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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.06.2017

Märchenbuch, auch für Erwachsene

Schauderhafte Wunderkinder
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Hier gibt es 7 Märchen mit sehr phantasievollen Protagonisten - allesamt Kinder mit wunderlichen Eigenarten. Ob es ein phänomenal schlechtes Gedächtnis ist, ein überdimensionaler Umfang mit Ballonneigung, ...

Hier gibt es 7 Märchen mit sehr phantasievollen Protagonisten - allesamt Kinder mit wunderlichen Eigenarten. Ob es ein phänomenal schlechtes Gedächtnis ist, ein überdimensionaler Umfang mit Ballonneigung, ein magischer Name, der besser nicht ausgesprochen wird, ein superhochbegabter Zwilling oder Norm, der so normal und durchschnittlich ist, dass ihn schlichtweg jeder übersieht.

Dieses Buch besticht durch seine ausgesprochen feine Sprache voller Alliterationen (z. B. Melinda Milford mit Mutter Melanie und Tante Mildred) und die launigen, kuriosen Geschichten einer Autorin namens Linda Quilt, hinter der sich niemand anderer als Hans Magnus Enzensberger verbirgt. Man erkennt seine Fabulierfreude in jeder Geschichte. Auch die Illustrationen sind ausgesprochen liebenswert gelungen.

So ist ein höchst unterhaltsames, vergnügliches Büchlein entstanden, das sich liest wie Butter!

Veröffentlicht am 22.06.2017

Irre Fahrt mit Gabriel und den 4 Christofs

Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz
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Dieses Buch ist nicht ganz einfach zu lesen. Der Möbelfahrer Gabriel hat 4 Söhne mit verschiedenen Frauen in unterschiedlichen Ländern: Spanien, England, Frankreich und Deutschland. Als er vermisst gemeldet ...

Dieses Buch ist nicht ganz einfach zu lesen. Der Möbelfahrer Gabriel hat 4 Söhne mit verschiedenen Frauen in unterschiedlichen Ländern: Spanien, England, Frankreich und Deutschland. Als er vermisst gemeldet wird, erfahren diese 4 Söhne - alle mit dem Namen Christof in der jeweiligen Landessprache - voneinander und treffen sich in regelmäßigen Abständen, um sich auf die Suche nach der gemeinsamen Vergangenheit zu machen. Seine Söhne haben ihn lange Jahre nicht mehr gesehen und keiner von ihnen weiß, wie es dazu gekommen ist. Auch ihre Mütter haben keinerlei Wissen von dem, was passierte, nachdem Gabriel sie zum letzten Mal besuchte.

In ausgesprochen bild- und lebhafter Weise schildert Puntis Buch nun aus Sicht aller 4 Söhne die Geschehnisse um den Waisenknaben Gabriel, der einst als Baby auf einem Markt ausgesetzt wurde und im Waisenhaus aufwuchs. Diese Schilderungen sind durchaus nicht ohne Emotionen, jedoch trotzdem aus der Distanz vieler Jahre betrachtet. Jeder trägt bei, was ihm von seiner Mutter erzählt wurde. Dann folgen noch gemeinsame Nachforschungen bei Kollegen und Bekannten aus den Jahren seines Untertauchens.

Diese Schilderungen sind recht umfangreich und wiederholen sich stellenweise auch, weshalb es gerade im ersten Drittel des Buches schon Durchhaltevermögen erfordert. Allein die angenehme und schöne Schreibweise ließ es mir trotzdem nicht zu schwer werden. Immer mehr klärt sich das Bild. Nirgends hat man das Gefühl, dass einer seiner Söhne mit Bitterkeit oder Hass die Geschichte schildert oder verfolgt. Sicher haben alle ihre Kollateralschäden davon getragen, denn sie sind im Grunde alleine von ihrer Mutter großgezogen worden, und zwar ohne jemals einen Grund hierfür zu erfahren. Ihre Mütter wussten ja selbst nicht, was der Grund für sein plötzliches Fernbleiben war. Die Christofs scheinen fast eine Art Spiel zu spielen. Wie eine Schnitzeljagd durch die Zeit ihrer Kindheit. Zuguterletzt wird vieles klar und ihre standhafte Suche wird belohnt.

Ein sehr schönes, ungewöhnliches und bewegendes Buch, dass ich sehr gerne gelesen habe - auch wenn es etwas länger gedauert hat.

Veröffentlicht am 22.06.2017

Die Hexe und der Leichendieb

Die Hexe und der Leichendieb
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Sophie heiratet Marsilius, den Herrn der Wildenburg, und hofft auf eine zufriedene Ehe. Stattdessen ist ihr Mann ein regelrechtes Scheusal. Brutal und selbstherrlich und obendrein noch Edith verfallen, ...

Sophie heiratet Marsilius, den Herrn der Wildenburg, und hofft auf eine zufriedene Ehe. Stattdessen ist ihr Mann ein regelrechtes Scheusal. Brutal und selbstherrlich und obendrein noch Edith verfallen, die im Rufe steht, eine Hexe zu sein. Er denkt auch gar nicht daran, seine Gespielin vor dem Gesinde zu verbergen und zumindest den Anstand zu wahren - er verbringt den größten Teil seiner Zeit mit ihr, sogar auf öffentlichen Anlässen. Die ganze Burg fürchtet sich vor Marsilius und Edith, da beide zu Gewalttätigkeiten neigen.

Als ein wegen Mordes verurteilter auf sein Geheiß hin hingerichtet werden soll, gelingt es diesem, schwer verletzt mit Hilfe Sophies (die nicht einmal sagen kann, warum sie geholfen hat) zu fliehen. Für Sophie wird die Situation auf der Wildenburg immer unerträglicher. Ihre Angst ist erdrückend und obendrein schmiedet Edith pläne, sie aus dem Weg zu räumen. Als sie hochschwanger von der Wildenburg flieht, versucht sie Hilfe bei dem geflohenen Marx zu suchen. Es beginnt ein mitteralterliches Road-Movie.

Das Buch ist von der ersten Seite an fesselnd geschrieben und es gelingt der Autorin Helga Glaesener mühelos, den Leser in das finstere Zeitalter des 30jährigen Krieges mitzunehmen. Es gibt zahlreiche Wendungen in der Geschichte und die Protagonisten sind nicht ausnahmslos sympathisch, genauso wie die "bösen" Mitwirkenden durchaus nachvollziehbare Schwächen haben und dadurch auch gewisse Sympathien erwerben.Die Handlung ist flott geschrieben und ich kann mich an keine Längen in der Story erinnern. Dazu wird immer wieder Zeitgeschehen ausgesprochen interessant erläutert, ohne dabei lehrbuchhaft zu wirken.

Ich vermute jedoch, dass generell das Leben zu jener Zeit noch geschönt dargestellt wurde, um nicht zu sehr von der Rahmenhandlung abzulenken. Die sich entwickelnde Romanze zwischen Marx und Sophie bleibt angenehmerweise eine Randgeschichte und rückt nicht zu sehr ins Geschehen. Das hatte ich erst anders befürchtet. So ist es eher ein historischer Kriminalroman geworden als ein Herz-Schmerz-Historien-Roman.

Fazit: Mir hat dieses Buch wirklich gut gefallen. Es enthält alles, was ein guter historischer Roman braucht und sorgt stellenweise auch immer wieder für überraschende Entwicklungen. Genau das Richtige für Liebhaber mittelalterlicher Lese-Kost.

Veröffentlicht am 07.06.2017

In Zeiten wie diesen...

Hilfe, die Googles kommen!
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Tobias Mann startet mit dem Beginn des Computerzeitalters und beleuchtet im weiteren Verlauf die verschiedenen weiteren Entwicklungen der digitalen Aera wie z.B. die Vor- und Nachteile der E-mail oder ...

Tobias Mann startet mit dem Beginn des Computerzeitalters und beleuchtet im weiteren Verlauf die verschiedenen weiteren Entwicklungen der digitalen Aera wie z.B. die Vor- und Nachteile der E-mail oder das Aufbewahren von tausenden digitaler Bilder, die sich doch niemand mehr ansieht.

Der Schreibstil ist ansprechend und humorvoll und bringt die Themen sehr oft auf den Punkt. Die ergänzenden Fußnoten sind teilweise durchaus interessant, stören aber manchmal den Lesefluss. Die Vielzahl trübt dann doch leicht das Lesevergnügen. Hier hätte ich vorgezogen, diese Fußnoten in den Fließtext eingebunden zu bekommen - notfalls in Klammern gesetzt, wenn man es gar nicht einbinden kann.

Da der Autor sich selbst als Teilnehmer des digitalen Wahnsinns versteht, schafft er es teilweise mit einem weinenden oder lachenden Auge, aber immer mit Humor die Sachverhalte leicht verständlich darzustellen. Er beschreibt auch die Menschen, die besser keinen PC erwerben sollten, weil sie damit sowieso nicht zurechtkommen. Er beneidet zum Teil die nachfolgenden Generationen für die der Umgang so selbstverständlich ist, dass die Kinder z.B versuchen auf dem Fernseher in Smartphonemanier die Programme weiterzuwischen. Wer Tobias Mann aus Radio und/oder Fernsehen kennt, kann ihn sich dabei sehr gut vorstellen. Für mich war unvermeidlich seine Stimme beim lesen dabei - quasi ein ImKopf-Hörbuch. Die Texte sprudeln zum Teil vor erstaunlichen Vergleichen und halten dem einen oder anderen User einen Spiegel vor in den er nicht immer gerne blickt. Das Buch ist meiner Meinung nach ideal um immer mal zwischendurch etwas Informatives zum Thema Computer, Internet und natürlich Google zu erfahren.

Insgesamt ein durchaus lesenswertes, sehr humorvolles Buch über die Entwicklung des Computerzeitalters, in dem der eine oder andere Internet-Junkie einiges über sich lesen und lernen kann. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Lesende über sich selbst auch lachen kann...

Veröffentlicht am 07.06.2017

Umweg zu sich selbst

Umweg nach Hause
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Ben(jamin) Benjamin - der der Erzähler des Buches ist - hat einen sehr schweren Schicksalsschlag erlitten, mit dessen Folgen und Schuldgefühlen er auch nach 2 Jahren noch zu kämpfen hat. Er kann sich von ...

Ben(jamin) Benjamin - der der Erzähler des Buches ist - hat einen sehr schweren Schicksalsschlag erlitten, mit dessen Folgen und Schuldgefühlen er auch nach 2 Jahren noch zu kämpfen hat. Er kann sich von der Vergangenheit einfach nicht lösen und sein Denken kreist ständig um sein "früheres" Leben. Dabei geht es ihm immer schlechter. Kurz bevor ihm droht pleite zu sein und auf der Straße zu landen, macht er eine Schnell-Pflegerausbildung und bekommt seine erste Anstellung bei Trevor, der unter Muskelschwund leidet und der hilflos im Rollstuhl sitzt. Damit beginnt sich Bens Leben zu ändern und auch das von Trevor bekommt neuen Schwung.

Bens Ehe ist an dem Schicksalsschlag gescheitert und seine Frau möchte die Scheidung, etwas, was Ben absolut unmöglich erscheint, da es das letzte Bisschen ist, was eine Verbindung zu seinem Vorleben darstellt. Wie in USA üblich, müssen die Scheidungspapiere persönlich übergeben werden und sie setzt einen Boten darauf an, Ben aufzulauern und ihm die nötigen Papiere zu überreichen. Also versucht Ben, diesem ständig zu entkommen. Als er sich schließlich mit Trevor dazu aufmacht dessen Vater zu besuchen, der weit entfernt wohnt, nimmt Bens Entwicklung ihren Lauf. Sie begegnen auf dem Weg einer Reihe von interessanten Leuten, von denen jeder sein Päckchen zu tragen hat. Dabei kommen sie nicht umhin, manchen Umweg zu fahren, kommen dann aber auch endlich bei sich selbst an.

Die erste Hälfte des Buches befasst sich mit der Zeit vor der Reise. Dabei gibt es immer wieder Sprünge in die Vergangenheit, die sich jenem schicksalhaften Tag beständig nähern, an dem Bens Leben aus den Fugen geraten ist. Was passiert ist, kristallisiert sich relativ schnell heraus, nur die genauen Zusammenhänge klären sich immer mehr mit jedem Rückblick. Die Zeitsprünge sind recht gut zu erfassen und ich hatte an keiner Stelle ein Problem mit der zeitlichen Orientierung. Deutlich wird dargestellt, dass Ben eigentlich nur vor sich hin existiert. Es scheint so, als wäre ihm eigentlich alles egal. Alles sind nur Notbehelfe und Notlösungen. Er lebt mit dem Ziel, seine Frau wieder zu gewinnen und mit ihr einen neuen Anfang zu machen, sprich: Alles soll wieder so werden wie früher. Was allerdings unmöglich ist in Anbetracht der Vergangenheit.

Etwa in der Mitte des Buches beginnt die Fahrt zu Trevors Vater, der nach Bekanntwerden der Erkrankung seines Sohnes ihn und die Mutter im Stich ließ und sich auf und davon machte. Dieses Paket hat Trevor seither zu tragen und auch er muss einiges lernen, um seinem Vater vergeben zu können. Auf dieser Fahrt reift vor allem Bens Erkenntnis, dass man die Zeit nicht zurück drehen kann und man sich irgendwann der Zukunft ergeben und stellen muss, wenn man sich nicht selbst aufgeben will.

Insgesamt ist das Buch ausgesprochen interessant vom Aufbau und der Handlung her. Die Charaktere sind wirklich gut angelegt und sehr authentisch. Der Ton ist recht locker, teilweise regelrecht flapsig, Durch den frischen Schreibstil kommt man gut auch über nicht so einfache Stellen weg. Die persönliche Entwicklung des Erzählers ist nachvollziehbar und interessant zu lesen.

Die Beschreibung des Verlags hingegen finde ich ausgesprochen irreführend, was bei mir zu einem Stern Abzug geführt hat. Vermittelt wird, dass es sich um einen recht lustigen Roadtrip mit reichlich Verwicklungen und skurrilen Erlebnissen mit den Mitfahren handelt. Tatsächlich kommen diese Mitfahrer jedoch nur kurz zum Zuge. Ihre Silhouetten sind auf dem Einband abgebildet, sodass auch hier der Eindruck erweckt wird, dass diese Personen Hauptpersonen des Romans sind - was definitiv nicht der Fall ist. Es sind im Grunde lediglich die Insassen des Fahrzeugs - und das tlw. extrem kurz. Obwohl mir das Buch wirklich gut gefallen hat, stört mich diese Irreführung ungemein, denn das Buch hat sie sicher nicht nötig!

Fazit: Ein ungewöhnliches Buch das unterhält und auch nachdenklich stimmt. Mit einem HappyEnd, das eigentlich keines ist.