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Veröffentlicht am 17.09.2022

Raffiniert komponierter Krimi

Das neunte Gemälde
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Der Autor erzählt eine vielschichtige Geschichte rund um ein Gemälde, das möglicherweise von Picasso 1914 gemalt wurde.

Die Handlung beginnt mit einem Anruf beim Kunstexperten Lomberg. Der Anrufer ist ...

Der Autor erzählt eine vielschichtige Geschichte rund um ein Gemälde, das möglicherweise von Picasso 1914 gemalt wurde.

Die Handlung beginnt mit einem Anruf beim Kunstexperten Lomberg. Der Anrufer ist kurz darauf tot und Lomberg gerät unter Verdacht. Aufgrund der bruchstückhaften Informationen vermutet Lomberg einen Zusammenhang mit nationalsozialistischer Beutekunst und seinem verstorbenen Vater.

Von da an nimmt mich der Autor mit auf eine fesselnde und mit Überraschungen versehene Zeitreise, die der Spur des Gemäldes folgt.

1943 planen die Nazis in Paris die Verbrennung von entarteter Kunst. In diesem Zusammenhang soll das fragliche Bild verschwunden sein und bildet nun den Ausgangspunkt für eine Geschichte von Verrat, Gier, Rache und Mord. Hauptakteure sind darin Lombergs Vater, ein hoher SS-Offizier und die Familie eines der damaligen Wachsoldaten.

1966 kommt es erneut zu einem eher zufälligen Zusammentreffen der Beteiligten, das tödlich endet. Das Verbrecher von damals scheint eine gerechte Sühne zu erfahren und alles ist gut.

Bis zu dem Anruf bei Lomberg- denn noch sind nicht alle Schulden beglichen.

Ich bin von dem Krimi absolut begeistert, obwohl ich mich mit den ersten Kapiteln etwas schwer getan habe. Es waren sehr viele Informationen und Namen und ich konnte den roten Faden noch nicht fassen. Das ändert sich rasch, als der Autor die Geschehnisse von 1943 aufgreift. Trotz vieler Orts- und Zeitwechsel habe ich nie die Orientierung verloren, da die Kapitelüberschriften klar darlegen, wo und wann man sich befindet. Dennoch sollte man sich für den Krimi Zeit nehmen. Die Handlung ist komplex und durch die Anzahl der Beteiligten verliert man sonst den Überblick. Am Ende werden für mich alle Fragen zufriedenstellend beantwortet und der Autor schließt die Geschichte mit einem Augenzwinkern.

Weiterhin konnte mich der Autor mit dem eleganten Sprachstil und gelegentlicher Ironie überzeugen. Die Handlung bietet neben einem packenden Krimi auch Einblicke in den internationalen Kunstbetrieb und eine Reise durch die neuere Geschichte der Bundesrepublik.

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Veröffentlicht am 12.09.2022

Drei starke Frauen in schweren Zeiten

Zeiten der Sehnsucht
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Die Zeit steht nicht still , weder auf Mallorca noch auf Kuba.

Antonia auf Kuba, Carla und Alba auf Mallorca müssen sich nicht nur mit familiären Veränderungen auseinandersetzen, sondern auch mit gesellschaftlichen ...

Die Zeit steht nicht still , weder auf Mallorca noch auf Kuba.

Antonia auf Kuba, Carla und Alba auf Mallorca müssen sich nicht nur mit familiären Veränderungen auseinandersetzen, sondern auch mit gesellschaftlichen Umbrüchen.

Antonias Mann Federico steht 1927 vor der Entscheidung, die Zigarrenfabrik an den alles beherrschenden amerikanischen Trust zu verkaufen. Trotz großer Risiken kann Antonia ihn davon abhalten. Kurz darauf bricht die Weltwirtschaftskrise über Kuba herein. Nun zeigt sich, dass es richtig war, die Eigenständigkeit zu bewahren. Antonia kann sich als erfolgreiche Weingutbesitzerin beweisen. Die Kinder wachsen heran und treffen Entscheidungen, die auf das Leben der ganzen Familie erheblichen Einfluss haben.

Auf Mallorca wird Leo aus dem Gefängnis entlassen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten scheinen sich die Eheleute Alba und Leo wieder einander anzunähern. Während Leo weiterhin die Zukunft im Weinbau sieht, erkennt Alba die Erfolg versprechenden Möglichkeiten im aufstrebenden Tourismus und eröffnet ein Hotel. Was nicht vorhersehbar war, ist Francos Putsch, der Bürgerkrieg und die wachsende Anzahl von deutschem Militär auf der Insel, was Alba zu unliebsamen Kompromissen zwingt.

Carla und Francisco führen ein von schwerer Arbeit geprägtes ruhiges Leben. Da beschert ein unvermutetes Unglück Carla die Erfüllung ihres Lebenstraums von einem Kind. Auch bei der neue kleine Familie hält der Bürgerkrieg den Alltag fest im Griff.

Da ich bereits den 1. Band mit Freude gelesen habe, fand ich mich in der Handlung schnell zurecht.

Neben dem Auf und Ab im Familienleben sind die historischen Gegebenheiten ein bestimmendes Element im Roman.

Mir war bis zu diesem Buch nicht bewusst, welche Auswirkungen die Weltwirtschaftskrise auf Kuba hatte, während der 2. Weltkrieg kaum spürbar ist. Was ich besorgniserregend fand, war dagegen der immer stärker werdende Einfluss der Mafia, gefördert durch einen korrupten kubanischen Präsidenten.

Alba ist die Figur, mit der ich mich am wenigsten anfreunden konnte. Während ich Antonia für ihren Einsatz für die Firma und dem Zusammenhalt mit Federico schätze, bewundere ich Alba für ihre gewonnene Selbstständigkeit und ihr Unternehmertum, aber ans Herz gewachsen ist sie mir nicht. Vielleicht liegt es daran, dass ich sie gegenüber Leo als unaufrichtig empfinde.

Leo selbst ist weiterhin besessen von seinem Traum des eigenen Weinguts. Zumindest lässt er Alba, was das Hotel anbetrifft, gewähren.

Mein Herzensmensch ist wie bereits im 1. Band weiterhin die bescheidene Carla. Mir imponiert, wie sie trotz gesundheitlicher Einschränkungen den Alltag meistert und alles tut, damit es der Familie gut geht was angesichts von Lebensmittelknappheit und schwindender Einkünfte eine Herkulesaufgabe ist..

Das Buch hat mein Herz erobert durch liebeswerte Figuren, spannende Familiengeschichten und für mich völlig neue und überraschende Einblicke in das damalige Weltgeschehen.

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Veröffentlicht am 11.09.2022

Greta - ein Leben zwischen Pflicht und Sehnsucht

Gretas Geheimnis
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Dieser Band schildert Gretas Leben zwischen 1975 und 2000.

Greta erfüllt die Forderung im Testament ihres Vaters und heiratet den Kellermeister Bruno. Sie wird dadurch die Herrin eines der größten Weingüter ...

Dieser Band schildert Gretas Leben zwischen 1975 und 2000.

Greta erfüllt die Forderung im Testament ihres Vaters und heiratet den Kellermeister Bruno. Sie wird dadurch die Herrin eines der größten Weingüter der Pfalz, aber der Mann an ihrer Seite ist ein Fremder . Das Verhältnis zu ihren Zieheltern, den Hellerts, ist endgültig auf einem Tiefpunkt angekommen. Nur Elfriede, die Mutter, bemüht sich, Anteil an Gretas Leben zu nehmen.

Zuerst scheint Gretas Ehe unter einem guten Stern zu stehen. Kaum ein Jahr später ist Nachwuchs da. Doch Greta findet keinen wirklichen Zugang zu Bruno. Auch bei dem Umsetzung ihrer Ziele das Weingut betreffend, kommt es immer wieder zu Streit. Die Familie wächst weiter, aber mit jedem Jahr das vergeht, spürt Greta, dass etwas wesentliches fehlt in ihrem Leben - die Liebe.

Schon nach den ersten Seiten war ich wieder ein Mitglied von Gretas Familie und hatte Anteil an ihren großen und kleinen Kümmernissen und Freuden.

So wie Greta fand auch ich keinen Zugang zu Bruno. Er bleibt verschlossen, vergräbt sich in seinen Weinkeller. lehnt neues im privaten wie beruflichen Bereich ab und stößt Greta immer wieder - in meinen Augen - grundlos zurück. Dann wieder hatte ich den Eindruck, er würde Greta aufrichtig lieben. Ich bin mir nicht sicher, ob ich Greta für ihr Festhalten an dieser Ehe bewundern soll. Es grenzt für mich an Selbstaufgabe. Der Preis, den sie dafür zahlt, erscheint mir zu hoch. Sie hat zwar ihre Kinder, die sie aufrichtig liebt , aber sie selbst verzichtet auf persönliche Erfüllung und Liebe.

Gut gefallen hat mir erneut, dass die Autorinnen den Zeitgeist in die Handlung einfließen lassen. Das geschieht, indem populäre Fernsehsendungen wie "Einer wird gewinnen " oder Hits wie "Sonderzug nach Pankow" erwähnt werden.

Die Umbrüche, die die Landwirtschaft in dieser Zeit erfahren hat, erlebe ich hautnah durch Gretas Entscheidungen für ihr Weingut. Sie stellt auf ökologischen Anbau um und muss ausländische Erntehelfer einstellen. Weitere bewegende Themen wie Aids oder der Weinpanschskandal finden ganz selbstverständlich Eingang in die Handlung.

So bietet der Roman sowohl eine berührende und fesselnde Lebensgeschichte einer sympathischen Frauenfigur als auch eine unterhaltsame Reise durch das letzte Viertel des vergangenen Jahrhunderts. Beides zusammen ergibt höchsten Lesegenuss und schürt die Vorfreude auf die Fortsetzung.

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Veröffentlicht am 10.09.2022

Wer war Anita Berber ?

Die rote Tänzerin
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Eine Antwort darauf versucht die Autorin im vorliegenden Buch zu geben.

Die Berber war der Skandal der 20ziger Jahre - nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich und Ungarn. Sie war eine gefeierte ...

Eine Antwort darauf versucht die Autorin im vorliegenden Buch zu geben.

Die Berber war der Skandal der 20ziger Jahre - nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich und Ungarn. Sie war eine gefeierte Nackttänzerin. Das Publikum lag ihr zu Füssen, wenn sie ihre ausdrucksstarken Tänze wie "Kokain" auf der Bühne zeigte. Ihr Privatleben war von Tabubrüchen geprägt. Alkohol, Drogen, häufig wechselnde Sexualpartner führten zum Verlust der Zuschauergunst.

Die Berber starb jung und gehört im weiteren Sinne zum legendaren Club 27, zum dem Rockgrößen wie Janis Joplin und Jimi Hendrix gezählt werden. Bei genaueren Hinsehen kann man auch viele Parallelen in den Lebensläufen erkennen.

Doch das ist nur die öffentliche Bild der Skandaltänzerin. Dank der Autorin kenne ich jetzt auch die verletzliche Seite der Künstlerin. Das Buch schildert schwerpunktmäßig die Begegnung des Malers Otto Dix mit Anita Berber, der ein Bild von ihr malen sollte und auch hat. Die beiden verwundeten Seelen fühlen sich zueinander hingezogen und wissen , dass es nicht sein darf. Ob es tatsächlich eine intime Beziehung gab, überlässt die Autorin der Phantasie des Lesers.

Am Ende des Romans empfinde ich tiefes Mitleid mit der jungen Anita, die nach dem Verlust ihrer großen Liebe auf der Suche nach Geborgenheit und Liebe war und die gleichzeitig ihrer Hingabe an den Tanz Ausdruck verleihen wollte.

Die Autorin erzählt die Geschichte sprunghaft und auf mehreren Zeitebenen und gibt damit ein Spiegelbild des turbulenten Lebens der Berber. Wenn man sich darauf einlässt, kommt man in den Genuss einer wunderbaren und gut recherchierten Geschichte, die zu Herzen geht.

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Veröffentlicht am 20.08.2022

Schatten des Krieges

Findelmädchen
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1955 Die 15jährige Helga und ihr älterer Bruder Jürgen sind zurück in Köln. Über den Suchdienst des Roten Kreuzes hat ihr Vater sie in Frankreich gefunden. Nachdem die erste Euphorie des Wiedersehens verflogen ...

1955 Die 15jährige Helga und ihr älterer Bruder Jürgen sind zurück in Köln. Über den Suchdienst des Roten Kreuzes hat ihr Vater sie in Frankreich gefunden. Nachdem die erste Euphorie des Wiedersehens verflogen ist, fallen Schatten auf das Familienglück.

Das Schicksal der Mutter ist ungeklärt. Dafür führt die Schwester der Mutter das Regiment im elterlichen Haus, eine verbitterte, missgünstige Frau. Der Vater verbietet Helga den Besuch des Gymnasiums und zerstört damit ihren Traum, Schriftstellerin zu werden. Stattdessen muss Helga die Hauswirtschaftsschule - auch Bräuteschule genannt - besuchen. Ihr Praktikum absolviert sie in einem von Nonnen geführten Waisenhaus und findet sich in einem Alptraum wieder. Besonders das Waisenkind Bärbel, ein Besatzerkind, leidet unter der Grausamkeit der Nonnen und der anderen Kinder.

Während Helga versucht, Bärbel das Leben leichter zu machen, gerät ihr eigenes aus den Fugen.

Der Roman nimmt mich von der ersten Seite an gefangen und schickt mich auf eine bewegende Gefühlsreise.

Ich habe mit Helga und Jürgen gebangt, als sie sich aus der Geborgenheit ihrer französischen Pflegeeltern auf den Weg ins Ungewisse zum fremd gewordenen Vater machen. Und tatsächlich scheint sich für Helga das Leben zum schlechteren zu wenden. Ich habe wie Helga nicht verstanden, warum ihr Vater ihr das Gymnasium verbietet. Aus Andeutungen konnte ich entnehmen, dass es möglicherweise mit seiner Vergangenheit zu tun hat.

Besonders widerwärtig war mir die Tante, die der Familie und besonders Helga das Leben zusätzlich schwer macht.

Was mir an Helga gut gefallen hat, sie versucht, die Dinge immer positiv zu sehen. Sie versteht die Entscheidung des Vaters nicht, aber sie liebt ihn weiterhin und versucht , das beste daraus zu machen.

Sowohl für Helga als auch für mich waren die Zustände im Waisenhaus einfach nur grauenvoll und nicht auszuhalten. Was mich zusätzlich belastet hat, wie Frauen, die ihr Leben Gott geweiht haben, so gefühlskalt und sadistisch sein können. Leider entsprechen die Schilderungen der Autorin den historischen Tatsachen.

Auch hier kann ich Helga nur bewundern, dass sie den Verantwortlichen die Stirn bietet - und verliert. Von diesem Moment an scheint sich Helga in einer einzigen Abwärtsspirale zu befinden.. Die Autorin thematisiert in diesem Zusammenhang die damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse und Vorurteile. Besonders ledige Mütter und ihre Kinder galten als moralisch verkommen. Bei sexuellen Übergriffen war die betroffene Frau schuld, da sie den Mann durch ihr Verhalten dazu animiert hat.

Nur gut, dass das Buch ein Unterhaltungsroman ist und am Ende sich viele Dinge zum Guten wenden.

In meinen Augen ist der Roman absolut lesenswert, weil es der Autorin überzeugend gelingt, die damalige Zeit dem Leser realistisch näher zu bringen. Obwohl sie mit den Schilderungen der Verhältnisse im Waisenhaus mir einiges zugemutet hat, lässt sich die Geschichte fesselnd und unterhaltsam lesen.

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