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Veröffentlicht am 04.09.2022

Der kleine Diplomat

Der Gehängte von Conakry
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Aurel Timescu ist nur der Vertreter des Honorarkonsuls, was er während er seiner Arbeit auch immer wieder zu spüren bekommt. Dennoch versucht Timescu dankbar zu sein, schließlich konnte er seine rumänische ...

Aurel Timescu ist nur der Vertreter des Honorarkonsuls, was er während er seiner Arbeit auch immer wieder zu spüren bekommt. Dennoch versucht Timescu dankbar zu sein, schließlich konnte er seine rumänische Heimat verlassen und sogar in den französischen Staatsdienst eintreten. Nun ist der Chef abwesend und als ein Toter im Yachthafen von Conakry, der Hauptstadt Guineas gefunden wird, nutzt Aurel die Chance, endlich mal was Richtiges zu tun. Bei dem toten Yachtbesitzer handelt es sich um einen reichen Franzosen. Da muss die Botschaft an den Ermittlungen beteiligt werden und auch die Verwandten in Frankreich sind zu informieren.

Dieses ist das erste Rätsel, welches Konsul Aurel Timescu zu entschlüsseln sucht. Von seiner Tätigkeit unterfordert, von der Hitze seines Einsatzortes überfordert, versteht es Aurel doch den Wein zu genießen, sich hin und wieder ans Klavier zu setzen und sich nicht allzu sehr über seine kleine Statur zu ärgern. Die Entdeckung des Toten bringt einige Turbulenzen in Timescus Leben. Die örtliche Polizei neigt dazu, es sich einfach zu machen. Sie geht von einem einfachen Raubüberfall aus. Timescus Theorien würden ungehört verhallen, wenn er sich nicht eine exklusive Art ihrer Präsentation einfallen lassen würde.

Auch als Diplomat muss man sich hocharbeiten. Das merkt man an den mehr oder weniger entlegenen Orten, an denen die Mitarbeiter eingesetzt werden. Nun ist Conakry an der Westafrikanischen Küste nicht gerade das Zentrum der Weltpolitik, aber wenigstens ist es warm. Das kann auch stören, wie man am Beispiel Timescus merkt. Dennoch wirkt der verschrobene kleine Diplomat sympathisch, gewitzt und eben diplomatisch. Besonders wenn er seine durchaus schlauen Gedanken den Kollegen eingeben muss, um deren Untersuchungen in die richtige Richtung zu lenken. Auch wenn der den Tod eines Menschen bedauert, so ist er doch Feuer und Flamme, an einer Ermittlung beteiligt zu sein. Neben dem spannenden Kriminalfall bekommt man als Leser auch einen Einblick in das Leben eines nicht so bekannten Landes in Afrika. Von Stil her könnte man beinahe annehmen, die Handlung sei in den 1950ern angesiedelt, wozu auch das farbenfrohe und Fernweh weckende Cover beiträgt, wenn Aurel jedoch Handy und Computer rausholt, wird man schnell eines besseren belehrt. Dieser angenehm zu lesende Krimi erfreut mit einem durchaus ernsthaften Fall und seinem etwas verschrobenen Ermittler.

Veröffentlicht am 03.09.2022

Goya Saal

Goyas Ungeheuer
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Comisaria María Ruiz ist nach einer Sache vom Dienst suspendiert. Bald soll die Anhörung der Internen stattfinden und sie hofft, dass sie dann wieder durchstarten kann. Als einige tote Tiere aufgefunden ...

Comisaria María Ruiz ist nach einer Sache vom Dienst suspendiert. Bald soll die Anhörung der Internen stattfinden und sie hofft, dass sie dann wieder durchstarten kann. Als einige tote Tiere aufgefunden werden, geht das Gerücht, es könne sich um rituelle Taten gehandelt haben. Ruiz ist schon klar, dass sie keine Nachforschungen anstellen darf und Kontakt mit den Kollegen darf sie auch nicht aufnehmen. Ganz so eng muss man das vielleicht nicht sehen. Als jedoch die Leiche einer jungen Frau gefunden wird, ist es mit Ruiz Zurückhaltung vorbei, obwohl ihr Team alles versucht, sie von dem Fall fernzuhalten, damit sie ihre Situation nicht noch schlimmer macht.

Dieser Band ist als Einzelband ausgewiesen, obwohl es eine Reihe um Comisaria María Ruiz gibt. Möglicherweise weil Ruiz hier wegen der Suspendierung nicht mit ihrem Team ermitteln kann. So ein Alleingang muss nicht die beste Lösung sein. Mit Energie und Weitblick geht Ruiz dennoch auf Mörderjagd. Die junge Frau kann bald identifiziert werden, es handelte sich um Sara, eine Kunststudentin, die sich besonders für den Maler Goya interessierte. Sie wollte seinen unbekannteren Werke eine Bühne geben. Doch warum musste sie sterben? María Ruiz begibt sich in ein sogar ihr weniger bekanntes Madrid.

Nicht ganz so häufig, aber doch immer wieder mal gibt es Kriminalromane, die mit der Welt der Kund in Verbindung stehen. Oft erweisen sie sich als interessant und lehrreich. Man erfährt etwas über großartige Kunstwerke, deren Existenz auf besondere Art mit einer Tat oder einem Täter in Verbindung steht. Nicht nur dem Leser, auch dem Ermittler kann sich so viel Neues offenbaren. Wenn sich wie hier noch ein packender und vielschichtiger Fall entwickelt, bleiben kaum noch Wünsche offen. Vielleicht hätte man sich eine weniger gradlinige Auflösung erhofft, dafür bekommt man am Schluss jedoch eine Überraschung geboten, mit der wirklich nicht zu rechnen war und die einem zu vielen im Nachhinein nicht ganz sinnvollen Mutmaßungen angeregt hat.

Dieser sehr informative und unterhaltsame Kriminalroman wird gerne empfohlen und wenigstens ein Besuch auf der Website des Prado dazu.

Veröffentlicht am 01.09.2022

Harmonie

Amsel, Drossel, tot und starr
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Natürlich ist es in der Harmonie nicht so ordentlich wie in der Kleingartenanlage von Pankow, dafür ist es gemütlich. Daher sind Manne Novak und Caro von Ribbek, die gerade eine Detektei gegründet haben, ...

Natürlich ist es in der Harmonie nicht so ordentlich wie in der Kleingartenanlage von Pankow, dafür ist es gemütlich. Daher sind Manne Novak und Caro von Ribbek, die gerade eine Detektei gegründet haben, überrascht als Schmidtchen von dem Pankowern sie bittet, in einem Brandfall zu ermitteln. Die Gartenlaube eines Vorstandsmitglieds hat gebrannt und Schmidtchen befürchtet, er könnte in Verdacht geraten. Denn wie viele im Verein konnte er Mike Reuter nicht leiden. Der Tag, an dem Reuter seine Kündigung einreichte, war einer der schönsten Tage in Schmidtchens Leben. Und dann nimmt der einfach die Kündigung zurück. Schmidtchen war stinksauer und nun brennt die Hütte.

Ihr zweiter Auftritt beginnt für Manne Novak, den Ex-Polizisten, und Caro von Ribbek, mit einer vermeintlich harmlosen Brandsache. Doch schon als sie sich an die Brandstelle mogeln, um nach Spuren zu suchen, findet Caro eine Leiche in dem Gartenhäuschen. Das muss sie erstmal verdauen und so einfach ist es auch nicht, die Gartenfreunde vom Betreten der Brandstelle, die sich als Tatort erwiesen hat, abzuhalten. Sie selbst lassen sich nicht vom Ermitteln abhalten, da kann Kommissar Lohmeyer machen, was er will. Da Manne und Caro immer noch in Schmidtchens Auftrag unterwegs sind, beginnen sie mit den Befragungen der Laubenpieper.

Dieses Hörbuch wird sehr lebendig vorgetragen von Uve Teschner, der es sehr gut versteht, den Protagonisten eine Stimme zu geben. Auch ohne Kenntnis des ersten Teils findet man sich in der Gartenkolonie der Pankower gut zurecht. Was natürlich nicht davon abhält, auf den ersten Band neugierig zu werden. Auf angenehme Weise taucht man ein in die Welt der Gartenfreunde, ein zusammengewürfeltes Häufchen unterschiedlichster Persönlichkeiten, die ein gemeinsames Interesse haben. Wie es in so einem Verein halt ist, mag nicht jeder jeden, aber dass einer ein Mörder ist, kann man sich eigentlich nicht vorstellen. Und dann noch die Querelen mit der Polizei in Person von Kommissar Lohmeyer, der einfach nicht mit Manne und Caro zusammenarbeiten will. Da hört man gerne länger, um zu erfahren, welchen Grund es gab, Reuter zu ermorden.

Veröffentlicht am 31.08.2022

Spukhaus

SCHNEE
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Nach einen Schneewetter in einer einsamen Gegend Islands ist eine Gruppe Wanderer verschwunden. Ein Suchtrupp wird in die abgelegene Gegend geschickt. Zunächst ist wenig zu finden, auch über die Wanderer ...

Nach einen Schneewetter in einer einsamen Gegend Islands ist eine Gruppe Wanderer verschwunden. Ein Suchtrupp wird in die abgelegene Gegend geschickt. Zunächst ist wenig zu finden, auch über die Wanderer ist nicht viel bekannt. Hütten sind in dieser Gegend grundsätzlich selten abgeschlossen. Könnten sie dort Unterschlupf gesucht haben. Nach der Kontrolle etlicher Hütten, finden die Helfer eine, die erst vor kurzem benutzt wurde. Allerdings ist die Behausung leer. Auch in der nahegelegenen Radarstation scheint etwas Unheimliches vorzugehen. Der neue Mitarbeiter dort wagt es allerdings nicht, seine Beobachtungen an die große Glocke zu hängen, denn sein Vorgänger ist durch einen eigenartigen Unfall ums Leben gekommen.

Gruselige Ereignisse bestimmen die Handlung dieses Thrillers. Da fühlt man schon mal eine eiskalte Hand im Rücken. Mitunter sind die Erscheinungen sogar für Erwachsene zu sehen, die eigentlich weniger offen sind als Kinder, die seltsame Begebenheiten eher als gegeben hinnehmen. Jóhanna, die mit ihrem Mann noch neu im Ort ist, gehört zu der Suchmannschaft. Nach einen Unfall hat sie ein kleines Handicap, dass sie im Alltag nicht beeinträchtigt. Nur bei Anstrengung schmerzt die alte Verletzung. Da macht die Teilnahme an der Suche nicht einfacher, aber in der Gegend gehört es einfach dazu, dass man an der Suche nach Vermissten teilnimmt.

Was man hier zu lesen bekommt, ist schon ganz schön spooky. Es gelingt der Autorin nach einem verhaltenen Beginn, eine Stimmung zu erzeugen, in der es einen tatsächlich gruselt. Was ist mit den Wandern passiert und wieso gibt es sowohl in der Radarstation und um Jóhannas Haus so unheimliche Vorkommnisse. Verstärkt wird das Ganze durch die winterliche Dunkelheit, die es kaum mal Tag werden lässt. Nach und nach immer mehr gebannt, verfolgt man den Weg der Expeditionsteilnehmer und fragt sich, wieso sie nicht einfach im Schutz der Hütte geblieben sind. Ob das Suchteam oder die Polizei die Geheimnisse enträtseln können, muss jeder selbst nachlesen. Der Weg, den die Autorin einschlägt, tut einiges dazu Leser und Leserinnen ausgesprochen zu fesseln.

Ansprechend ist die Covergestaltung der Printausgabe, auf welcher der titelgebende Schnee in einem Wort seine Aggregatzustände von weiß, über grau zu schwarz durchwandert.

Veröffentlicht am 24.08.2022

Drei Hüter

Die Geschichte der Bienen
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Dies ist nicht nur die Geschichte der Bienen, sondern auch die Geschichte von William, George und Tao. William wäre gerne Forscher geworden. Doch durch seine frühe Heirat und reiche Kinderschar ist der ...

Dies ist nicht nur die Geschichte der Bienen, sondern auch die Geschichte von William, George und Tao. William wäre gerne Forscher geworden. Doch durch seine frühe Heirat und reiche Kinderschar ist der dazu verurteilt einfacher Saathändler zu sein. Über hundert Jahre später arbeitet George als professioneller Imker. Seine Bienenkästen baut er selbst und die Bienen haben immer für sein Auskommen gesorgt. Allerdings zweifelt er so langsam daran, dass sein Sohn den Betrieb übernehmen wird. Weitere über hundert Jahre später in China ist Tao als Blütenbestäuberin tätig, denn es gibt keine Bienen mehr. Ihre Freude ist ihr kleiner Sohn.

Die Erzählungen von drei Menschen angesiedelt in unterschiedlichen Epochen und ihre Beziehungen in den Familien und zu den Bienen. William als gescheiterter Forscher hadert mit dem, was er nicht erreicht hat. Seine Tochter Charlotte ist seine Stütze, doch auch sie kann nicht verhindern, dass William immer sein Versagen sieht. George würde in sich ruhen, wenn nur sein Sohn Tom Interesse an dem Hof hätte, der die Familie seit Generationen ernährt. Tao hat ihre schwere Arbeit angenommen, ob wohl sie lieber studiert hätte. Doch so hat sie ein relativ gesichertes Leben und das Wichtigste ihren Sohn und ihren Mann.

Eine Weile dauert es schon bis die Autorin einen Zusammenhang zwischen den Lebenswegen der drei Protagonisten offenbart, dennoch weckt sie Interesse an der Geschichte der Bienen, deren Verschwinden dringlichst verhindert werden sollte. Melancholie liegt über der Handlung. Man fragt sich, ob man nichts tun kann. Insbesondere William wirkt sehr phlegmatisch, wohingegen der Eindruck entsteht, dass George irgendwie die Sprache fehlt. Tao wirkt schon fast zu energisch und glücklich scheinen alle drei nicht. Dennoch fesselt der Roman nicht so sehr mit den Menschen, sondern mehr mit den Bienen. Diese kleinen fleißigen Wesen - man sollte es sich zur Aufgabe machen, ihren Bestand zu sichern, wo und wie immer es möglich ist. Und trotz aller Melancholie liegt über dieser packenden Story auch ein hoffnungsfroher Silberstreif.