Freundschaft? Fehlanzeige.
Girls before Earls – Alte Geheimnisse und neue SkandaleBeim Anblick dieses in zarten Farben gehaltenen Covers war ich regelrecht in Verzückung geraten - ich liebe Regencyromane, und sowohl Buchtitel als auch Klappentext suggerierten einen äußerst unterhaltsamen ...
Beim Anblick dieses in zarten Farben gehaltenen Covers war ich regelrecht in Verzückung geraten - ich liebe Regencyromane, und sowohl Buchtitel als auch Klappentext suggerierten einen äußerst unterhaltsamen Read. Ich witterte Bridgerton-Vibes … die jedoch nach wenigen Kapiteln traurig verpufften.
Die (in meinen Augen eher ereignislose) Story ist schnell erzählt: Liebenswertes, naives Mädchen, von den Eltern ungeliebt und zu Tante und Onkel abgeschoben, sehnt sich danach, irgendwo dazuzugehören - und landet in einem "Freundeskreis", der den Albtraum aller Eltern darstellt. Alkohol und Drogen im Überfluss, sexuelle Übergriffe, Stutenbissigkeit und Oberflächlich hoch zehn.
Obwohl ich Miss Georgina Ellers, aus deren Perspektive erzählt wird, zu Beginn recht gerne mochte - sie erinnerte mich ein wenig an Catherine Morland aus Austens "Northanger Abbey" - und ihr Bedürfnis nach Abwechslung absolut nachvollziehen konnte, schwand meine Sympathie für die junge Frau nach und nach. Sie himmelt ihre neue Freundin, die wohlhabende, wunderschöne Miss Frances Campbell an (deren Ruf zu Recht wenig schmeichelhaft ist) und unternimmt lange Zeit herzlich wenig gegen deren Verhalten, das sie im Grunde gar nicht gutheißt.
Der Schreibstil war zwar flüssig, im Sinne von 'nicht holprig', aber mir fehlte das Gefühl und es wollte sich keine Nähe zu den Charakteren einstellen. Häuser und Ausstattung werden bildreich beschrieben, doch aufgrund der teilweise zu modern erscheinenden Wortwahl entfaltete das Regency-Flair nicht seinen üblichen Zauber auf mich, wirkte eher farblos. Beispielsweise fand ich es absolut daneben, dass in Dialogen Worte wie f***en fallen. Möglich, dass damals schon so gesprochen wurde, doch möchte ich es in einem solchen Roman lesen? - Sorry, das ist ein No-Go für mich.
Die Tatsache, dass das im Titel groß angekündigte Thema Freundschaft ziemlich flach ausfällt bzw. dass besagte Bekanntschaften mir recht unsympathisch waren, hat nicht geholfen. Ich hatte mit Girl-Power-Wir-halten-zusammen-Feeling und natürlich mit Romantik gerechnet; doch es gab weder innige Freundschaft noch Herzklopfen, sondern hauptsächlich seichte Gespräche und Intrigen. Das ebenfalls im Klappentext erwähnte Selbstbewusstsein der Protagonistinnen wirkte auf mich eher wie pubertäre Verzogenheit (Frances) oder eine auf Unbeholfenheit und Naivität basierende große Klappe (Georgiana) - kurzum: anstrengend.
Aber: Es gibt auch etwas Positives zu vermerken. Der Aspekt Diversität ist tatsächlich fest in der Story verankert worden, ganz wie beim Bridgerton'schen Vorbild. Zudem gab es unter den Nebencharakteren ein paar wenige Lichtblicke, von denen ich gerne mehr gelesen hätte.
𝗙𝗮𝘇𝗶𝘁: 2 ✰ ✰
Man darf nicht vergessen, dass es sich bei dem immerhin rund 450 Seiten starken Wälzer um einen Debütroman handelt, dennoch war ich letztlich sehr enttäuscht von dieser so vielversprechend klingenden Geschichte.