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Veröffentlicht am 06.10.2022

Eine starke Frau

Ein Kind namens Hoffnung
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Elly Berger hat ihren eigenen Kopf, sie will Köchin sein und dafür geht sie nach Berlin. In der jüdischen Familie Sternberg ist sie nicht nur das, sie hat Familienanschluss. Wir sind kurz vor Ausbruch ...

Elly Berger hat ihren eigenen Kopf, sie will Köchin sein und dafür geht sie nach Berlin. In der jüdischen Familie Sternberg ist sie nicht nur das, sie hat Familienanschluss. Wir sind kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, die Nationalsozialisten haben das Sagen. Und viel zu spät werden die Sternbergs gewarnt, Elly kann gerade noch verhindern, dass Leon, der kleine Junge der Sternbergs, in deren Fänge gerät.

Es ist eine stille Geschichte und doch geht es um eine ganz besondere Heldin. Elly und Leon sind schon immer eng verbunden und als seine Eltern abgeholt werden, handelt Elly. Sie stellt sich vor Leon. Sie beschützt ihn, flieht mit ihm, sucht Schutz in ihrem Elternhaus. Es stellt sich jedoch heraus, dass diese ein Judenkind nicht aufnehmen wollen.

Marie Sands Debütroman beginnt im Jahre 1938 und handelt hauptsächlich während der entbehrungsreichen Zeit während des Zweiten Weltkrieges und danach, als alles in Trümmern lag. Wir Nachkriegskinder können uns diese Not gar nicht mehr vorstellen, wenn die letzten Krümel einfach nicht ausreichen, eine Familie zu ernähren. Das Leben war hart, die Barmherzigkeit blieb oftmals auf der Strecke, jeder war sich selbst der Nächste. Es geht schlichtweg ums Überleben, für Träume blieb sowieso keine Zeit. Unsere Heldin begegnet vielen Gefahren, sie kommt in ihrer zupackenden Art einigermaßen durch diese entbehrungsreichen Zeiten.

Gerne bin ich Elly gefolgt, sie hat für andere alles riskiert und sich oftmals selbst hintangestellt. Der gut lesbare Roman beruht teilweise auf einer wahren Geschichte. So manche Begebenheit wurde lediglich angeschnitten, hier hätte ich mir etwas mehr an Information gewünscht. Und doch war es eine emotionale Reise in die Vergangenheit, die mich tief berührt hat. Ein gelungenes Debüt.

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Veröffentlicht am 06.10.2022

Anderssein in finsteren Zeiten

Unsre verschwundenen Herzen
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Die amerikanische Gegenwart hat Celeste Ng in „Unsre verschwundenen Herzen“ verarbeitet, es ist eine Art Dystophie geworden. Wir sind in Cambridge an der Harvard-Universität. Um den 12jährigen Bird, der ...

Die amerikanische Gegenwart hat Celeste Ng in „Unsre verschwundenen Herzen“ verarbeitet, es ist eine Art Dystophie geworden. Wir sind in Cambridge an der Harvard-Universität. Um den 12jährigen Bird, der eigentlich Noah heißt, spinnt sich diese Familiengeschichte. Er lebt mit seinem Vater, einem Bibliothekar, in einer kleinen Wohnung. Seine Mutter ist Asiatin, vor nunmehr drei Jahren ist sie gegangen, um ihre Familie zu schützen, denn ihr sieht man die Andersartigkeit sofort an und es ist gefährlich, als Asiat erkannt zu werden. PAO zu sein ist kein Verbrechen sagen sie. Nicht um ethnische Zugehörigkeit geht es ihnen, ausschlaggebend ist eher Patriotismus und Gesinnung. So zumindest die offizielle Lesart der Behörden. „Jeder wusste, dass Birds Mutter eine Person of Asian Origin war. Kung-PAOs nannten sie manche Kinder…“

Der Roman erinnert an die vorherige Regierung, die das Land mit ihrem Slogan „Amerika first“ tief gespalten hat. Die anti-asiatische Stimmung wurde auch angeheizt, als der damalige Präsident vom China-Virus sprach. Für Krisen wurde alles Asiatische verantwortlich gemacht,

ein großes Thema dieses Buches. Es wurde ein Gesetz erlassen - PACT genannt - in dem alles unter Generalverdacht stand, was nicht amerikanisch war. Ein Gesetz zur Erhaltung amerikanischer Kultur und Tradition. Birds Mutter Margret ist Schriftstellerin, die Suche nach ihr ist ein Erzählstrang. Man erfährt im Laufe der Geschichte, warum sie ihre Familie verlassen hat. Eines ihrer Gedichte „Missing Hearts“ wird zur Losung derer, die gegen dieses Regime angehen. Auch verschwinden Kinder spurlos, die gegen den Willen ihrer Eltern den Familien entrissen werden. In den Bibliotheken – und nicht nur da – regt sich Widerstand, es werden Botschaften auf geheimen Wegen weitergegeben.

Ich mag das Buch, ich bin neugierig auf Birds Leben, will mehr von seiner Mutter wissen. Wird er sie wiedersehen? Er vermisst sie - diejenige, deren Bücher nicht mehr zu haben sind. Ausgemustert sind sie, genau so wie sie auch. Ihre Spuren sind verwischt, einfach nicht mehr vorhanden.

Und dann mag ich das Buch so überhaupt nicht. Der Ton, den Celeste Ng anschlägt, ist eine distanzierte Kühle. Eine düstere Welt, eine bedrückende Stimmung schwebt von Anfang an über der Geschichte. Es geht um die Ausgrenzung all derer, die nicht der Norm entsprechen, dieser nicht entsprechen wollen oder können. Die reale Welt schwingt im Hintergrund mit, die Autorin zeichnet ein realistisches Bild, in der Andersdenkende eingeschüchtert werden, die verfolgt und diskriminiert werden. Und doch gibt es immer wieder die anderen, die im Verborgenen helfen, die versteckte Botschaften weiterreichen.

Zwischen Traum und Realität sind „Unsre verschwundenen Herzen“ angesiedelt. Auch eine Geschichte über die Liebe zwischen Mutter und Sohn in dunklen Zeiten. Ein Roman, der nicht durchgehend unterhält, der von Hoffnung und Hoffnungslosigkeit erzählt, der auch berührende Momente einfängt mit einem Ende, das dann doch sehr plötzlich daherkommt.

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Veröffentlicht am 21.09.2022

Der Weg zu sich selbst

Finde den Tempel in dir
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Ich denke schon, dass ich meine innere Ruhe längst gefunden habe und doch ist dieses Werk eine Bereicherung. Es ist richtig und für die Ausgeglichenheit enorm wichtig, nicht im Außen zu suchen. In sich ...

Ich denke schon, dass ich meine innere Ruhe längst gefunden habe und doch ist dieses Werk eine Bereicherung. Es ist richtig und für die Ausgeglichenheit enorm wichtig, nicht im Außen zu suchen. In sich selbst findet man Kraft und Ruhe.

„Kein Weg fällt dem Menschen schwerer zu gehen als den, der ihn zu sich selbst führt.“ Hermann Hesse, einer meiner Lieblingsschriftsteller, wird hier zitiert – wie recht er hatte. Wir alle leben den Alltag, können oder wollen nicht unbedingt in einem Tempel unser „Oooohmmm“ summen. Auf dem Weg zu unserem inneren Tempel sollte die Reise gut vorbereitet sein, um dann umso mehr zur täglichen Selbstverständlichkeit zu werden.

Achtsamkeitstechniken wie Meditation, Yoga und Bodyscan bilden die Schwerpunkte bei den neun Pfaden im Gehirn, es sind formelle Achtsamkeitstechniken. Um erfolgreich zu sein, sollte man schon dran bleiben. Ist es nicht so wie in jeglicher Lebenssituation? Halbherzigkeit führt nie zum Erfolg.

Das Buch ist in fünf große Kapitel gegliedert, jedes ist nochmal unterteilt. Man kann das Buch immer wieder zur Hand nehmen und sich das für den Moment richtige herauspicken.

Auf 190 Seiten findet man eine Fülle von Tipps und Übungen, Kurzinfos für zwischendurch und inspirierende Fotos und Illustrationen komplettieren diese Suche nach der inneren Freiheit. Nicht alles, was ich hier gelesen habe, ist mein Ding. Muss es aber auch nicht, jeder hat und findet seine eigenen Wege zu sich selbst. „Finde den Tempel in dir“ ist dabei ein Begleiter durch den Alltag.

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Veröffentlicht am 17.09.2022

Netter Italien-Krimi

Schatten der Vergangenheit
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Wie eine Komposition, einer Inszenierung gleich und doch mit einem gewissen Ernst beginnt das Spiel. Auf der einen Seite Casabona - der Gejagte, der Beschuldigte. Wer ist sein Gegner? Die Florenzer Kollegen ...

Wie eine Komposition, einer Inszenierung gleich und doch mit einem gewissen Ernst beginnt das Spiel. Auf der einen Seite Casabona - der Gejagte, der Beschuldigte. Wer ist sein Gegner? Die Florenzer Kollegen von der Kripo? Gar seine eigenen Leute? Zumindest mitmischen dürfen sie, so viel steht fest. Dazwischen die Camorra – wer ist hier Gegner, wer Feind und wer doch eher sein Mitspieler?

Der so wahre wie poetisch anmutende Prolog nimmt mich gleich gefangen, diese wenigen Zeilen sind die richtige Einstimmung auf Commissario Casabonas vielleicht persönlichsten Fall. Denn er selbst wird beschuldigt, Marco Romoli ermordet zu haben. Mehrere Indizien sprechen für diese These.

Commissario Mauro Crisanti aus Florenz kennt keine Gnade, er ist von Casabons Schuld überzeugt. Und nicht nur das, er selber sieht sich als genialen Ermittler. Er wird Casabona schon dingfest machen, alles hört auf sein Kommando.

Als den etwas anderen Krimi würde ich diese Jagd nach der Wahrheit bezeichnen. Die gut 230 Seiten sind flott gelesen, die Story ist unterhaltsam, die Kapitel kurz. Mit Casabona mache ich mich auf, den oder die wahre(n) Täter zu finden, natürlich bin ich auf seiner Seite. Und dann lese ich zwischendurch (in kursiver Schrift) von den anderen, von der Ermittlungsarbeit aus Polizeisicht, die sich nicht nur einmal ganz schön an der Nase herumführen lassen, was durchaus auch mal Anlass zum Schmunzeln gibt.

Das Buch ist allen Justizopfern gewidmet. Dies erzählt Antonio Fusco in seiner Nachbemerkung. Er wurde inspiriert durch den „Tortora-Fall“ - ein krasser Fall von Justizirrtum, dem der damals bekannte Moderator zum Opfer fiel. Der Autor kennt Italiens Justizsystem gut, es ist sein täglich Brot.

Schon das Cover hat mich für das Buch eingenommen, ich bin Italien-Fan durch und durch und mag das lebhafte Treiben in all den so authentisch anmutenden Gässchen und den Commissario Tommaso Casabona in seiner schon auch schlitzohrigen, aber doch ehrlichen und geradlinigen Art mag ich auch. Ja, auch dieser Krimi kommt nicht ohne die typischen Italien-Klischees aus. Sei es Mafia, die korrupte Justiz, der Macho-Mann – so manche Passagen habe ich mit einem Augenzwinkern gelesen.

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Veröffentlicht am 14.09.2022

Vielschichtige Story

Das neunte Gemälde
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Es geht um Beutekunst. „Das neunte Gemälde“ wird auf mehreren Zeitebenen erzählt. Den Wechsel zwischen dem Gestern und dem Heute hat mir Julian Mehne sehr bildhaft und spannend vorgelesen. So einige Personen ...

Es geht um Beutekunst. „Das neunte Gemälde“ wird auf mehreren Zeitebenen erzählt. Den Wechsel zwischen dem Gestern und dem Heute hat mir Julian Mehne sehr bildhaft und spannend vorgelesen. So einige Personen gilt es auseinanderzuhalten, auch die wechselnden Örtlichkeiten verlangen schon nach konzentriertem Zuhören, um dem Geschehen folgen zu können.

Durch einen mysteriösen Anruf wird Lennard Lomberg, seines Zeichens Kunstexperte, auf ein verschollenes Gemälde aufmerksam. Im Laufe der Recherchen blitzt immer wieder Picasso auf – das gesuchte Kunstwerk sollte von ihm stammen.

Sehr anschaulich wird der Weg dieses neunten Gemäldes nachgezeichnet. Dass so manch strammer Nazi in der jungen Bundesrepublik die Karriereleiter hochklettert, ist nichts Neues.

Um die Kunstwerke, die NS-verfolgungsbedingt entzogen wurden, in diesem speziellen Fall um das neunte Gemälde, rankt Andreas Storm seine Kriminalgeschichte vor historischem Hintergrund, der von Bonn in etliche europäische Städte führt. Lennard Lomberg ist nicht nur im Kunstmilieu unterwegs, er erfährt auch die unrühmliche Geschichte seiner Vorfahren.

Eine vielschichtige, fiktive Story, die sich so oder so ähnlich durchaus hätte zutragen können. Die anfangs nicht sehr nahbaren Charaktere werden zunehmend greifbarer. Ein Streifzug beginnend im besetzten Paris anno 1943 mit Rückblicken zu Picassos Zeiten über die unruhigen 1966er Jahre hin zum Heute – hier sind wir im Jahre 2016 angelangt. Ein Hörbuch vom Argon-Verlag, perfekt in Szene gesetzt von Julian Mehne. Der erste Fall für Lennard Lomberg, auf „Die Tirade von Madrid“ muss ich noch ein Weilchen warten.

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