesen immer wieder auffiel und zunehmend störte waren Wendungen wie "...die Windmüller fragte ihn..../ die Sittler schüttelte den Kopf" etc. Das mag umgangssprachlich okay sein, aber in einem Roman hört es sich herablassend an, so über andere (überwiegend betraf es Frauen) zu schreiben. Das mag natürlich sujektiv von jedem anders empfunden werden - mich hat es in der Häufigkeit, in der diese Wendungen vorkamen, jedoch zunehmend irritiert. Ansonsten fand ich das Ermittlerpaar Jens und Rebecca aber durchaus gelungen und auch sympathisch.

Fazit: Solide Krimiunterhaltung für kurzweilige Stunden.

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Veröffentlicht am 22.10.2023

Plump, konstruiert, vorhersehbar ... enttäuschend

Der Trip – Du hast dich frei gefühlt. Bis er dich fand.
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Die forensiche Psychologin Evelyn Jancke hilft der Oldenburger Polizei bei der Ermittlung in einer Mordserie auf Campingplätzen in Norddeutschland. Bisher entkam der Täter immer unerkannt, doch schließlich ...

Die forensiche Psychologin Evelyn Jancke hilft der Oldenburger Polizei bei der Ermittlung in einer Mordserie auf Campingplätzen in Norddeutschland. Bisher entkam der Täter immer unerkannt, doch schließlich gibt es an einem Tatort einen Zeugen, mit dessen Hilfe ein Phantombild angefertigt wird. Als Evelyn Jancke dieses sieht, ist sie wie elektrisiert, denn sie glaubt, in dem Täter ihren seit zwei Jahren vermissten Bruder Fabian zu erkennen. Doch kann es sein, dass er - aus welchen Gründen auch immer - als kaltblütiger Mörder zurückgekehrt ist? Es gibt nur einen Weg, dies herauszufinden: sie muss ihn finden, bevor die Polizei es tut. Nicht gerade einfach, wenn der beste Freund ausgerechnet einer der ermittelnden Kommissare ist und selbst so einiges zu verbergen scheint ...

Zum Buch:
Arno Strobel hat sich als Thrillerautor in Deutschland einen Namen gemacht. Seine Geschichten sind natürlich so angelegt, zu schockieren und den Leser bis zum Ende bei der Stange zu halten. Um dies zu erreichen, werden im vorliegenden Buch neben einem sehr spannenden Prolog u.a. verschiedene Fährten ausgelegt und mysteriöse Anrufe und Nachrichten eingebaut. Ein manipulativer Psycho spielt ebenso seine Spielchen wie anscheinend Evelyns bester Freund und ehemaliger Lebensgefährte, der angeblich nur aus Sorge um sie so handelt. Die Spannung soll durch einen Perspektivwechsel zwischen der Hauptprotagonistin Evelyn und dem Täter noch erhöht werden. Die Kapitel sind angenehm kurz und enden häufig, wie das bei Thrillern eben üblich ist, mit einem Cliffhanger. Das Finale ist dann jedoch etwas unspektakulär und in der Nachfolge werden die drängensten Fragen aufgelöst.

Persönliche Meinung:
Selten hat mich die Hauptperson eines Romans von Anfang an so dermaßen genervt wie diese Evelyn Jancke. Ich weiß nicht, ob dies vom Autor so beabsichtigt war, aber zumindest hat er sich nicht gerade bemüht, sie mit sympathie- und empathiefördernden Eigenschaften auszustatten. Abgesehen von ihrer Art, das Verschwinden ihres Bruders mit regelmäßigen Abstürzen in den Oldenburger Bars inclusive Abschleppens diverser fragwürder Nachtgestalten zu kompensieren, hinterlässt sie auch beruflich keinen allzu guten Eindruck. Gerade als angeblich so profilierte und mit "messerscharfem Verstand gesegnete" erfahrene forensiche Psychologin springt sie über jedes noch so kleine Stöckchen, dass man ihr hinhält, was mich mit der Zeit immer mehr gegen sie aufgebracht hat. Sämtliche Charaktere sind so angelegt, dass man ihnen nicht trauen kann; das ist schon etwas zuviel des Guten und nicht gerade realistisch. Bei Evelyn selbst kann man sich irgendwann auch nicht mehr sicher sein, was man von ihr halten soll und ob die mysteriösen Dinge nicht doch nur in ihrer Vorstellung geschehen. Auch ihr guter Freund Gerhard Tillmann, ermittelnder Hauptkommissar in der Camper-SoKo, bleibt eine nebulöse Gestalt, der man weder trauen noch große Sympathie entgegenbringen kann. Dazu dann noch Jasper Kriebich, ein gutaussehender reicher Selfmademan mit Villa im besten Viertel, der wie der sprichwörtliche Ritter in weißer Rüstung (nur ohne Pferd) immer im richtigen Moment zur Stelle ist, todesmutig eingreift und nur auf jemanden wie Evelyn gewartet hat? Eine ordentliche Prise Märchen wurde der Mixtur somit also auch beigefügt. Eine große Überraschung war die Auflösung am Ende dann eigentlich nicht, es lief mehr oder weniger von Anfang an daraufhin zu. Ich fand die Motive sowohl von Tillmann aber auch die des Täters ziemlich plump und konstruiert, was mich letzten Endes doch ziemlich enttäuscht hat. Auch blieben nach wie vor einige Fragen offen, was ich persönlich nicht sehr schätze. Ich hätte von einem Bestsellerautor wie Arno Strobel doch etwas raffinierteres und ausgefeilteres erwartet, wenn ich ehrlich bin.

Fazit:
Nette Krimiunterhaltung mit der einen oder anderen Schwäche. Kann man durchaus zwischendurch einmal lesen. Man hat allerdings auch nicht viel verpasst, wenn man es nicht tut.

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Veröffentlicht am 10.08.2022

Alex Capus ist ein großartiger Geschichtenerzähler, aber ...

Susanna
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Worum geht’s?
Susanna Faesch wird 1844 als jüngstes Kind einer gutbürgerlichen Familie in Basel geboren und zeigt schon früh ihren außergewöhnlichen Charakter. Als sie acht Jahre alt ist, verlässt ihre ...

Worum geht’s?
Susanna Faesch wird 1844 als jüngstes Kind einer gutbürgerlichen Familie in Basel geboren und zeigt schon früh ihren außergewöhnlichen Charakter. Als sie acht Jahre alt ist, verlässt ihre Muter ihren Vater und nimmt Susanna mit, um mit ihr ein neues Leben in New York mit dem Freund ihres Mannes, dem Arzt Karl Valentiny zu beginnen. Schon in jungen Jahren macht sich Susanna einen Namen in ihrem Viertel Brooklyn als Porträtmalerin. Sie heiratet und bekommt einige Jahre später ein Kind. Jahrelang lebt sie mit Valentiny und ihrer Mutter unter einem Dach, bis beide versterben. Mit Mitte 40 schließlich bricht Susanna mit ihrem Sohn zu einer Reise in den Mittleren Westen auf, wo sie die Bekanntschaft von Häuptling Sitting Bull macht, der die amerikanischen Ureinwohner zum Widerstand gegen die Regierung anführt, die immer größere Anteile ihrer Territorien für die Besiedlung durch Weiße freigibt.

Zum Buch:
Eines muss man Alex Capus lassen: er ist ein großartiger Geschichtenerzäler. Wobei sein Buch „Susanna“ nicht einfach eine Geschichte ist, sondern eine biographische Erzählung über das Leben von Susanna Faesch, die wohl bekannter unter ihrem Künstlernamen Caroline Weldon ist, den sie sich in mittleren Jahren zugelegt hat. Alex Capus' etwas antiquierter Schreibstil passt wunderbar zu dieser Erzählung und zu der Zeit des späten 19. Jahrhunderts, um die es hier geht. Die Perspektive wechselt gerade in der ersten Hälfte des Buches mehrmals, so lernt der Leser auch die Eltern von Susanna sowie Karl Valentiny näher kennen. Für die doch überschaubare Gesamtseitenzahl von 286 nehmen diese Exkursionen jedoch sehr viel Raum ein. Die Geschichte dümpelt über lange Strecken vor sich hin und erst, als es mit Susanna's Aufbruch gen Westen interessanter zu werden verspricht, nimmt das Buch ein geradezu abruptes und nicht sehr schlüssiges Ende. Über Susanna Faesch aka Caroline Weldon ist im Internet und zahlreichen Publikationen viel zu finden, sogar verfilmt wurde ihr eindrucksvolles Wirken für die Rechte der amerik. Ureinwohner. Umso weniger kann ich nachvollziehen, warum der Autor sich auf die erste Lebenshälte Susanna's konzentriert, die im Vergleich zu ihrem späteren Wirken als Bürgerrechtlerin doch wenig Ereignisreiches bietet. Er beleuchtet Susanna's Wesen und Leben von allen Seiten, doch wieviel davon ist Fiktion und wieviel Wahrheit? Hierzu hätte ich mir spätestens einen Epilog des Autors gewünscht, in dem er auf diese Punkte näher eingeht. Doch es findet sich weder ein Prolog noch ein Epilog. Das Covermotiv ist zwar sehr interessant, lässt den Leser aber genauso wie der Klappentext doch etwas anderes erwarten, als dann tatsächlich geliefert wird.

Persönliche Meinung:
Da ich bisher von Alex Capus nichts gelesen habe, war ich frei von Erwartungen und habe mich aufgrund der interessanten Leseprobe sehr auf das Buch gefreut. Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen, da er doch etwas besonderes ist. Leider wurde der weitere Verlauf der autobiographischen Erzählung dann aber zunehmend zäh und ich musste mich immer wieder motivieren weiterzulesen in der Hoffnung, dass es bald interessanter werden möge, sobald Susanna auf Sitting Bull trifft. Susanna Faesch ist mir leider nicht wirklich nähergekommen. Sie mag eine faszinierende Frau ihrer Zeit gewesen sein, aber leider ist der Funke nicht übergesprungen, dies zu vermitteln. Das Ende ist zudem wohl der künstlerischen Freiheit zum Opfer gefallen, denn in Wahrheit hat sich lt. historischer Quellen die Verbindung zu Sitting Bull anders zugetragen. Schade, aus diesem Buch hätte man mehr machen können und müssen!

Fazit:
Interessanter Schreibstil, aber das alleine tröstet nicht über die Tatsache hinweg, dass man über die „wahre“ Susanna Faesch/Caroline Weldon nicht wirklich viel erfährt und selbst davon ein großer Teil fiktiv sein dürfte.

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