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Veröffentlicht am 17.12.2023

Ein etwas anderes Weihnachtsbuch

Kein guter Mann
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Walter ist ein grantelnder Briefträger vom Typ Ove. Tag für Tag trägt er pflichtbewusst die Post aus, auch wenn er insgesamt nicht viel Freude am Leben und noch weniger Freunde hat. Sogar seine Familie ...

Walter ist ein grantelnder Briefträger vom Typ Ove. Tag für Tag trägt er pflichtbewusst die Post aus, auch wenn er insgesamt nicht viel Freude am Leben und noch weniger Freunde hat. Sogar seine Familie hält respektablen Abstand von ihm. Durch einen dummen, wahrscheinlich unbeabsichtigten Vorfall kommt es zu ernsthaften Auseinandersetzungen mit einem Empfänger seiner Postsendungen die dazu führt, dass Walter seine Stelle räumen muss und in die Christkindl-Filiale nach Engelskirchen versetzt wird, um dort nach Schema F Briefe von Kindern zu beantworten. Bis eines Tages ein besonderer Brief des kleinen Ben eintrifft.

Ähnlich wie bei Ove erfährt man durch Rückblicke nach und nach, was aus Walter diesen Griesgram gemacht hat. Die Geschichte entwickelt sich immer mehr, und zwar nicht nur Richtung Ben sondern vor allem in Bezug auf seine Familie, die den Kontakt fast komplett abgebrochen hat zu ihm. Und auch dann lässt er kaum ein Fettnäpfchen aus, was alles immer wieder verkompliziert.
Der Schreibstil ist wirklich sehr gut zu lesen. Dennoch bekommt das Buch von mir lediglich 4 Sterne, denn leider ist es Izquierdo nicht gelungen, mir Walter ähnlich nahe zu bringen wie Ove. Er verlässt sich leider nicht darauf, dass Lesende alleine aus den Schilderungen den Griesgram verstehen lernen, sondern erklärt m. E. viel zu viel, was dieser oder jener gerade denken und wollen. So ist mir Walter leider trotz allem Verständnis merkwürdig fremd geblieben . Sehr schade! Aber wahrscheinlich waren meine Erwartungen an dieser Stelle auch zu hoch angesetzt. Was aber offenbar auch ein wenig beabsichtigt war, denn der ähnliche Aufbau der Geschichte kommt sicher nicht von ungefähr.
Fazit: Eine gute und überhaupt nicht kitschige Geschichte, die zu Weihnachten spielt mit besonderer Empfehlung für Lesende, die Ove noch nicht kennengelernt haben.

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Veröffentlicht am 11.10.2023

Überraschend gut

Das Glück der Geschichtensammlerin
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Janice arbeitet als Reinigungsfrau in unterschiedlichsten Haushalten und wird dort im Laufe der Zeit mit zahlreichen Geschichten ihrer Arbeitgeber versorgt. Sie hat sehr damit zu kämpfen, dass sie ihrer ...

Janice arbeitet als Reinigungsfrau in unterschiedlichsten Haushalten und wird dort im Laufe der Zeit mit zahlreichen Geschichten ihrer Arbeitgeber versorgt. Sie hat sehr damit zu kämpfen, dass sie ihrer Meinung nach nichts im Leben erreicht hat als gut putzen zu können.
Die Beziehung zu ihrem Mann ist angeschlagen und ihre Liebe längst erloschen als er ihr offenbart, dass er wieder einmal seine Anstellung aufgeben wird. Für ihn ist sie "nur eine Putzfrau" und er treibt mit ähnlich abwertenden Bemerkungen einen immer tieferen Keil in ihre Ehe.
Alles beginnt einen anderen Weg zu gehen, als sie die alte und gewitzte Mrs. B trifft, für die sie ebenfalls arbeiten soll. Sie weckt in ihr Seiten, die sie selbst nicht kannte...

Die Geschichte hat mich sofort mitgenommen. Der Schreibstil gefällt mir ausnehmend gut und obwohl oft schon früh einigermaßen klar war wohin der Weg gehen wird, faszinierte mich das Wie ungemein. Recht lange passiert nicht wirklich was, aber alleine die kleinen Geschichten die sie gesammelt hatte fand ich schon sehr unterhaltsam, sodass mir keine Minute langweilig wurde.

Ausgesprochen fantasievoll fand ich das Verhältnis zu Foxterrier Decius, der einem ihrer Arbeitgeber gehört und mit dem sie gerne und oft spazieren geht.

Kurz und gut: Genau das Richtige für gemütliche Abende bei schlechtem Herbstwetter.

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Veröffentlicht am 12.06.2023

Sehr unterhaltsam und macht Lust auf mehr!

Die Hausboot-Detektei - Tödlicher Genuss
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Arie, ein ehemaliger Amsterdamer Polizist, setzt den Plan um, eine Detektei in seinem Hausboot zu gründen. Mit von der Partie sind 4 weitere aus der Bahn geworfene "Detektive" sowie ein angeblich bissiger ...

Arie, ein ehemaliger Amsterdamer Polizist, setzt den Plan um, eine Detektei in seinem Hausboot zu gründen. Mit von der Partie sind 4 weitere aus der Bahn geworfene "Detektive" sowie ein angeblich bissiger Neufundländer und ein junges Eichhörnchen. Ihr erster Fall führt sie in die Welt der Nobelküche. Doch dabei bleibt es nicht lange...

Wer hier einen reinrassigen Thriller oder auch nur einen hochspannenden Kriminalfall erwartet, wird enttäuscht werden. Kern des Romans ist eindeutig die Zusammenstellung der skurrilen Crew und die ebenso skurrilen Nebenfiguren dieses Krimis. Und genau das ist es, was ich gehofft habe.
Gut - ich hätte mir schon gewünscht, dass ich nicht schon manche Lösung recht früh geahnt hätte. Einfach, um die Spannung höher zu halten. Aber ich kann damit leben zu verfolgen, wie die Protagonisten die einzelnen Knoten lösen.

Dabei ist der Schreibstil wirklich gut und immer ein Stück von Comedy ala Safier entfernt. Ich freue mich jedenfalls schon auf den nächsten Teil der Reihe um die Hausboot-Detektei! Da wird dann sicher auch mehr Krimi drin sein, denn das Team ist ja schon klar.

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Veröffentlicht am 11.04.2023

Erinnerungen an eine Kindheit in Bulgarien

Samuels Buch
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Samuel Finzi erzählt über seine Kindheit in Sofia und Plovdov, wo er zufällig 1966 geboren wurde und seine Großeltern lebten. Bulgarien war in den 70ern und 80ern stramm sozialistisch, wozu gehört, dass ...

Samuel Finzi erzählt über seine Kindheit in Sofia und Plovdov, wo er zufällig 1966 geboren wurde und seine Großeltern lebten. Bulgarien war in den 70ern und 80ern stramm sozialistisch, wozu gehört, dass man nicht einfach durch die Weltgeschichte reisen durfte, um andere Länder und Sitten kennen zu lernen. Zu groß war die Furcht, durch das Erfahren kapitalistischer, benachbarter Staaten dem eigenen Land den Rücken zu kehren oder gar ähnliche Zustände für das eigene Land zu fordern. Entsprechend streng wurde auf die schulische Prägung geachtet.
Samuel Finzi allerdings wächst in einer Künstlerfamilie auf, was wahrscheinlich schon ausreicht, gewisse Freidenker-Mentalitäten zu entwickeln. Schon früh fühlte er, dass er diesen politischen Fesseln irgendwann entkommen wird. Die Glasnost-Politik Gorbatschows öffnet auch für ihn die Grenzen in den Rest Europas.

Laut Buchbeschreibung handelt es sich um einen biografischen Roman, was ich nicht ganz nachvollziehen kann. Denn für einen Roman fehlt mir ein stringenter roter Faden. An sich aber kein Makel, nur stört mich die Einordnung des Verlags.
Statt rotem Faden gibt es muntere Sprünge durch verschiedene Altersstufen und Begebenheiten. Gerade so, als würde man am gemütlichen Kaminfeuer gegenseitig Erinnerungen austauschen. Von Banalitäten bis hin zu tiefgehenden Erlebnissen - an was man sich halt aus seiner Kindheit und Jugend so alles erinnert.
Das alles in einem Schreibstil, der tatsächlich an lockere Gespräche erinnert. So bildhaft und lebendig, teils auch etwas launig, dass einem unwillkürlich Bilder vor dem inneren Auge erscheinen. Mir gefiel das ausgesprochen gut und ich finde, dass Sancho Finzi nicht nur ein hervorragender Schauspieler ist, sondern sich auch durchaus als Autor einen Namen machen kann.

Fazit: Absolut empfehlenswerte Unterhaltung mit viel historischem Background aus Bulgarien - weniger geeignet für überzeugte Sozialisten

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Veröffentlicht am 14.08.2022

Jüdisches Schicksal in Österreich

Isidor
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Shelly Kupferberg hat das Leben ihres Urgroßonkels Isidor aufgezeichnet. Recherchiert in Akten, Dokumenten, Briefen und auch in Erinnerungen ihres Großvaters.
Isidor wuchs mit seiner Familie in Ostgalizien ...

Shelly Kupferberg hat das Leben ihres Urgroßonkels Isidor aufgezeichnet. Recherchiert in Akten, Dokumenten, Briefen und auch in Erinnerungen ihres Großvaters.
Isidor wuchs mit seiner Familie in Ostgalizien unter ärmsten Bedingungen auf. Um mehr aus diesem Leben zu machen, zog es mit Ausnahme des traditionellen orthodoxen Vaters die Familie Richtung Wien, der damaligen Kulturmetropole Nummer 1 in Europa. Und diese Entscheidung schien absolut richtig zu sein. Isidor absolviert ein Studium und nutzt die von der Inflation geprägten 20er Jahre des 19. Jahrhunderts um einen ordentlichen Reichtum anzuhäufen. Er wird zum Kommerzialrat ernannt und erfreut sich neben seinem Reichtum auch der schönen Künste, die Wien zu bieten hat und die er sich inzwischen ganz bequem erlauben kann. Er ist ein Mann von Welt mit genügend Einfluss in gehobenen Kreisen und verfügt über Stil und herrisches Auftreten. Keine Frage: Isidor hat es geschafft!
Leider hat er die Nationalsozialisten nie wirklich als ernsthafte Bedrohung aufgefasst. Was soll einem wichtigen und einflussreichen Mann wie ihm schon passieren? Doch dieser Mann hat einen riesigen Makel, den man nicht einfach mit Geld auslöschen kann - er ist Jude. Was das bedeutet, muss er am Tag nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland bitter erfahren...

Die Geschichte ihres Ahnen hat Shelly Kupferberg nach sicher sehr umfangreichen und aufwendigen Recherchen gekonnt zu Papier gebracht. Auf recht distanzierte Weise, was gewisse Passagen erträglicher macht.
Leider hatte ich manchmal das Gefühl, dass der Fokus gar nicht auf Isidor lag, sondern sehr viel um seine Mitmenschen beschrieben wurde. Ein großer Part lag z. B. auf seiner Geliebten Ilona Hajmassy, die später in Hollywood Kariere machte. Das ist zwar verständlich, aber trotzdem fand ich es etwas störend, denn eigentlich interessierten mich Isidor und sein Neffe Walter deutlich mehr.
Sehr aufschlussreich waren die Erläuterungen zum Umgang mit jüdischem Vermögen und welche Schikanen erdacht wurden, nur um die jüdischen Mitbürger zu zermürben und zerstören. Dass dies alles schon recht früh geschah, noch vor Kriegsbeginn, finde ich tatsächlich erschreckend und entlarvend. Wie schnell der ganz normale Mensch und bisherige Nachbar zum Mitläufer, Denunzianten und Sadisten werden kann ist einfach nur unfassbar für mich. Ich hoffe sehr, dass sich so etwas niemals wiederholen wird!

Fazit: Ein erschreckendes und aufklärendes Stück Zeitgeschichte

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